Nachdem euch Bernd im Rundgang 3 die Sounds Clever Anlagen – Vorgabe der High End Society: ein komplettes Musiksystem unter 5.000 Euro – vorgestellt sowie von der Future-Fi Podiumsdiskussion berichtet hat, geht es nun weiter in den Hallen der High End 2023 mit Neuem, Neuigkeiten und Neuheiten. Die HiFi-Show bot Produkte aus 54 Nationen. Beim Zusammenstellen der Fotos entdeckte ich einen Schwerpunkt in Italien. Eine heimliche HiFi-Hochburg? Eine heimliche Schwäche von mir? Wer weiß… Also lasst euch mit auf die Reise nehmen und schaut einfach, was euch die HiFi-Nationen zu bieten haben. Die Welt zu Gast in München.
Wo ich schon so bedeutungsschwanger eingeleitet habe, starten wir also gleich mit Italien. Genaugenommen Süditalien, Sizilien. In Casteldaccia bei Palermo residiert die kleine aber feine Manufaktur Audel, die sich dem ökologisch einwandfreien Materialeinsatz beim Gehäusebau verschrieben hat. Die Verwendung von Birkenschichtholz, Bienenwachs sowie Echtholzfurniere zahlen auf das Konto ein. Haptisch und in der Erscheinung sind die Lautsprecher eine echte Freude und machen auch im Hörraum Spaß. Wir HiFi-IFAs hatten die limitierte Audel Nika mk3 Prestige, die Nika Mk2 im bunt getupften Studio Mendini Design sowie die aktuelle U-Basik 5/8 zum Test. Die Nika-Serie wurde von den ausgestellten, kubischen U-Nika abgelöst. Premiere feierten die Basik 5/8 und die größere Basik 6/3 jeweils in der Anniversary Version. Kopf von Audel ist der Designer Walter Carzan, der mit großer Passion die gestalterische Richtung vorgibt.
Bleiben wir in Italien und schlagen wir mit Audel eine Brücke ins Hotel Mühle nach Ismaning. Hier hat sich abseits des Messetrubels Christoph Mertens mit seinem Vertrieb CMI Distribution einquartiert. Er vertreibt unter anderem Audel und die ebenso dem Werkstoff Holz als Naturprodukt verbundenen Norditaliener Chario. Wir hatten die unfassbar räumlichen Constellation Lynx zum Test.
Die deutlich größeren Kaliber und Top-Modelle des Herstellers Chario Academy Serendipity flankierten im Meeting Room des Hotels die sizilianischen Audel Basik 6/3. Sie umrahmten die zentral platzierte Lector Elektronik – ebenfalls aus… Italien! Allen drei Herstellern ist der Manufaktur-Gedanke mit hoher regionaler Fertigungstiefe zu eigen. Der geografische Patzer, dass die Lector Elektronik auf einem HiFi-Racks Limited Möbel aus Leicestershire Platz fand, sei verziehen 😉 Der Stimmung mit Christoph und Chario tat das keinen Abbruch.
Spannender Seitenblick: zwei handgefertigte Kopfhörerständer. Das Holzhandwerk vom dänischen Workshop 66 passt eigentlich gut ins Portfolio – wenn auch schon wieder nicht aus Italien 😉
Vor einigen Jahren haben wir Trinaudio, die Ihre Elektronik in edlem Holz und mit Corian-Front verpacken, auf dem Messestand – eigentlich war es ein Hotelzimmer auf den Norddeutschen HiFi-Tagen – gemeinsam mit Christoph Mertens kennen gelernt. Dort entlockten sie den kleinen Audel Sonika und Nika feine Klänge. Jetzt gehen sie eigene Wege, waren auf der High End 2023 aber trotzdem wieder Seite an Seite mit Audel zu finden. Immer wieder schön anzuschauen.
Bereits auf anderen Messen fiel uns DO Acoustics auf. Die Lautsprecherserien HiFi und Microdesign warten mit kubischem Design auf. Hingucker ist das zwölfflächige (Dodekaeder) Soundsystem DoDeka mit seinen chromglänzenden Oberflächen und der markanten Lochung der Lautsprecherblenden. Mastermind hinter den handgefertigten Produkten aus Catania / Italien ist Davide Oliveri.
Einen künstlerischen Anspruch hat auch Audiodinamica aus Turin, die bei den Gehäusen konsequent auf die Würfelform setzten und deren Funktionen von vorn daher mitunter gar nicht so leicht zu unterscheiden ist. Die Bezeichnung BECUBE ist Programm. Aus dem Raster fällt eigentlich nur das Multitalent mit Kopfhörerverstärker theSMA. Die Geräte sind auch mit auffälligen Motiven und in lebendigen Farben erhältlich.
Den letzten italienischen Moment dieses Rundgangs beschert Audio Analogue aus Pistoia, was etwas nordwestlich von Florenz liegt. In Kooperation mit Airtech, die in der AF Group vereint sind, präsentierten sie Lautsprecher (Flächenstrahler) und Elektronik. In München war das solide, elegante Design und durch eine Plexiglasscheibe das Innere der Gräte zu bestaunen. Auf den Norddeutschen HiFi-Tagen durften wir bereits luftigen, audiophilen Klängen lauschen. Im Test hatten wir neulich den begeisternden kleinsten Verstärker-Spross Audio Analogue Puccini Anniversary.
Und wenn sie nicht aus Estland wären, kämen sie wahrscheinlich auch aus Italien, die skulpturellen Lautsprecher Pretiosen von Estelon. Nichts für den kleinen Geldbeutel, aber eine Zierde für Luxusappartement, Loft oder Designerhaus. Mit der AURA rundet Estelon die Produktpalette ihrer Standlautsprecher mit einer schlanken Säule nach unten ab. Angetrieben wurden sie von mono-gebrückten Moon-Endstufen (wer kann, der kann 😉 ) , dCS Quellen und Siltech/Crystal Kabeln. Das Ergebnis hat echt Spaß gemacht: frisch, lebendig und mit schönem Raum. Ilias, der Marketing und Sales Director, ist übrigens Grieche. Ein internationales Business.
Na, mit dem Griechen von Estelon hab ich ja grad nochmal die Kurve zu den Griechen aus Athen bekommen: Zu LAB12, den Elektronik- und Röhren- Spezialisten. In den Hallen haben sie stumm ihre Produktpalette aufgereiht. Wir HiFi-IFAs haben uns mit dem LAB12 Integre4 Mk2 Röhrenvollverstärker, dem Melto2 MM/MC-Phono-Vorverstärker und dem Digital/Analog-Wandler DAC1 Reference von den klanglichen Meriten ein Bild im Hörraum machen können.
Weiter in Griechenland, weiter in Athen. Ideon Audio ist absoluter Spezialist für Digitales und steht für absolutes High End in diesem Sektor. Ideon ist eine kleine Firma, die – wie auch schon bei den italienischen Manufakturen gehört – auf Handarbeit und lokale Produktion setzen. Die Bauteile sind handverlesen, das Layout kompromisslos, die Wandler-Chips selbst programmiert. Auf der High End zeigte Ideon die neue Serie EOS, bestehend aus DAC (Digital/Analog-Wandler), STREAM (Streamer) und TIME (Clock) in separaten Gehäusen (Foto oben). Das Flaggschiff ist die ABSOLUTE Serie, ebenfalls als Dreigestirn. Neu im Programm ist auch das aufwändig gefertigte USB-Kabel, das auf der ABSOLUTE TIME abgestellt war (Foto unten).
Ein schönes Intermezzo war denn auch das Gespräch mit Firmenchef George Ligerakis, der – beim Blick durch den Plexiglas-Deckel des ABSOLUTE DAC – einiges über die Firma und deren Produkte zu berichten wusste.
Von Griechenland in die Schweiz. Im Kanton Bern ist Daniel Frauchiger mit der Marke MERASON ansässig. Ihn begleiten wir bereits seit dem Start seines Unternehmens und durften als erste den MERASON DAC-1, damals noch unter dem Namen PURSON, testen. Nach gut 5 Jahren bringt Daniel nun den DAC-1 mk2 an den Start, der aufgrund deutlich höheren Aufwands in der Fertigung bei etwas über 8.000 Euro liegen wird. Die Lücke zum kleinen, aber feinen Frérot wird ein DAC in der Preisregion des ursprünglichen DAC-1 schließen (rechts auf dem Tisch).
Der Frérot (Foto unten, Mitte), dem Daniel bereits das Netzteil pow1 (unten) klangfördernd zur Seite gestellt hatte, bekommt nun noch ein Geschwister in Gestalt eines Kopfhörerverstärkers (oben).
Auch der Streaming Spezialist aus Hongkong präsentierte seine Modelle auf eigenem Stand: Streamer/Transports (Player ohne DAC, bei uns im Test: U1 mini und U1) und Netzwerkspieler. In der Hörkabine waren der Streaming-Vorverstärker P1 nebst brandneuem Server/Netzwerkswitch L2 im Einsatz. Als Lautsprecher waren Wilson Benesch A.C.T. 3Zero aus der Fibonacci Serie am Start. Der Eindruck: eine gelungene Vorstellung!
Mit dem RS130, den der Hersteller HiFi Rose selbst als Ultimate Network Transport bezeichnet, zeigen die Südkoreaner mit großem, flächenfüllenden Display, wo der digitale Hammer hängt. Kontrastprogramm aus gleichem Haus: Der rustikal und mit auffällig solider Mechanik daher kommende Vollverstärker RA-180. Ein eigener Look, der sicher auch seine Freunde finden wird.
Das der amerikanische Hersteller Western Electric nicht nur „Röhren“ kann (ich meine damit die elektronischen Bauteile 😉 ), sondern auch komplettes HiFi, bewies er im Hörraum seines Standes. Gespeist vom CD-Spieler 203C war der Röhrenvollverstärker 91E mit 300B-Röhren der Star der Western Electric Vorführung. Preisklasse: 15.000 US-Dollar.
Bei Kim und Frank Levin dachte ich zuerst, ich hätte mich in der Tür geirrt. Wo war der Plattenspieler? Die beiden hatten sich bewusst für eine konsequent digitale Kette entschieden, verriet mir Kim. Mit an Bord war Vermeer Audio aus Frankreich mit dem Digital/Analog-Wandler THREE, der im Herzen ebenfalls ein Paar Röhren trägt. Die weitere Elektronik stellte das Südkoreanische Unternehmen Silbatone Acoustics bei, die in ihrer Endstufe Röhren vom Kaliber des Western Electric Verstärkers verbauen – aus deren Hand die Röhren auch stammen. Man konnte sich auf der Messe, wenn ich Kim richtig verstanden habe, auch gschwind mal aushelfen. Wie praktisch.
Rechtzeitig zur Messe fertig geworden sind die Bassmodule der Levin Lautsprecher, die die Zwei-Wege Monitore aus dem Programm der Solinger im Bassbereich hervorragend unterstützten. Auch eine Vorführung, die mir, ob ihrer musikalischen Gelassenheit, Freude bereitet hat.
Verkehrte Welt. Plattenspieler Fans wie die Levins haben ihren Dreher zu Hause gelassen, Lyravox mit ihren voll-digitalen Lautsprechern mit DSP, Raumeinmessung, DAC und allem was das Herz begehrt, führten mit Vinyl vor. Es geht also nicht nur digital/analog, auch analog/digital und das ganz wunderbar in der Vorführung mit den KARL II. Innen liegen quer ein Paar KARLSSON. Die HiFi-IFAs hatten die KARLOS zu Gast im Hörraum und waren davon nach ausgiebigem Test sehr angetan.
Spaß machten auch die Gerätschaften von MYTEK. Nicht nur, dass die Firma aus New Yourk stammt, sie haben ihre Produktlinien auch nach der heimischen METRO benannt. So spielte die für mich die Flaggschiff EMPIRE Line mit Streamer DAC und Monoblocks. Mich fasziniert immer das gewieft gefräste Alu-Gehäuse, Malte Ruhnke berichtete dafür gern und ausgiebig vom Integrierten ROON Core und Player, die im Duett implementiert hervorragend miteinander zusammenspielen. Integriertes ROON gibt es auch bei der kompakten BROOKLYN Bridge (5 Euro Wortspielkasse 😉 ). Ihr stand (Foto unten) der BROOKLYN Amp+ als Verstärkung zur Seite.
Jetzt noch auf einen Plausch zu AUDIUM, die einen Schwerpunkt auf ihre Lautsprecher und den französischen Elektronik-Spezialisten Atoll gelegt haben. Fezz hatte beispielsweise einen eigenen Messestand.
Röhren Fans ist sicherlich die Marke Fezz bekannt. Sie sind im deutschen Vertrieb von AUDIUM und haben sich aber gemeinsam mit Pylon Audio einen eigenen Stand gegönnt, die im Vertrieb von Frank Koglin sind. Wenn man so will eine gemeinschaftliche, polnische Vertretung auf der High End 2023. Von Pylon hatten wir die beeindruckende – was Maße, Gewicht und Sound betrifft – Amber Mk2 im Test, auf der Messe stand und spielte der jüngste Spross im floorstanding Retro-Look, die JADE 20. Fezz stellte dazu vor der Hörkabine den 300B Vollverstärker sowie den Sagita Vorverstärker nebst Gaia Phono-Stage aus. In der Hörkabine unterhielten ebenso fezzige Klänge das Publikum.
Weiter ging es zum Kabel-Spezialisten Boaacoustic, die ihre Blueberry, Evolution BLACK und die Spitzen-Reihe ARGENTUM mit einer großen Auswahl an Kabeltypen in den Mittelpunkt gestellt haben. Trotz aller Kabeldiskussionen steht eins fest: ohne Kabel geht es nicht. Außer vielleicht bei wireless Systemen. Aber auch die brauchen Strom 😉 Für wen hervorragende Verarbeitung ein Kaufkriterium ist, der konnte bei Boaacoustic fündig werden.
Jetzt noch dem müden Körper und dem müden Geist mit einem hervorragenden Espresso auf die Sprünge helfen, dann ging es weiter in den Abend. Danke, Robert Ross, dass Du Dich mit Kai-Uwe Günther und seinem „Bohne und Blech“ Piaggio Ape 50 auf Deinem KECES Stand um eine schmackhafte Koffein-Versorgung gekümmert hast 😉
Das war’s für heute. Auf euch, liebe Leser, wartet in ein paar Tagen noch der abschließende Rundgang 5.
Fotos: Falk Visarius