Chronos. Der Name regt sofort meine Phantasie an und weckt mein Kopfkino. Gelesen erinnert er mich als Uhrenfan spontan an das Uhrenmagazin aus dem Ebner Verlag. Oder – dazu folgerichtig – an den Gott Chronos, der in der altgriechischen Mythologie die Zeit personifiziert. Oder als gesprochenes Wort an Kronos, Star Trek Fans als Heimatplanet der Klingonen bestens bekannt. Oder… Nein, kein erneutes oder. Schluss mit den Abschweifungen. Denn in diesem Test geht es nicht um Uhren, griechische Mythologie oder Cineastik, hier geht es um Audio und HiFi, um den ultraportablen Kopfhörerverstärker mit Digital/Analog-Wandler Violectric CHRONOS. Vom Bodensee. Und was dieses kleine Wunderkästchen an Sound aus dem Handy heraus holt, davon handelt dieses Review.
Annäherung
Mit den Möglichkeiten, die Mobilgeräte bieten, individuell und unterwegs Musik zu hören, hat auch die Vielfalt an Kopfhörern zugenommen, die für diesen Einsatzzweck optimiert sind. Gleichzeitig ist aber auch der Anspruch an die klangliche Qualität der mobilen HiFi-Kopfhörer gestiegen, die durch ausgefeiltere Technologien und Fertigungstechniken immer weiter verbessert wurden. Beispiele dafür sind aus unseren Tests in der Preisspanne von 250 Euro bis 3.000 Euro der Calyx H, der FiiO FH7, der Campfire Solaris und der Ultrasone Saphire. Aber auch viele High End Kopfhörer, die auf den ersten Blick für den Einsatz im heimischen Ohrensessel und an der Stereo-Anlage konzipiert zu sein scheinen, haben einen angemessenen Wirkungsgrad und einen 3,5 mm Klinkenstecker. Damit werden sie ebenfalls zu dankbaren Abnehmern von Musik aus Mobiltelefonen, die sich immer mehr zu Alleskönnern entwickelt haben. Doch hier lässt oft die Wiedergabequalität und Leistungsfähigkeit für angemessenen Sound meistens zu wünschen übrig.
Diese Lücke schließt der Violectric CHRONOS, der denkbar einfach anzuschließen ist. Eingangsseitig ist er mit einer USB-C Buchse ausgestattet. Der ebenso schlichten wie zweckmäßigen Verpackung liegen drei kurze Adapter-Kabel mit USB-C- auf jeweils USB-C-, Mini-USB- oder Lightning-Stecker bei. Damit dürfte der Großteil aktuell gängiger Kontaktwünsche abgedeckt sein. Allein ein Adapter für das (noch) gebräuchiche USB-A an Computern fehlt. Hier muss der Griff in die heimische Kabel-Grabbelkiste aushelfen oder ein Adapter beschafft werden, das kein Problem sein dürfte.
Auf der anderen Seite des nicht einmal Streichholzschachtel großen Kästchens mit Alu-Gehäuse, das mit seinen Plexiglas Deckflächen und dem hinterleuchteten Logo, sowie den silber gefasten Kanten sehr wertig ausschaut und sich gut anfassen lässt, befindet sich eine 3,5 mm Klinkenstecker-Buchse für den Kopfhörer. Auf der Fläche einer Längsseite – in den Koordinaten eines Kofferradios: oben – befinden sich je eine runde „+“ und „-“ Taste zur Regelung der Lautstärke. Das ist im Alltag recht praktisch, da man nicht sofort das Handy bemühen muss, um bei Pegelsprüngen zwischen den Titeln wieder in den Wohlfühlbereich zu kommen.
Da die Aufgabe des zwischengeschalteten Kopfhörerverstärkers denkbar klar und seine Handhabung dementsprechend einfach ist, gehen wir nach einem kurzen Ausflug in die Technik auch gleich zum Höreindruck über.
Technik
Der Violectric CHRONOS ist, wie eingangs erwähnt, eine Kombination aus D/A Wandler mit einem leistungsfähigen Kopfhörerverstärker im Miniaturformat. Der DAC arbeitet im PCM (Pulse Code Modulation) Modus mit bis zu 32 Bit und 384 kHz Sample-Rate. Auch DSD (Direct Stream Digital) geht mit bis zu DSD256, also dem 256-fachen der CD-Abtastrate. Der verwendete High-End Chip wartet mit einer typischen Dynamik von 130 dB bei Verzerrungen von -115 dB auf. Der Verstärker bietet eine Leistung von 2 x 30 mW an 32 Ohm Kopfhörern, beziehungsweise 2 x 5 mW an 600 Ohm. Sein Stromverbrauch von maximal 200mA ist gering, wodurch der Akku des angeschlossenen Smartphones nur unwesentlich belastet wird.
Das Gerät mit einem stabilen, aus dem Vollen gefrästen Gehäuse aus Aluminium, misst lediglich 44,5 x 24 x 10 mm. Die als Fenster gestaltete Deckfläche aus Glas zeigt dabei im Firmenlogo die Betriebsarten in verschiedenen Farben an. Grünes Licht bedeutet die Wiedergabe von Audiodaten im PCM-Format, hochauflösendes DSD wird in Blau signalisiert. Der CHRONOS ist ohne zusätzliche Treiber-Installation – den bringt er selber mit – kompatibel mit Apple, Android, Windows 10 oder iOS. Der CHRONOS wurde in Deutschland entwickelt und wird , wie alle Komponenten von Violectric, in Konstanz am Bodensee gefertigt.
Klang
Es ist Oktober. Der Herbst schmeichelt sich mit Sonne in die Herzen der Menschen. Ich bin froh über mein handliches Testobjekt, weil ich das Angenehme mit der Pflicht verbinden kann und setze mich mit einem Kaffee auf die Terrasse. Den Violectric CHRONOS betreibe ich an einem iPhone. Also an einem Spielpartner, für den er bevorzugt geschaffen wurde: Mobilgeräte. Angestöpselt bedeutet mir das weiß leuchtende Logo Betriebsbereitschaft. Um meinen einleitenden Abschweifungen zu Beginn dieses Reviews einen tieferen Sinn zu verleihen, spanne ich – einem freundschaftlichen Experten-Musiktipp von Stefan Schickedanz folgend – elegant den Bogen von CHRONOS, der medial materialistischen wie göttlichen Verkörperung der Zeit, zu Pink Floyds „Time“ aus dem Jahre 1973.
Bei Amazon Prime Music stoße ich auf die 2011 remasterte Version des Klassikers. Mit einem Fingertipp auf das Play-Symbol springt das Licht am Kopfhörerverstärker auf grün – es geht los. Gleich zu Beginn höre ich tief in das komplexe Geräusch eines Uhrwerks – nein mehrerer Uhrwerke! – , bis mich rasch ein sauber abgegrenzter, schrillender Wecker und ein messerscharfes, in den Ohren fast schmerzendes, dabei sauber ausklingendes Geläut aus der Entspannung reißt.
Die Aufnahmen hat Tonmeister Alan Parson in einem Antiquitätengeschäft an verschiedenen Uhren gemacht. Ein saubere klangliche Vorstellung des CHRONOS gleich zum Start. Ein symbolisiertes Ticken des Uhrwerks begleitet den Song auf den ersten Metern. Die Gitarre, düster und mit einen Hauch von Western, sowie das Schlagzeug übernehmen langsam, bis David Gilmour und Richard Wright mit ihrem typischen Gesang einsteigen. Der aufgepeppte Sound kommt klar und sortiert rüber, ohne aber den Zeitgeist, unter dessen Einfluss der Song entstanden ist, zu verdrängen. Das Spiel des E-Basses lässt sich leicht nachvollziehen, gut umrissen sind die weiblichen Background-Vocals. Der Kopfhörerverstärker und D/A-Wandler lässt mich so in schöner Qualität an einem Stück Musikgeschichte teilhaben.
Ich grübele, was soll nach der Starthilfe von Stefan folgen. Was kommt logischerweise nach dem Klassiker „Time“? Klar, „Time After Time“ von Cindy Lauper. Klaro, so soll es sein. Ich bin zuerst leicht irritiert, da die Darbietung leicht oberflächlich wirkt. Das ist allerdings keine Eigenschaft des CHRONOS, sondern der korrekten Wiedergabe des Sounds der 80er geschuldet, der nicht mit fetten Beats und all zuviel Nestwärme prahlt. Nach kurzem Hören jedoch erliege ich dem Charme der Zeit, der auch etwas Ehrliches hat. Cindy Lauper gewinnt an Gestalt, schön hebt sich die zweite Stimme des männlichen Sängers im Refrain ab und verleiht dem Evergreen Charakter. Schön auch der Synthie-Bass und die Rassel, die das Lied strukturieren. „If you fall, I will catch you, I’ll be waiting – Time after time – Time after time …“. Ein großartiger Song, in den ich bei erneutem Hören mit dem CHRONOS noch tiefer eintauche.
Wo ich grad beim Schlagwort „Zeit“ bin fällt mir noch eine Erinnerung aus meiner Jugend ein, die mir zeitgenössisch korrekt nur als Aufnahme in der Plattenkiste vorliegt. Da nutzt mir beste D/A-Wandler nix – aber der Streaming Dienst hilft unkompliziert mit verdaulicher Kost aus. Y&T’s „Hands of time“. Schnell lerne ich die Schattenseite guten HiFi’s kennen, das auch das Grauen einer schlechten Aufnahme mit gespitzter Feder gnadenlos nachzuzeichnen versteht. Y&T mischt in diesen Song glasklare, knackige Effekte wie ein Glockenspiel zu Beginn oder das Ticken einer Uhr zum Ende – was sehr schön ist – in ihr solides Hard-Rock Handwerk, das leicht übersteuert und damit leicht plärrig daher kommt. Schade, da ich die Musik eigentlich mag. Spannend ist die von amazon prime music vorgeschlagene Unearthed Version, die zwar mit etwas direktem Gesang aufwartet, bei der „unplugged“ Instrumentierung, speziell der Lead Gitarre, deutlich mehr Freude macht und neue Einblicke bietet.
Um mich von dem Schrecken zu erholen greife ich doch nochmal zu „Time After Time“. Diesmal interpretiert von Miles Davis, das es in (mindestens) einer Studio und einer Live Version gibt. Zum Test schließe ich dazu den Violectric CHRONOS an mein Windows 10 Notebook mit einem USB-A auf USB-C Kabel an, das ich noch am Schreibtisch zur Hand hatte. Die automatische Installation des Treibers, den das Kästchen selbst mitbringt, erfolgt schnell und problemlos. Nach wenigen Sekunden kann ich mit der App die Wiedergabe starten. Das Klatschen und Johlen des Publikums reißt mit, die Trompete ist präsent und fragil zugleich, die Instrumente stimmen. Der Extra-Schluck Power, den der Kopfhörerverstärker bietet, tut der Musik gut. Die Instrumente und Stimmen wirken insgesamt natürlicher und in sich stimmiger, weniger artifiziell, wie direkt an den Geräte-Ausgängen.
Ins Spiel kommt nun auch Kronos. Um einen starken Kontrast zu setzen, gönne ich dem CHRONOS mit einem Star Trek Soundtrack opulentes Futter. Michael Giacchino ist als Filmkomponist eine sichere Bank und hat sich bei „Into Darkness“ mächtig ins Zeug gelegt. So auch bei „The Kronos Wartet“. Der Titel startet steil mit einem klingonischen Chor, der keinen Zweifel an der Stimmungslage der Bewohner Kronos‘ lässt. Auch wenn ihm – durch die Abmischung der Aufnahme bedingt – terranische Sprachwissenschaftler eine schlechte klingonische Sprachverständlichkeit attestieren. Der Kopfhörerverstärker vom Bodensee verleiht der Musik Nachdruck und transportiert die düstere Stimmung, die sich in Tempo und Dramatik abwechselt. Diese Dramatik steigert sich im Soundtrack von „Beyond“ noch im Titel „A Swarm Reception“. Ich fühle mich in die Weiten des Weltraums gezogen. Die Illusion, die der FiiO FH7 In-Ear-Kopfhörer und der CHRONOS erzeugen können, ist mitreißend. Und weil es so schön ist höre ich noch in „Mocking Jeylah“ hinein und lasse mich tiefer ins Star Trek Universum entführen.
Um der Film-Musik treu zu bleiben, aber mich der klassischischen Musik anzunähern, wähle ich die Adaption der Filmmusik von „Pirates Of The Carribean“ von Hans Zimmer vom The City Of Prague Philharmonic Orchestra and Choir. Bei „Barbarossa is hungry“ schafft es der CHRONOS, das Orchester in erstaunlicher Größe und bruchlos abzubilden. Nicht nur fokussiert zwischen den Ohren, sondern auch noch ein wenig um die Ohrhörer herum, was mir das Gefühl vermittelt, mit dabei zu sein. Schön kommen auch die feinen Töne der Flöte und der Chorgesang heraus. Der CHRONOS beweist, das Schub, also die Zugabe von Energie, nicht alles ist, sondern die Kunst in den Zwischentönen und einem schlüssigen Bild liegt. Deutlich wird das auch beim einleitenden Xylophon-Spiel bei „Davy Jones“, das mich in eine andere Welt entführt. Bis das Stakkato der Pauken und Trommeln und die Macht des Orchesters in die düstere Szenerie zurück holt. Dabei sind auch feinere Geräusche im Orchester zu vernehmen.
Als krönenden Abschluss habe ich mir das Album „Black Acid Soul“ der Sängerin Marley Munroe alias Lady Blackbird aufgehoben, das Vicoriah Szirmai für die HiFi-IFAs gehört und rezensiert hat. Ich bin neugierig. Die Begeisterung, die ihre Rezension vermittelt, hat hohe Erwartungen in mir geweckt. Da Victoriah die Darbietung von Lady Blackbird als Frau vom Fach musikalisch bereits eingehend beleuchtet hat, kann ich mich als HiFiist voll auf den Beitrag des Violectric CHRONOS zum Hörerlebnis konzentrieren..
Meine Erwartungen erfüllen sich ab dem ersten Takt. Der DAC und Kopfhörerverstärker generiert im Opener „Blackbird“ eine Intimität des Gesangs von Marley Munroe, der nahe geht, aber ohne sich oberflächlich aufzudrängen. Das feine Hauchen der Stimme im Ausklang der Worte, das leise, leichte Tremolo von Zeit zu Zeit. Fein höre ich das Knarren der Saiten des Kontrabasses auf dem Griffbrett. Das Spiel der Instrumente wirkt impulsiv und dennoch wohl dosiert. So wird die Musik zur Einheit.
Eine Portion energischer Schärfe des Gesangs im folgenden „It’s not that easy“ gibt Lady Blackbird als Kontrast dazu. Das begeistert, weil der CHRONOS dem Hörer durch die feine Pointierung der Musik erkennen lässt, dass keins der Stilmittel lediglich eine Masche ist, sondern die Songs gezielt belebt. Mein persönlicher Anspieltipp: „Beware the Stranger“. Der Sound des Miniatur-DACs und -Kopfhörerverstärkers lotet die ihm angebotene Musik schön aus und präsentiert sie locker und leicht. So lasse ich mich von Lady Blackbird und dem CHRONOS weiter tragen und genieße meine Zeit. Quality Time, in jeder Hinsicht.
Fazit
Der mobile Kopfhörer-Verstärker Violectric CHRONOS ist ein echter Spezialist. Gemacht für genau eine Aufgabe: Digitaler USB-Audio-Stream rein, analoges Kopfhörer-Signal raus für audiophile Musikwiedergabe. Und das immer dabei im Miniaturformat, kleiner als eine Streichholzschachtel mit praktischen Lautstärketasten am Gerät. Der eingebaute Digital/Analog-Wandler und der Kopfhörerverstärker erledigen im Doppelpack trotz der Miniaturisierung einen ansprechenden Job. Gute Aufnahmen honoriert der CHRONOS mit einer Natürlichkeit, die Standard-Kopfhörer-Ausgänge vermissen lassen, und die über den bloßen Zuwachs an Dynamik und Leistung hinausgeht. Der Klang ist fein und das Klangbild homogen. Eine lohnende Investition von rund 200 Euro für jeden Musikfan, der auch unterwegs oder am Computer seine Songs in HiFi-Qualität und ohne Komforteinbußen genießen möchte.
Im Test
Mobiler Digital/Analog-Wandler und Kopfhörerverstärker
Violectric CHRONOS im Miniaturformat
Preis: 199 Euro
Kontakt
cma audio GmbH
Münchener Straße 21
82131 Gauting
Mail: gmbh@cma.audio
Web: www.cma.audio
Mitspieler im Test
Digitale Quellen – Streaming Bridge LUMIN U1 mini, Musikserver MELCO N100, D/A-Wandler MERASON DAC-1, FiiO M11
Lautsprecher – Dutch&Dutch 8c
Kopfhörer- / Vorverstärker – SPL Phonitor x mit DAC 768xs, EarMen TR-Amp, EarMen SPARROW
Kopfhörer – ULTRASONE Edition 15, FiiO FH7, DENON AH-D7100
XLR-Signalkabel – WSS Premium Line KS-200, WSS Platin Line KS-200
Zubehör – Netzkabel Supra LoRad 2.5, bfly Audio bPower, Netzleiste SUPRA Cables LoRad MD07 DC 16 EU SP MKIII, NuPrime AC-4 Power Conditioner, SBooster BOTW P&P Netzteil, innuos Phoenix
Fotos: F. Visarius