Test: Breitbandlautsprecher Closer Acoustics OGY mit OGYs Bass – Feiner Holograph

0

Modulbauweise: Oben die kompakten Breitbandlautsprecher Closer Acoustics OGY mit Transmission-Line (ab 1.700 Euro), unten die Basserweiterung OGYs Bass (ab 2.800 Euro).

Reisen bildet, sagt der Volksmund, und das trifft auch bei mir mal zu. So erblickte ich die Breitband-Lautsprecher Closer Acoustics OGY das erste Mal auf den Norddeutschen HiFi-Tagen 2024 in Hamburg. Vom dortigen Hörerlebnis war ich sehr angetan, sodass ich bei einer Tasse Kaffee in mich ging, und dann Björn Kraayvanger von LEN-HiFi fragte, ob er er mir die Lautsprecher denn nicht mal zum Test schicken möge. Nun denn, seine Antwort „Na dann nimm sie doch gleich mit“ dauerte nicht mal eine Gedenksekunde. Also holte ich am Sonntagnachmittag nach Messeende die kompakten Breitbandlautsprecher Closer Acoustics OGY mitsamt ihren Open Baffle Bass Modulen namens OGYs Bass direkt im Vorführraum ab.

Björn Kraayvanger von LEN HiFi & Robert Sikora auf den NDHT 2024. Mit im Bild die Closer Acoustics OGY.


Closer Acoustics OGY mit Open Baffle Bass – Technik

Mitsamt drei Kisten an Lautsprechern komme ich also in Ulm an. Drei? werden sich jetzt wohl die meisten von euch fragen. Nun denn, die Closer Acoustics OGY – das sind die kleineren eckigen Kisten obenauf – sind kompakte Breitbandlautsprecher, die es seit Oktober 2021 gibt, und zwei so lütte Dinger passen nun mal gut in einen einzelnen mittelgroßen Karton rein. Und dann sind da noch zwei größere Kartons, in denen stecken die Basserweiterungen – die rund geformten Stelen – die OGYs Bass drin, die es seit Herbst 2023 gibt. Dies haben sich die Entwickler so ausgedacht, damit es auf Wunsch oder bei etwas größeren Räumen auch mal ein Pfund mehr im Bass gibt. Vom Prinzip handelt es sich bei diesem Lautsprecher-System also um zwei Kompaktlautsprecher mit zwei passiven Subwoofern. Im nachfolgenden beschreibe ich euch daher technisch gesehen erst oben und dann unten.

Closer Acoustics OGY – Der Kompaktlautsprecher

Bei den Closer Acoustics OGY handelt es sich unübersehbar um Kompaktlautsprecher, und zudem auch noch sehr zierliche mit ihren Abmessungen von 13,2*30,6*31,2 cm (b*t*h). Dies entspricht einem Bruttovolumen von rund 12,5 Litern, dementsprechend gering ist dann natürlich auch das zärtliche „Gewicht“ von 8,6 kg je Stück. Das Nettovolumen der Böxchen liegt dann bei nur noch 6 Litern, was mir auf den ersten Blick etwas gering erscheint. Etwas mehr hätte ich schon gedacht, aber Schätzen kann ja bekanntlich Fehlen. Einen näheren und aufklärenden Aufschluss über das Volumen gibt dann ein Blick auf die Gehäusekonstruktion der OGY, für die mir Björn Kraayvanger von LEN-HiFi freundlicherweise ein Bild zur Verfügung stellte.

Offenes Schnittmodell der Closer Acoustics OGY mit Transmission-Line. Bild: Hersteller.

Wie man sieht, ist da nix mit einer zusammengenagelten viereckigen Kiste aus MDF bei den Closer Acoustics OGY. Bei ihnen handelt es sich um zigfach verleimtes Birkensperrholz, bei denen ich mir das Zählen der einzelnen Schichten lieber erspare. Flugs ersichtlich wird so auch, dass es sich bei den Regallautsprechern nicht um eine Bassreflex-Box – wie man beim ersten Blick von vorn meinen könnte – sondern um eine Transmission-Line handelt. Die sieht man so oft nicht, und auch nicht in einem kompakten Lautsprecher. Der konstruktive Aufbau ist also nicht unbeträchtlich, doch glücklicherweise erleichtert die heutige moderne CNC-Technik dem Entwickler Jacek Grodecki – der Closer Acoustics in 2013 gründetet – diesbezüglich und der Fräserei so einiges. Komplett gefertigt wird das Gehäuse übrigens in Polen, und nicht in Fernost.

Ebenso wird im Schnittmodell schnell ersichtlich, dass es sich bei den OGYs um Kompaktautsprecher mit lediglich einem 4-Zoll Breitbandtreiber – einem EMS LB5 – handelt. Dieser stammt aus einem Familienbetrieb in Frankreich, er wurde von Michel Fertin entwickelt, und seine Tochter Katherine Fertin stellt diesen in der gemeinsamen Firma EMS in Handfertigung her. Also auch hier wieder ein hoher Aufwand und ein recht exklusives Vergnügen, wie ich finde, denn wirklich günstig sind diese Teile bei dieser Produktionsweise nicht.

Einfach abzustimmen ist so ein Breitbandlautsprecher nicht. Ihm das gesamte Frequenzspektrum beizubringen, das ist nicht simpel, da kommt es schon mal vor, dass er nasal klingen kann. Prinzipbedingt dagegen vorteilhaft ist das Fehlen einer Frequenzweiche, denn da bremsen keine Bauteile den Wirkungsgrad des Lautsprechers, ausgebremst wird da nichts und so hängt ein Breitbänder gut am Gas. Da freuen sich kleine Röhrenverstärker. Und da es sich dabei um einen Punktstrahler handelt, gibt es auch keine Laufzeitunterschiede zwischen den Chassis und bei den Phasenverschiebungen schaut es auch gut aus. Doch wo viel Licht ist, gibt es natürlich auch Schatten. Basswunder sollte man von so einer Konstruktion daher eher nicht erwarten, aber auch solo sind sie nicht ohne.

Closer Acoustics OGYs Bass – Die Basserweiterung

Und da kommt der neue OGYs Bass ins Spiel. Jacek Grodecki von Closer Acoustics ist der Meinung, dass man zwar aktive Subwoofer mitlaufen lassen könne, aber diese sind ihm für die Anbindung an die OGY nicht schnell genug. Zufällig wurde zeitgleich eine offene Schallwand für einen anderen Lautsprecher entwickelt, und diese interessehalber mal mit den OGYs kombiniert. Dass Ergebnis sagte Grodecki so zu, dass er sich nun für diese eine etwas kleinere wohnraumfreundliche Version ausdachte. Was dann in einer Art Stand mit integriertem Subwoofer mündete.

Dann wandte er sich wiederum an EMS mit der Bitte um Entwicklung eines Tieftöners, der mit seinem QTS – dies ist das Verhältnis von elektrischem und mechanischem Widerstand des Chassis – gut zu den OGYs mit seiner Transmission-Line passen würde. Erhalten hat er dann einen namens EMS B12, also 12 Zoll Durchmesser und einer Membran aus Papier mit einem QTS von 0,62 und einem Wirkungsgrad von rund 94 dB. Um diesen genau an den Regallautsprecher anzupassen, setzt er dann lediglich eine Spule ein, die das Signal ab 125 Hz um 6 dB pro Oktave absenkt. Angeschlossen wird der OGYs Bass dann per Bi-Wiring oder alternativ mittels Lautsprecherkabeln vom oberen zum unteren Modul. Interessant wie ich finde, ist übrigens die Montage des Tieftöners an der Schallwand: Es gibt sie nicht! Zwischen Treiber und Brett befindet sich lediglich ein Ring aus Filz. Die eigentliche Befestigung erfolgt mittels einer einzigen M10-Schraube die hinter einer Kappe zwischen den Anschlusspolen versteckt ist an einem Montageblock, der wiederum auf dem Sockel des Lautsprechers befestigt ist. Noch ein Wort zur Befestigung der OGY auf dem Bassmodul: Der Breitbandlautsprecher hat an seiner Unterseite eine Gewindeaufnahme, und OGYs Bass einen Schlitz an seiner Oberseite. Die beiliegende Schraube durch, und schon wackelt nichts mehr.

Closer Acoustics OGY – Technische Daten

  • Breitbandlautsprecher mit Transmission-Line
  • Breitbandchassis EMS LB5 von Electro Magnet Speaker Frankreich
  • Impedanz 8 Ohm
  • Wirkungsgrad 91 dB
  • Frequenzbereich 40 Hz – 18 kHz
  • Empfohlene Leistung bis 15 Watt
  • Größe 13,2*30,6*31,2 cm (b*t*h)
  • Gewicht 8,6 kg
  • Ausführungen: Birke, Eichenfurnier, Wenge, Piano Black, Corian Weiß, weitere auf Wunsch

Closer Acoustics OGYs Bass – Technische Daten

  • Tieftonabteilung mit Open Baffle Bass
  • Tieftonchassis EMS B12 von Electro Magnet Speaker Frankreich
  • Impedanz 8 Ohm
  • Wirkungsgrad 94 dB, Anpassung an OGY per Spule
  • Trennfrequenz 125 Hz
  • Empfohlene Leistung bis 100 Watt
  • Größe 44,0*38,5*80,0 cm (b*t*h)
  • Gewicht 15,5 kg
  • Ausführungen: Passend zu den OGY

Closer Acoustics OGY mit OGYs Bass – Klang

Cover der LP Paul Kuhn "L.A.Session"„As Time Goes By“ singt Paul Kuhn mit seiner unnachahmlich nasalen Stimme über die Closer Acoustics OGY. Nasal? Da war doch was, müsste sich diese stimmliche Eigenschaft über einen Breitbandlautsprecher eventuell nicht noch verstärken? Pustekuchen. Selten habe ich Paul Kuhn so klar und deutlich vernommen wie über die OGYs. Auch das Klavierspiel des alten Meisters, ebenso klar und perlend mit seiner geradezu spielerischen Weise, für mich eh immer ein Rätsel, wie behände er auch im gehobenen Alter noch war. In glaubwürdiger Höhe singt er vor mir, nun denn, daran beteiligt ist auch die Anordnung des Breitbänders, der mit seinem Zentrum auf einer Höhe von 104 cm angeordnet ist, und genau auf dieser Höhe befinden sich auch meine Ohrmuscheln, wenn ich auf dem Sofa sitze.

Etwas stakkatomäßig mit einem leicht einhämmernden Rhythmus beginnt das nächste Lied, „Falling“ von Harry Styles aus seinem Album Fineline. Was da so ein wenig meine Ohren penetriert, aber auch gefangen nimmt, sind die einleitenden, auch bei diesem Lied wiederum begeisternd durchsichtigen Tastenläufe des Pianos, die sich als Basis durch das ganze Lied ziehen. Ebenso gefangen nimmt mich die tragisch klagende und ausdrucksstarke Stimme des Sängers, die mich schon fast unheimlich tief in seine Seele schauen lässt. Fineline, ja, der Titel des Albums passt auch zu den Closer Acoustics OGY mit ihrem fein gesponnenen Klang. Sehr sparsam instrumentiert ist das Lied, und dennoch füllt es den kompletten Raum zwischen den Breitbandlautsprechern. Brilliant ist es in der Aufnahme, nervt aber dennoch nicht, sezieren ist nicht das Ding OGY.

Sphärische weit aufgezogene Klänge gibt es mit Sting und „Fragile“. Okay, ich gebe es ja zu, dass die Aufnahme eh so abgemischt ist und damit auf vielen HiFi-Anlagen bei den Vorführungen begeistert und den Hörer verführt. Doch was die Closer Acoustics OGY daraus machen, ist die Show schlechthin. Wer? Tja, wo stehen sie denn? Irgendwo vor mir müssen sie schon sein, die beiden Breitbandlautsprecher. Und wenn ich die Augen während des Hörens mal aufmache, dann sehe ich sie auch. Die Augen zu, und schwupp, sind sie wieder weg, die OGYs. Doch der Sting, der bleibt, er schwebt geradezu vor mir. Die Streicher, leicht seidig, aber nicht mit zuckrig verklebten Saiten, füllen den kompletten Raum zwischen den beiden Lautsprechern. Es erscheint mir, als könnte ich hineingreifen, so holografisch bilden die Breitbänder ab. Von daher bin ich versucht, das was ich höre, als ein großes Klanggemälde zu bezeichnen. Vollkommen weg bin ich dann bei der Harfe, die mich mit wunderbaren und fein ausschwingenden Farben verwöhnt.

Dong dong dong. Kräftig und sehr sauber wird der Stehbass bei „Fever“ in der Fassung von Elvis Presley gezupft. Faszinierend groß steht das Instrument vor mir, das liegt wohl an den 30er Tieftönern von OGYs Bass, das machen sie einfach mit links. Auch links, diesmal örtlich gesehen, ein wunderbares und sehr natürliches Fingerschnippen. Ratzfatz geht das, dieses verflucht schnelle Ein- und Ausschwingen ist schon eine Nummer für sich. Die Rasanz der Closer Acoustics OGY fällt mir auch bei der Stimme von Elvis auf, dieses hingehauchte fein abgestufte Auf- und Abschwellen. Klasse ist dieses Tempo ebenfalls bei der Pauke, und auf dem Schlagzeug klöppelt es rum, dass es eine wahre Freude ist. Mit den OGYs kommen mir gelegentlich Details zu Gehör, die ich nicht von jedem Lautsprecher kenne.

Nein, das ist jetzt mal nicht der Knopfler, auch wenn es mir anfangs so erscheint. Das hier ist „Howling Around My Happy Home“ mit Buck von Daniel Norgren. Ein klasse relaxter Bluesrock, da muss der Fuß einfach mit. Das Gitarrenspiel, ja, das erinnert mich an frühere Jahre der Dire Straits. Da muss ich weiter aufdrehen bei diesem Song, doch bitte nicht volle Pulle, sagen die kleinen OGY Lautsprecher zu mir. Das kann uns gelegentlich etwas zu anstrengend werden und dann wird es ein wenig unübersichtlich. Also ein wenig runter mit der Lautstärke, muss ja keine Disse [umgangssprachlich für: Disco. Anmerkung der Redaktion 😉 ]abziehen hier daheim, die gehobene Zimmerlautstärke reicht ja auch. Und so bereitet es mir große Freude, dem rhythmischen und leicht experimentellen Rock zu folgen, bei dem sich das Georgele von Pelle Nyhage auch mal wie Kurzwelle-Verzerrungen anhören kann. Macht nix, sagen sich die Breitbänder und die beiden 12-Zöller von OGYs Bass, und zeigen mir, was in der Aufnahme steckt. Sagt sich auch Anders Grahn und zieht mit dem Kontrabass stoisch seine Runden. Mühelos verfolge ich seine Basslinien und ein Lächeln macht sich in meinem Gesicht breit…


Closer Acoustics OGY mit OGYs Bass – Fazit

Hören der anderen Art, das beschreibt die Closer Acoustics OGY mit ihrem Open Baffle Bass wohl am besten. Die Breitbandlautsprecher spielen begeisternd offen und frei, dazu sehr natürlich und realistisch in der tonalen Wiedergabe. Ihre fast schon holographisch zu nennende Abbildung bei der man meint mitten im Konzert zu sitzen, verführt geradezu in das Klangbild hineingreifen zu wollen. Discolautstärken sind nicht das Metier der kleinen Lautsprecher, darunter ist die Kombination mit der Tieftonerweiterung OGYs Bass mit ihrem Tempo und der trockenen definierten Art, das hervorragend zu den kleinen OGY passt, die Show schlechthin. Durch das modulare Konzept ist für Fans kompakter Breitbandlautsprecher auch der reizvolle Closer Acoustics OGY allein einen Versuch wert.


Im Test

Kompakte Breitbandlautsprecher mit Transmission-Line
Closer Acoustics OGY
Größe: 13,2*30,6*31,2 cm (b*t*h)
Gewicht: 8,6 kg
Ausführungen: Birke, Eichenfurnier, Wenge, Piano Black, Corian Weiß, weitere auf Wunsch
Paarpreis: ab 1.700 €

Open Baffle Bass
Closer Acoustics OGYs Bass
Größe: 44,0*38,5*80,0 cm (b*t*h)
Gewicht: 15,5 kg
Ausführungen: Passend zu den OGY
Preis: ab 2.800 €


Vertrieb

LEN-HIFI
Exklusive Musiksysteme
Björn Kraayvanger
Herkenweg 6
47226 Duisburg

Tel.: +49 2065 544139
Mob.: +49 176 6477 2261
Mail: info@lenhifi.de
Web: www.lenhifi.de


Mitspieler im Test

Quellen digital – Netzwerkspieler Atoll ST 300 Signature, CD-Spieler Cambridge Audio 851C, CD-Spieler Atoll CD 200 Signature, Musikserver Innuos ZEN MK.III
Quellen analog – Plattenspieler Rega Planar 6 mit MC-Tonabnehmer TAD Excalibur Black, Sonoro Platinum mit Ortofon 2M Red, Phono MM- & MC Verstärker Trigon Vanguard III
Verstärker – Vollverstärker Rega Aethos, Streaming-Verstärker Atoll SDA 200 Signature, Streaming-Verstärker Loewe multi.room amp
Lautsprecher – Standlautsprecher LUA Con Espressione, Subwoofer REL R 505, Standlautsprecher quadral SIGNUM 70, Standlautsprecher Russel K. 120
Kopfhörer – Offener Kopfhörer Focal Clear, Kopfhörerverstärker Divaldi AMP-02 mit Phono MM- & MC Stufe
Zubehör – Lautsprecherkabel: Supra XL Annorum. XLR- und Cinchkabel Fadel Art Pro Link, in-akustik LS-804 AIR DIY, in-akustik Referenz LS-204 XL Micro AIR. Stromkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste PS Audio Dectet, Powergrip YG-1 Netzfilter, HiFi-Switch NuPrime Omnia SW-8, LAN-Kabel Supra Cat8 & Wireworld Starlight

About Author

Aufgewachsen in der Blütezeit des HiFi mit Telefunken Allegretto TS 2020 nebst einem Dual 1228 mit Reibradantrieb und Wechsler. Damals habe ich die Technik des Duals bestaunt. Heute denke ich mit Grauen daran, wie die Schallplatten aufeinandergefallen sind...

Comments are closed.