Auf das serbisch-amerikanische Joint-Venture EarMen sind wir HiFi-IFAs durch den ebenfalls serbischen Hersteller von edlen HiFi-Komponenten AURIS Audio aufmerksam geworden geworden. Seine Pretiose NIRVANA hatte ich im April 2020 im Test und war vom audiophilen, warmen Sound angetan. Der Gründer von AURIS Audio, Miki Trosic, ist auch das Mastermind von EarMen. So erhielten wir von EarMen ein DHL-Päckchen, das nicht nur den nicht nur den SPARROW, den Mini-Kopfhörer-Verstärker/DAC für unterwegs (HiFi-IFAs-Test im November 2020), sondern auch den handlichen, Akku-betriebenen TR-Amp enthielt.
Dieser passt zwar nicht wie der SPARROW in jede Hemd- oder Jacken-, aber in jede Akten- oder Reisetasche. Ein idealer Begleiter also auf Reisen. Das Bonbon aber ist neben dem Kopfhörer-Verstärker und DAC noch ein fixer/geregelter (umschaltbar) Line-Ausgang. Und das ist ideal für den Betrieb von (Aktiv)-Lautsprechern zum Beispiel auf dem Schreibtisch. Deshalb nehmen wir den TR-Amp, der zum attraktiven Preis von 249 Euro online angeboten wird, gerne unter die Lupe und starten den EarMen Test Numero zwo.
Technik
Der EarMen TR-Amp ist in Kooperation mit AURIS Audio entstanden, so dass eine Menge Know-How in Sachen Kopfhörerverstärkerbau einfließen konnte. Neben den edlen High-End AURIS-Produkten für das heimische Wohnzimmer runden die EarMen-Produkte das Portfolio in Richtung Mobilität und Einsteiger-Preissegment ab. Gleichzeitig legt EarMen wert auf höchste Musikalität.
Da der TR-Amp von einem 3.700 mAh Akku betrieben wird, ist er für bis zu 10h autark nutzbar. Ein Wert, den ich nicht nachgemessen habe, der aber während meiner Hörsessions plausibel erschien. Als modernes Gerät besitzt er eine USB-C Schnittstelle in doppelter Ausführung. Die eine Buchse dient zum Datentransfer (DATA), die andere zum Laden (CHRG).
Dem Gerät ist ein wertiges USB-A/USB-C Kabel beigelegt. Organisiert sich der Besitzer ein zweites Kabel, kann er den TR-Amp über die getrennten Buchsen gleichzeititg laden und mit Musik-Daten versorgen. Damit wäre für ein zeitlich unbegrenztes Musikvergnügen gesorgt. Der TR-Amp kann über den PC geladen werden oder über ein gängiges 5V Stecker-Netzteil, das in den meisten Haushalten sowieso vorhanden ist.
Über die USB-C Buchse können PCM-Daten bis 32bit/384kHz, MQA, DSD nativ bis DSD128 beziehungsweise DSD256 via DoP in Empfang genommen werden. Die Wandlung übernimmt ein hochwertiger ESS ES9038Q2M SABRE Reference DAC. Dabei kommen die von ESS patentierte HyperStream© II QUAD DACTM Architektur und ein Time Domain Jitter Eliminator zum Einsatz.
Gleichzeitig ist der EarMen TR-Amp ein lizensierter, nativer MQA Hardware Renderer. Er unterstützt die Wiedergabe von Tidal Masters (MQA) von iPhones und Android Smartphones. MQAs Technologie reduziert Highresolution Dateien, so dass diese auch unterwegs gestreamt werden können. Ebenso unterstützt er die Qobuz Highres Wiedergabe von iPhones, Android Smartphones sowie MacOS- und Windows-PCs.
Die analogen Daten werden an zwei Kopfhörerbuchsen mit 6,3 mm und 3,5 mm oder an ein Stereo-Paar RCA-Buchsen weiter gegeben. Der Kopfhörerverstärker mit einem Texas Instruments High Fidelity TPA6120 Chip leistet 400mW. Somit kann eine große Bandbreite an Kopfhörern betrieben werden. Der TI TPA6120 besitzt eine stromrückgekoppelte AB Verstärker Architektur mit hoher Bandbreite, geringem Rauschen und bis zu 128dB Dynamik. Die Kopfhörer-Buchsen arbeiten gleichzeitig parallel, für ein Hörvergnügen zu zweit. Für das Netzteil verwendet EarMen Super Low ESR Tantal Kondensatoren, High Grade Komponenten und eine vierlagige goldbeschichtete PCB Technologie für die Platine.
Der TR-Amp besitzt eine analoge Lautstärke-Regelung für den Vorverstärker-Ausgang und den Kopfhörerverstärker. Ebenso analog ist die Umschaltung der RCA-Buchsen zwischen Direct DAC und lautstärkegeregelter PreAmp Funktion. Das verschraubte Gehäuse besteht komplett aus CNC-gefrästem Aluminum und ist auffällig rot, dabei aber sehr edel eloxiert. Das Gehäuse wirkt robust und schützt zudem vor äußeren Störeinflüssen. Der TR-Amp wird – bis auf einzelne Elektronikkaufteile – in Europa entwickelt, produziert und zusammengebaut.
Technische Daten
Kopfhörerverstärker
- THD+N (2.7V, 32R) <0.005% SNR >114dB
- Dynamik >107dB
- Leistung 16 Ω >2.5V/400mW
- Leistung 32 Ω >3.4V/350mW
- Ausgänge: 6,3 mm und 3,5 mm Klinke
Geregelter Line Ausgang / Direct PreOut (RCA, schaltbar)
- Ausgangsspannung 2.1V / 3.4V
- THD+N <0.005% / <0.007% (2.8V)
- SNR >114dB / >114dB
- Dynamik >107dB / >107dB
- Kanaltrennung >107dB (1kHz) / >103dB (1kHz)
Audio Formate
- DSD DSD 128 Nativ / DSD 256 (DoP)
- DXD 384/352.8 kHz
- PCM bis 384 kHz
- MQA Rendering bis 384 kHz
Gerät
- Akku-Leistung: 3700 mAh / bis 10 Hrs
- CNC-gefrästes Aluminium Gehäuse
- Maße (L x H x B): 129 x 66 x 30 mm
- Gewicht: 240 g
Klang
Zum Hördurchgang holte ich den bereits ausgepackten und ausgiebig probegehörten EarMen TR-AMP aus dem „HiFi-Abteil“ meines Schrankes im Arbeitszimmer. Es liegt in der Natur der Sache, dass ich ihn in der Hand hielt, als ich ihn zu seinem Einsatzort – die Wohnzimmer-Couch – trug. Und das fühlte sich gut an. Wer das Bild unten betrachtet dem sei gesagt: Nein, ich gehe nicht immer über die Terrasse vom Arbeits- ins Wohnzimmer. Dort habe ich nur fotografiert, weil die Herbstsonne so fantastisch war an dem Tag.
Die gefrästen Front- und Rückplatten des Gehäuses sind robust mit versenkten Inbus-Schrauben befestigt, dabei gab sich der TR-Amp überraschend handschmeichlerisch. Der Kreis ist überall rund, auch an den Ecken, so pflegte dereinst mein Mathe-Lehrer zu sagen. So auch beim Kopfhörerverstärker aus der amerikanisch-serbischen Co-Produktion. Alle Flächen, die die Hand berühren, wirken angenehm abgerundet. Keine Kante. Auch die Deckfläche ist leicht gewölbt. Die seidig beschichtete Oberfläche tat haptisch ihr Übriges dazu. Ebenso das kühle Gefühl des Metall, das sich in der Handfläche erwärmte. Das bescherte auf dem Weg zum Hörplatz Vorfreude.
Der TR-Amp ist angenehm irgendwo mit hin zu nehmen. An den Arbeitsplatz, ins Feriendomizil, ins Wohnzimmer et cetera. Im Gegensatz zu seinem kleinen Bruder SPARROW eignet er sich weniger um unterwegs am Mann/Frau mit „dabei“ zu sein. Also in der Hemd- oder Jackentasche. Der TR-Amp will irgendwo aufgestellt sein. In meinem Fall die breite, ebene Sofa-Lehne. Zuspieler sollte mein Windows 10 Notebook sein. Neben Smart-Geräten wahrscheinlich einer der am häufigsten gewählten Quellen. In weiser Voraussicht hatte ich den Akku des TR-Amp zuvor bereits geladen. So reichte es, ihn mit dem Daten-USB-Kabel ans Notebook anzuschließen und mit einem kurzen Dreh am Lautstärkeregler zum Leben zu erwecken. Den Treiber für den PC bringt er on-board mit.
Um nicht der Eintönigkeit des Immergleichen anheim zu fallen, durchforstete ich mein Gedächtnis nach Sachen, die ich schon ewig nicht mehr gehört hatte. Dank Amazon Music HD unlimited lässt sich das meiste auch finden und meistens sogar in HD oder Ultra HD abspielen. „Lost Eden“ spukte mir wieder im Kopf herum, das Computerspiel von Cryo Interactive aus dem Jahr 1995. Stéphane Picq hatte dazu den fantastischen Soundtrack gemacht, den man wie ein Album hören kann. Ihn auf CD zu bekommen war gar nicht so einfach. Ich habe ihn mir aus versehen im CD-i-Format gekauft und konnte ihn nicht abspielen. Wer lesen kann, ist beim Musikkauf klar im Vorteil. Also freute ich mich über die Gelegenheit zum Stream.
Ich stöpsel mir also die FiiO FH7 In-Ears (HiFi-IFAs-Test Dezember 2019) ins Ohr und starte meinen Ausflug in die Zeit der Dinosaurier. Der Titelsong „Lost Eden Theme“ ist für mich ein klassischer Ohrwurm, der mich seit 25 Jahren nicht mehr losgelassen hat. Die Musik ist natürlich elektronisch. Stéphane Picq wollte mit seiner Musik wohl den Zauber der Zeit einfangen, in der die mächtigen Giganten unterwegs waren. Und der TR-Amp machte dabei einen tollen Job. Ab dem ersten Takt zeigte er, wer hier das sagen hat und nahm den den FiiO FH7 unter seine Fittiche.
Die Beats kamen fett rüber und das „Lost Eden Theme“ beamte mich atmosphärisch dicht in eine Zeit zehntausende Jahre zuvor. Der eingängige Rhythmus des Titels fraß sich so wieder in meinen Gehörgang. „Brontosaurus“ mischte dem buddhistisch anmutenden Gesang der Mönche das helle Spiel von Synthie-Glocken oder Schellen bei. Markant, aber nicht zu aufdringlich. Zudem kamen noch „Flöten“ in Spiel. Eine schöne Melange entsteht. So lasse ich noch „Aquasaurus“ und den dramatischen „Velociraptor Ride“ an mir vorbei ziehen. Die transportierte Energie macht Freude.
Wo wir gerade bei PC-Games sind. Ein anderer Ohrwurm aus der Zeit setzte sich mir ebenfalls über ein PC-Game ins Ohr. Das Spiel hieß „Ripper“ aus 1996 und war mir Christopher Walken hochkarätig besetzt. Im Trailer lief eine Musik, die ich mir 100 mal anhören, aber mangels Shazam nicht identifizieren konnte. Da es ein Instrumental war, war auch ein peinliches Vorsingen im Plattenladen ausgeschlossen. Es blieb also nur aufmerksames Radio hören und warten. Und dann: tadaaa! Es war Blue Oyster Cults „Don’t fear the reaper“. Macht Sinn.
Der Ear-Men TR-Amp lieferte wieder ein vollen Sound an den FiiO FH7. Richtig rockig eben. Interessanterweise hörte ich im Hintergrund noch eine Ratsche. Ist mir vorher gar nicht so aufgefallen. Der treibende E-Bass kam knorrig gut, die Gitarren schrien und auch die Stimmen ließen sich differenzieren.
Weil es so schön war, hörte ich noch in „Astronomy“ rein. Das Spiel auf den Hihats ist klasse. Ein wenig ließ sich das Metall erahnen. Dazu das entfernte „Bumbum“ der Bass-Drum. Das Synthie-Klavier setzte ein, dann die markante Stimme von Eric Bloom. Ein cooler Song. Nur das „Hey“ im Refrain klingt irgendwie immer nach Kindergeburtstag. Deshalb rief ich das Cover von Metallica vom Album „Garage Inc.“ auf. Das fängt zwar auch leicht verklärt an, nimmt aber schnell fahrt auf. Die Performance vom EarMen und FiiO FH7 riss mich echt mit. Der Sound hatte Druck, der Titel die nötige Aggressivität. Dabei war der Sound aber nicht hart oder unangenehm. Das ist prima. Und James Hetfield zeigte mir dann, wie ein richtiges „Hey“ geht – und Dich aus Deinen Träumen rüttelt. Phantastisch. „Astronomieeeeeeee – the staaaars“…. Wow.
Den Abschluss sollte etwas aus dem klassischen Fach machen. Dazu holte ich den ULTRASONE Edition 15 (HiFi-IFAs-Test August 2019) aus der Lederschatulle. Warum nicht gleich mit Metallica weiter machen? Der Kopfhörer-Verstärker hatte genug Leistungsreserven und so den Edel-Over-Ear Edition 15 gut unter Kontrolle. Den Kopfhörer direkt ans Laptop anzuschließen wäre ein Frevel. Das war mir schnell klar.
Um also den Umstieg auf Klassik schonend zu gestalten, wählte ich nach „Astronomy“ Metallicas S&M-Album, eine Kooperation der Heavy Metal Band mit Michael Kamen – der beispielsweise auch die Film-Musik zu „Stirb Langsam“ komponierte – und dem San Francisco Symphony Orchestra. Die Konzertmitschnitte aus 1999 sind für mich ein Meilenstein in der Musikgeschichte. „One“ ließ mir die Schauer den Rücken runter laufen. Metallicas Abbild des Kriegs verstehe ich als Beitrag zum Frieden. Die Kombi aus dem TR-Amp und dem Edition 15 transportiert beklemmend den eingespielten Artilleriebeschuss, der in das Johlen und Pfeifen des Publikums hinein donnert. Dazu setzen die Streicher, die flehend melancholisch die Sinnlosigkeit der Szenerie untermalen. Die Band hält sich zurück, James Hetfield setzt ein. Alles hat eine schöne Balance. Dann übernimmt Metallica das Ruder – mit voller Macht. Das Orchester hält dagegen, prägt die Stimmung. Setzt den Gegenpol. Der TR-Amp bereitet all das imposant, aber ohne klangliche Härten auf.
Doch zum Abschluss noch etwas „richtige“ Klassik. Pur. Zur Beruhigung der Nerven. Tschaikovskys „Dornröschen“ Ballett. Mein Hörbesteck bildete das Kiever Orchester in „Polacca“ in schöner Größe und Fülle ab, die Instrumente und Gruppen zeigten sich differenziert. Der TR-Amp führte den Edition 15 dabei an seine klanglichen Möglichkeiten heran. Die Heiterkeit und Leichtigkeit der „Pas de quatre“ versüßten mir den Abend. So blieb nur noch eine letzte Aufgabe.
Ein kurzer Check an den aktiven Lautsprechern Dutch&Dutch 8c und den Klipsch The Fives, die grad zu Gast in meinem Hörraum waren, zeigte mir, dass auch der Vorverstärker-Ausgang einen ordentlichen Job macht. Seine guten klanglichen Charaktereigenschaften gab der TR-Amp im Lautstärke-geregelten wie im fixen Modus an die Aktivlautsprecher weiter. Natürlich wird man den EarMen TR-Amp nicht unbedingt dauerhaft mit einem Highend-Lautsprecher im fünfstelligen Euro-Bereich kombinieren. Im Zusammenspiel mit einem aktiven Nahbereichs-Monitor auf dem Schreibtisch oder auf dem Sideboard ergeben sich aber hervorragende Einsatzmöglichkeiten in einem schlankes Anlagenkonzept. Hier darf man dem kompakten Kombi-Gerät einiges zutrauen.
Fazit
Der Akku-betriebene EarMen TR-Amp vereint für 249 US-Dollar drei wesentliche Funktionen: USB-D/A-Wandler, Kopfhörerverstärker und Vorverstärker. Für viele Musikfreunde ist das eine wertige Basis, um mit guten Kopfhörern und Aktiv-Boxen eine schlanke wie flexible Musikanlage zusammen zu stellen. Trotz des günstigen Preises kann es der TR-Amp es leicht mit höherwertigen Komponenten als Mitspieler aufnehmen. Ein praktisches Helferlein also auch für hochwertige Kopfhörer auf Reisen. Der Sound ist kraftvoll und gut aufgelöst, dabei aber frei von Aggressivität. Der EarMen TR-Amp lädt so zum entspannten Musikhören ein.
Im Test
Mobiler USB-DAC und Kopfhörerverstärker
EarMen TR-Amp
Preis: 249 Euro
Kontakt
EarMen
Chicago, IL 60601
United States
Homepage: www.earmen.com/
Kontakt: https://www.earmen.com/index.php/contact
Auris Audio
Mike Stojanovica 11
37000 KRUSEVAC
Serbia
Mail: info@aurisaudio.rs
Homepage: https://aurisaudio.rs
Online-Shop: https://www.aurisaudio.shop/
Mitspieler im Test
Digitale Quellen – Streaming Bridge LUMIN U1 mini, Musikserver MELCO N100, D/A-Wandler MERASON DAC-1, HP Notebook Windows 10
Kopfhörer- / Vorverstärker – ami Musik DDH-1, SPL Phonitor x mit DAC 768xs, Earmen SPARROW
Kopfhörer – ULTRASONE Edition 15, FiiO FH7
XLR-Signalkabel – WSS Premium Line KS-200, WSS Platin Line KS-200
Strom – Netzkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste SUPRA Cables LoRad MD07 DC 16 EU SP MKIII,
NuPrime AC-4 Power Conditioner, SBooster BOTW P&P Netzteil
Fotos: F. Visarius