Hattrick. So nennt man drei aufeinanderfolgende Tore im Fußball, der „flotte Dreier“ dagegen ist in anderen Kreisen ein Begriff. Bei mir jedenfalls ist der Dreier jetzt komplett. Wie ich darauf komme? Nun, innerhalb kurzer Zeit ist nach dem Netzwerkplayer SL-G700 und dem Vollverstärker SU-G700 der Plattenspieler Technics SL-1200GR mit Direktantrieb mein drittes Testgerät aus dem Hause der Japaner. So einfach ist das. Ob der japanische HiFi- und High End Hersteller auch analog kann und bei uns drei Bälle im Tore versenkt?
Die Älteren unserer Leser dürften sich noch gut an die direktangetriebenen Plattenspieler von Technics erinnern. Sei es, dass sie in den 70er oder 80ern selber einen besaßen, oder er eigentlich zum Inventar fast jeder Disco gehörte. Umstritten war sie ja damals schon, die Technik der Direktantriebe. Sie besäßen einen unruhigen Lauf, hieß es. Nun, ich war bereits damals anderer Meinung und besaß einen Dual CS 741Q mit Ortofon MC-10 MKII, der mir mit seinem Direktantrieb lange Jahre treue Dienste leistete.
Einige Jahre, von 2010 bis 2016, gab es zum Schrecken vieler gar keine Technics Plattenspieler. Panasonic, die Konzermutter, hatte keine Lust mehr darauf, bzw. sah keinen Markt mehr für so ein „altmodisches“ Medium wie die analoge Langspielplatte. Doch totgesagte leben ja bekanntlich länger, glücklicherweise?
Technics SL-1200GR – Technik
Bei ihrem neuen Plattenspieler Technics SL-1200GR sind die Japaner ihrem Design treu geblieben, der Wiedererkungswert ist also hoch. Wer nun befürchtet, dass die Japaner einfach die alten Werkzeuge aus dem Keller gekramt haben, der kann sich beruhigt zurücklehnen: Wenn schon, denn schon! Also wurde der Direkttriebler in einigen Dingen neu entwickelt. Respekt! In Schwarz – für meinen Geschmack glücklicherweise nicht in dem früheren Braun – gibt es ihn mit der Bezeichnung Technics SL-1210GR.
Auffällig ist bereits beim Auspacken das für einen Plattenspieler doch recht stattliche Gewicht mit 11,2 kg. Kein Wunder, haben wir es bei dem SL-1200GR mit einem Chassis aus Aluminium-Druckguss zu tun. Dieses ist in ein Material namens BMC (Bulk Molding Compound) eingebettet und sorgt so für eine verwindungsfeste Basis. Getragen wird das Chassis von Füßen aus einer Silikon-Kautschuk-Mischung, welches Vibrationen gut dämpft. Schön auch, dass sich der Plattenspieler damit in der Höhe verstellen und somit bestens waagerecht ausrichten lässt. Ganz einfach geht das mit der griffigen Riffelung.
Gewichtig ist der Plattenteller mit seinen 2,5 kg. Auch dieser ist aus einem massiven Alu-Druckguss hergestellt und besitzt auf der Rückseite stabilisierende Rippen. Einen weiteren Anteil am Gewicht trägt der vibrationshemmende Kautschuk bei, mit der die Unterseite des Plattentellers beschichtet ist. Und damit die Schallplatte sauber aufliegt und vom Teller entkoppelt ist, gibt es noch eine klassische Plattentellerauflage aus Gummi. Ein kurzer Klopftest bestätigt, dass die ganze Konstruktion akustisch tot ist.
Das technisch interessanteste Konstrukt des SL-1200GR versteckt sich unter dem Plattenteller: Der Direktantrieb besitzt einige wirklich tolle Eigenschaften. Ruckzuck ist er auf der gewünschten Betriebsdrehzahl von 33 1/3 oder 45 U/min., auch 78 für alte Schelllackplatten sind möglich. Und blitzartig stoppt er auch. Zudem lässt sich die Bremsgeschwindigkeit an persönliche Vorlieben in fünf Stufen – der Schalter dafür befindet sich unter dem Plattenteller – anpassen. Ideale Voraussetzungen für DJs also, die den Technics dafür lieben. Zudem ist diese Antriebsart äußerst drehzahlstabil, vorteilhaft zum Beispiel wenn bei laufendem Teller die Schallplatte gewechselt wird. Ein Polruckeln – auch Cogging genannt – kennt der SL-1200GR nicht, da er eisenkernlos ist. Insbesondere bei Klavierläufen hört man sonst schnell das Eiern. Und ist ein Feintuning der Umdrehungsgeschwindigkeiten gewünscht, gelingt dies mit dem sauber gleitenden Schieberegler ganz geschmeidig.
Ganz klassisch wie auch bei seinen Vorgängern besitzt der Technics SL-1200GR einen S-Tonarm. Er ist kardanisch gelagert und aus Aluminium gefertigt. Seine Lagerschenkel sind gefräst und er wird in Nadellagern geführt. An seiner Spitze befindet sich eine Headshell mit ½-Zoll SME-Standard. Einer zügigen Montage und Wechsel von Tonabnehmern – dieser wird nicht mitgeliefert – steht demzufolge nichts im Wege. Technics überlässt somit dem Hörer die Qual der Wahl und legt – glücklicherweise wie ich finde – auch kein Billigteil bei. Das Tonabnehmer-Gewicht kann 10 bis 16,4 Gramm betragen. Auch eine leicht bedienbare Höhenverstellung des Tonarms per großem Rändelrad gibt es.
Ein schönes Detail ist die Stroboskoplampe, die mit ihrem schwarzen Rändelrad gleichzeitig auch der Ein- und Ausschalter ist. Zudem hat Technics ein kleines, ausfahrbares Licht für das Absenken des Tonabnehmers eingebaut. Dieser Plattenspieler ist also wirklich für dunkle Nächte wie zum Beispiel in Diskotheken konstruiert worden, aber auch bei heimischen Kerzenschein ist dies eine tolle Sache. Da ist es wichtig, dass jeder Handgriff sitzt. Ansonsten würde man sich im Dunkeln beim Aufsetzen der Nadel doch leicht verirren.
Technics SL-1200 GR – Ein paar technische Daten
- eisenkernloser Direktantrieb
- Geschwindigkeiten: 33⅓, 45 und 78 U/min.
- Drehzahlfeinregulierung: ±8 %, ±16 %
- Hochlauf bis Solldrehzal: 0,7 Sekunden bei 33⅓
- Aluminium-Tonarm in S-Form ohne Tonabnehmer
- Tonarmhöhen-Verstellung: 0 – 6 mm
- Headshell mit ½-Zoll SME-Standard
- Plattenteller aus Aluminium-Druckguss: 2,5 kg
- Vibrationsabsorbierender Plattenteller
- Füße aus Silikonkautschuk
Technics SL-1200GR – Klang
Vor das Hören haben die Götter den Schweiß, beziehungsweise Technics das Montieren eines Tonabnehmers gestellt, da er wie bereits oben beschrieben ohne einen solchen verkauft wird. Praktischerweise hatte Reiner Pohl vom Technics-Vertrieb für den Test des Plattenspieler den MM-Tonabnehmer Ortofon 2M Bronze ausgewählt und mitgebracht. Okay, der Technics SL-1200GR verträgt mit Sicherheit höherwertige Systeme, aber ich denke, um die Qualitäten des Direktdreher auszuloten, ist diese Tondose alleine aufgrund ihrer großen Bekanntheit eine gute Wahl. Und was ich äußerst praktisch fand: Reiner war so freundlich, das 2M Bronze selber zu montieren und justieren, damit auch wirklich nichts in die Hose geht. So hörten wir beide dann ein paar LPs durch, bevor er sich verabschiedete und mich meinem Schicksal überließ.
Technics sagt ja über seinen neu konstruierten Direktantrieb, dass dieser kein Polruckeln hat und somit sehr laufruhig ist. Na, dann werde ich dem SL-1200GR doch diesbezüglich mal auf den Tonabnehmer fühlen. Ganz fies wie ich bin mit Esther Fellner und der LP „Via Del Campo“. Fies, weil es auf dieser Aufnahme wunderbare Klavierläufe gibt. „Oh mon dieu“ singt Esther, etwas dunkel abgefärbt. Seidig erklingen die Violinen und ohne die Spur einer Schärfe. Auch das Cello sagt mir mit seinem Körper zu und der Besen streicht sanftmütig über das Becken. Doch was ist nun mit den Klavierläufen? „Oh mon dieu“ oh wie schö‘, summe ich vor mich hin. Positiv sind meine Gedanken, sogar sehr. Höre ich da ein unsauberes Eiern? Nein, nicht die Spur. Ich bin begeistert darüber, wie laufruhig der Direktantrieb des Technics ist.
Auch auf dem Album „Wallflower“ von und mit Diana Krall gibt es Klavierläufe zu hören. Auch bei dieser LP höre ich absolut kein Eiern oder Jaulen, so stabil läuft der Antrieb des analogen japanischen Plattendrehers. Nadelgeräusche höre ich ebenfalls keine, so sauber und leise zieht das 2M Bronze seine Runden. Okay, die Feinauflösung könnte noch eine Spur besser sein und das Tastenspiel etwas perliger, aber wir haben es in diesem Fall ja nicht mit einem High End Tonabnehmer zu tun. Und mit dem Nachschwingen der stählernen Saiten bin ich ebenfalls glücklich. Zudem macht es schon Spaß, die Soft-Jazz-Diva zu hören mit ihrer dezent rauchigen Stimme.
Mit dem nächsten Album gehe ich ein ein wenig fremd, stammt diese LP doch von Rega. Weil ich diese Schallplatte nun einfach mal so gern höre. Die Damen und Herren von Technics mögen mir dies verzeihen… Die Akustikgitarre besitzt einen schönen, angenehmen, hölzernen Körper, wenn Stephen gelegentlich mal leicht mit der Hand draufklopft. Dieser leicht trockene und neutrale Charakter des SL-1200GR kommt auch dem Gesang, der doch eher ein Sprechen ist, entgegen, die Sprachverständlichkeit dieses Plattenspieler überzeugt mich sehr. Ein wenig emotionaler kenne ich diese Darbietung schon, doch auch die sehr neutrale Abstimmung des Technics hat ihre Berechtigung.
Die LP „Autumn Shuffle“ von Peder af Ugglass vom Label opus3, welches für eine sehr gute Qualität seiner Aufnahmen bekannt ist, höre ich gerne, um den Ordnungssinn zu überprüfen. Heimtückisch ruhig beginnt die erste Aufnahme mit einer elektronischen Gitarre, welche von einem Akkordeon und Kontrabass begleitet wird. Ein paar Stücke weiter werden die bisherigen drei akustischen Akteure durch eine Posaune ergänzt. Ein Schlagzeug kommt dazu und steigert den Takt. Wenn dann schlussendlich beim Namensgeber des Albums „Autumn Shuffle“ die Post so richtig abgeht, ist die Gefahr groß, dass es unübersichtlich wird. Doch der Technics SL-1200GR meistert diese Hürde mit Bravour, jederzeit hat er die Lage bestens im Griff und zeigt, wer hier den Hut auf hat. Pfurztrocken und ansatzlos geht es hier zur Sache, wie der analoge Dreher die Unterschiede in der Dynamik meistert, das ist schon eine Nummer für sich. Völlig ungerührt vom Geschehen in der Rille dreht der Direktantrieb seine Runden. Die Drums kommen ohne eine Spur Speck aus den Lautsprechern, dafür sind sie sehr präzise und trocken. Und das Sahnehäubchen obendrauf ist die stabile räumliche Anordnung.
Technics SL-1200GR – Fazit
Wer meint, Plattenspieler von Technics mit ihrem Direktantrieb seien nur für DJs geeignet, unterschätzt sie gewaltig. Für den Analog-Freund, der gerne mal mit verschiedenen Tonabnehmern hört, gibt es die Headshell nach SME-Norm, obendrein ist der S-Tonarm einfach und schnell höhenverstellbar. Der Plattendreher sieht aus als gehöre er in die Disco, doch mit seinem traumhaft ruhigen Lauf, dem neutralen Klang und der überzeugenden räumlichen Darstellung fügt sich der Technics SL-1200GR bestens in die heimische Anlage ein.
Im Test
High End Plattenspieler mit Direktantrieb
Technics SL-1200GR
Preis: 1.500 € ohne Tonabnehmer
Größe: 45,3*37,2*17,3 cm
Gewicht: 11,2 kg
Gehäuse Aluminium: SL-1200GR
Gehäuse Schwarz: SL-1210GR
Kontakt
Technics
Winsbergring 15
22525 Hamburg
Tel.: 040 8549-0
Mail: support_DE@eu.technics.com
Web: www.technics.com
Mitspieler im Test
Quellen digital – Netzwerkspieler Cambridge Audio 851N, CD-Spieler Cambridge Audio 851C, Musikserver Innuos ZEN MK.III
Quellen analog – Plattenspieler Rega Planar 6 mit MM-Tonabnehmer TAD Excalibur Black, Phono MM- & MC Verstärker Trigon Vanguard III, Sonoro Platinum
Verstärker – Vorverstärker Cambridge Audio 851E, Endverstärker Cambridge Audio 851W
Lautsprecher – Standlautsprecher LUA Con Espressione, Subwoofer REL R 505, Standlautsprecher Fyne Audio F501 SP
Kopfhörer – Offener Kopfhörer Focal Clear, Kopfhörerverstärker Divaldi AMP-02 mit Phono MM- & MC Stufe
Zubehör – Lautsprecherkabel Supra XL Annorum. XLR- und Cinchkabel Fadel Art Pro Link, Stromkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste PS Audio Dectet, HiFi-Switch NuPrime Omnia SW-8