Test: Mobiler Kopfhörer Calyx H – mitreis(s)ender Sound im Holz-Gewand um 250 Euro

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Test-Calyx-HIn der aktuellen Situation bekommen wir HiFi-IFAs die besten Ideen für Tests tatsächlich auch aus unseren eigenen News. Die Kontaktbeschränkungen, die zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erlassen wurden, machen Messen unmöglich und persönliche Treffen schwer. So wurde seit 2020 bereits die zweite High End abgesagt und die Fachwelt sowie Fans richten sich nun auf Mai 2022 ein. Ebenso erging es den regionalen Messen, wie den HiFi-Tagen. Viele Interessierte, wie natürlich auch wir, erwarten diese Events sehnlichst. Uns HiFi-IFAs fehlen die Tuchfühlung, der persönliche Kontakt, das Herumstöbern und das HiFi zum Anfassen sowieso.

Umso erfreuter war ich darüber, dass auf meine Anfrage bei Carsten Hicking von AudioNEXT, ob er nicht etwas Spannendes aus seinen letzten News zum Testen hätte, er mir kurzerhand gleich einen respektabel gefüllten Karton schickte. Unter anderem war darin enthalten der portable, geschlossene On-Ear Kopfhörer Calyx H um 250 Euro. Und – wie praktisch – gleich noch als Antrieb der BURSON Playmate 2 Kopfhörerverstärker mit D/A-Wandler und Vorstufe. Doch in diesem Test soll es primär um den mobilen Calyx H gehen.


Calyx H – Annäherung

Dem Calyx H liegt im Karton ein schützender Stoffbeutel für unterwegs bei. Mit seinen 189 Gramm Gewicht ist der Kopfhörer angenehm leicht. Das Kunstleder der Ohrpolster und des Kopfbandes fühlen sich handschmeichlerisch weich an und tragen sich gut. Die Polster sind straff, aber nicht zu hart gepolstert, so dass sie sicher am Ohr anliegen. Was bei Portable On-Ears nicht ganz einfach ist, haben sie ja zumeist relativ kleine Auflageflächen. Bei dem Calyx H ist der Drehpunkt der Ohrmuscheln am Bügel relativ weit aussen, daher wirkt der Hörer beim ersten Ausprobieren etwas kippelig. Wenn man aber nach etwas Ausprobieren die richtige Position auf den Lauschern gefunden hat, sitzt der On-Ear dank des sanften, aber bestimmten Drucks des Bügels sehr angenehm und wohl positioniert. Die Längenverstellung der Bügel ist rastend ausgeführt.

Test-Calyx-H-Polster

Praktisch beim Aufsetzen der Calyx H ist die einfache Rechtslinks-Erkennbarkeit. Zum einen steht dies für den Unwissenden in Buchstaben gut sichtbar auf der Außenseite des Bügels, zum anderen hat die rechte Seite zusätzlich eine gut sichtbare rote Farbfläche – rot wird ja in der Regel als Signalfarbe für den rechten Kanal verwendet – und der Hörer hat zudem den Kabelanschluss auf nur einer Seite – und zwar rechts. Ansonsten ist Hörer – optisch angenehm – derart symmetrisch, das man rechts und links auch glatt vertauschen könnte. Aber einmal auf die Merkmale eingeschossen steht dem seitenrichtigen Hörvergnügen nichts mehr im Wege. Das gewebeummantelte, farblich passende Kabel stellt mit 1,4 m Länge einen guten Kompromiss zwischen mobilem und dem Einsatz zu Hause am Schreibtisch dar. Ist also nicht zu lang und nicht zu kurz. Ein griffiger 3,5mm auf 6,3 mm Klinken-Adapter rundet das Set ab,

Test-Calyx-H Die Schalen der Ohrmuscheln sind aus warmem, dunklem Holz gefertigt, das mit sauber passenden Aussparungen für die U-förmigen Schenkel der Halterung versehen ist. So lässt sich der Hörer für den Transport über drei Achsen kompakt und flach zusammen falten, wobei sich die Schenkel formschlüssig in der Schale versenken. Die Kunststoffteile sind ansprechend gestaltet und wirken wertig. Der Vertrieb audioNEXT bezeichnet das Design als luxuriös, praktisch und ergonomisch. Meine Eindrücke subsumierend möchte ich dieser Selbstauskunft Preisklassen bezogen nicht widersprechen.

Technische Daten
  • Impedanz 50 Ω
  • Frequenzgang 20 Hz – 20 kHz
  • Treiberdurchmesser 40 mm
  • Gewicht 189 g
  • Gewebeummanteltes Kabel mit 1,4 m Länge
  • Klinkenstecker-Adapter 3,5 mm auf 6,3 mm
  • Stoffbeutel

Calyx H – Klang

Den BURSON Playmate 2 und den Calyx H hatte ich frisch aus dem Karton entnommen, also mit Null Spielstunden auf dem Buckel. Natürlich hatte ich die beiden gleich als Duo gehört, neugierig wie ich war. Und war von einem leicht harschen Klang überrascht. Zumindest habe ich es damals so empfunden. Ich sage bewusst empfunden, da die persönliche Komponente der Wahrnehmung nicht unwesentlich ist. Vielleicht war mein inneres Yin und Yang zu dieser Stunde auch nicht im vollständigen Gleichgewicht. Wer weiß. Deshalb entschloss ich mich, bei meinen nächsten Hörproben auch mal einen anderen Kopfhörerverstärker auszuprobieren – den EarMen TR-Amp. Der rote Kompakte ist mir in seinem Test als sehr angenehmer Zeitgenosse aufgefallen. Den Spielkameraden von BURSON hatte ich parallel zum Einspielen ungehört mitlaufen lassen. In dieser Kombi hörte ich einige Stunden beim Verfassen des ein oder anderen HiFi-IFAs Artikels am Computer. Dabei haben der Ear-Men TR-Amp und der Calyx H ein harmonisches Duo abgegeben. Und preislich spielen sie mit je rund 250 Euro auch auf Augenhöhe.

Test-Calyx-H-BursonDann wechselte ich nach einiger Zeit wieder auf den BURSON Playmate 2. Erkenntnis: Bitte kein Urteil machen von Geräten, die nicht eingespielt sind und frisch aus dem Karton kommen. Egal, ob dem Calyx H, dem BURSON oder beiden die Betriebszeiten – oder mir die Pause – zu Gute kamen: das Duo klang wie ausgewechselt.

Der Playmate spielte nun ebenfalls über USB am Computer und der Calyx H hing an der 3,5 mm Klinkenbuchse. Das, was ich zuvor als leicht nervös wahrgenommen hatte, war jetzt einer Spritzigkeit und Dynamik gewichen, die mich richtig anmachte. Der mit 650 Euro deutlich teurere BURSON kitzelte nochmal mehr aus seinem Kopfhörer-Kumpel heraus. Da das Preisverhältnis der beiden noch angemessen ist, entschied ich mich, meinen Hördurchgang in diese Kombi zu absolvieren.

Während des Schreibens hörte ich querbeet viele Film-Scores aus einer Playliste bei einem Streaming-Dienst. Wie es sich gehört, waren natürlich auch Titel aus den STAR WARS Filmen dabei. Die Tage war der offizielle Star Wars Tag: der 4. Mai. May the 4th be with you! Klasse, die Film-Scores mal so nah und so konzentriert zu hören. Die Verbindung aus Bild und Ton im Heimkino ergab ein anderes Gemenge. Die Direktheit über Kopfhörer und in Stereo kam ein bisschen meinen STAR WARS in Concert Erlebnissen gleich, die ich zwei mal in der Stuttgarter Liederhalle hatte. Durch den Streaming Dienst stieß ich dann auf die über fünf stündige [Re]Discover STAR WARS Playlist, die mich fortan begleitete – ohne langweilig zu werden. Für den Hördurchgang pickte ich mir explizit nochmals ein paar Titel heraus, deren Auswahl mir jedoch schwer fiel…

Cover-The-MandalorianDie Eröffnung war ebenso klassisch wie fast zwingend: Das Hauptthema von Star Wars aus dem ersten Film Episode IV, „Eine neue Hoffnung“. Der Calyx H präsentierte mir die Musik des LSO mit einem Glanz und einem Drang nach vorne, dass es eine Freude war. Ich versuchte bei geschlossenen Augen den einschwebenden Text der Star Wars Vorgeschichte zu erkennen… ah, ich war ja gar nicht im Kino. Mehr noch als im Kino erhielt ich das Gefühl, dass nicht „irgendwie Filmmusik“ läuft, sondern „echte Musiker“ eines klassischen Orchesters am Werk waren. Besonders bewusst wurde es mir bei den Pauken, die eine Authentizität erhielten. Aber auch die Streicher und die Bläser bekamen Charakter und mit steigender Dramatik erhöhte sich auch der Drive – bis ich das Gefühl hatte, in die Weiten des Weltraums abzudriften. Großes Kino im kleinen Calyx H. Die Abbildung hatte eine schöne Größe und schmiegte sich um meinen ganzen Kopf. Danach hatte Darth Vader mit dem „Imperial March“ seinen Auftritt. Die dunkle Seite erschien auf der Bildfläche… Huuuh…

Schnell was Unterhaltsames. Die „Cantina Band“. Die bunt zusammengewürfelte Alientruppe von Mos Eisley spielte auf. Mit dem Calyx H ließ sich das fantastisch mit erleben. Organischer Sound ertönte in meinem Kopf. Interessanterweise war der Eindruck der Instrumente und die Vorstellung der „echten“ Musiker so stark, dass die Kinobilder mit Aliens gar nicht mehr so recht passen wollten. Die frechen Bläser rechts, der aufmüpfige Bass in der Mitte und die vorlaute Klarinette/Oboe rechts – bei der sich sogar das Anblasen nachvollziehen ließ. Auch die Steeldrum wirkte realistisch, der Schlagzeuger gab wirklich alles. Wir haben neulich den Film „Whiplash“ gesehen. Ein fantastisches Drama über – kurz gesagt – Schlagzeugspielen und Moral. Urteil nach dieser Lehrstunde: Nein, so spielt kein mit Überlicht daher geflogener Alien Schlagzeug! Das Rhythmus-Gefühl musste auf Erden hart erarbeitet worden sein. Das war eine wirklich tolle Vorstellung.

PM-Dolby-Star-Wars-The-Mandalorian-Season-Two-Key-ArtBei „The Mandalorian“ – der Kopfgeldjäger Boba Fett ist ja irgendwie mein heimlicher Star Wars Star – geriet ich fast ins Schwärmen. Die Leichtigkeit der fast indianisch gehauchten Melodie, dazu der stampfende Beat. Natürlich geht immer alles besser, aber ich erinnerte mich daran, dass ich einem Kopfhörer für faire 250 Euro lauschte. Und dafür war das wirklich große Klasse. Die Vermengung von Opulenz und feinen Details schaffte eine Atmosphäre, die sich nahtlos in „Rays Theme“ hineinzog. Ich sah die Bilder der Wüstenlandschaft ihres Heimatplaneten vor mir. Die Musik war aus einem Guss. Das ist meines Erachtens eine Stärke des Calyx H. Bass, aber nicht zu viel. Glanz und Akzente, aber ohne Chichi.

Einen Spaß musste ich mir noch gönnen, über diesen bin ich beim Durchhören der Playlist gestolpert, die „Ewok Celebration“. Zum Einen, weil mit einem Kopfhörer die Komplexität der Musik sehr gut zu erkennen war. Zum Anderen wurde mir nun bewusst, dass da ja keine richtigen Ewoks gesungen haben – die Illusion des Bildes im Kino ist ja schon stark -, sondern Menschen. Und so fragte ich mich, wieviel Kubikmeter Helium bei den Aufnahmen wohl verbraucht wurden… Oder oder ob man die Stimmen doch elektronisch gepitched hat… Aber es machte einfach Laune, der Freude über den Sieg über das Böse zu lauschen, die die Musik verkörpert.

Um nicht komplett im STAR WARS Universum zu versacken, suchte ich mir noch etwas anderes heraus. Harter cut. Aber nicht minder heiter. Stakka Bo mit „Here we go again“. Der Calyx H stieg rhythmisch geschmeidig ein und setzte mit den knackigen Beats die Akzente. Schön kamen die Stimmen der Backgroundsängerinnen Nana Hedin und Katarina Wilczewski rüber während Johan Renck seine Erkenntisse über Leben im Stakkato des Sprechgesangs rezitierte. Funky Gitarren und Synthies rahmten den Song. Viele kleine Dinge, die mir in den 90ern gar nicht so aufgefallen sind, kamen zum Vorschein. Wieder prima: alles aus einem Guss.

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In einer anderen Liga spielte Jochen Diestelmeyer und seine Interpretation der „Bittersweet Symphony“. Die hart geschlagene Akustikgitarre, dem Hörer zum Greifen nah, und mit dem Kopfhörer noch mehr. Ebenso die Stimme mit leichtem Hall, die ganz präsent war zwischen den Ohren. Das Pfeifen, es erinnerte mich irgendwie an Tarentinos „Kill Bill“, war bewusst aufdringlich, herausfordernd. All das transportierte der Calyx H, aber ohne die Grenze zum Unangenehmen zu überschreiten. Viele Schallwandler lösen das, indem sie sich unbeteiligt geben. Der chinesische On-Ear zog hier einfach eine Grenze zwischen Song und Hörer. Das hörte sich gut an…

Um den Hördurchgang mit einer heiteren Frauenstimme abzuschließen, die mir immer wieder gute Laune bereitet, klickte ich in der Playlist noch auf Miss Li’s „Dancing the whole way home“. Und da war es wieder, das Gefühl, alles aus einem Guss zu bekommen, die leicht quäkige Stimme der Sängerin, die freudig aufspielende Band, die Story, die launige ich erzählt bekomme… „I fell in love, I fell in love last night… and I was dancing the whole way home…“ Wenn ich wählen dürfte, würde ich mir zum Tanz an der frischen Luft den mobilen Calyx H aufsetzen…


Calyx H – Fazit

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Der mobile On-Ear-Kopfhörer Calyx H kommt mit seinen Ohrmuscheln aus Holz schick und wertig daher. Praktisch sind die einseitige Kabelverbindung und die pfiffige Faltbarkeit, die den Kopfhörer für den Transport zu einem richtigen Flachmann werden lassen. Schon sein angenehmer Tragekomfort lädt zum Hören über mehrere Stunden ein. Dazu kommt ein ausgewogener Klang, der dynamisch mit knackigem Bass und frischen Höhen ist. Und so lädt er zum stressfreien Hören ein. Eine reife Leistung des Calyx H und das zum fairen Preis von 250 Euro.


Im Test

Mobiler, geschlossener On-Ear Kopfhörer
Calyx H
Preis: 249 Euro

Test-Calyx-H-Set


Vertrieb

AudioNEXT GmbH
Isenbergstraße 20
45130 Essen

Tel.: +49 (0)201 5073950
Mail: info@audionext.de
Web: www.audionext.de


Mitspieler im Test

Digitale Quellen – Streaming Bridge LUMIN U1 mini, Musikserver MELCO N100, D/A-Wandler MERASON DAC-1, FiiO M11
Lautsprecher – Dutch&Dutch 8c

Kopfhörer- / Vorverstärker – SPL Phonitor x mit DAC 768xs, SPL Phonitor se mit DAC 768xs, Burson Playmate2, EarMen TR-Amp, makroAudio Steinberg
Kopfhörer – ULTRASONE Edition 15, FiiO FH7, DENON AH-D7100, Dan Clark Audio AEON2 Noire, Perfect Sound m100r
XLR-Signalkabel – WSS Premium Line KS-200, WSS Platin Line KS-200
Zubehör –  Netzkabel Supra LoRad 2.5, bfly Audio bPower, Netzleiste SUPRA Cables LoRad MD07 DC 16 EU SP MKIII, NuPrime AC-4 Power Conditioner, SBooster BOTW P&P Netzteil, innuos Phoenix


Fotos: F, Visarius

About Author

Vom HiFi-Virus als Jugendlicher infiziert ist HiFi + HighEnd seither Teil meines Lebens. Forenerprobt, als freier Autor und bei den HiFi-IFAs ist mein Motto: Alles kann nichts muss. Die Freude am HiFi und der Musik zählt.

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