Die Lautsprecher des Ansbacher Herstellers Ascendo sind uns HiFi-IFAs auf den einschlägigen HiFi- und High End Veranstaltungen schon häufiger über den Weg gelaufen. Nun gut, korrekt ausgedrückt sind wir den Lautsprechern über den Weg gelaufen, schlichen wir doch durch die Hotelflure der Messe-Austragungsorte und spitzten die Ohren. Die Ascendos waren doch fest im Hörzimmer verortet und lockten uns, um uns eine Audienz zu gewähren. So auch auf den Norddeutschen HiFi-Tagen 2020 im Hamburg, wo mir die mächtigen aktiven Standlautsprecher LIVE 15 in der Vorführung die Frisur neu legten. Frisch gefönt zurück im Hotelflur dachte ich bei mir: Das möchtest Du mal bei Dir zu Hause erleben. Nach kurzer Abstimmung mit dem Vertrieb IDC Klaassen und Ascendo waren wir uns schnell einig und es ergab sich die Gelegenheit zum Test eben dieses Messe-Paares Ascendo LIVE 15 in der Preisklasse um 25.000 €.
Die „Nordeutschen HiFi-Tage“ in der Hansestadt waren und werden anno 2020 wohl die letzte unbeschwerte HiFi-Messe gewesen sein. Dann kam Corona auch nach Deutschland. Der Kontakt zu Ascendo war zwar geknüpft, aber noch bevor ich mit dem Ascendo Geschäftsführer Stefan Köpf einen konkreten Termin ausmachen konnte, trat die Kontakt-Sperre in Kraft. So entschied das Gesetz, aber auch unser beider Vernunft, unseren Termin bis auf Weiteres zu verschieben. Bis sich die Lage beruhigt hat. Im Sommer war es dann soweit. Meine Vorfreude war groß.
Stefan Köpf reiste aus seinem Wohnort Karlsruhe mit seinem Transporter an. Im Gepäck das Paar Ascendo LIVE 15 und das notwendige Einmess-Equipment. Das die Lautsprecher nichts für den Paketversand waren, war mir schon auf den Messen klar. Deswegen fand ich es klasse, dass er die Lautsprecher persönlich übergeben und einmessen wollte. Doch von einer gewissen Sorglosigkeit beseelt vergaß ich, bei der Terminabsprache noch nach dem konkreten Gewicht zu fragen. Diesem Umstand geschuldet war mein Hörzimmer im ersten Stock zwar sehr aufgeräumt, von den LIVE 15 später aber auch sehr ungenutzt…
Annäherung
Noch im Hausflur fragte mich Stefan Köpf, wohin mit den guten Stücken. In den ersten Stock? Keine Chance! Schon gar nicht zu zweit. Und nicht auf dieser Treppe. Die Lautsprecher wögen rund 100 Kilogramm das Stück. Okay, Planänderung. Wir suchten einen Platz im Wohn-Esszimmer im Erdgeschoss, wo die Lautsprecher sicher und mit vertretbarer Umdekoration des Raumes einen Platz finden konnten. Fläche war genug vorhanden. So musste der Esstisch weichen und übergangsweise an zentralerer Stelle im Raum seinen Platz finden – ohne zu stören und ohne seine Funktion aufgeben zu müssen. Der Hörplatz mitten im Raum fiel dann recht spartanisch ausgestattet aus.
Zudem ist das Wohn-/Esszimmer halt nicht mein Hörzimmer. Es ist eher schlicht eingerichtet und sehr schlecht bedämpft. Keine idealen, nein, eher suboptimale Voraussetzungen zum Betrieb eines High-End-Lautsprechers. Das war uns beiden schnell klar. Mit einigen Mühen bugsierten wir die LIVE 15 ins Haus und stellten die Standlautsprecher am Spielort auf. Jetzt gab es kein zurück mehr. Wir waren uns einig, dass eine High-End-Anlage in einem schlechten Raum nicht optimal klingen kann. Logisch. Aber der Pragmatismus von Stefan Köpf hat mir gut gefallen: die Sache durchziehen und das Beste aus der Situation machen. Auch wenn er leichte Sorgenfalten auf der Stirn nicht verbergen konnte, wollte er mit der Raumkorrektur das Machbare aus der Situation heraus holen. Das fand ich sehr sympathisch. Einfach die Sachen zusammenpacken und gehen, wenn es schwierig wird, kann ja schließlich jeder…
Neben den sehr langen Nachhallzeiten von bis zu 2 Sekunden waren starke Raummoden bei 30 Hz und 60 Hz das größte Problem. Beim Einmessen kam das sehr deutlich heraus. Die selbstskalierende Darstellung, der webbasierten Bedienung der in der Live 15 integrierten Raumakustikkorrektur, rückte die kleineren Probleme des Raumes in den ersten Schritten also vorerst visuell ins Off.
Grundsätzlich gilt, dass der Hörer immer die Kombination aus Lautsprecher und Raum wahrnimmt. Außer in reflektionsfreien Räumen hört das Ohr immer die Addition der direkt vom Lautsprecher erzeugten Schallwellen (Direktschall) und die von den Wänden reflektierten Schallwellen (Diffusschall). Sind die Wellen am Hörplatz gleichphasig wird der Ton im betreffenden Frequenzbereich lauter, sind sie gegenphasig wird der Ton leiser. Stehende Wellen (oder: Raummoden) erzeugen laute sehr lang ausschwingende Töne, die das gesamte Klangbild störend überlagern. Die Klangqualität der gesamten Anlage ist somit stark von den raumakustischen Eigenschaften des Hörraumes abhängig. Auch bei den allerbesten Komponenten wird die wahrnehmbare Klangqualität immer von den raumakustischen Parametern limitiert. Hier schafft die Live 15 Abhilfe.
Stefan Köpf korrigierte also zuerst die größten Schwächen des Raumes, um sich dann den Feinheiten zu widmen, die im nächsten Schritt deutlich wurden. Dabei schaute er neben dem Frequenzgang insbesondere eben auf die Nachhallzeiten, damit die Energie in den problematischen Frequenzen nicht zu lange im Raum blieb. Um die Halligkeit im Hochtonbereich abzumildern, wählten wir noch einen High Shelving-Filter (zu gut deutsch: „Kuhschwanzfilter“), der die Höhen über einen breiteren Bereich nach oben hin kontinuierlich sanft absenkte. Das kostete zwar etwas Brillanz, nahm dem Klangbild aber auch die Harschheit, die der Raum ihm aufprägte.
Stefan Köpf und mir war klar, dass die LIVE 15 in meinem Wohnraum unter Wert spielen würden, aber wir beschlossen dennoch, dass die Lautsprecher ein Weilchen bei mir bleiben sollten, damit ich einen Eindruck von ihnen bekomme. Später, so der Plan, wollten wir eine Session bei Ascendo im Stammhaus in Ansbach nachholen, damit ich die Meriten der LIVE 15 nochmals näher am Optimum erleben konnte. So stellten wir im Webinterface noch die frei wählbare Farbe der LEDs auf ein freundliches Kornblumenblau, in dem die Lichtleiste am Sockel und der Hochtöner forthin erstrahlten. Wer die Illumination nicht mag, kann die Beleuchtung im Terminal im Sockel nachträglich noch separat an- oder abschalten.
So bekam ich also grundverschiedene Eindrücke von der LIVE 15. Beginnend mit dem uneingemessenen und eingemessenen Zustand in meinem Wohnraum bis hin zur Vorführung im ASCENDO Hörraum. Vorweg darf ich schon sagen, dass der erste Schritt bei mir schon sehr beeindruckend war. Natürlich soll eine Raumkorrektur auf diesem Niveau einen guten Raum noch besser machen und nicht einen eher schlechten Raum akzeptabel. Aber so war es faszinierend mitzubekommen, was sich veränderte. Die Raumkorrektur der LIVE 15 hatte ganze Arbeit geleistet.
Technik
Die mit 125 cm recht stattlichen LIVE 15 Standlautsprecher werden optisch von den großen Systemen auf der ebenen Schallwand dominiert. Man könnte beim flüchtigen Betrachten meinen, die Erzeugung des Hochtons mit einem 30 cm Konus grenze an Zauberei. Im eingeschalteten Zustand deutet die glimmende Beleuchtung hinter der zentralen Gewebe-Kalotte auf mehr hin und lässt die Magie erahnen, die dahinter steckt. Das Glimmen stammt jedoch nicht von einem Plasma-Hochtöner, wie sich leicht vermuten ließe, sondern von einem beleuchteten 1″-Hochtöner in einer Druckkammer, der durch das Gewebe hindurch mit dem großen Tief-Mitteltöner ein Co-Axial-System bildet. Die Coax-Anordnung gewährleistet die Zeitrichtigkeit der Musik in Übertragungsbereich.
Dazu gesellt sich ein 40 cm Tieftöner mit einem amtlichem Hub von 36 mm. Das ermöglicht ein bewegtes Luftvolumen von 1,4 Litern je Schwingvorgang. Mehr als doppelt soviel, wie bei „normalen“ 15 Zöllern. Angetrieben werden die drei Lautsprecherchassis von zwei Endstufen mit einer Gesamtleistung von 1650 Watt. Der Lautsprecher ist zwischen Kino und High End Stereo Mode schaltbar. Desweiteren bringen die Lautsprecher eine digitale Raumakustikkorrektur mit, von der später noch zu hören sein wird. Und mit der später auch gehört wird…
Anschluss findet der 94 kg schwere Lautsprecher über analoge und digitale Eingänge im Sockel. Mit dazu gehören auch LAN-Verbindungen, die den professionellen Standard der Audio/Video Bridging Task Group AVB IEEE 802.1 für synchronisiertes und priorisiertes Streaming von Audio- und Videodaten über Netzwerke unterstützt. Die LEDs des Hochtöners und der Sockelleiste sind nach Wahl schaltbar. Kontrolle über den Lautsprecher erhält der Besitzer bei Bedarf über ein Browser basiertes Web-Interface. Zumeist wird es aber beim Drücken des Netz-Tasters an der Oberseite des Sockels bleiben. Nach etwas über einer Minute signalisiert der Lautsprecher dann Betriebsbereitschaft. Zeit, das perfekte Oberflächen-Finish zu betrachten. Ich freue mich schon…
Technische Daten
- Lautsprecher-Aufbau:
Zeitrichtige 30 cm Coax-Einpunktschallquelle und
spezialgefertigter 40 cm Tieftöner, inkl. AIA Speaker Management Technologie - Bau-Prinzip: Geschlossen
- dB SPL 125 dB Cont./130 dB Peak
- Frequenzbereich: 18 Hz (-3 dB) – 20 kHz
- Verstärker: getrennte Verstärkereinheiten in echtem Monoblock-Design
- Leistung 1.650 W aus 2 Verstärkern
Tieftöner: 1 Verstärker mit 1.000 W |
Coax: 1 Verstärker mit 500 W + 150 W,
vertikales und horizontales BiAmping - Netzspannung: 85 V – 240 V
- Empfindlichkeit/Impedanz: 8 dBU/20 kΩ
- Coax resp. Tieftöner: 12″ / 30 cm
- Hochtöner: 1“ Coax-Druckkammertreiber |
- Abstrahlwinkel horizontal x vertikal in Grad°: 90° x 90°
- Tieftöner: Spezialgefertiger 15″ / 40 cm Tieftöner, 10 cm Schwingspule, 36 mm linearer Hub
- Bewegte Luft in Litern: 1,4 l (im Vergleich 15“ Standard-Tieftöner: 0,62 l)
- Analogeingang 2 x XLR (symmetrisch/balanced), Cinch/RCA (via Adapter)
- Netzwerk: 3-port Fast Ethernet Switch (AVB-kompatibel)
- Streamingtechnologie: AVB IEEE 802.1 (Audio-Video-Bridging Standard)
- Steuerung: Selbsterklärende Bedienung, Webbrowser basiert
- Funktionen: Raumakustikkorrektur, Delay, Klanganpassung, Gain, Eingangsempfindlichkeit
- Schutzfunktionen: Übersteuerung, Temperatur, Stromstärke, DC, HF
- Gehäuse: Innenverstrebtes MDF und Birkensperrholz
- Breite oben/unten: 42 cm/49 cm
- Höhe: 129 cm
- Tiefe Live 15: 33 cm, Tiefe Metallic Base: 48 cm
- Gewicht: 94 kg
- Oberflächen: Echter Klavierlack ( 12 Schichten), Mattlack, Nextel Farbe nach Wahl,
weitere Oberflächen auf Anfrage - Ambiente: LED Umgebungslicht
- Garantie: 5 Jahre
Klang
Nach den kurzen Sweeps für die Auswertung und Korrektur der Lautsprecher spielte Stefan Köpf die erste Musik im Raum über das mitgebrachte Notebook nebst externer Soundkarte. Meine Anlage stand ja noch oben. Über das Webinterface der LIVE 15 ließ sich die Korrektur ein- oder ausschalten. Speziell bei energiereicher Musik, die sich dort abspielte, wo es dem Raum weh tat, war deutlich zu merken, wie die Raummoden bei 30 und 60 Hertz den Sound aufdickten und den Raum zum Wummern brachten. Eine schmalbandige Korrektur im Bass- und Präsenzbereich brachte die Energieverteilung ins Gleichgewicht.
Nach dieser Korrektur wurde bei Anette Askviks „Liberty“ deutlich, dass der Raum noch sehr hallig war. So probierten wir mit dem Shelving Filter noch eine Absenkung des Hochtons und fanden einen guten Kompromiss aus Brillanz und Entschärfung des Klangbildes. Damit klemmte Stefan Köpf sein Notebook ab und überließ mir das musikalische Ruder. Auch unsere Katze traute sich nach den ganzen Sweeps und Testtönen wieder unter der Bettdecke hervor und gesellte sich im Wohnzimmer zu uns zurück.
Da ich an diesem Tag meine ganze Anlage nicht noch herunter tragen wollte, kam mir die Idee zu einem ebenso pragmatischen wie puristischen Ansatz. Als mobile Anlage setze ich gern meinen D/A-Wandler-Kopfhörerverstärker ami Musik DDH-1 mit lautstärkegeregeltem Ausgang und dazu den von uns getesteten WLAN-fähigen D-Stream Primo HD als günstigen Renderer ein. Praktischer Vorteil: In Kombination mit einem Akku, der gleichzeitig 12 V und 5 V liefert, kann die Kombi unabhängig vom Stromnetz arbeiten – und so die LIVE 15 mit Musik versorgen. Der Anschluss war somit schnell erledigt. Die mitgebrachten XLR- auf Cinch-Kabel an den Musik DDH-1 anschließen, schon konnte es los gehen.
Wir hörten kurz in die „Swingin‘ Safari“ von Bert Kaempfert rein und das „James Bond Theme“ von John Barry and Orchestra. Der Fuß wippte spontan freudig mit. Es entstand ein greifbarer Raum und die Musik kam recht ausgewogen rüber. Auch Louis Armstrongs „Nobody knows the trouble“ zeigte Charakter. Auch Sohns „Veto“ warf die LIVE 15 mit der Macht, die sie schon aufgrund ihrer Physis ausstrahlte, in den Raum, das es ein Freude war. Natürlich, wie eingangs erwähnt, mit Optimierungspotenzial, aber das wussten wir ja. So ließ mich Stefan Köpf denn allein mit meinen zwei neuen Mitbewohnern zurück.
Ich gebe zu, in Sachen Optimierung einem Denkfehler aufgesessen zu sein. Weil ich zu sehr auf den Raum fixiert war, weniger auf die Elektronik. Als mich ein Freund zum Musikhören besuchte, entschlossen wir uns, den auch bei den HiFi-IFAs getesteten SPL Phonitor x mit D/A-Wandlermodul DAC768xs an den Start zu bringen. Also: Hochgelaufen, den recht kompakten Phonitor x und ein Stromkabel unter den Arm geklemmt und unten wieder angeklemmt. Der D-Stream Primo HD blieb als Renderer weiter im Akku-Betrieb. Damit machte die LIVE 15 noch mindestens zwei Schritte nach vorn.
Die „Swingin‘ Safari“ gewann an Biss. Die Live 15 transportierte die Spielfreude des Stücks mit mehr Leichtigkeit und Transparenz, die man von dem großen Lautsprecher erst gar nicht so recht erwarten mag. Ebenso wie dem entrückt lautmalerischem Gesang der Frauenstimme im Song. Gut ließen sich die Fingerkuppen auf den Gitarrensaiten wie der Besen auf dem Trommelfell vorstellen. Der amtlich Bass der LIVE 15 bot der Musik die nötige Substanz ohne laut spielen zu müssen. Auch das „James Bond Theme“ kam frech daher. Passte irgendwie zu den Bond Filmen der eher chauvinistischen Sean Connery Agenten-Ära.
Interessant war dabei, dass der mächtige Lautsprecher nicht nur bei den großen Tönen punktete, sondern genauso mit Details und feinen Zwischentönen, die der SPL Phonitor x in dem Gespann zuspielte. Es schien, dass die Kontrolle der LIVE 15 gut bekam. Deutlich wurde das auch bei Louis Armstrong, dessen Stimme merklich an Authentizität und Charakter gewann. Dazu vermochte die LIVE 15 den Raum fein in Breite und Tiefe zu staffeln. Die Aufnahme brachte durch die Instrumentierung und den Männer- sowie Frauenchor reichlich Bühne mit, an der sich der Lautsprecher erfolgreich versuchen konnte.
Aber Schluss mit den eher feineren Titeln. Bei den Bässen von Sohns „Veto“, die wie selbstverständlich im Raum standen, kam die LIVE 15 in Fahrt. Groß und konturiert. Das machte schon Lust auf mehr – in einem akustisch trockeneren Raum. Spaß machte auch die Stimme von Christopher Michael Taylor alias Sohn, die zum Ende die Beats mit einer zweiten Falsett-Stimme kontrastiert. Das Gleiche entdeckte ich bei Felix Labands „Miss Teardrop“, das die LIVE 15 abgrundtief nachzeichnete, ohne aber die feinen Klangereignisse zu vernachlässigen. Das Pfeifen und und Klicken, das Klimpern. Hier und da. Auf einem satten Soundteppich, den die LIVE 15 großzügig im Raum ausrollte. In der Breite und in der Tiefe. Wie selbstverständlich.
Da ich die LIVE 15 ein Weilchen bei mir zu Hause hören durfte, während Stefan Köpf im Urlaub weilte, nutzte ich noch eine weitere Gelegenheit zum Ausprobieren. Zwischenzeitlich war der MERASON Frérot (HiFi-IFAs-Test August 2020), das „Brüderchen“ des großen DAC-1, bei mir eingetroffen. Nach einiger Zeit in meinem Hörraum offenbarte er großes musikalisches Potenzial zum fairen Kurs von rund 1.000 Euro. Da der Frérot nicht nur so heißt, sondern auch wirklich klein und handlich ist, bin ich der Idee des schmalen Setups treu geblieben und habe ihn im Wohnzimmer direkt an die Ascendo LIVE 15 angeschlossen. Die Lautstärkeregelung übernahm der D-Stream Primo HD. Und da meine Familie immer wieder am Ort des Hörgeschehens auftauchte, wählte ich dieses mal allgemeinverträgliche Klassik.
Auf meinem Server schlummerte eine Aufnahme von Tschaikovskys Schwanensee, Nussknacker und Dornröschen Balletten von den Dirigenten Seiji Ozawa und Mikhail Pletnev mit dem Boston Symphonic Orchestra beziehungsweise dem Russischen National Orchester. Dornröschen hatten wir letztes Jahr zur Weihnachtszeit in Baden-Baden gesehen. Wunderbare Musik. Diesen Zauber verstand der Frérot den LIVE 15 noch eindringlicher einzuhauchen – trotz des immer noch vergleichsweise günstigen Renderers. Die „Introduction – The Lilac Fairy“ von Dornröschen forderte in den forschen Passagen die volle Aufmerksamkeit des Zuhörers ein, um in den ruhigen Passagen direkt zu kontrastieren und eine schöne Stimmung zu zeichnen. Der Hörer konnte verfolgen, wie die Musik durch das Orchester wanderte.
Zackig und impulsiv kam der „Russische Tanz“ vom Nussknacker Ballett rüber. Das Intermezzo dauerte eine Minute und wich dem traurigen Arabischen Tanz, bei dem die LIVE 15 eine Gänsehaut zu hinterlassen verstand. Ein herrliches Zusammenspiel aus Streichern, Holzbläsern und Rasseln. Den Schlusspunkt sollte aber die „Scene Finale“ von Schwanensee setzen, die es nochmal „krachen ließ“ und mir die musikalische Macht eines Symphonie Orchesters vor Augen führte. Trotz aller Opulenz behielt die LIVE 15 auch bei den kleinen Dingen im Geschehen den Überblick. Und wieder begeisterte mich die Fähigkeit, im Gegenzug auch die leisen Passagen emotional ergreifend ans Ohr zu bringen. All das ließ die akustischen Unzulänglichkeiten des Wohn-/Esszimmers kurz in den Hintergrund treten…
Die Energie, die der Lautsprecher in Richtung Hörer schiebt, ist über den Frequenzbereich sehr gleichmäßig. Was den Raum natürlich dementsprechend anregt. Wenn man so will spürt die LIVE 15 im Gegenzug so natürlich auch jede Schwäche auf. Die Raumkorrektur hat bei meinem Raum extrem viel geholfen, so dass mir die LIVE 15 auch noch einen guten Schritt von ihrem Optimum entfernt schon Spaß macht.
Das Machbare durfte ich dann ein paar Wochen später am Firmensitz von ASCENDO in Ansbach erleben, wo ich Stefan Köpf und meine beiden ehemaligen „Mitbewohner“, so hatten wir in der Familie die LIVE 15 getauft, wiedersehen durfte. Wir starteten im Hörraum mit Anette Askvik und ihrem Song „Liberty“. So ging es ja auch bei mir daheim los. Und „Liberty“ schien mir auch einer der Favoriten auf Stefans Playlist zu sein. Der Song offenbart bereits sehr viel. Zuspieler waren ein Melco N1 Musikserver und ein Chord Hugo D/A-Wandler-Vorverstärker. Das Signal ging analog an die ASCENDO ACTIVE 15. Was in dem akustisch kooperativeren Raum und mit den natürlich darauf eingemessenen Lautsprechern möglich war, nahm mir geschwind den Atem. Der Mittel/Hochton-Bereich hatte eine Detailliertheit und Feindynamik, kombiniert mit einer Direktheit, wie ich sie eher von Kopfhörern kenne. Und die waren mir beim Besuch in Ansbach noch gut im akustischen Gedächtnis, weil ich mich zu Hause eingängig mit den grandiosen ULTRASONE SAPHIRE (Test Oktober 2020) beschäftigt hatte. Die Präsenz der LIVE 15 in diesem Frequenzband war erstaunlich. Der Tiefton, der sich immer wieder ins Geschehen einmischte, gesellte sich mit einer großen Selbstverständlichkeit – auch bei geringerem Pegel – dazu.
Ja, der Bass. In dieser Disziplin durfte sich die LIVE 15 bei Marian Hills „Differently“ und Billie Alishs „Bad Guy“ beweisen. Beide Titel meinen es im Tiefton echt ernst. Was für andere, nassforsche Lautsprecher zur Reifeprüfung wird, erledigten die gestandenen Aktivlautsprecher mit maximaler Gelassenheit und riesiger Spielfreude. Dabei gelang ihnen die große Kunst, gleichzeitig warme, leicht wabernde elektronische Tiefbässe und knackscharfe Oberbassimpulse wiederzugeben, ohne sie zu vermischen. Und als wäre das nicht genug, erheben sich darüber die Stimmen der Sängerinnen und Klang-Effekte ohne ihre Natürlichkeit einzubüßen.
Nils Lofgrens „Bass&Drums“ haut in die gleiche Kerbe. Auch hier ein knackiger und fokussierter Oberbass im Einklang mit einem rabenschwarzen und brutalen Tiefbass. Kontrast lieferte in diesem Stück das Schlagzeug, das die LIVE 15 mit hoher Authentizität und Räumlichkeit zum Besten gab. Ellie Gouldings „Your Song“ klang dann für mich ein bisschen wie ihr eigenes Cover. So hatte ich es zuvor noch nicht gehört. Es ist schon interessant, wie sehr die Wiedergabekette die Wahrnehmung und damit den Charakter ein und desselben Stückes beeinflusst.
Die weiteren Titel, die wir hörten, bestätigten den Eindruck. Spürbar und hörbar war, wie die getrennten Endstufen der Aktivlautsprecher für Hoch/Mittelton und Bass sich gegenseitig entlasteten, so dass der Koax und der Woofer weitgehend unbeeinflusst von der jeweiligen Last des anderen aufspielen konnten. Durch die gewissenhafte Abstimmung der Zeit- und Phasenrichtigkeit spielten die Systeme im Lautsprecher und auch durch die Einmessung als Lautsprecherpaar im Raum vollständig bruchlos wie aus einem Guss. Und eben nicht wie ein Satellit und ein Subwoofer, die mit diesen Effekten ihre liebe Müh haben..
In den Tag – na ja, eigentlich ins benachbarte Heimkino – entließ uns dann Richard Wagners „Siegfrieds Trauermarsch“. Ansbach ist ja nicht soweit von Bayreuth entfernt, also war die Musikwahl ja fast naheliegend. Etwas Klassik sollte noch sein zum Ende der Hörsession. Die dramatische Entwicklung des Satzes zeichnete die LIVE 15 greifbar und mit realistischer Bühne nach. Ein beeindruckender Abschluss des Stereo-Erlebnisses im Hause ASCENDO. Obwohl der anschließende Gang ins Heimkino dann eigentlich absolut keinen Trauermarsch verdiente. Doch dazu bei Gelegenheit mehr…
Fazit
Achtung! Wer hinter der imposanten Erscheinung und den zwei stattlichen Konussystemen der aktiven Standlautsprecher Ascendo LIVE 15 einen krawalligen Disco-Lautsprecher erwartet, ist gründlich auf dem Holzweg. Das farbige Licht im Zentrum des Tief-/Mitteltöners deutet visuell die musikalischen Talente in Gestalt eines Coaxial-Systems an. Ja, die LIVE 15 kann Disco. Und wie. Sie regt den Raum mit hoher Dynamik im gesamten Frequenzbereich gleichmäßig und zeitrichtig an. So transportiert sie auch die feinen Zwischentöne und Stimmungen jeder Couleur. Ausgestattet mit potenten Endstufen füllt sie nicht nur jeden Raum mit Klang, sondern versteht es auch, diesen wohl zu ordnen. Die effektive Raumeinmessung ermöglicht der LIVE 15, sich in ihrer Umgebung akustisch zurecht zu finden um so ihr Bestes zu geben: Mächtig, musikalisch. Hammer!
Im Test
High-End Aktiv-Standlautsprecher mit Raumkorrektur Ascendo LIVE 15 in Nextel anthracite
Paarpreis Nextel: 28.695 Euro
Paarpreis Klavierlack: 31.495 Euro
Paarpreis Seidenmattlack: 26.895 Euro
Vertrieb
IDC Klaassen International Distribution & Consulting oHG
Am Brambusch 22
44536 Lünen
Tel.: +49 231 9860285
Mail: info(at)mkidc.eu
Web: idc-klaassen.com
Mitspieler im Test
Digitale Quellen – D-Stream Primo HD, Musikserver MELCO N100, D/A-Wandler MERASON frérot,
Melco N1, Chord Hugo
Vorverstärker mit DAC– SPL Phonitor x mit DAC 768xs, ami MUSIK DDH-1 mit DAC
Aktiv-Lautsprecher – Dutch&Dutch 8c
Fotos: F. Visarius