Preisfrage für Geografie-Cracks: Was verbindet den Gotthard mit der Nordsee? Richtig! Die Reuss. Das weiß ja jedes Kind – zumindest in der Schweiz. Die Reuss fließt aus dem Gotthardgebirge durch den Vierwaldstädter See bei Luzern über die Aare in den Rhein und damit letztendlich bis in die Nordsee. Aber darum geht es hier eigentlich nicht direkt, nur indirekt, denn die Reuss verbindet auch etwas mit uns HiFi-IFAs, etwas Highfideles.
Der Schweizer Fluss ist Namenspatron für den neuesten D/A-Wandler des Spezialisten MERASON aus dem Berner Land. Mit einem Preis von rund 5.000 Euro rückt der edle D/A-Wandler REUSS in der Preisklasse des DAC-1, dessen aufgewerteter Nachfolger DAC-1 mk2 in die Region um 8.000 Euro entschwand und schließt so die Lücke zum kleinen Bruder MERASON frérot (1.350 Euro), der mit dem optionalen Netzteil POW1 (790 Euro) um 2.000 Euro unterwegs ist. Wer unsere Tests kennt, weiß, dass wir HiFi-IFAs in jeder Preisklasse unsere Freude an den Schweizer Preziosen hatten und nun bin ich auf den MERASON REUSS DAC gespannt, auf den sein großer Bruder DAC-1 mk2 im Hörzimmer bereits wartet.
MERASON REUSS – Annäherung
Der deutsche Vertrieb und Händler CM-Audio aus Mönchengladbach mit einem HiFi- und High End Audio Wohnraumstudio in Neuss hat sich der Marke MERASON bereits angenommen, da stand auf den Geräten noch PURSON. Wie auf der Front des DAC-1, den wir im Jahr 2018 als erstes Magazin testen durften. Mit der internationalen Markteinführung ersannen Hersteller und Vertrieb den Namen MERASON, und der DAC-1 trat in der Preisklasse um 5.000 Euro an um das zu liefern, was sich sein Schöpfer Daniel Frauchiger von einem D/A-Wandler wünschte und was der Name verkörpert: Wohlklang. „Zu wissen, ich kann mich ganz entspannt der Musik hingeben und mich von der Musik mitreißen lassen – das ist MERASON“, sagt der Schweizer, der im Alter von 45 Jahren quasi als Spätberufener begann, sich mit einem Kompagnon Gedanken über eine eigene technische Lösung für seine individuellen Wünsche beim Hören digitaler Musik zu machen.
Nun erreicht mich also das Testpaket von CM-Audio mit der neuesten Schöpfung des sympathischen Schweizers mit dem MERASON REUSS, der wieder in der Preisklasse des Urvaters antritt und dort seine Stelle einnimmt. Mit dem Testpaket versorgt mich CM-Audio wie auch seine Kunden. Das Motto der Rheinländer lautet: „Nur zu Hause klingt wie zu Hause“. Die Aussage klingt profan, ist dafür aber allgemeingültig. Torsten Fink von CM-Audio ließ es sich nicht nehmen, wie er es auch für seine Kunden tun würde, der Transportbox eine umfassende Kabelbegleitung von LAB12 beizulegen, was ich persönlich für konsequent halte, da man sich in dieser Preis- und Leistungsklasse auch bewusst Gedanken über die Signalwege machen darf.
Die Abmessung des REUSS in der Breite schöpft das HiFi-Gardemaß mit rund 45 cm voll aus. Mit nur 5 cm in der Höhe gibt sich der D/A-Wandler betont schlank. Sein Gewicht von 6 kg und das Gehäuse aus Aluminiumblech strahlen dabei Solidität aus. Die Front aus einer massiven Aluminiumplatte ist von Hand geschliffen und wirkt sachlich elegant. Beim Benutzerinterface geht Daniel Frauchiger kein Risiko ein, denn das sieht exakt gleich aus wie bei den Geschwistern DAC-1 und DAC-1 mk2. Fast. Sechs kleine LEDs mit der Kommunikationsfarbe Grün auf der linken Gehäuseseite zeigen die wichtigsten Informationen an, vier davon den gewählten Eingang, LOCK wenn ein gültiges Eingangssignal ansteht. Die Eingangswahl übernimmt wie gewohnt der zylindrische SELECT Taster rechts.
Auch die Position des POWER Schalters links kommt mir sehr bekannt vor. Aber genau hier liegt ein kleiner und feiner Unterschied. Aus dem Schalter ist ein Taster geworden, der harte Ein-/Ausschalter liegt als Kippschalter am Heck des Gerätes, gleich neben der Kaltgerätebuchse, wie man es von vielen HiFi-Geräten kennt. Und so musste die SENSE-LED, die eine Vebindung anzeigt, einer POWER-LED weichen, die in der Position neben dem Taster an der Front in Rot von Bereitschaft und in Grün von Aktivität kündet. Der MERASON Schriftzug prangt nun in der Mitte oben auf der Front. Den REUSS gibt es übrigens in den Farben Silber und Schwarz, wobei Gehäuse und Frontplatte die gleiche Farbe haben.
Am Heck befinden sich in ebenfalls gewohnter Anordnung die Ein- und Ausgänge. Raus geht es mit jeweils einem Stereo-Paar asymmetrischer RCA- sowie einem Paar symmetrischer XLR-Buchsen. Passend zu den Beschriftungen der LEDs an der Front finden sich rückseitig auch eine AES/EBU-, eine RCA-, eine optische TOSLINK sowie eine USB-B-Audio-Buchse. That’s it. Da der REUSS direkt auf dem DAC-1 mk2 seinen Platz fand, steckte ich fürs Erste die Kabel ganz pragmatisch einfach um. Danach spielte der REUSS viel mit den vertrauten analogen XLR-Kabeln von WSS und auf der digitalen Seite mit einem 110 Ohm XLR-Kabel von Supra Cables sowie mit einem USB-Kabel von Boaacoustic. Als Stromkabel diente ein bfly-Audio bpower Kabel. Kurz vor meinem Hördurchgang stöpselte ich dann auf das beigelegte LAB 12 Kabel-Ensemble um: ein Paar symmetrischer LAB12 XLR1 Analogkabel (2m, 1285 Euro), ein LAB12 USB1 Digitalkabel (1m, 600 Euro) sowie das LAB12 AC1 Stromkabel (1,5m, 680 Euro). Mehr dazu später im Klang-Kapitel, nun etwas Technik.
MERASON REUSS – Technik
Wie bereits erwähnt ist der MERASON REUSS mit einem USB-Audio Class 2.0, einem SPDIF RCA-, einem optischen SPDIF TOSLINK- sowie einem AES/EBU XLR-Eingang ausgestattet. Der USB-Eingang, der auf der Technologie von Amanero basiert, besitzt zwei präzise Oszillatoren, die für ein jitterarmes Musiksignal sorgen. Das Signal ist auf seinem Weg zusätzlich durch kapazitiv arbeitende Isolatorbausteine galvanisch getrennt. Die Signale, die über die weiteren Eingänge eintreffen, werden mit Hilfe von Transformatoren und Kondensatoren ebenfalls galvanisch getrennt und von Jitter befreit. Auf diese Weise sollen Störungen, die von außen auf das empfindliche Signal einwirken können, ferngehalten und eine unverfälschte Übertragung sichergestellt werden, die somit der Musikwiedergabe zu Gute kommt.
Ist das digitale Signal einmal im Kasten, geht es an den Digital-Analog-Wandler. Daniel Frauchiger vertraut hier auf den konzeptionell etwas betagten, aber äußerst bewährten D/A-Wandlerbausteine PCM1794A von Texas Instruments / Burr Brown, die er in allen seinen Wandlern einsetzt. Der Schweizer sieht in dem, auf PCM-Signale spezialisierten Wandler eindeutige klangliche Vorteile gegenüber anderen Wandlertypen. Die Einschränkung auf PCM-Daten bis 24 bit und 192 kHz nimmt er dabei gern in Kauf, um seine Klangvorstellungen verwirklichen zu können.
Meine persönliche Meinung als DAC-1 mk2 Nutzer, der die gleichen Limits besitzt: Ich vermisse nichts. Musikhörer, die gerne Musik darüber hinaus oder als DSD-Stream hören wollen, müssen sich dessen nur bewusst sein und dementsprechend für sich entscheiden. Im MERASON REUSS sind jedenfalls zwei TI / Burr Brown PCM1794A im Einsatz, je Kanal einer im Mono-Betrieb mit 5 Volt und 3,3 Volt Betriebsspannung. Das ermöglicht mit 132 dB einen um 5 dB verbesserten Dynamikumfang gegenüber dem Stereo-Betrieb des Chips. Da die Leistungselemente direkt über das Chassis gekühlt werden, bleiben sie thermisch stabil.
Das analoge Stromsignal, das den D/A-Wandlerbaustein verlässt, wird aufwendig in ein Spannungssignal überführt, das in Class-A-Technik gepuffert und zum Ausgang geleitet wird. Die Analogabteilung ist dabei diskret mit überwiegend SMD-Bauteilen (Surface Mounted Device) aufgebaut, was aufgrund der geringeren Anfälligkeit gegenüber Einstrahlung der Signalverarbeitung zu Gute kommt. Die Leiterplatte hat einen ebenfalls störungsunanfälligen 6-lagigen Aufbau. Da im MERASON REUSS insgesamt vier unabhängige Kanäle von den beiden Wandlerbausteinen, also jeweils zwei je Chip, bis zum Ausgang geführt werden, ist der Digital/Analog-Wandler vollsymmetrisch aufgebaut. Als analoge Ausgänge stehen ein Paar asymmetrischer Cinch/RCA- sowie ein Paar symmetrischer XLR-Buchsen zur Verfügung.
In der Regel benötigen die insgesamt zwölf unterschiedlichen Funktionseinheiten des Gerätes eine Stromspeisung. Im REUSS sind die einzelnen Stromversorgungen linear aufgebaut, wobei drei überdimensionierte Transformatoren die Stromversorgung der analogen und digitalen Schaltungen erledigen. Für den Standby-Betrieb ist ein Schaltnetzteil notwendig, das im Spielbetrieb komplett deaktiviert ist, um mögliche Störungen grundsätzlich auszuschließen.
Neben der technischen Konzeptionierung spielte bei der Entwicklung des MERASON REUSS laut Daniel Frauchiger die intensive subjektive Beurteilung eine wesentliche Rolle. Bauteile und Schaltungsvarianten sowie verschiedene Layouts wurden von hörerprobten Personen in Hörsessions eingehend auf ihren Klangeinfluss geprüft. Zu nennen sind hier Komponenten wie Kondensatoren, Spannungsregler, Wandlerbauteile, Transistoren, Widerstände, Signalverarbeitung, I/V-Wandler und Ausgangsstufe. Neben der Klangcharakteristik und der gemessenen Leistung in der Theorie, war der Hörtest immer das entscheidende Kriterium.
Daniel Frauchiger, dessen Geschäftssitz sich in Worb befindet, legt bei seinen Produkten Wert auf die Herkunft. Made in Switzerland, dabei zu großen Teilen am Produktionsstandort in Burgdorf, ist Programm. Die Fertigung des Gehäuses, der Frontplatte nebst Bedruckung sowie der Bedienknöpfe als äußerliche sichtbare Merkmale, und die Schaffung der inneren und unsichtbaren Werte wie Bauteilbestückung, Montage, Inbetriebnahme und Kontrolle erfolgen ausschließlich in der Schweiz.
MERASON REUSS – Technische Daten
- Output: max. 3 V RMS (symmetrisch), max. 1.5 V RMS (asymmetrisch)
- Frequenz: 20 Hz bis 20 kHz +/- 0.5 dB
- THD+N: < 0.015 %. SNR: > 115 dB
- DAC: zwei BurrBrown 1794A, diskrete I/V-Stufe
- Ausgang: diskreter Aufbau
- Stromversorgung: 230V AC/50 bis 60 Hz, 30 W
- Betrieb
Umgebungstemperatur 10 °C bis 30 °C
Luftfeuchtigkeit max. 80 %, nicht kondensierend
Im Betrieb erwärmt sich das Gerät um ca. 20 K gegenüber der Umgebungstemperatur - Audioformate
44.1 kHz@16 bit/24 bit
48 kHz@16 bit/24 bit
88.2 kHz@24 bit
96 kHz@24 bit
176.4 kHz@24 bit
192 kHz@24 bit - Gehäuse
Breite: 45 cm, Höhe: 5 cm, Tiefe: 29 cm
Gewicht: 6 kg
Farben: Silber, Schwarz
MERASON REUSS – Klang
Der Vertrieb und Händler CM-Audio aus Neuss stellte mir den MERASON REUSS DAC zu meiner Freude einige Wochen zum ausgiebigen Hören zur Verfügung. Aus pragmatischen Gründen hörte ich ihn recht lang mit den Kabeln, die bereits am Aufstellort lagen. Torsten Fink von CM-Audio legte mir nicht nur ans Herz, den REUSS mit den Kabeln von LAB12 zu hören, sondern legte dem Testpaket gleich einen kompletten Satz Kabel wie eingangs beschrieben bei. Als ich etwas Muße hatte, krabbelte ich also hinter mein HiFi-Möbel und steckte die Kabel um. Den Effekt möchte ich mit „sehr Gutes noch besser machen“ umschreiben. Dabei zweifle ich absolut nicht an den Kabeln, die ich in der Regel selber einsetze. Das Beispiel zeigte mir aber, dass es sich lohnt, sich mit der individuellen Verkabelung seines HiFi-Gerätes auseinanderzusetzen. Der Schweizer MERASON REUSS und die griechische LAB 12 Verkabelung gaben ein tolles Team ab. Ich hatte den Eindruck, dass die Kombi den Charakter des DAC bestens herausarbeitete.
Aufmerksamen Lesern der HiFi-IFAs wird nicht entgangen sein, dass ich jeden Digital/Analog-Wandler, den Daniel Frauchiger unter dem Namen MERASON ersonnen hat, gehört habe und dass ich für meine Hörtests einen DAC-1 mk2 verwende. Folglich stellt sich die Frage: Und? Ja, genau. Ich habe den REUSS lange ohne Quervergleich gehört und erst spät beide DACs parallel angeschlossen, also den DAC-1 mk2 mit meinen Kabeln, den REUSS mit den LAB12. Was also ist der Unterschied? Beide D/A-Wandler spielen auf einem Top-Level, so dass die Unterschiede absolut betrachtet Feinheiten sind – welche der Hörer in dieser Preis- und auch Leistungsklasse natürlich sucht.
Der MERASON REUSS D/A-Wandler ist nach einem Fluss in der Schweiz benannt. Jetzt könnte ich es mir einfach machen und titeln: panta rei. Alles fließt. Aber genau das würde ich dem großen Bruder DAC-1 auch zuschreiben, der in meiner Wahrnehmung das Schlagwort audiophil bereits in die Richtung eines majestätisch fließenden Stroms auslegte. Ich nahm den REUSS als etwas vorwitziger und dynamischer wahr, was – und ich wiederhole mich, dass wir auf sehr hohem Niveau Feinheiten vergleichen – echt Laune machte. Wenn man wieder ins Bild kommen möchte, wäre der REUSS dann der Fluss an der sprudelnden Quelle, den die LAB12-Verkabelung zähmt. Womit ich auch in die Höreindrücke einsteigen möchte.
Ich komme eigentlich viel zu selten zum entspannten Musikhören, was mir aber mit dem ersten Versuch meines Hördurchgangs leider zu gut glückte. Ich hatte bei sommerlichen Temperaturen im ersten Anlauf einfach keine Lust, mir Notizen zu machen und wollte einfach nur Musik hören, die mir gute Laune bereitete. Nächster Tag, zweiter Anlauf. Ich legte wieder Johnny Clegg & Savuka auf, die sich in den späten 1980ern und 90ern zu einer musikalischen Stimme Afrikas aufgeschwungen hatten. Über das Album Cruel, Crazy, Beautiful World lernte ich auch das Vorgängeralbum African Shadow Man kennen. Zusammengefasst hörte ich das Schaffen des Briten, der 1960 mit seiner Mutter nach Afrika zog, nun auf seinem Best of Album In my African dream. Passend zu MERASON waren seine Alben übrigens in der Schweiz recht erfolgreich.
Schwungvoll entriss mich „Scatterlings of Africa“ meinen mitteleuropäischen Sommerträumen. Über die feinen Diapason Adamantes V Kompaktlautsprecher entstand eine Präsenz, die ein Fenster auf den anderen Kontinent öffnete und mich über 30 Jahre mit in die Vergangenheit nahm. Savuka war ein multinationales Musikprojekt, im Chor des Songs wurden aber die Einflüsse afrikanischer Musik deutlich. Johnny Clegg verstand es, mit den mächtigen Drums zu spielen und gleichzeitig feine Sounds von Gitarre und Flöten einzuflechten, so dass ein Dialog entstand.
Der Gesang von Johnny Clegg schien das zu kommentieren. „Great Heart“ blieb auf der Schiene, fast hymnisch. Der brummelige Bass hatte Kontur, frisch die Gitarren und dazu der Gesang des Wahl-Afrikaners, der seine Liebe zum Kontinent bekundet, impulsiv kamen die Drums, die irgendwie Lebensfreude und ein Hauch von Sehnsucht zu vermischen schienen. Das stimmungsvolle „Asimbonanga“ wartete mit einem wunderbaren Chor auf, der mich an das weitaus bekanntere „Diamonds on the soles of her shoes“ oder „Homeless“ von Paul Simon erinnerte, aber authentischer wirkte. Die Vorstellung mag ich in Sachen Räumlichkeit gar nicht in die Kategorien vorne, hinten, Breite, Höhe packen. Es erschien mir einfach richtig, wie die Musiker vor mir auftauchten: Groß, beeindruckend und gleichzeitig ordentlich aufgestellt.
Ordentlich dynamisch ging es bei „Siyayilanda“ zu. Toll der knackig funkige E-Bass, der Speed und Druck in den Song brachte. Lebensfreude, die der MERASON REUSS herrlich zu vermitteln mochte – und die sich auf mich übertrug. Ich habe die Musik von Johnny Clegg, OBE, er ist mit dem Order of the British Empire ausgezeichnet, schon lange nicht mehr gehört. Das ich sie mal so hören durfte, hätte ich mir 1990 nicht zu träumen gewagt. Das lag natürlich nicht nur an dem Schweizer DAC, das ist klar, aber er hatte einen schönen Anteil. Also hörte ich das Album durch, das ging nicht anders. Ich sog „One (hu) man one vote“, „Take my heart away“, „I call your name“, „In my African dreams“ und…, also alle, in mich auf.
Einen Seitensprung abseits alles Audiophilen in die gleiche Zeit musste ich noch machen. Eigentlich keine Musik zum Testen und Erbsenzählen, aber mir machte sie Spaß. Meine Lieblingsband aus der Zeit war und ist Big Country, die eine Mischung aus Folk, Rock und Pop zum Besten gaben. Die Anlage haute mir „Dive into me“ um die Ohren als wäre es live. Vor mir wieder eine Bühne, auf der Tony Butlers E-Bass bestens herauszuhören war und die E-Gitarren des Sängers Stuart Adamson und Bruce Watson zackig sägten. Für mich ein Test, ob eine Anlage noch auf der „guten Seite“ spielt, denn speziell die Gitarren können recht schnell ins Nervige kippen, wobei hier tatsächlich Dinge wie der Einfluss von Kabeln das Zünglein an der Waage spielen können. Aber hier war alles im grünen Bereich. Es konnte munter bei gehobener Lautstärke weiter gerockt werden. „Sometimes swirling waters drag you down, knowing how to swim doesn’t mean you never drown“ singt Stuart Adamson. Wahre Worte gelassen ausgesprochen. Ich denke immer wieder drüber nach.
„Perfect World“ war das nächste Brett. Trotz aller Gitarrenbeschallung, mit der es die Musiker echt ernst meinten, herrschte trotzdem noch eine Ausgewogenheit – was ein kleines Wunder war. Steve Brzezicki ackerte sich an der Schießbude durch den Song und trieb die Gitarren vor sich her. Satt kam die Bass-Drum, der E-Bass gab – was ich mag – mit einer schönen Bassline Kontur. Das es auch feiner und nachdenklicher geht, bewies „Fragile Thing“, das dem Sänger mehr Raum gab ohne aber Substanz zu verlieren, die wieder vom E-Bass und Schlagzeug unterlegt wurde. Wieder ein Hauch von Sehnsucht, die schön von der charismatischen Frauenstimme im Chor untermalt wurde und die der REUSS angemessen herauszuarbeiten vermochte. „Love is a small and fragile thing…“ Es war beruhigend festzustellen, dass auch die handfeste, weniger gestriegelte Musik mit dem high end Wandler funktionierte.
Wo wir grad bei audiophil, Frauenstimme und der Liebe sind: Da fällt mir spontan Kari Bremnes mit ihrem „Lover in Berlin“ ein. Die Musik der Norwegerin ist mit Sicherheit ebenso atmosphärisch, aber nicht so dicht gepackt: Sehr stimmungsvoll, sehr fein. Das mit dem Besen gespielte Schlagzeug, die Gitarre und das Piano. Wirkte die Musik von Big Country noch getrieben, hatte ich hier an der Zusammenkunft von Musikern teil, die ihren individuellen Beitrag zum Vortrag der Sängerin lieferten. Sehr fein gezeichnet, sehr maß- und taktvoll. Dem Gesang durfte ich beiwohnen, er passierte nicht einfach. Die Stimme hatte ein realistisches Volumen, die S-Laute waren merklich, überzogen aber nicht, was dem Ganzen den realistischen Eindruck verlieh. Wunderbar war das nachzuvollziehen auch beim gern gehörten „Coastal Ship“, das mit den großen Trommeln eröffnete, die durch das Ein – und Ausklingen mächtig klangen, ohne wirklich laut werden zu müssen. Auch die Stimme von Kari Bremnes entführte mich wieder, von ganz fein bis höchst eindringlich, in die Fjorde ihres Heimatlandes.
Da ich grad meine 1980er Jahre feierte, entschloss ich mich, mit den Brothers in arms der Dire Straits noch einen oben drauf zu legen. Eine saubere Aufnahme, die Spaß machte, ohne allzu verkopft zu sein. „So far away“ startete direkt mit der knorrigen Gitarre Mark Knopflers. Der Sound war herrlich offen und nahm mich tatsächlich in die ausgebreiteten Arme. Wie schon bei Big Country spielte die Bass-Drum satt und trocken und die Aufnahme kommt insgesamt mit einigem Gitarrenschmelz rüber und viel Substanz rüber. Das kann auch mal ins Blutleere abrutschen. Aber nicht hier. In die Szene passte nahtlos die abgeklärte Stimme des Bandleaders. Eine ganz andere Stimmung erzeugte „Money for nothing“, das so unscheinbar daherkommt. „I want my, I want my MTV“… Passiert noch was? Und wie. Das Schlagzeug fadete harmlos ein, bis sich die musikalische Szene wie in einem Gewitter aus harten Drumschlägen und Gitarrenriffs entlud. Wer ungeduldig vorab lauter gedreht hat, bereute es jetzt womöglich. Die Aufnahmen damals kannten noch Dynamik. Der Bass stampfte durch das Lied, begleitet von der verzerrten Gitarre und dem nöligen Gesang Mark Knopflers. Die ordnende Hand des MERASON REUSS DAC, der dem ganzen Körper und Kontur verlieh ohne Impulsivität zu nehmen, tat dem Song richtig gut. Ein erneuter Fall von „wieder neu erleben“.
„Victoria, Victoria, Victoria!“ erschallte es dann aus den Diapason Adamantes V, als die die Ouvertüre des Freischütz vorüber war und der Chor das Geschehen in die Hand und die Bühne übernahm. Wie zu erwarten war, übertrugen sich die Erfahrungen mit denen vorangegangenen Musikstücken der Populärmusik auf die Klassikdarbietung. Die Sängergruppen, die der REUSS sehr genau ordnete, steckten die Dimensionen des Raumes sehr genau ab, dazu löste sich das Klangbild den Lautsprechern, so dass eine schöne Illusion des Singspiels entstand.
Die Akteure waren sauber zu differenzieren, auch was ihre Intonation des Gesangs anging, gleichzeitig war die Kraft der Chöre spürbar, die die Größe des Opernhauses vermittelten. Schön war zu beobachten, dass selbst in wuseligen Passagen die Töne niemals zu kippen drohten. Die Streicher behielten ihren Schmelz, die Blechbläser ihre Attacke und die Pauken ertönten straff. Der MERASON REUSS wusste mit allen Akteuren umzugehen und allesamt angemessen zu berücksichtigen. Gleichberechtigt ohne Präferenzen. Ich fand, es war keine schlechte Idee, dem Freischütz beizuwohnen, bis die List des Zauberers Samiel vereitelt wurde und der verunsicherte Max seine Agathe freien durfte. Was ein schönes Finale, das ich zwar nicht in den Opernrängen, wohl aber vor herrlich audiophiler Kulisse daheim in meinem Hörsessel zu erleben vermochte.
MERASON REUSS – Fazit
Wer rund 5.000 Euro in einen D/A-Wandler investiert, der darf etwas erwarten. Mit dem MERASON REUSS DAC bekommt der Musikfreund einen Spezialisten an die Hand, der ihn klanglich begeistern wird. Dem ambitionierten Entwickler und Firmenchef Daniel Frauchiger ist es mit seiner jüngsten Preziose gelungen, elegant die Lücke in seiner Produktpalette zu schließen, die der Aufstieg seines Debuts MERASON DAC-1 zum mk2 hinterlassen hat. Der Digital/Analog-Wandler REUSS trägt eindeutig die Handschrift des Schweizers und fügt sich nahtlos in die Reihe seiner Geschwister ein. Technisch belässt er es konsequent bei der Verarbeitung von PCM-Daten bis 24 kHz / 192 bit, klanglich vermittelt er dem Hörer dafür ein Gefühl für die Musik, das weit über die nüchterne mathematische Auswertung des angelieferten Binärcodes hinaus reicht. Im Vergleich zum großen Bruder DAC-1 mk2 geht es dabei nicht nur, wie man vermuten könnte, um ein besser oder schlechter. In Nuancen spielt der REUSS schlicht auch einen Tick anders, was ihn interessant macht. Während sich der DAC-1 mk2 auf höchstem Niveau dem musikalischen Fluss und der inneren Schlüssigkeit verschrieben hat, geht der REUSS einen Hauch zackiger und frischer mit etwas mehr Fokus auf Struktur und Dynamik zu Werke. Wer sich von der Philosophie der MERASON Digital/Analog-Wandler angesprochen fühlt, sollte also unbedingt auch ein Auge und ein Ohr auf den REUSS werfen.
Im Test
Puristischer High End Digital/Analog-Wandler
MERASON REUSS
Preis: 4.900 Euro
Farben: Schwarz, Silber
Beim Vertrieb und Händler CM-Audio ist ein Testpaket zum daheim Ausprobieren erhältlich.
Vertrieb
Kölner Straße 46
41464 Neuss
Mitspieler im Test
Digitale Quellen – LUMIN U1 mini, NuPrime Stream 9, NuPrime CDT-9 mit LPS-212, Merason DAC1 Mk II, Musikserver Innuos ZENith Mk3, Tangent CD II
Plattenspieler / Phonovorstufe – Rega P8 mit Excalibur Platinum, Vertere Techno Mat, Rega Aria Mk3,
Verstärker – SPL Phonitor x mit DAC768 Kopfhörerverstärker/DAC, SPL Director Mk2.2 Vorverstärker/DAC, Cambridge Audio Edge W Stereo-Endstufe, Makroaudio LittleBIG Power Mono-Endstufe, SPL Performer s1200 Stereo-Endstufe, Tangent AMPSTER BT II
Lautsprecher – Dutch&Dutch 8c, Diapason Adamantes V, Pylon Audio Diamond 28 mkII
Kopfhörer – ULTRASONE Edition 15
Signalkabel – WSS Platin-Line KS-20 XLR, WSS Premium-Line KS-200 XLR, Boaacoustic Evolution BLACK.rca
Lautsprecherkabel – Boaacoustic Mercury, Melodika MDSC4030, Kabelbrücke Melodika MDSC1501
Digitalkabel – Boaacoustic USB-Kabel Silver Digital Xeno, Supra Cables USB 2.0 Excalibur, Supra Cables DAC-XLR AES/EBU, Supra Cables Excalibur DAC-XLR AES/EBU
Netzwerkkabel – Wireworld Starlight 8, Boaacoustic SIGNAL.lanCat.6A, , Supra Cables CAT8+
Netzkabel – Netzkabel Supra LoRad 2.5, bfly bPower
Zubehör – Netzleiste SUPRA Cables LoRad MD07 DC 16 EU SP MKIII, SBooster BOTW P&P Netzteil, NuPrime AC-4 Power Conditioner, NuPrime Omnia SW-8 HiFi Netzwerk-Switch, Innuos PHOENIX USB-Reclocker, MUTEC MC3+ USB
Fotos: F. Visarius