Das Jahr 2020 war ein außergewöhnliches Jahr. Wer das Jahr 2020 als nur „irgendwie seltsam“ oder „unangenehm“ bezeichnet, der gehört schon zu denen, die es besser getroffen hat. Sich über die Corona-Maßnahmen und die Auswirkungen auf unser soziales Leben und individuelles Konsumverhalten sowie Reisebeschränkungen zu beklagen, ist die eine Sache. Aber Menschen, die es wirtschaftlich und/oder gesundheitlich persönlich oder in der Familie hart getroffen hat, sind nicht fern und nicht selten. Wenn man also das Corona-Jahr 2020 reflektiert, dann kann das, was einzelne Menschen betrifft, auf drastische Weise kaum unterschiedlicher sein. Weltweit. So etwas hat es auf unserem Planeten schon lange nicht mehr gegeben. Ganz wertungsfrei und unpolitisch betrachtet. Und so kann man auf das Jahr 2020 kaum zurückblicken, ohne zumindest kurz auf die Corona-Situation, die lange noch nicht durchgestanden ist, Bezug zu nehmen. So wie wir es einleitend jetzt auch getan haben, obwohl doch unser Thema das HiFi-Hobby ist.
Unsere erste und letzte Veranstaltung 2020 waren die – wie immer spannenden – Norddeutschen HiFi-Tage im Holiday Inn in Hamburg. Noch vollkommen unbekümmert. Der Veranstaltungskalender war derzeit prall gefüllt und wir freuten uns auf ein ereignisreiches HiFi-Jahr, von dem wir bereits planten zu berichten. Einige Hotelzimmer waren bereits gebucht. Doch es sollte aus bekannten Gründen anders kommen. Wir können uns noch genau daran erinnern, wie Anfang März der erste Lock-Down angekündigt wurde und wie wir am Telefon spekulierten, wie lange das wohl anhalten würde, ob die High End 2020 im Mai stattfinden könne und und und… Der Verlauf der Dinge ist bekannt. Die HiFi-IFAs hoffen nun auf ein besseres Jahr 2021 – für die Hersteller, Vertriebe, Händler, Veranstalter und HiFi-Fans, die neben Kaufkraft und tollen Produkten auch die Öffentlichkeit, Gemeinschaft und Austausch brauchen.
„Stay at home“, „Bleib zu Hause“, ist das Mantra des Jahres 2020, das für das private HiFi-Hobby fast schon als unfreiwillige Einladung gewertet werden kann. Staatlich verordnete Entschleunigung, verortet in den eigenen vier Wänden. Die Chance in der Krise. Zeit, sich um das Hobby zu kümmern. Versand, Abholung, Übergabe und online-Beratung bieten die Möglichkeit, sein HiFi trotz Kontaktbeschränkungen voran zu bringen. Die kontemplative Stimmung bietet die Basis, seine Musik zu genießen und nachzudenken.
Die HiFi-Magazine – sei es Print oder Online – haben euch über das Jahr fleißig Anregungen für euer Hobby gegeben. Wir hoffen, wir haben mit unserem Online-Magazin ebenfalls einen Beitrag dazu geleistet und euch etwas Freude und Inspiration bereiten können. Vielen Dank an alle Leser unseres Blogs: für das treue Mitverfolgen oder das gelegentliche Reinschauen. Und vielen Dank auch an die Hersteller, Vertriebe und Händler, die uns – neben dem professionellen Interesse und spannenden Testgeräten – viele schöne Stunden mit persönlichen Gesprächen, Treffen und Zwischenmenschliches bescherten.
Zum Abschluss des Jahres, das uns unser Freund Stefan Schickedanz im Dezember noch mit zwei Beiträgen versüßt hat – vielen lieben Dank dafür 🙂 – , möchten wir euch noch unsere persönlichen Highlights 2020 vorstellen. Diese Geräte machten uns, jedes auf seine eigene Art, besonderen Spaß.
Wir wünschen euch einen guten Rutsch nach 2021 und ein gesundes neues Jahr mit viel Freude und Musik.
Liebe Grüße von den HiFi-IFAs, Bernd und Falk
Highlights Bernd
Die persönlichen Highlights, was stach mir in diesem Jahr besonders ins Auge? Viel Tolles und Schönes war dabei, was wähle ich nun aus? Muss es unbedingt ein Gerät sein, das von uns den IFAs-Hammer verliehen bekommen hat? Nicht unbedingt, die Summe ist manchmal doch mehr als das einfache Addieren, und so kommt es schon mal vor, dass 1 + 1 = 3 ergibt. Wie in der folgenden Kombi.
Ein wirklich tolles Erlebnis waren für mich die Magnetostat-Lautsprecher Diptyque DP77- 10TH. Ohne Stands kosten sie 2.800 Euro, mit 3.200 Euro. Der Hörer hat also die Qual der Wahl. Ist er handwerklich versiert, baut er sich die Lautsprecher-Ständer selbst. Oder er schraubt die Magnetostaten einfach an die Wand. Das sieht dann aus wie ein Bild. Verschiedene Motive aus schalldurchlässigen Stoffbahnen gibt es bei Diptyque zu erwerben. Oder man lässt sich ein eigenes Bild drauf machen, dies wird einfach per Magnetstreifen am Lautsprecher-Rahmen befestigt. Ein tolles Konzept, das auch Design-Freunde erfreut. Oder das Auge der besseren Hälfte. Meine war dann auch noch schockverliebt in den Klang der flachen Preziosen.
Aber auch ich war hellauf begeistert vom Klang der Diptyque DP77- TH. Und noch mehr, als der zeitgleich zum Test anwesende Streaming-Verstärker NAD M10 die Magnetostaten anfeuern durfte. Hatte ich doch zuerst meine Bedenken, diese stromgierigen Schallwandler an einen kompakten Digitalverstärker zu hängen. Das klangliche Ergebnis jedoch war das einer besonderen Art.
FAZIT NAD M10: Der stylische High End Streaming-Verstärker NAD M10 besitzt bereits optisch einen Haben-Will-Faktor. Für 3.000 Euro ist er kein Sonderangebot, dafür bietet er Power ohne Ende. Zudem glänzt er mit toller Ausstattung wie der Raumkorrektur Dirac Live und Bluetooth aptX HD. Dazu kommt die traumhaft einfach bedienbare BluOS-App. Bei entsprechender Lautsprecherwahl ist der Klang des NAD M10 im Tiefton herrlich straff und sauber. Dazu kommt ein wunderbar klarer und luftiger Mittelhochtonbereich. Mit zwei schicken Lautsprechern kombiniert, steht dem Einzug des NAD M10 ins Loft des Musikfans nichts mehr im Wege.
Zum Test Streaming-Verstärker NAD M10 (HiFi-IFAS April 2020)
FAZIT Diptyue DP77- TH: Das Hören mit den Diptyque Audio DP 77- 10TH ist von ganz besonderer Art. Gefallen sie schon durch ihre optische Eleganz, steht der Klang dem nichts nach. Fantastisch offen, luftig und sehr natürlich erscheint die Musik über die Magnetostaten im Raum. Die Feindynamik der Flächenstrahler scheint dabei fast grenzenlos zu sein. Für die Unterstützung durch einen kräftigen laststabilen Verstärker bedanken sich die DP 77- 10 TH mit einem sehr straffen und strukturierten Tiefton. Naturgetreu ertönen dann Live-Konzerte in den heimischen Räumen, das ist der Hammer.
Zum Test: Magnetostat-Lautsprecher Diptyque DP77- 10TH (HiFi-IFAs April 2020)
Muss gutes HiFi teuer sein? Wir erliegen doch gerne und immer wieder der Versuchung, das große teure Besteck als so hervorragend zu preisen, haben wir es doch des Öfteren bei uns zur Verfügung. Leider muss es dann auch wieder gehen, denn selber leisten kann ich mir die meisten der getesteten Geräte leider nicht. Was mich dann wieder erdet, denn umso mehr erfreue ich mich dann an den preislich erschwinglichen Geräten. Wie zum Beispiel am MM- und MC- Phonovorverstärker Blue Aura PH1 für 200 Euro.
FAZIT Blue Aura PH1: Mit dem MM- und MC Phono-Vorverstärker Blue Aura PH1 ist den Engländern ein großes Kunststück gelungen: Solides HiFi zum günstigen Preis. Der PH1 hebt die zarten Ströme der Tonabnehmer sehr feinfühlig und sauber auf Hochpegel-Niveau und ist dabei hochmusikalisch. Basslinien laufen sauber, straff und strukturiert. Und auch vor komplexer Musik scheut der PH1 nicht zurück. Seine Lieblingspartner sind übrigens Tonabnehmer, die eine leicht warme Abstimmung ihr Eigen nennen.
Zum Test: MM- und MC- Phonovorverstärker Blue Aura PH1 (HiFi-IFAs September 2020)
Die gerade oben genannten 200 Euro kann man natürlich auch anders investieren, zum Beispiel in die Plattentellerauflage Vertere Techno Mat. Was so mancher unserer Leser, oder auch einige meiner Freunde für HiFi-Voodoo halten. Aber das kann ja jeder so halten wie er will. Ich für meinen Teil finde es auf jeden Fall immer wieder spannend, wie Mann seine Anlage tunen kann.
FAZIT Vertere Techno Mat: Knapp 200 Euro für eine Plattentellerauflage auszugeben wird manchem Leser verwegen oder dekadent erscheinen. Doch die Investition in die Vertere Techno Mat lohnt sich bei einem ordentlichen Plattenpieler defintiv. Der Aufbau aus Kork und Filz intensiviert den Charakter, der dem Klassiker Vinyl nachgesagt wird. Mehr Gelassenheit und Genuss kommen ins musikalische Geschehen wie auch ein Mehr an Harmonie und Raum. Zudem gewinnt die Musik an Klangfarben und besserer Struktur, was auch die Kraft und Energie im Tiefton mit einschließt. Bravo Touraj Moghaddam!
Zum Test: Plattentellerauflage Vertere Techno Mat (HiFi-IFAs Oktober 2020)
Highlights Falk
Auf der Suche nach meinen persönlichen Highlights habe ich mich gefragt, wann mich die Musik, die ich hörte, besonders berührt hat – oder wann ich von der Veränderung in meiner HiFi-Kette überrascht war. Oder gar beides. Eins steht fest: Das HiFi-Jahr hat mir wieder viel Spaß gemacht. Ich durfte viele tolle Geräte, Lautsprecher und Zubehör erleben – die Wahl meiner persönlichen Highlights soll dies nicht schmälern. Meine Wahl für die 2020 Retrospektive ist auf den AURIS Audio Nirvana Kopfhörerverstärker (Test HiFi-IFAs Mai 2020), den Innuos PHOENIX USB-Reclocker (Test HiFi-IFAs Dezember 2020) und das DEEPTIME IONIC SOUND SYSTEM (Test HiFi-IFAs Januar 2020) gefallen. Und eins versteckt sich noch in der Rückblick 2020 Grafik. Kenner haben das zu Grunde liegende Fotomotiv vielleicht erkannt 😉
Der AURIS Audio Nirvana war für mich eine „Audiophile Erleuchtung“ – so der Titel des Berichts – unter den Kopfhörer-Verstärkern. Der NIRVANA ist mit 5.799 USD kein Sonderangebot und konzentriert sich funktional ausschließlich auf seine Bestimmung: Kopfhörer von analogen Quellen betreiben. Doch neben seinen herausragenden musikalischen Eigenschaften – die der Hörer in dieser Preisklasse fast erwarten darf – gefiel mir die Lebensart, die der NIRVANA durch die verwendeten Materialien, die Verarbeitung und das warme Röhrenglimmen verkörperte. So regte er als Produkt meine Sinne auf eine Weise an, die über das sachliche Bewertungsschema eines HiFi-Magazins hinaus geht.
FAZIT: „Der edle Röhren-Kopfhörerverstärker NIRVANA des serbischen Herstellers AURIS Audio ist zum Preis von 5.799 USD mehr als nur ein Highend-Spezialist zur hochwertigen Musikreproduktion. Der NIRVANA repräsentiert eine Lebensart, wenn nicht gar ein Stück Lebensphilosophie, bei der die Sinne durch feine Materialien und dem Glimmen der Röhren schon vor dem Hörerlebnis stimuliert werden. Sitzt dem Besitzer des NIRVANA erst ein hochwertiger Kopfhörer auf den Ohren, erlebt er sein musikalisches Nirwana. Eine musikalische Erleuchtung der Extraklasse mit unglaublich organischer Präsenz, Natürlichkeit und Raum.“
Zum Test: AURIS Audio Nirvana Kopfhörerverstärker (HiFi-IFAs Mai 2020)
Beim USB-Reclocker Innuos PHOENIX beschäftigte mich ein anderes Thema: Werde ich überhaupt eine Veränderung hören können? Warum die Sorge? In den Reclocker geht ein USB-Signal rein und kommt im gleichen Format wieder raus. Was soll klanglich also passieren? Ich war skeptisch. Doch wie sagt der Volksmund: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Technisch betrachtet ist das USB-Signal, das den PHOENIX verlässt, tatsächlich anders. Qualitativ aufgewertet, eindeutiger, so dass der nachgeschaltete D/A-Wandler leichteres Spiel hat und bessere Arbeit leisten kann. Die digitale Information bleibt dabei gleich. Daher der Titel des Berichts „Es bleibt alles anders“. Und das war – nicht nur für mich, sondern auch für Besucher in meinem Hörraum – deutlich nachvollziehbar und wirkte auf die gesamte Musik. Der Zugewinn an Authentizität und der Transport von Emotion war begeisternd intensiv.
FAZIT: „Der Innuos PHOENIX ist ein elektronisch aufwändig aufgebauter und wertig verpackter USB-Signalverbesserer. Die Musik gewinnt durch die Aufbereitung des digitalen Signals in allen Aspekten an Qualität. Das Gehörte kommt wird authentischer, kleine Details sind einfacher nachvollziehbar, die Bässe wirken konturierter und das Klangbild entspannter. Die Veränderung mag im Einzelnen betrachtet nicht immens sein, aber die breitbandige Summe aller Effekte erzeugt eine erhebliche Wirkung. Wer eine stimmige Anlage hat und über Detailverbesserung nachdenkt, der sollte auch mal ein Ohr beim Innuos PHOENIX riskieren – und das Budget schonmal reservieren. Um Trennungsschmerz vorbeugen zu können.“
Zum Test: Innuos PHOENIX USB-Reclocker (HiFi-IFAs Dezember 2020)
Mein erstes Highlight des Jahres 2020 hatte ich bereit im Januar: das DEEPTIME IONIC SOUND SYSTEM. Kennengelernt haben die HiFi-IFAs die innovative tschechische Firma im Newcomer-Bereich der HighEnd 2019 in München. Auf den ersten Blick lockte die Schneckenform der kompakten, passiven Satelliten-Lautsprecher und das Schalentier ähnliche Gehäuse des aktiven Subwoofers, der auch die Elektronik-Abteilung des Systems beherbergt. Auf den zweiten Blick konnte mein, in dieser Hinsicht geübtes Auge bei den Gehäusen aber noch etwas anderes, viel spannenderes entdecken: Schichtlinien. Die dezenten Hinweise auf das außergewöhnliche 3D-Druck-Fertigungsverfahren als Sand-Compound! Faszinierend. Der Sound? Hand aufs Herz: für 3.200 Euro wird der Klangpurist ein besser klingendes HiFi-System bekommen. Im Standard-Format. Der Besitzer eines IONIC SOUND SYSTEMS kann aber mit der Preziose seine Liebe zum Design, Lifestyle und Technikaffinität mit ordentlichem HiFi-Sound kombinieren. Ein Ansatz, der oft durch das Raster des klassischen Wertesystems der HiFi-Welt fällt, aber deshalb nicht weniger lobenswert ist. Das Auge hört mit!
FAZIT: „Das Deeptime Ionic Sound System belohnt eine sorgfältige Aufstellung und Anpassung des Subwoofers mit einem musikalischen Erlebnis, das über den bloßen Lifestyle-Appeal des Lautsprecher-Trios hinaus geht. Das ISS erzeugt einen schönen Raum und dichte Atmosphäre. Dabei ist es kein klassisches HiFi-Instrument für das Hörzimmer, sondern ein musikalischer Begleiter im dekorativ möblierten Alltag. Für den Preis von 3.142 Euro erhält der stilsichere Musikliebhaber mit dem DEEPTIME Ionic Sound System eine außergewöhnliche Symbiose aus expressivem Design-Objekt fürs Aug‘ und relaxtem Sound fürs Ohr.“
Zum Test: DEEPTIME IONIC SOUND SYSTEM (HiFi-IFAs Januar 2020)
Fotos: B. Weber, F. Visarius / Artwork: F. Visarius