Filz oder Kork? Das ist hier die Frage! Weniger existenziell als in Hamlets Monolog, der die rhetorische Vorlage liefert, plagt die Frage nach dem passenden Material für eine Plattentellerauflage so manchen Anhänger der Schallplatte. In diesem Fall bleibt mir die schicksalhafte Entscheidung erspart, habe ich doch mit der „Techno Mat“ von Vertere eine kombinierte Plattentellerauflage aus den beiden Materialien zum Test vor mir liegen. Ausgedacht hat sich dies kein geringerer als der in der HiFi-Szene bestens bekannte Analog-Guru Touraj Moghaddam, welcher auch die High End Plattenspieler von Vertere konstruiert.
Vertere Techno Mat – Aufbau
Die Plattentellerauflage Vertere „Techno Mat“ besteht aus zwei verschiedenen Lagen. Eine Schicht besteht aus einem relativ luftig aufgebautem Filz, und für die andere verwendet Vertere ein Gemisch aus Kork und Polymer.
Ein geometrischer Effekt sei eingangs nicht verschwiegen: Die Matte baut mit ungefähr 3 mm Stärke etwas höher auf als die Standardmatten aus Filz. Und die Nadel setzt daher höher auf. Dadurch ändert sich der Vertical Tracking Angle (VTA) des Tonarms. Beim Rega RB330 mit 9 Zoll Länge macht dies ungefähr 0,7 Grad aus. Dies kann, auch ohne den Einfluss der Matte, bereits zu minimalen klanglichen Veränderungen führen. Und wer möchte bzw. die Möglichkeit dazu hat, verändert die Höheneinstellung des Tonarm solange, bis er wieder genau waagerecht ist. Ein Punkt, auf den man achten kann.
Auf der anderen Seite sollte man dies auch nicht zu tragisch sehen, wurden die Schallplatten bis Ende der 70er mit 15 Grad, und ab dann mit 20 Grad Schneidestichel geschnitten. Ach ja, wer verschiedene Pressungen zum Beispiel mit 120, 180 oder 200 Gramm hat, dessen Schallplatten variieren in ihrer Dicke auch um ungefähr einen halben Millimeter. Raum für Detailbetrachtung und Optimierung. Na ja, ich verlasse das Thema mal…
Ein sehr praktisches Detail ist die Stroboskop-Markierung auf der Techno Mat. Mit ihrer Hilfe lässt sich die genaue Drehzahl des Plattenspieler für die Geschwindigkeiten 33 und 45 U/min. überprüfen, und das für die beiden Netzfrequenzen von 50 und 60 Hz. Ein pragmatischer Ansatz, wie ich finde, sind die Schlitze in der Plattentellerauflage. Diese verhindern Verwerfungen, die bei einem Schichtaufbau und unterschiedlichen Ausdehnungen der eingesetzten Materialien entstehen können. Gute Lösungen können manchmal wirklich einfach sein.
Erhältlich ist die Vertere „Techno Mat“ in zwei verschiedenen Versionen. Der Unterschied liegt im Durchmesser des Mittellochs. Version 1 besitzt einen Durchmesser von 4,5 mm für die Vertere-Modelle MG-1, SG-1 und RG-1. Die Version 2 mit dem 7 mm Standardloch ist für alle anderen Plattenspieler gedacht.
Vertere Techno Mat – Klang
„Clocks“ mit Friend ´n Fellow vom Album „Great Voices Vol. 2“ bereitet schon beim Hören mit der Standard-Filzmatte großes Vergnügen. Was unter anderem daran liegt, dass hier zwei tolle Künstler spielen. Zudem ist diese LP mit RESO toll gemastert und dann für die Fertigung der Schallplatte auch noch in DMM geschnitten. Und mit der „Techno Mat“ wird die Sache noch viel leckerer.
Den klanglichen Unterschied der beiden Auflagen zu Hören, ist schon wirklich sehr interessant. Die Stimme von Constanze Friend hört sich voller als mit der Standard-Filzmatte an, jedoch ohne deren Einzelheiten zu verschleifen. Dies gilt ebenso wie die von Thomas Fellow gespielte Gitarre, deren Saiten er gelegentlich auch mal zupft. Schön, wie dieses Instrument an Körper gewinnt. Zudem lässt sich das Plektron, wie es manchmal über die Saiten „quietscht“, besser nachverfolgen.
Das Album „Ruckers Hill“ der australischen Band Husky gibt es zwar schon ein paar Tage, allerdings bin ich erst kürzlich durch einen guten Freund darauf aufmerksam geworden. Auch hier setzt sich der klangliche Gewinn fort. Das eh schon recht klare und strukurierte Gitarrenspiel wird durch die Techno Mat noch griffiger. Und durch die bessere Verständlichkeit geht mir die Stimme des Sängers noch intensiver unter die Haut.
Wie ich da so sitze und die Musik genieße, fällt mein Blick auf die „Bedienungsanleitung“ der Techno Mat, die ich bisher nicht wirklich beachtet und gelesen habe. Schließlich ist die Verwendung so einer Plattentellerauflage ja selbsterklärend. Zumindest für uns Vertreter des männlichen Geschlechts. Die Korkseite mit der Beschriftung gehört logischerweise nach oben, und gut ist es. Doch Pustekuchen…
Also nochmal von vorne das Ganze, so wie es der Konstrukteur Herr Moghaddam erdacht hat. Weil es eh schon so schön war, mache ich das doch liebend gern. Und es wird tatsächlich noch schöner. Der Gesang von Constanze wird noch eine Spur „voller“ und wärmer, ohne jedoch an ihrer wunderbaren Verständlichkeit zu verlieren. Zudem kann ich ihr sprachlich noch eine Spur besser folgen, was auch ihr Tremolo und ihr zartes Hauchen mit einschließt. Ruckzuck falle ich dabei mit in den ruhigen Blues ein, der diesem Lied innewohnt. Thomas Fellow steht dem Gehörten mit seiner Gitarre in Nichts nach. Sein Spiel auf den Saiten wird durch die Plattentellerauflage, jetzt wo der Filz oben liegt, ein wenig kräftiger und erdiger als mit der „falsch“ herum aufgelegten Techno Mat. Auch dem Klavier mit seinen klaren perligen Läufen gibt sie mehr Luft und Harmonien mit auf den Weg.
Bei Husky setzen sich die gerade gehörten Eindrücke fort. Es ist ja nun nicht so, als hätten die Aufnahmen mehr Informationen. Doch die Musik wirkt in sich runder und schlüssiger. Husky nehmen mich mit ihrem Gesang über den direkt untergelegten Filz abgespielt noch eine Spur mehr mit auf die Reise. Ihre Stimmen, die mich gelegentlich an Simon & Garfunkel erinnern, spannen einen herrlich weiten Bogen an Klangfarben vor mir auf, in die ich nur zu gerne eintauche. Beim Durchhören dieser LP lässt sich auch eine verbesserte räumliche Darstellung der Musiker leicht nachverfolgen. Zwischendurch tausche ich auch mal zurück auf den Serienfilz, doch das lasse ich schnell wieder sein. Zu belanglos und langweilig erscheint mir das musikalische Geschehen, und auch ein Teil der Emotionen geht bei dieser Aktion flöten. Also flugs wieder drauf auf den Plattenteller, die Techno Mat.
Ja, so muss das wohl sein! Den Schritt zurück riskiere ich nicht nochmals, nein danke. Aufgrund ihres temperamentvollen Spiels werden Plattenspieler der Marke Rega von manchen Hörern gelegentlich mal mit einem Sportwagen verglichen. Ok, das ist halt Geschmackssache. Durch die Matte von Vertere wird mein Rega Planar 6 auf jeden Fall dezent in die Spur einer großen Reiselimousine gelenkt. Vom Carrera zum Panamera, wenn man so will 😉 Runter von der Überholspur, ansetzen zum stundenlangen Genuss. Ja, das hat definitiv seinen Charme.
Doch genug mit dem Geschmuse. Die LP „Self Control“ mit Laura Branigan darf zum Abschluss ihre Runden drehen. Und ich bemerke auf Anhieb, dass mit der Techno Mat die Bassläufe noch mehr „Control“ besitzen. Die Plattentellerauflage bremst den Drive der Musik also nicht aus, sondern lenkt ihn in die richtige Spur.
Die Kraft und Energie, die dem alten Disco-Klassiker innewohnen, bringen mich auf Vordermann und lassen meine Füße zucken. Da tanze ich halt daheim im Wohnzimmer, woanders können wir dies derzeit ja leider nicht. Und bei dieser Musikrichtung komme ich so richtig in Schwung. Ja, so brauche ich das jetzt, einfach toll dieser druckvolle kräftige und dennoch nicht aufgeweichte Bass. Und älteren Scheiben, die teilweise doch etwas dünn angemischt wurden, tut der Touch Farbe und Wärme dieser Plattentellerauflage einfach richtig gut!
Vertere Techno Mat – Fazit
Knapp 200 Euro für eine Plattentellerauflage auszugeben wird manchem Leser verwegen oder dekadent erscheinen. Doch die Investition in die Vertere Techno Mat lohnt sich bei einem ordentlichen Plattenpieler defintiv. Der Aufbau aus Kork und Filz intensiviert den Charakter, der dem Klassiker Vinyl nachgesagt wird. Mehr Gelassenheit und Genuss kommen ins musikalische Geschehen wie auch ein Mehr an Harmonie und Raum. Zudem gewinnt die Musik an Klangfarben und besserer Struktur, was auch die Kraft und Energie im Tiefton mit einschließt. Bravo Touraj Moghaddam!
Im Test
Vertere „Techno Mat“
High End Plattentellerauflage aus Kork und Filz
173,52 Euro bei 16 % MwSt.
178,00 Euro bei 19 % MwSt.
Vertrieb
Beat Audio GmbH
Andreas Kayser
Hainbuchenweg 12
21224 Rosengarten
Tel.: +49 4105 675050-0
Mail: andreas.kayser@beat-audio.de
Web: www.beat-audio.de
Mitspieler im Test
Quellen digital – Netzwerkspieler Cambridge Audio 851N, CD-Spieler Cambridge Audio 851C, Musikserver Innuos ZEN MK.III
Quellen analog – Plattenspieler Rega Planar 6 mit MC-Tonabnehmer TAD Excalibur Black, Phono MM- & MC Verstärker Trigon Vanguard III, Plattenspieler Dual CS 800 mit Ortofon 2M Red, Phono MM- & MC-Vorverstärker Blue Aura PH1
Verstärker – Vorverstärker Cambridge Audio 851E, Endverstärker Cambridge Audio 851W
Lautsprecher – Standlautsprecher LUA Con Espressione, Subwoofer REL R 505
Kopfhörer – Offener Kopfhörer Focal Clear, Kopfhörerverstärker Divaldi AMP-02 mit Phono MM- & MC Stufe
Zubehör – Lautsprecherkabel Supra XL Annorum. XLR- und Cinchkabel Fadel Art Pro Link, Stromkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste PS Audio Dectet, HiFi-Switch NuPrime Omnia SW-8, levin design Plattentellerauflage, Standart Filzmatte