Test: High End Netzwerkplayer & Vorverstärker Atoll ST 300 Signature

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Test des High End Netzwerkplayer und Vorverstärker Atoll ST 300 Signature.

Ein Netzwerkplayer gehört heutzutage zum guten Ton einer HiFi-Anlage, sonst lässt sich das umfangreiche Musikangebot, welches es gibt, fast gar nicht mehr wahrnehmen. Erschwerend kommt hinzu, dass leider längst nicht jeder Titel oder Album mehr als CD oder Schallplatte erhältlich ist. Also muss ein Gerät her, welches die Musik aus mehreren digitalen Quellen wie Streaming, Musikserver oder einem reinen CD-Laufwerk einsammeln kann. Schön wäre es natürlich, wenn auch die analoge Welt noch einen Zugang erhält. Wenn dann auch noch ein qualitativ hochwertiger Vorverstärker mit integriert sein soll, wird das Angebot schnell übersichtlich. Wohl dem, der auch die französische Marke Atoll – ich bin geneigt diese als die Gallier des High End zu bezeichnen – auf dem Schirm hat. Er wird hier unter anderem beim ST 300 Signature fündig.


Atoll ST 300 Signature – Technik

Die Fernbedienung des Streamer-Vorverstärkers Atoll ST 300 Signature.

Streaming-Vorverstärker Atoll ST 300 Signature mit umfangreicher Fernbedienung.

Optisch angenehm zurückhaltend und dezent steht er vor mir, der Atoll ST 300 Signature. Eine gewisse Eleganz ist ihm dennoch nicht abzusprechen. Wobei der Netzwerkplayer mir persönlich mit schwarzer Front noch etwas besser gefällt, da sich bei dieser Farbe das große und informative Display – es lässt sich auch vom Sofa aus hervorragend ablesen – noch angenehmer in die Optik integriert. Über diese Anzeige, sowie die mit Tasten großzügig ausgestattete Fernbedienung, lässt sich der Streamer auch ohne App sehr gut bedienen. Fast ebenso gut gelingt die Bedienung über das linke Cursorfeld mit seinen 5 Tasten. Dieses dürfte für meinen Geschmack mit einer Home- sowie Skiptasten zum Durchklicken durch ein Musikalbum gerne etwas umfangreicher sein.

Praktisch ist die USB-A Buchse auf der Vorderseite des ST 300 Signature, die bis zu einem Ampere Strom liefert, da lässt sich auch mal kurz der USB-Stick oder die Festplatte eines Besuchers anschließen. Möchte dieser ungestört seine Musik genießen, kann er das auch gerne per 3,5 mm Klinkenanschluss mit einem Kopfhörer machen. Die Lautstärkeregelung gelingt neben der Fernbedienung und über die App auch mit den beiden Volume-Tasten auf der Front des Streamers. In diesem Zuge möchte, nein, darf ich ein sehr wichtiges Detail des Atoll nicht verschweigen: In seiner Vorverstärker-Abteilung besitzt der ST 300 Signature eine analoge Lautstärkeregelung in Doppel-Mono! Die sich je nach Bedarf auch ausschalten lässt, der Streamer dient in diesem Fall dann als reine Musikquelle.

Sofern der Atoll als Vorverstärker verwendet wird, die Class-A Ausgangsstufe hört sich wirklich klasse an, – also nichts wie ran mit mit ihm an eine Endstufe oder Aktivlautsprecher – hält er ein schönes Schmankerl auf seiner Rückseite bereit: Zwei analoge Cincheingänge, was ich für einen Streamer-Vorverstärker sehr bemerkenswert finde. Digitalisiert wird hier nichts, ohne Umwege geht es direkt in die Vorstufe. Über einen separaten Phono-Vorverstärker lässt sich so beispielsweise auch noch ein Plattenspieler in die HiFi-Anlage integrieren. Raus geht es aus dem ST 300 Signature dann neben Cinch auch per XLR.

Neben den beiden Analogeingängen weist der Streamer-Vorverstärker die üblichen verdächtigen digitalen Eingänge auf. Optisch wie auch koaxial geht es je zweimal rein, Bluetooth ist selbstverständlich auch mit dabei und wie vorn befindet sich auf der Rückseite des Netzwerkplayers ebenfalls eine USB-A Buchse, auch in diesem Fall mit einer Stromlieferfähigkeit bis zu einem Ampere. Digital raus geht es für den Fall aller Fälle zudem per Coax und Toslink. Kann man machen, muss man aber klanglich gesehen definitiv nicht. Schließlich setzt Atoll bei seinem ST 300 Signature gleich zwei BurrBrown-Wandler PCM1792 ein, also für links und rechts jeweils einen. Mit den Digital-Formaten, die im Angebot sind – PCM, 24bit/192kHz, DSD128, FLAC, WAV etc. – dürfte wohl auch jeder glücklich werden.

Streamer-Vorverstärker Atoll ST 300 Signature: Doppel-Mono-Aufbau vom Feinsten!

Das Wichtigste bei einem Netzwerkplayer, das Streamen, geht flott von der Hand mit der Android-App, die in Deutschland entwickelt wird. Von wem, das lässt sich Frank Urban vom Vertrieb während unseres Telefonats leider nicht entlocken. Dafür vergisst er nicht zu betonen, dass auch die Trafos deutscher Produktion entspringen. Und das alle Atoll-Geräte nicht in Fernost, sondern in Frankreich produziert werden. Da ziehe ich doch mal den Hut vor den Galliern, dass sie es mit dem Rest der Welt aufnehmen!

Netzwerkplayer-Vorverstärker Atoll ST 300 Signature Android App.

Netzwerkplayer-Vorverstärker Atoll ST 300 Signature: Android App.

Doch zurück zum Streaming. Per Anschluss des ST 300 Signature an das heimische Netz mittels LAN – WLAN geht natürlich auch – und DLNA/UPnP werden sofort alle verfügbaren Quellen, wie zum Beispiel der Musikserver, in der App und natürlich auch im Display des Atoll angezeigt. Zügig geht es durch die Menüs und auch zurück, hier in der App gibt es übrigens auch den von mir weiter oben am Gerät vermissten Home-Button. Internetradio und Musikdienste gibt es wie Sand am Mehr. Qobuz, Tidal, Highresaudio, Deezer und MQA sind integriert, Roon Ready ist ebenfalls mit dabei und Amazon Music ist in der Vorbereitung. Schnell zusammengestellt in der App sind auch Playlists – und aus denen wiederum auch Kollektionen – für die Lieblingsmusik.

Atoll ST 300 Signature – Technische Daten
  • Wandler: 2* BurrBrown PCM1792
  • Max. Auflösung PCM: 24/192
  • Max. Auflösung DSD: DSD128
  • FLAC, WAV, AIFF, ALAC, AAC, AAC+, MP3
  • Dateisysteme: FAT32, NTFS, EXT2/3/4
  • Internet Radio (airable)
  • Gapless Play
  • DLNA/UPnP zertifiziert
  • Koppelkondensatoren: MKP 10 µF
  • HF-Kondensatoren: Gold Mica
  • Atoll Class-A Ausgangsstufe
  • Separate Netzteile für Digital- und Analogsektion
  • Atoll-App für Android & iPad/iPhone
  • Größe: 44,0*6,0*25,5 cm
  • Gewicht: 7,5 kg
  • Gehäuse: Schwarz
  • Front: Aluminium Silber oder Schwarz

Atoll ST 300 Signature – Klang

Gespannt lauschen wir – die Dame des Hauses neben mir strickt gerade emsig an Socken für den nahenden Winter – den ersten Tönen von Ludovico Einaudi. „Writing Poems“ ist der Name des ersten Titels im Test des Netzwerkplayers Atoll ST 300 Signature. Was auf Anhieb bei diesem sehr ruhigem Stück auffällt, ist die traumhafte, ja ich möchte sagen, analoge Ruhe im Klangbild. Von irgendwelchen nervösen Artefakten, die einfach konstruierte digitale Geräte auch heutzutage noch aufweisen können, absolut keine Spur. Die dezent angespielten Tastenläufe des Klaviers ertönen angenehm weich und zärtlich sowie mit einer schönen Reinheit. Bei „L’origine nascosta“ geht es mit diesem Charakterzug ebenso weiter, in den Bann ziehen sie uns, diese wunderbaren Klänge.

„Feeling Good“, leicht gospelartig beginnt Nina Simone zu singen, um dann in bondartige Kinoklänge zu wechseln. Klasse, wie der Atoll aufzeigt, was so alles in der Stimme der Grande Dame steckt. Dieses leichte Vibrato, bei geschlossenen Augen meint man fast die Interpretin vor sich im Wohnzimmer stehen zu sehen. Mit übertriebenem und die Feinheiten überdeckendem zu warmen Schmelz hält sich der ST 300 Signature glücklicherweise zurück. Er bevorzugt eher eine etwas direktere Gangart. Was mir, der eigentlich eher für das Smoothigere zu haben ist, interessanterweise dennoch zusagt. Auch auf die Streicher des Orchesters trifft dies zu. Verschliffen oder veruntreut wird bei ihnen definitiv nichts. Das mir Zusagende liegt wohl daran, dass der Netzwerkplayer in der Lage ist, genau das, was mich an zu scharfen Spitzen stören könnte, mit eleganten und dezenten Farbtupfern einzukleiden.

Nun, am ST 300 Signature liegt der gerade bei Nina Simone beschriebene zurückhaltende Schmelz jedoch nicht, sondern an deren Aufnahme. Das macht jetzt Helen Schneider klar, als sie mir während des Songs „On Slippery Of Live“ mit ihrer erotischen Stimme die Worte  „Hey Old Friend“ mit einer Prise Laszivität ins Ohr haucht. Meint sie etwa mich damit?! Hoffentlich bekommt die Dame des Hauses das nicht mit… Klasse, was die „alte“ Rockröhre so drauf hat! Auch bei „Haze“ spielt sie gekonnt mit den Schattierungen ihrer Stimme, wie der Streamer von Atoll aufzeigt. Klasse ist auch nach dem Ausklingen der letzten Takte das am Ende des Liedes erscheinende mädchenhaftes Kichern. Meine Holde ist begeistert über dieses Glucksen und kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Aus dem Schmunzeln wird dann bei „Kanskje“ und Kari Bremnes ein Erstaunen. Obwohl die ersten Takte recht spärlich arrangiert sind, füllen sie bereits großzügig den Raum zwischen den Lautsprechern. Okay, das Stück ist diesbezüglich schon von Haus aus so komponiert, weiß man. Doch der Atoll ST 300 Signature zieht es noch weiter auf, und das ohne die Abbildung zerfasern zu lassen. Was mich noch mehr erstaunt: Meine bessere Hälfte ist bezüglich der Bässe etwas empfindlich, vor allem wenn sie die Gehörgänge und den Bauchraum des Auditoriums so intensiv massieren wie hier. Dennoch lässt sie mich den Lautstärkeregler des Rega Aethos immer weiter aufziehen ohne zu protestieren. Auf meine Frage, was denn heute mit ihr los sei, bekomme ich die Antwort, dass es an der staubtrockenen Definition der tiefen Töne durch den Atoll liegt.

„Twins“. Schwarz der Netzwerkplayer Atoll ST 200 Signature, Silber der ST 300 Signature.

Zurück zu ruhigeren Klängen geht es mit Katie Melua und „Secret Symphony“. Die gute Dame hängt ja doch immer gerne ziemlich dicht am Mikro, was sich des Öfteren leider in sehr harten und spitzen S-Lauten zeigt. Und da reagiere ich persönlich recht empfindlich drauf. Glücklicherweise nimmt die Abstimmung des Netzwerkplayers darauf Rücksicht, allerdings ohne die Eigenarten der Aufnahme zu verleugnen oder zu verhätscheln. Auch bei den Streichern, Instrumenten die gern mal über die Stränge schlagen, gelingt dies vorzüglich, die Saiten flirren angenehm leicht und luftig. Die begleitende Gitarre wird definiert gespielt, und bekommt einen winzigen Hauch von Wärme dazu, was ihr einen angenehmen wie auch glaubwürdigen Korpus verleiht. Fast erscheint es mir, so als würde sich im ST 300 Signature irgendwo eine Mini-Röhre verstecken…

Album Cover: The Fairfield Four "I Couldn't Hear Nobody Pray"Von halbrechts knorrt mir ein Bass entgegen, kurz danach ergänzen vier weitere Stimmen das Stück zu einem schönen Panorama. Sauber staffelt der Atoll die fünf Herren von the Fairfield Four vor mir, ein jeder steht felsenfest auf seinem Platz. Ich liebe Gospel, auch wenn sie einen traurigen Hintergrund haben, bereitet mir diese Art von Musik Vergnügen. Und wie es mir erscheint, auch den Jungs vor mir mit ihrem Sprechgesang aus Alt, Tenor, Bariton und Bass. Fein artikuliert ist die rauhe Bassstimme. Okay, den Herrn der sie hat, habe ich auch schon etwas fülliger gehört, wobei sich hier die Frage stellt, ob das an einer nicht ganz so sauberen Wiedergabe liegt. Über den ST 300 Signature ist er etwas drahtiger, dafür aber auch definierter, als beispielsweise über den eigenen Cambridge Audio 851N oder den Atoll ST 200 Signature, den ich zum Vergleich vom Berliner Vertrieb auch im Paket mit vorgefunden habe – und der Falk bereits im Test in seiner Preisklasse um 2.000 Euro begeistert hat. Nun denn, die Dame des Hauses wie auch meine Wenigkeit empfinden die Darbietung des größeren Bruder als in sich nochmal um einiges schlüssiger. Und so lassen wir unsere Füße im Takt der Musik mitwippen, den Rhythmus hat der 300er einfach noch besser drauf!

Links im Bild der Atoll ST 300 Signature, rechts der ST 200 Signature.

Den würdigen Abschluss des Tests übernimmt Jeff Beck mit der Live-Version von „Brush With The Blues“. Der Song beginnt mit einem begeisternd natürlichen Pfeiffen und Klatschen, so als würden die Zuhörer bereits wissen, welche Show mich da gleich erwartet… Explosionartige, knochentrockene Schläge der Fußtrommel kommen aus den Lautsprechern, herrlich wie das knallt. Der Besen streicht über das Becken und lässt mich die Anzahl der einzelnen Stahlfasern hören. Kurze prägnante Keyboardläufe ergänzen das fantastische Spiel. Dann kommt der Hauptinterpret mit seiner Fender Stratocaster dazu. Ich bin fasziniert davon, wie er mit seinem Instrument umgeht und es jammern lassen kann. Es ist der Hammer, welche Gefühle er in dieses steckt, ganz großes Kino. Selten habe ich dies so intensiv erlebt, wie jetzt gerade mit dem Atoll ST 300 Signature.


Atoll ST 300 Signature – Fazit

Wer auf der Suche nach einem Streamer-Vorverstärker ist, sollte nicht nur nach Fernost schielen, sondern auch mal einen Blick gen nahen Westen werfen. Mit dem Atoll ST 300 Signature bekommt er dort einen Netzwerkplayer mit Doppel-Mono-Aufbau und flotter App. So gut wie alle digitalen und auch analoge Quellen werden vom eleganten Franzosen bedient. Aufwendig analog aufgebaut ist die klanglich hervorragende Vorstufe des ST 300 Signature, sie muss keinen Vergleich mit der Vorstufensektion eines klassischen Vollverstärkers scheuen. Die Streaming-Abteilung begeistert durch äußerst feinfühlige und fließende Klänge mit einem Touch von Röhre, mit dezenten Farbtupfern garniert sie stets an den richtigen Stellen. Ergänzt wird dies durch einen hervorragend strukturierten und straffen Bass, und auch die räumliche Darstellung lässt keine Wünsche offen. Hochmusikalisch lässt der Franzose den Hörer tief in die Musik eintauchen. Da heißt es nichts wie ab nach Gallien!


Im Test dern High End Streamer-Vorverstärker Atoll ST 300 Signature.

Im Test

High End Netzwerkplayer
Atoll ST 300 Signature
Preis: 3.000 €
Größe: 44,0*6,0*25,5 cm
Gewicht: 7,5 kg
Gehäuse: Schwarz
Front: Aluminium Silber oder Schwarz


Vertrieb

AUDIUM / Visonik
Catostr. 7b
12109 Berlin

Tel.: +49 030 613 47 40
Mail: kontakt@visonik.de
Web: www.audium.com/


Mitspieler

Quellen digital – Netzwerkspieler Cambridge Audio 851N, Netzwerkspieler Atoll ST 200 Signature, CD-Spieler Cambridge Audio 851C, Musikserver Innuos ZEN MK.III
Quellen analog – Plattenspieler Rega Planar 6 mit MC-Tonabnehmer TAD Excalibur Black, Sonoro Platinum mit Ortofon 2M Red, Phono MM- & MC Verstärker Trigon Vanguard III
Verstärker – Vollverstärker Rega Aethos, Streaming-Verstärker Bluesound POWERNODE, Streaming-Verstärker Roksan Atessa
Lautsprecher – Standlautsprecher LUA Con Espressione, Subwoofer REL R 505, Standlautsprecher quadral SIGNUM 70, Standlautsprecher Monitor Silver Audio 200 7G, Monitor-Lautsprecher Perlisten R5m
Kopfhörer – Offener Kopfhörer Focal Clear, Kopfhörerverstärker Divaldi AMP-02 mit Phono MM- & MC Stufe
Zubehör – Lautsprecherkabel Supra XL Annorum. XLR- und Cinchkabel Fadel Art Pro Link, Lautsprecherkabel in-akustik LS-804 AIR DIY, Stromkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste PS Audio Dectet, Powergrip YG-1 Netzfilter, HiFi-Switch NuPrime Omnia SW-8, LAN-Kabel Supra Cat8 & Wireworld Starlight


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Aufgewachsen in der Blütezeit des HiFi mit Telefunken Allegretto TS 2020 nebst einem Dual 1228 mit Reibradantrieb und Wechsler. Damals habe ich die Technik des Duals bestaunt. Heute denke ich mit Grauen daran, wie die Schallplatten aufeinandergefallen sind...

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