Dieser Test widmet sich dem spannenden Ionic Sound System von DEEPTIME. Die HiFi-IFAs haben den Hingucker eher durch Zufall auf der High End 2019 entdeckt. Im Newcomer Bereich stand die junge tschechische Firma DEEPTIME Studio direkt neben dem Stand von ModalAkustik, die dort ihren MusikBass (HiFI-IFAs-Test April 2019) vorstellten. Als Bernd und ich einen Plausch bei ModalAkustik hielten, wurde mein Blick magisch vom auffälligen, schwarzen Trio auf dem Nachbartisch von DEEPTIME angezogen. Die offensichtliche Attraktion des 3.142 Euro teuren Sets erspähte ich gleich aus den Augenwinkeln: die Schneckenhausform der beiden Satelliten-Lautsprecher, die für HiFi-Fans meiner Generation spontan mit der Ikonographie der Bowers&Wilkens Lautsprecher-Pretiosen Nautilus verbunden ist.
Die gestalterische Ähnlichkeit der Spirula Speakers, so heißen die auch einzeln erhältlichen Satelliten-Lautsprecher des Ionic Sound System (ISS), mit den B&W Nautilus ergab sich natürlich nur auf den ersten flüchtigen Blick. Aber da war noch was Anderes… Folgerichtig wagte ich einen zweiten Blick aus der Nähe. Das matt schwarze Material, aus dem auch der krustentierartige Thunderstone Subwoofer besteht, machte mich neugierig. Mit einem geübten Blick offenbarte sich dann – neben der auffälligen Form – die zweite kleine Sensation. Die Gehäuse waren 3D gedruckt. Die Höhenlinien verrieten es. War das Material gewöhnlicher ABS-Kunststoff, den man von den Consumer 3D-Printern kennt? Wahrscheinlich nicht. Als ich den Spirula-Speaker in die Hand nahm hatte ich Gewissheit. Das gewichtige Gehäuse bestand aus Sand-3D-Druck! So erklärt sich auch der eingängige Werbe-Slogan von DEEPTIME Studios: „We turn sand into sound“. Moderne Rapid Prototyping Technologie als Enabler für Klang und Lifestyle.
Der Sand 3D-Druck ist eine Technologie, die sich im Laufe der letzten Jahre im Formenbau der Gießereitechnik etabliert hat. Mit diesem Verfahren werden also in der Industrie Hilfszeuge hergestellt, mit denen später das eigentliche Produkt gefertigt wird. Das mittels Sanddruck direkt das Produkt hergestellt wird, ist ein eher seltener Anblick. Wie eben bei dieser Gehäusefertigung. Zum einen sagt man einem Sand-Compound gute Dämpfungseigenschaften nach. Zum Anderen lassen sich durch Druckverfahren komplexere Formen relativ einfach und direkt herstellen, da eine mechanische Fertigung des Korpus entfällt. Gute Voraussetzungen also.
Neben der Herstellung der detailreichen, organischen Außenform, die dem Klang zu Gute kommen soll, ermöglicht der 3D-Druck einen weiteren klangbeeinflussenden, aber im Verborgenen stattfindenden Kunstgriff: die Wandungen können verstrebt aufgebaut werden. In dieser Detaillierung ist das mit herkömmlichen Verfahren gar nicht oder durch entsprechende Halbzeuge nur sehr schwer herzustellen. Der innere Wandaufbau kann, neben der Gehäusegeometrie, stark resonenzreduzierend wirken. Doch soviel zur Theorie. Ein paar Monate nach der High war ich sehr erfreut, ein verfügbares Ionic Sound System zum Test zu erhalten, um es live erleben zu können.
Annäherung
Das Ionic Sound System (ISS) von DEEPTIME Studios erreicht mich sicher verpackt in einem nahezu kubischen Karton. Beim Auspacken merke ich schnell, das die tschechische Firma für den Transport die nötige Sorgfalt walten lässt. Das ist mir sehr sympathisch. Das 2.1 System, also die beiden Schneckengehäuse und der Subwoofer, der auch das Verstärker- und Digital-Modul enthält, sind in zwei Ebenen in entsprechend ausgeformten Hohlräumen spielfrei eingebettet. Das gleiche gilt für das Zubehör.
Ein wirklich nettes Detail ist die beigelegte Bürste aus Rosshaar, mit der man die Gehäuse angemessen von Staub befreien kann. Abgesehen von den außergewöhnlichen 3D-Druck Gehäusen setzt sich die wertige Anmutung in den Anbauteilen und den Kabeln fort. Die Füße und Anbauteile sind Aluminium-Drehteile. In die Anschlüsse, die sich gestalterisch an die spitzkegelige Form der Füße anlehnen, werden die weichen, wertigen Kabel gesteckt, die die passiven Lautsprecher mit dem Verstärker des Subwoofer Moduls verbinden. Beherrschende Farben im Set sind schwarz und silber. Das wirkt auf mich sehr edel.
Der Aufbau ist schnell erledigt. Beim Aufstellen der Lautsprecher sollte der Musikfreund allerdings unbedingt sofort darauf achten, bei empfindlichen Oberflächen die beigelegten Gummiplättchen unter die, wie Spikes wirkenden Füße unterzulegen. Das ist zwar etwas pfrimelig, für den Schutz der Möbel aber unerlässlich. Abhilfe können hier langfristig auch andere Unterlegplättchen mit einer Zentrier-Körnung aus dem Zubehör-Handel schaffen. Ist das erledigt, nur noch das beigelegte Stromkabel in den Subwoofer einstecken und die Spielpartner des 2.1 Soundsystems mit den angenehm in der Hand liegenden Lautsprecherkabeln verbinden. Voilà!
In Sachen Konnektivität bieten sich drei Wege an. Im modernen Leben ist die drahtlose Verbindung per Bluetooth wohl die Gängigste. Das ISS ist im Mobiltelefon schnell identifiziert und die Musik in die Digitalsektion des Subwoofers drahtlos eingespeist. Der alternative, kabelgebundene digitale Weg ist der Anschluss des beigelegten optischen Kabels, das auf der Seite des Zuspielers den gängigen TOSLINK-Stecker und auf der anderen einen 3.5mm Klinkenstecker mit zentralem Lichtleiter hat. Der 3,5mm Klinkenstecker ist über die Stromführenden Kontakte auch der Weg alles Analogen, das Zugang zum ISS verlangt.
Sollte also die praktische Bluetooth-Konnektivität zu einem Mobilgerät nicht ausreichen und der Kontakt zur Aussenwelt über stationäre, kompakte Streaming-Profis zu Stande kommen sollen, böte sich eine Kombination beispielsweise mit dem D-Stream Primo HD oder Volumio PRIMO HiFi an. Beide hatten wir im Test und waren begeistert. Beide passen auch gut zur schicken Gestalt des Ionic Sound Systems. Der D-Stream Primo HD lässt sich als Streaming Bridge prima über den optischen Digitaleingang des ISS anschließen. Der Volumio PRIMO HiFi nützt seinen eigenen wertigen D/A-Wandler und den Analog-Eingang des 2.1 Systems.
Die Anschlüsse sind also mit dem optisch und analog kombinierten 3,5 mm Klinkenstecker sehr übersichtlich. Gleichsam ist es das Benutzer-Interface: Ein doppelter Co-Axialer Drehring. Natürlich aus Aluminium. Der äußere Ring regelt den relativen Pegel des Basses, die zentrale Scheibe die Gesamtlautstärke. Das war es eigentlich schon. Nach ein paar technischen Details kann es also ans Hören gehen.
Technische Daten
Ionic Sound System 2.1 Set:
Zwei passive Spirula Satelliten-Lautsprecher (auch einzeln erhältlich), ein aktiver Thunderstone Subwoofer.
THUNDERSTONE Subwoofer
- Design: Gehäuse mit drei Füßen
- Materialien: Silicium Sand, Aluminium
- Maße: 372 × 372 × 239 mm (L x B x H)
- Gewicht: 6.5 kg
- Lautsprecher: High-End 5.75“
- Frequenzgang: 40Hz – 200Hz
- Nenn-Impedanz: 4Ohm
- Empfindlichkeit: 1W/1m: 88 dB
THUNDERSTONE Verstärkermodul
- D-Class Verstärker: Ultra Low 0.005 % THD+N bei 1W–25W/8 Ohm
- Verstärkerleistung Satellit: 2x RMS 30 W / BTL Spitzenleistung 60 W
- Verstärkerleistung Subwoofer: RMS 55 W / PTBL Spitzenleistung 110 W
- Netzteil: 100–240 V, 50–60 Hz
SPIRULA Satelliten-Lautsprecher
- Design: Passives geschlossenes Gehäuse
- Materialien: Silizium Sand, Aluminium
- Maße: 208 × 117 × 222 mm (T x b x H)
- Gewicht: 2,.4kg / Stück
- Lautsprecher: 3“ Bambus-Faser Papier Konus
- Frequenzgang: 75Hz – 20kHz
- Nenn-Impedanz: 8 Ohm
- Empfindlichkeit: 1W/1m: 87 dB
KONNEKTIVITÄT (über THUNDERSTONE)
- Analoger AudioEingang: 3.5mm Klinkenstecker (Stereo)
- Digital 3.5mm Fibre Optic Jack
- Bluetooth: aptX & AAC audio codecs, Reichweite ca. 10m
- DAC: 24bit/96kHz (High-Res)
LIEFERUMFANG
- Thunderstone Subwoofer
- 1 Paar Spirula Lautsprecher
- Premium Lautsprecher-Verbindungskabel
- Optisches Kabel
- 3,5mm Klinkenstecker-Kabel
- Netzkabel
- Unterleg-Pads (Möbelschutz)
- Bedienungsanleitung
- Reinigungsset
Der Klang
Als Zuspieler wähle ich die Streaming Bridge LUMIN U1 mini, steht er doch grad so praktisch in Reichweite, und starte direkt mit einer Herausforderung für DEEPTIMEs Ionic Sound System (ISS). Klassische Musik: Schostakovitschs Symphonie No.7 (Leningrad) vom Mariinsky Orchester aus St. Petersburg. Natürliche Instrumente, die das System herausfordern. Nach wenigen Takten zeigt sich, das spezialisierte, auf Klang getrimmte Lautsprecher der gleichen Preisklasse hier Vorteile haben. Besonders bei den Klangfarben. Doch keine voreiligen Schlüsse. Es zeigt sich bei dem 2.1 System nämlich auch, das es sich lohnt, neben der Ausrichtung in der Vertikalen auch eine Ausrichtung in der Horizontalen aus zu probieren und zu optimieren. Das bringt mehr Präsenz im Hochton, der auch den Klangfarben gut tut. Zwischen den Satelliten spannt sich nach etwas Probieren ein schöner Raum auf, der mit dem Orchester wohl sortiert aufgefüllt wurde. Könnte man das Ionic Sound System aufgrund seiner optischen Anmutung leichtfertig in die Schublade „Designobjekte“ stecken, wird man wohltuend eines Besseren belehrt. Insbesondere, als die Symphonie No.7 ihrem Höhepunkt entgegen strebt, spielt das ISS überraschend groß auf. Das Orchester wächst und wächst. Das alles kommt aus den kleinen Schnecken? Natürlich nicht. Der Sub hilft mächtig mit und fügt sich dabei prima ein. Hier wurde direkt klar, dass das DEEPTIME ISS deutlich mehr kann als nur stylisch verpackte Musikberieselung.
Eine weitere Herausforderung: Stimme und Klavier. Es spielt Peter Gabriels eigenwillige Interpretation von Paul Simons „The Boy In The Bubble“. Die Stimme von Peter Gabriel steht in angenehmer Größe mit spürbarem Charakter zwischen den Lautsprechern. So losgelöst, das ich mich kurz frage, wo die Stimme wohl herkam. Bis ich mich darauf rückbesinne, das kompakte schwarze Schalentier-Trio im Hörraum zu testen und nicht die Lautsprecher-Klopper nebendran. Sorgsame Aufstellung vorausgesetzt löst sich der Klang von den drei Lautsprechern. Glücklicherweise muss der Sub sich ob seiner schönen Gestalt und überschaubaren Größe nicht verstecken. Das hilft bei der einer sinnvollen Standortwahl bei den Satelliten, die akustischen Regeln folgen sollte. DEEPTIME gibt mit relativ kurzen Kabellängen dabei schon die Richtung vor. Schön zu hören: Die Instrumente bekommen bei der 24bit-Aufnahme von Peter Gabriel ein glaubhaftes Volumen, einen Korpus.
Den Schwenk zur CD-Qualität vollziehe ich mit dem großartigen „Teardrop“ von Massive Attack. Auch bei diesem Titel versteht sich der DEEPTIME ISS gut zu verkaufen. Der Bass kommt satt und bruchlos rüber. Das schafft schon mal viel Atmosphäre auf der Bühne. Das regelmäßige „tock“, das den Soundteppich kontrastiert, steht sauber in der Mitte und richtet das Klanggeschehen. Daran orientiert sich die fast flehende Stimme von Elizabeth Fraser. Tatsächlich seziert das Ionic Sound System nicht. Er schafft Atmosphäre. Eine gelungene Kombination mit dem stylischen Äußeren, das den Wohnraum dekoriert. So lasse ich mich ungebremst hineinfallen in „Unfinished Sympathy“, das in der Tracklist folgt, mit Shara Nelsons Gesang.
Schnell noch was Ausprobieren. Ich stoppe den Stream vom LUMIN U1 mini. Mein iPhone hatte sich im Hintergrund bereits per Bluetooth mit dem Ionic Sound System verbunden. Jetzt bekommt es Vorfahrt. Das läuft alles wunderbar glatt. London Grammar. „Ooh ooh, you know it is frightening… Ooh ooh, you know it’s like lightning… No no no no… Hey now.“ Hey now. Gänsehaut. Ein fantastisches Intermezzo.
Doch zurück zum Stream vom Musikserver. Ebenfalls Spaß macht mir das fast klangmalerische „Map“ vom Musikprojekt „Punkt“ und dem Album „Crime Scenes“, an dem beispielsweise auch die norwegische Jazzmusikerin Sidsel Endresen beteiligt war. Den akzentuierten Klangteppich brachte das DEEPTIME Ionic Sound System spielfreudig ans Ohr.
Nun doch noch eine Herausforderung in eine ganz andere Richtung: „Wir machen Musik“ vom Berliner Lisa Bassenge Trio. Featuring Ilse Werner. Ich habe den Titel sicherlich schon ein paar mal hergenommen für meine Berichte. Aber er ist auch einfach zu schön. Die Grand Dame der deutschen Unterhaltungsbranche meiner Jugend Ilse Werner kommt authentisch rüber. Ja, Gesang war nicht die Paradedisziplin der Künstlerin. Das hörte ich raus. Aber der ISS weiß es sympathisch zu transportieren. Ebenso wie das Pfeifen Ilse Werners, ihrem Erkennungsmerkmal, und dem frischen Gesang Lisa Bassenges im Schlussdrittel des Songs.
Also zum Abschluss doch noch was Fetziges. Midge Ures „Cold, cold heart“ vom Album „Pure“. „When I was just a boy… The voice of an angel came to me… It said „Your future is there inside your cold, cold heart“. Der DEEPTIME sagte mir, was Midge Ure zu sagen hatte. Er stellte die Musik mit Nachdruck in den Raum. Sogar ein wenig breiter. Ein wenig seitlich über die Lautsprecher hinaus. „Come stand beside me… Come gather ‚round me… And heat this cold, cold heart“, heißt es zum Schluss. Aber vielleicht höre ich doch noch ein bisschen und erfreue mich an dem Anblick der zwei niedlichen Schnecken und dem Crustacea in meinem Hörzimmer. Mein Finger tippt in der Playlist auf Asta „My heart is on fire“. Ein Reflex. Weiter geht’s.
Fazit
Das Deeptime Ionic Sound System belohnt eine sorgfältige Aufstellung und Anpassung des Subwoofers mit einem musikalischen Erlebnis, das über den bloßen Lifestyle-Appeal des Lautsprecher-Trios hinaus geht. Das ISS erzeugt einen schönen Raum und dichte Atmosphäre. Dabei ist es kein klassisches HiFi-Instrument für das Hörzimmer, sondern ein musikalischer Begleiter im dekorativ möblierten Alltag. Für den Preis von 3.142 Euro erhält der stilsichere Musikliebhaber mit dem DEEPTIME Ionic Sound System eine außergewöhnliche Symbiose aus expressivem Design-Objekt fürs Aug‘ und relaxtem Sound fürs Ohr.
Im Test: 2.1 Lautsprecherset DEEPTIME Ionic Sound System
Preis Ionic Sound System: 3.142 Euro (Stand 22.01.2020)
Preise von Komponenten:
Spiral Speakers (Paar): 890 Euro
Kabel: um 80 Euro (je nach Ausführung)
Kontakt
DEEPTIME s.r.o
U Panelarny 136
273 43 Bustehrad, Czech Republic
Mail: studio@deeptime.limited
Telefon: +420 702 054 124
www.deeptime.limited
Mitspieler im Test
Digitale Quellen – Streaming Bridge LUMIN U1 mini, Musikserver MELCO N100, iPhone, Samsung Smartphones
Strom – Netzkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste SUPRA Cables LoRad MD07 DC 16 EU SP MKIII