Ich konnte es mir nicht verkneifen und die „Geladenen Hupen“ in den Titel des Tests der Klipsch „The Fives“ zu nehmen. Individuelle Assoziationen der Leserschaft nehme ich dafür in Kauf. Aber eigentlich sind die kompakten Aktiv-Lautsprecher mit Bluetooth-Verbindung sowie digitalen und analogen Anschlüssen – sogar Phono-MM – weder geladen, noch haben sie „Hupen“. Oder doch? Und wie komme ich überhaupt auf sowas? Ich hatte die „The Fives“ nach Erhalt zügig in Betrieb genommen, wusste aber nicht mehr genau, in welcher Preisklasse sie spielen. Also befragte ich mit meinem Smartphone neugierig eine bekannte Suchmaschine, die mir die Klipsch bei einem genau so bekannten Online-Versender als „Klipsch Technologie mit geladenem Hupe“ (sic!) anpries.
Ehrlich gesagt habe ich mich schlapp gelacht. Des Rätsels Lösung ist ein technisches Merkmal von Klipsch und die Tücken von automatischen Übersetzungs-Apps. Vielleicht seid ihr bereits auch drauf gekommen. Die aktiven Regallautsprecher The Fives haben in der Hochton-Abteilung ein „Loaded Horn“. Und das englische „horn“ kann man ohne Zusammenhang auch als Hupe deuten – hier also als „geladene Hupe“ – übrigens zum Preis unter 1.000 Euro. Im Test bei den HiFi-IFAs.
Technik
Das Paar The Fives ist schnell aufgestellt. Schon beim Auspacken erkennt man das Arbeitsprinzip. Ein Lautsprecher – der etwas schwerere – ist der Master-Lautsprecher. Er beherbergt die komplette Elektronik. Der zweite, der „Slave“- Lautsprecher, ist passiv und wird mit einem vierpoligen, vier Meter langem Kabel an den Master angeschlossen. Die Stecker wirken solide und werden an beiden Enden mit einer gerändelten Überwurfmutter sicher verschraubt.
Der Master-Lautsprecher wird mit einem zwei Meter langen, zwei-poligen Stromkabel mit Energie versorgt. Praktisches Detail: Der Master-Lautsprecher lässt sich zwischen rechtem und linkem Kanal umstellen. So ist seine Position im Raum einfacher wählbar, zum Beispiel wegen der Nähe zur Steckdose oder der Aufstellung kabelgebundener Geräte, die angeschlossen werden sollen. Das kann dank des Phono MM-Eingang auch ein Plattenspieler sein.
Der RCA-Eingang (PHONO) ist schaltbar zwischen Phono- oder Line-Betrieb. Eine Erdungsklemme ist dabei auch vorhanden. Zusätzlich gibt es einen AUX-Eingang (ANALOG) im 3,5 mm Klinken-Format. Digitale Geräte finden Anschluss per optischem, USB-B- oder HDMI-ARC-Eingang. Letzterer ist prädestiniert für Fernsehgeräte und dementsprechend mit TV bezeichnet. Dazu gesellt sich noch eine Bluetooth 5 Schnittstelle. Für spontane Hörerlebnisse ist diese natürlich super praktisch. Die The Fives geben sich dabei zuverlässig zu erkennen, so dass die Kopplung mit einem Mobilgerät leicht von der Hand geht. The Fives haben keinen eingebauten Streaming Client. Steht der Sinn nach Musiknetzwerk und Streaming-Diensten, kann über den optischen Eingang leicht ein externer Spieler angeschlossen werden. Das könnte beispielsweise der kleine D-Stream Primo HD, aber natürlich auch ausgewachsene Transports, Netzwerkspieler oder Kombinationen mit CD, DVD oder BluRay sein. Der integrierte D/A-Wandler verarbeitet Signale bis 192kHz und 24bit.
Auf dem Master-Lautsprecher befinden sich zwei griffige Rändel-Räder. Das eine dient der Quellen-Wahl, das andere der Lautstärkeregelung. LEDs zeigen die gewählte Quelle an. Wird die Lautstärke verändert, zeigen diese LEDs den Level als „Balken“ an (siehe Foto unten). Mit an Bord auch eine praktische Fernbedienung.
Die aktiven Regallautsprecher haben mit rund 30 x 17 x 24 cm eine anständige Größe. Klipsch meint es also ernst in Sachen HiFi. Die Verarbeitung des Gehäuses aus MDF mit Holzfurnier ist ordentlich – hier in matt-schwarzer Ausführung. Das Kunststoffgewebe der Lautsprecher-Abdeckung versprüht tatsächlich Retro-Charme. Bei meiner „Aufnahme-Untersuchung“ wäre mir aus haptischen Gründen ein Stoff zwar lieber gewesen, aber am nächsten Tag hatte ich mir darüber bereits keine Gedanken mehr gemacht. Wer Wert auf eine Stoff-Bespannung legt, der wird bei der Gehäuse-Variante mit Walnuss-Furnier fündig.
Viel spannender ist dann doch eigentlich das, was sich hinter der magnetisch befestigten Blende befindet. Die „geladene Hupe“ 😉 Ein 90° x 90° Tractrix® Horn, das von einem 1″ Titan-Hochtöner befeuert wird. Der Treiber ist hinterlüftet, um Resonanzen zu vermeiden. Das Horn ist ja ein Erkennungsmerkmal für Klipsch-Lautsprecher. Auf der Gehäuse-Rückseite findet sich eine Bassreflex-Öffnung, die zu respektvollem Wandabstand mahnt. Da sich rückseitig die Anschlüsse auch für das Lautsprecher-Verbindungskabel befinden, kann man die Lautsprecher sowieso nicht bis an die Wand schieben.
Apropos Bass. The Fives haben eine dynamische Bass-Anpassung, die sich über die Fernbedienung (SUB-Taste drei Sekunden gedrückt halten) an- und abschalten lässt. Das menschliche Ohr nimmt den Bass je nach Lautstärke des Signals relativ betrachtet unterschiedlich intensiv wahr. Je leiser, desto schlechter. Ein eingebauter DSP passt den Basspegel abhängig von der Gesamt-Lautstärke an. Sollte der Wumms des Kompaktlautsprechers nicht ausreichen, lässt sich über einen Mono-RCA-Ausgang ein Subwoofer anschließen. Da Klipsch das System mit HDMI-ARC für Fernseher empfiehlt, ist das eine sinnvolle Schnittstelle für Heimkino-Fans. Nun bin ich gespannt, was mich im Stereo-Musikbetrieb erwartet.
Technische Daten
- Bauart: Aktiver Regal-Lautsprecher
- Frequenzgang: 50Hz – 25kHz
- Maximaler Pegel: 109 dB (1m / Stereo)
- Leistung: 60 W Bass/Mitte / Kanal, 20W Hochtöner / Kanal
- Systemleistung: 160 W (320W Spitze)
- Hochton System: 1” (2.5cm) Titan LTS hinterlüfteter Hochtöner mit Tractrix® Horn
- Tiefton Treiber: 4.5” (11.43c) Gewebe-Komposit Konus
- Gehäusematerial: MDF mit Echtholzfurnier
- Gehäusetyp: Rückseitiger Bassreflex
- Eingänge: HDMI-ARC with CEC, Bluetooth® , Phono/Line analog (umschaltbar) mit Erdungsanschluss,
- AUX analog 3.5mm Klinke, USB digital, Optisch digital
- Ausgänge: RCA Subwoofer-Ausgang
- Maße (H x B x T): 304.8mm x 165.1mm x 234.95mm
- Gewicht: 5.35 kg (Master) – 4.85kg (Slave)
- Ausführungen: Walnuss / Mattschwarz
- Netzteil: 100V-240V 50/60Hz
- Zubehör:
– Netzkabel (2m)
– Fernbedienung
– 4-poliges Verbindungskabel (4m)
– USB Type-B / USB Type-A Kabel (1.5m)
– HDMI Kabel (1.5m)
Der Klang
Die Fotos für diesen Bericht habe ich im Wohn-Esszimmer gemacht. Dieser Ort im Haus ist einfach fotogener als mein wuseliges Hörzimmer. Zudem zeigen die Bilder eine mögliche minimalistische Art des Betriebs. Dafür ist der Klang im Wohnzimmer für Vergleiche eher suboptimal. Das war ja bereits das große Thema beim Test der 100kg schweren High End Aktivlautsprecher Ascendo LIVE15. Für einen ordnungsgemäßen Hörtest stand also der Umzug der kleinen Kompakten in den ersten Stock an.
Auf den Fotos ist also die Minimalverkabelung zu sehen, mit der den The Fives bereits via Bluetooth die ersten Töne zu entlocken ist. Und da Smartphones nunmal kleine Alleskönner sind – außer das sie keine Schallplatten abspielen können – war so schon mal in Sachen Konnektivität einiges geboten. Für viele The Fives Besitzer womöglich bereits der Hauptanwendungsfall. Für mich bedeutete das: Zwei Kabel ausstöpseln und zusammenrollen, dann zweimal die Treppen rauf und runter laufen.
Dank der hinreichend langen Kabel konnte ich die The Fives im Hörraum einfach auf die Lautsprecherständer stellen, auf denen zuvor die Dutch&Dutch 8c standen, und dann mit der Steckdose sowie miteinander quer verkabeln. Das ging ruckzuck und die The Fives waren nach weniger als fünf Minuten wieder spielbereit. Der weitaus anstrengendere Part lag eindeutig beim Wegstellen der deutlich schweren niederländischen High End Kompaktlautsprecher.
In Ermangelung eines Plattenspielers bleibe ich die Einschätzung der Klangqualität des Phono-Eingangs schuldig. Für Plattenspieler im Einsteiger-Segment mit MM-Tonabnehmer ist dieser sicherlich eine praktische Angelegenheit zum direkten Anschluss. Der Phono-Eingang lässt sich aber rückseitig auf „Line“ umschalten, so dass auch eine beliebige Hochpegel-Quelle an das Paar RCA-Buchsen angeschlossen werden kann. Das ist dann interessant für Plattenspieler mit integriertem Phono-Verstärker, aber auch für Netzwerkspieler, CD-Spieler und so weiter. Ich nahm mir vor, in den Bluetooth-, USB- und Line-Eingang reinzuhören.
Als Quelle diente mir im ersten Durchgang eine Streaming-Portal-APP auf einem iPhone. Das Smartphone konnte mit den The Fives direkt per Bluetooth kommunizieren oder per Airplay über den LUMIN U1 mini und USB-Digitaleingang. Der dritte Weg über den Line-In erforderte noch einen zwischengeschalteten D/A-Wandler. Diese Rolle übernahmen der reichlich überdimensionierte MERASON DAC-1 und der preisgünstige EarMen TR-Amp.
Auf dem Steaming-Portal standen auf meiner Playlist Miss Li, YELLOs Album „Point“ und The Prodigys „No Tourist“ weit oben. Warum nicht mit Bekanntem starten? Mit den Titeln „Dancing the whole way home“, „Waba Duba“ und “ Need Some1″ wollte ich mich durch die verschiedenen Eingangs-Varianten hören. Bluetooth war dabei natürlich die praktischste, weil die Verbindung schnell hergestellt war. Als The Fives bereit zur Kontaktaufnahme waren, tauchten sie im Verbindungsmenü des iPhones auf. Nur noch koppeln und schon konnte es los gehen.
Dabei merkte ich schnell, dass meine Favoriten die Songs mit ordentlich Punch und Schub waren. The Fives sind eher auf Spaß aus, denn als Feingeister abgestimmt. Die Lautsprecher hatten ordentlich Bassfülle zu bieten. Für die Größe der Lautsprecher sogar erstaunlich ordentlich. Meinen Hörraum füllten sie locker mit Sound. Aber auch die Singer/Songwriterin Miss Li ertönte ordentlich aus den Lautsprechern und eine stattliche Bühne baute sich vor auf. Stimmlich hielt sich die Schwedin dabei ein wenig auf Distanz.
Beim Wechsel auf den USB-Eingang änderte sich mein Gefühl in der Bauchgegend. Die Musik, speziell die von Miss Li, zeichnete sich feiner ab und wurde damit greifbarer. Die elektronische Musik bekam mehr Kontur und die räumliche Verteilung wurde klarer. Der D/A-Wandler in der The Fives profitierte in diesem Fall hörbar von der Qualität der Zuspieler. Das angelieferte Signal machte es ihnen leichter, Feinheiten in der Musik zu reproduzieren und an die eigentliche „Aktiv-Lautsprecherabteilung“ weiter zu geben.
Dann noch der Wechsel auf den analogen Cinch-Eingang. Nun passierte die komplette Wandlung außerhalb der The Fives, was sie zu einem klassischen Aktivlautsprecher machte. Hier stellte sich mir die Frage, ob ein möglichst kompakter Signalweg im Gerät oder die Konsultation von externen Spezialisten die größere Wirkung erzielt. Da ich ein Freund hoher Integration bin, tippte ich auf den ersten Fall und war erstaunt, was über den Line-Eingang an meine Ohren drang. Die Stimmen lösten sich noch besser vom Geschehen, kamen tatsächlich ein bis zwei Dezimeter weiter nach oben und wirkten nahbarer. Die Bässe wurden konturierter, ohne an Substanz zu verlieren. Das kam natürlich Titeln wie „Waba Duba“ und „Need Some1“ zu Gute. Am deutlichsten wurde die Veränderung bei „Dancing the whole way home“. Der Song lebt von der weiblichen Charakter-Stimme und den natürlichen Instrumenten.
Ich persönlich finde es ja gut, wenn ein Lautsprecher oder eine Komponente in der Lage ist, qualitative Veränderungen des Umfelds weiter zu geben. Und tatsächlich loteten der EarMen TR-Amp und der MERASON DAC-1 das klangliche Potenzial der Lautsprecher noch weiter aus. Das ist den The Fives durchaus positiv anzurechnen. Bei meinen weiteren Hördurchgängen spielte ich also mit dem USB-Eingang und dem Line-Eingang. So erlebte ich die junge Martina Freytag mit „With a little help from my friends“ in meinem Hörraum und den betagten Johnny Cash mit „Streets of Loredo“. Auch wenn Klangfarben nicht die Paradedisziplin der The Fives sind, so ist das Klangbild angenehm und räumlich. Die Stimmen fanden ihren Platz zwischen den Lautsprechern und bekamen Charakter. Nach einer Einhörphase konnte ich mich wunderbar auf die kompakten Lautsprecher mit jedem Musik Genre einlassen.
Die Post ging dann wieder ab, als ich vom Musikserver Frankie Goes To Hollywoods „Rage Hard“ in der „The young person’s guide to the 12 mix“ Version über den LUMIN U1 mini an den USB-Eingang anlieferte. Der Song baute seinen Spannungsbogen auf und entlud sich in seinem musikalischen Höhepunkt. Und der kompakte Aktivlautsprecher ging voll mit. The Fives waren in ihrem Element. Und ich auch. So durfte auch nochmal YELLO mit ihrem Album „TOY“ vorspielen und Blue Oyster Cult mit seinem rockigen „Don’t fear the reaper“. Wenn man die Spielfreude der The Fives einmal gekostet hat, mag man so schnell nicht mehr aufhören.
Fazit
Klipschs „The Fives“ sind aktive Regallautsprecher für rund 900 Euro. Bluetooth-Schnittstelle sowie analoge und digitale Eingänge sind inbegriffen. Vinyl-Fans erfreut die Phono-MM-Schnittstelle, fürs Heimkino gibt es einen HDMI-Eingang und einen Subwoofer-Ausgang. Da bleiben wenig Wünsche offen. Klanglich sorgen „The Fives“ für reichlich Unterhaltung. Im Alltag als echte Allrounder mit sattem Stereo-Sound, im Ernstfall grooven und rocken sie auch locker eine WG-Party oder den Kino-Abend.
Im Test
Regal-Aktivlautsprecher mit vielen Anschlüssen (HDMI, Phono, Bluetooth…):
Klipsch THE FIVES
Preis: 850 Euro
Vertrieb
Premium Audio Company Germany GmbH
Lise-Meitner-Straße 9
50259 Pulheim
Tel +49 2234 807 0
Klipsch im Web: https://de.klipsch.com/
Mitspieler im Test
Digitale Quellen – Streaming Bridge LUMIN U1 mini, Musikserver MELCO N100, D/A-Wandler MERASON DAC-1, Innuos PHOENIX USB-Reclocker
Vorverstärker – SPL Phonitor x mit DAC 768xs
Aktiv-Lautsprecher – Dutch&Dutch 8c
XLR-Signalkabel – WSS Platin-Line KS-20, WSS Premium-Line KS-200
Zubehör – Netzkabel bfly bpower, Netzkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste SUPRA Cables LoRad MD07 DC 16 EU SP MKIII, NuPrime AC-4 Power Conditioner, SBooster BOTW P&P Netzteil, NuPrime Omnia SW-8 HiFi-Switch, bfly Satellite-Q Pro L
Fotos: F. Visarius