Test: Streaming-Verstärker Atoll SDA 200 Signature – Gemeinsam bin ich stark

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Streaming-Verstärker Atoll SDA 200 Signature in Schwarz. Bild: B. Weber.

Gemeinsam bin ich stark, so lautet die Überschrift zum Test des Streaming-Verstärker Atoll SDA 200 Signature. Für den geneigten Leser mag sich die Frage stellen, wie ich darauf komme. Nun denn, die Antwort darauf ist so einfach und naheliegend wie sie nur sein kann, wenn man sich im Programm des französischen Herstellers von HiFi und High End ein wenig auskennt. Oder wenn man aufmerksam die Tests in unserem HiFi-Magazin verfolgt. Von Atoll waren der Stereo-Vollverstärker IN 200 Signature und auch der Streaming-Vorverstärker ST 200 Signature bereits zu Gast. Findig wie die Franzosen sind, konstruierten sie daraufhin aus den beiden einen Streaming-Vollverstärker. Et voilà! Und der Atoll SDA 200 Signature, der beide Geräte für 3.000 Euro in sich vereint, erblickte das Licht der Welt.


Atoll SDA 200 Signature – Technik

Eine angenehm entspannte und zeitlose Erscheinung besitzt er, der Streaming-Vollverstärker Atoll SDA 200 Signature. Ganz klassisch mit einer 5 mm starken Front aus Aluminium sowie einem gelochten Gehäuse aus schwarzem Stahlblech. Symmetrisch aufgebaut in der Optik – und nicht nur dort – ist er mit den beiden großen Dreh- und Druckreglern. Per Druck des rechten wird der SDA 200 Signature gestartet und läuft bei der ersten Inbetriebnahme ein paar Sekunden hoch, dann ist er bereit. Wer streamen möchte muss einen kleinen Moment warten, hat er doch eine Art Computer vor sich stehen. Per Dreh des Gebers nach links oder rechts wird dann die Lautstärke geregelt. Dies geschieht übrigens über ein mit 100 Werten sehr feinfühlig abgestuftes Widerstandsnetzwerk, hier wird noch so richtig schön analog gewerkelt. Dies – und das ist nicht unbedingt selbstverständlich – auch über die App, und nebenbei gesagt, auch über die Lautstärketasten am Handy oder Tablett.

„Backspace“-Taste links des großen 5 Zoll Display, rechts der USB-A Eingang.

Ohne den linken Dreh- und Druckregler geht es natürlich nicht, so man nicht mit der Atoll Signature ⋅ 2 App arbeitet. Per Regler kann sich der Hörer schnell und zügig durch die Menüs bewegen und alle Einstellungen des Streaming-Verstärkers erreichen. Praktisch, um mal kurz einen auf den Presets abgelegten Internet-Radiosender oder eine Playlist zu starten. Jeweils einen Schritt zurück geht es mit dem „Backspace“-Drucktaster. Mit Klicken, Drehen und Drücken komme ich so völlig unkompliziert und ruckzuck auch durch die komplette Musikbibliothek auf dem Musikserver, so soll es sein.

Atoll SDA 200 Signature: App durch die Musikbibliothek. Bild: B. Weber.

Komfortabler geht dies natürlich mit der reaktionsschnellen Atoll Signature ⋅ 2 App. Praktisch: Nicht benötigte Quellen – Deezer beispielsweise benötige ich selber nicht wirklich… – lassen sich in den Einstellungen abwählen, und erscheinen dann auch nicht mehr störend in der Übersicht auf der App. Kleiner Wermutstropfen: Sobald das Handy oder das Tablett außer Betrieb gegangen ist und man sich bei ihm wieder einloggt, startet die App wieder neu, dies macht sie jedoch sehr zügig und automatisch. Im Gegensatz zur Vorgänger-APP findet die neue nun den im heimischen Netz vorhandenen Netzwerkplayer selber, und zeigt nicht mehr alle bei Atoll verfügbaren Streamer zur Auswahl an. Angenehmer ist nun bei der App in Version 2 auch die Suchfunktion geworden. Verfolgen lassen sich die Aktionen übrigens wunderbar auf dem 5 Zoll messendem Farbdisplay, das sich selbst vom Sofa aus noch gut ablesen lässt.

Ein schöner Rücken kann auch entzücken, sagt der Volksmund. Nun denn, dies gilt auch für den des Atoll SDA 200 Signature. Der harte Netzschalter sitzt dort und dann geht es auch schon los mit der modernen Technik. Je ein Antennenanschluss für drahtloses WLAN und Bluetooth, die von mir bevorzugte kabelgebundene Lösung kommt dann mit dem RJ45 Netzwerkanschluss. Ein USB-A Anschluss ist mit dabei auf der Rückseite, wie sein Kollege auf der Vorderseite liefert er bis zu 1,0 Ampere, das sollte wohl für die meisten externen USB 3.0 Festplatten reichen, falls man über diese Form seine Musik anliefert. Koaxial und digital geht es je zweimal rein in den DAC, und je einmal auch wieder raus. Raus geht es analog über den Pre-Out, falls mal jemand noch mehr Power – was beim SDA 200 Signature wohl kaum der Fall sein dürfte – möchte. Per zweiter Endstufe wie einer AM 200 Signature kann man so auch Bi-Wiring fahren, oder auch mal einen Subwoofer anschließen. Ohne sie geht es natürlich nicht, wirklich sehr stabile Lautsprecherklemmen gibt es am Amp zu vermelden.

Als höchst reizvoll empfinde ich die beiden analogen Cincheingänge, da kann man dann auch mal per externer Phonovorstufe seinen Plattenspieler anschließen. Im Gegensatz zum Vollverstärker IN 200 Signature bietet Atoll beim Streaming-Verstärker keinen integrierten Phonoverstärker an, auch nicht zum Nachrüsten. Aus dem ganz einfachen Grund, dass an diesem Platz – hinter dem Aufdruck Signature – die Streaming-Abteilung untergebracht ist.

In der Bildmitte unten die Streaming-Abteilung des Atoll SDA 200 Signature. Bild: B. Weber.

So, Deckel auf und mal reinschauen in den Streaming-Verstärker. Bei den beiden fetten Ringkerntrafos erklären sich die 13 kg des Atoll SDA 200 Signature sofort! Da ist nix mit Class-D und Chichi, das ist klassischer Verstärkeraufbau bei den Brüdern Stéphane & Emmanuel Dubreuil. Einen richtig schönen Doppel-Mono-Aufbau haben sie konstruiert. Und wie es sich gehört, die Digital- und Analogabteilungen strommäßig sauber voneinander getrennt. Erstere kommt mit einem Netzteil von 30 Watt daher, das reicht fürs Digitale. Die Analogabteilung kommt mit 670 Watt und 65.800 µF Siebkapazität aus MKP-Kondensatoren daher, zweimal 200 Watt versprechen die Gallier, das glaube ich sofort bei dem Anblick.

Auch beim DAC lässt Atoll es eher klassisch angehen, als D/A-Wandler wird ein BurrBrown PCM1792 eingesetzt. Umgehen kann dieser mit Dateiformaten wie FLAC, WAV, ALAC, und MP3 mit bis zu 24 Bit / 192 kHz sowie DSD 64 und DSD 128. Als Dateisysteme akzeptiert der SDA 200 Signature bei USB-Sticks und externen Festplatten FAT32, NTFS sowie EXT2/3/4. Gestreamt werden kann per Qobuz, Tidal, Deezer und MQA, zudem ist der Netzwerkplayer Spotify- und Spotify Connect- sowie TIDAL Connect fähig, Roon Ready und Audirvana komplettieren dann das Angebot.

Atoll SDA 200 Signature – Technische Daten
  • Gerätetyp: Streaming-Vollverstärker
  • Digital-Eingänge: Je 2* Koaxial, Optisch, USB-A
  • Bluetooth: aptX
  • Analog-Eingänge: 2* Cinch
  • Digital-Ausgänge: Je 1* Koaxial, Optisch
  • Analog-Ausgänge: 1* Cinch (Stereo)
  • Kopfhörerausgang: 1* 6,3 mm Klinke
  • ByPass-Modus (Für Surround)
  • Wandler: BurrBrown PCM1792
  • Max. Auflösung PCM: 24/192
  • Max. Auflösung DSD: DSD128
  • Dateiformate: FLAC, WAV, AIFF, ALAC, AAC, AAC+, MP3
  • Dateisysteme: FAT32, NTFS, EXT2/3/4
  • Musikdienste: Qobuz, Tidal Connect, Spotify Connect, Deezer, Airable Internet Radi0
  • Bedienung: Atoll-App für Android und iPad/iPhone
  • Leistung Wrms / Kanal / 8 Ω: 120 Watt
  • Leistung Wrms / Kanal / 4 Ω: 200 Watt
  • Frequenzbereich: 5-20 kHz
  • MKP Koppelkondensatoren
  • Gold Mica Kondensatoren
  • Analoge Lautstärkeregelung
  • Front: 8 mm Aluminium
  • Abmessungen: 44,0*36,5*9,0 cm
  • Gewicht: 13 kg

Atoll SDA 200 Signature – Klang

Albumcover "Der perfekte Moment" von Max RaabeSportlich unterwegs ist Max Raabe mit „Fahrrad fahrn“ aus seinem Album Der perfekte Moment. Zumindest dem flotten Rhythmus des Liedes – einer interessanten Mischung aus Dixie und Pop – nach. Sportlich unterwegs ist auch der Atoll SDA 200 Signature. Fixe, einfache Riffs sausen über die Saiten einer Akustikgitarre. Der Herr Bariton steigt mit seiner unnachahmlichen Art dazu ein und erinnert mich mit seinem Gesang an die 20er des vergangenen Jahrhunderts, zumindest so, wie man sich diese gemeinhin vorstellt. Als sehr sauber und klar aufgenommem empfinde ich seine Stimme über den Streaming-Verstärker. Doch nicht nur Max Raabe, auch der ihn gelegentlich begleitende Herrengesang besitzt die gleiche mir gut gefallende Tonalität.

Mit einem flott gespielten Stehbass beginnt „The Lady Is A Tramp“ aus dem Album High Voltage, gespielt wird George Gershwins Klassiker heute von Count Basie & Orchestra. Angenehm weich werden die Saiten vom Instrumentalisten gezupft, fast vermeine ich zu sehen, wie seine rechte Hand am Hals von oben nach unten wandert und wieder etwas hoch. Das kurz danach einsetzende Piano geht klanglich in eine ähnliche Richtung, auch dieses wird zärtlich, ja geradezu liebevoll gespielt. Und diese Farbtupfer, geradezu ein Traum. Egal, ob ich sie über die eigenen LUAs höre, oder die derzeit ebenfalls zum Test anwesenden Standlautsprecher Russell K. Red 120, denen der Atoll SDA 200 Signature eine extra Portion Swing und Straffheit mit auf den Weg gibt.

Die Bigband steht dem Streaming-Verstärker ausgezeichnet zu Gesicht, klasse, wie weit er das Geschehen vor mir aufzuziehen weiß. Nun, wer jetzt meint, dass aufgrund dieses großzügigen Geschehens es irgendwo zu Lücken käme, Pustekuchen. Nein, im Bereich zwischen den Lautsprechern fehlt es an nichts. Doch nicht gefüllt mit einem irgendetwas Undefinierbarem, sondern sauber gestaffelt spielt das komplette Orchester vor mir. Hervor heben sich dann noch die zwischendurch fein und raffiniert gespielten Flötentöne von Eric Dixon, die kurz vor der Band erscheinen. Auch die Bläsersätze liegen dem Streaming-Verstärker, denen er schöne farbige Glanzpunkte mit auf den Weg gibt.

Nick Cave: Idiot PrayerIn eine sehr intime Atmosphäre zieht mich Nick Cave mit Idiot Prayer. Wie schon beim Lied zuvor bildet der Atoll SDA 200 Signature einen faszinierend großen Raum vor mir. Und das, wo es sich bei diesem Lied doch lediglich um einen Sänger und den von ihm gespielten Flügel handelt, bei dem ich gelegentlich das Pedaltreten vernehme. Klar, diese Großzügigkeit liegt natürlich auch mit an der hervorragenden Aufnahme, doch was nützt diese, wenn ein Amp nicht in der Lage ist, das in die heimischen Gefilde zu übertragen. Auch die Tragik, die in der Stimme von Nick Cave liegt, ist – so widersprüchlich es sich auch anhören mag – ein Genuss.

Ein recht tiefes elektronisch erzeugtes Brummen schwillt auf und ab und es geht von vorne los. Dann kommt ein staccatomäßig gespieltes Piano dazu und wird von einer Gitarre ergänzt, die Elemente von Flamenco in sich trägt. Ein fein klingendes Becken will auch noch mitspielen und dann taucht auch noch Nils Landgren mit seiner güldenen Trompete auf. Reicht nicht, ein Schlagzeug gehört gerne dazu und ein paar kräftige Basslinien. Alles schön sauber sortiert und differenziert übrigens. Das hört sich schon ein wenig funky an und nennt sich „Faithless“. Der Schlagzeuger ist übrigens Wolfgang Haffner, und das, was die Jungs vor mir abziehen, eine wundervoll relaxte Show. Sehr gefühlvoll in der Interpretation des Atoll SDA 200 Signature, für dessen feinzeichnenden Klänge ich mich immer mehr erwärme.

Kari Bremnes: Det Hi Var.Mit der Norwegerin Kari Bremnes und ihr „Kanskje“ schließe ich den Test des Streaming-Verstärkers ab. Wechselweise mit den Standlautsprechern Russell K. 120 und den eigenen. Felsenfest steht ihre glasklare und dennoch warme Stimme zwischen den Lautsprechern, umgeben wird sie dabei von einem elektronischen Klanggewitter feinster Art. Alleine diese Komplexität kann bereits für manchen Verstärker zuviel sein, beeindruckt den Atoll SDA 200 Signature jedoch nicht die Spur. So als wolle er sagen, gib mir mehr. Das machen umgehend die tiefen und sehr kräftigen Basslinien in diesem Stück, doch auch die treibt der Amp mit klarer Diktion lässig vor sich her. Ungebührlich fett auf den Putz hauen, das ist sein Ding nicht, der Franzose bleibt lieber straff und kontrolliert in den tiefen Lagen.


Atoll SDA 200 Signature – Fazit

Gemeinsam bin ich stark, so lässt sich der Streaming-Verstärker Atoll SDA 200 Signature wohl am besten beschreiben. Neben einem kräftigem Stereo-Vollverstärker bringt er auch einen amtlichen und gut bedienbaren Netzwerkplayer mit. Zusätzlich zu den vielfältigen digitalen Quellen nimmt seine Vorverstärker-Abteilung gerne auch analoge Kost entgegen. Erfreulich: Analog ist auch die feinfühlige Lautstärkeregelung aufgebaut. Entwickelt und hergestellt in Europa erscheint der SDA 200 Signature wie eine gallische HiFi-Festung. Power besitzt er ohne Ende, doch ein tumber Kraftmeier ist er nicht, höchst kultiviert und mit klarer Diktion nimmt er auch leistungshungrige Lautsprecher an die kurze Leine, kräftige Basslinien sind mit ihm ein Traum. Flott und spielfreudig geht der Atoll zur Sache, vergisst dabei jedoch nicht auf Feinheiten wie auch Klangfarben zu achten. Komplexe Musik nimmt der Streaming-Verstärker mit Links, doch auch bei ruhigen und sparsam aufgenommenen Stücken kommt der Hörer zum Genuss. Für 3.000 Euro erhält der Käufer mit dem Atoll SDA 200 Signature einen Streaming-Verstärker par excellence.


Im Test

High End Netzwerkplayer
Atoll SDA 200 Signature
Preis: 3.000 €
Größe: 44,0*36,5*9,5 cm (b*t*h)
Gewicht: 13,0 kg
Gehäuse: Schwarz
Front: Aluminium Silber oder Schwarz


Vertrieb

AUDIUM / Visonik
Catostr. 7b
12109 Berlin

Tel.: +49 030 613 47 40
Mail: kontakt@visonik.de
Web: www.audium.com/


Mitspieler im Test

Quellen digital – Netzwerkspieler Atoll ST 300 Signature, CD-Spieler Cambridge Audio 851C, CD-Spieler Atoll CD 200 Signature, Musikserver Innuos ZEN MK.III
Quellen analog – Plattenspieler Rega Planar 6 mit MC-Tonabnehmer TAD Excalibur Black, Sonoro Platinum mit Ortofon 2M Red, Phono MM- & MC Verstärker Trigon Vanguard III
Verstärker – Vollverstärker Rega Aethos, Streaming-Verstärker Loewe multi.room amp
Lautsprecher – Standlautsprecher LUA Con Espressione, Subwoofer REL R 505, Standlautsprecher quadral SIGNUM 70, Breitbandlautsprecher Closer Acoustics OGY mit OGYs Bass, Standlautsprecher Russell K. Red 120
Kopfhörer – Offener Kopfhörer Focal Clear, Kopfhörerverstärker Divaldi AMP-02 mit Phono MM- & MC Stufe
Zubehör – Lautsprecherkabel: Supra XL Annorum. XLR- und Cinchkabel Fadel Art Pro Link, in-akustik LS-804 AIR DIY, in-akustik Referenz LS-204 XL Micro AIR. Stromkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste PS Audio Dectet, Powergrip YG-1 Netzfilter, HiFi-Switch NuPrime Omnia SW-8, LAN-Kabel Supra Cat8 & Wireworld Starlight


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Aufgewachsen in der Blütezeit des HiFi mit Telefunken Allegretto TS 2020 nebst einem Dual 1228 mit Reibradantrieb und Wechsler. Damals habe ich die Technik des Duals bestaunt. Heute denke ich mit Grauen daran, wie die Schallplatten aufeinandergefallen sind...

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