Wer sich für digitale Musik-Wiedergabe interessiert, der ist sicherlich schon einmal über die Geräte-Kategorie der Streaming-Bridge oder des Transports gestolpert. Viele Neueinsteiger werden sich fragen: Ist das ein Netzwerkspieler? Die Antwort: Nein, denn der Netzwerkspieler bringt in seinem Gehäuse gleich einen Digital/Analog-Wandler mit. Das ist praktisch, wenn die Kette gleich nach der Quelle analog wird.
Die Streaming Bridge spielt digitale Musik-Dateien und Internet-Inhalte ab und gibt sie digital weiter – passend aufbereitet für einen nachgeschalteten D/A-Wandler. Was vor ein paar Jahren noch exotisch erschien, macht heutzutage immer mehr Sinn. Entweder weil sowieso schon ein exklusiver Digital/Analog-Wandler als Spezialist in der HiFi-Kette seinen Platz gefunden hat, oder weil einige Verstärker sowie aktive Lautsprecher ihre DACs gleich mit an Bord haben. Hier kommt die Streaming Bridge NuPrime Stream9 für rund 1.000 Euro als digitales Drehkreuz ins Spiel, der die HiFi-IFAs in diesem Test auf den Zahn fühlen wollen.
Annäherung
Da eines der wichtigen musikalischen Elemente meiner Abhörkette der MERASON DAC-1 Digital-Analog-Wandler ist, kommt mir der Stream9 Transport und die damit einhergehende Aufgabenteilung sehr recht. Theoretisch könnte die Streaming Bridge auch direkt auf die aktiven Dutch&Dutch 8c spielen. Mir persönlich gefällt allerdings der Umweg über den äußerst musikalischen DAC-1 besser. Zur digitalen Verbindung mit den Aktiv-Lautsprechern müsste ich ein symmetrisches AES/EBU-Kabel zu einem Lautsprecher legen und es mit einem weiteren Kabel zum zweiten durchschleifen. Das ergäbe ein recht schlankes digitales Anlagen-Konzept.
Ein wenig nimmt der Transport mit seinen Streaming-Schnittstellen dabei eine Rolle ein, die eine Mischung aus Quell-Gerät und digitaler Vorstufe ist. Das Musikmaterial steht heute häufig nicht mehr im Hörzimmer im Plattenschrank oder CD-Regal, sondern lagert auf Festplatten irgendwo im Haus oder auf der Welt. Ein digitales Quellgerät könnte übrigens auch das NuPrime CDT 9 CD-Laufwerk mit Single-Speed-Laufwerk ohne D/A-Wandler sein. Das CDT 9 ist zwar komplett wie der Stream9 ausgestattet, kann aber durchaus digital mit dem Transport in der Rolle als Steuerzentrale verbunden werden.
Der Stream9 fühlt sich beim Auspacken sehr angenehm an. Das kompakte Gerät liegt mit 4 kg Gewicht gut in der Hand und das pechschwarze Gehäuse mit seiner pfiffig gestalteten Front hat eine solide Anfassqualität. Nun, der einfachste Weg eine Fläche zu verschlanken wäre eine breite Fase oben und unten, um die senkrechte Fläche schmaler zu machen. Doch NuPrime versieht die Fase mit einer pfiffigen Krümmung an den Rändern, was der Gestalt eine unaufgeregte Spannung verleiht. Auf die breite Stelle der Fasen notiert der Hersteller geschickt platziert seinen Firmen- und den Modellnamen. Mit im Paket ist eine solide, kastenförmige und ebenfalls schwarze Fernbedienung. Die glänzenden, halbkugeligen Tasten haben einen sauberen Druckpunkt und verleihen ihr einen hochwertigen Eindruck. Es gibt keine Batterieklappe. Die Energiespender liegen unter der verschraubten Bodenplatte.
In meinem Geräte-Setup schließe ich den Stream9 erst einmal mit einem digitalen koaxialen Cinch-Kabel von Supra Cables an den MERASON DAC-1 an. Vom AUDIUM-Vertrieb haben allerdings zwei Pakete ihren Weg vom dicken B ins Ländle gefunden. In dem anderen Paket wartet ein NuPrime Evolution DAC, dem Bernd bereits im November 2020 auf den Zahn gefühlt hatte, auf seinen Einsatz. Frank Urban hat ihn fürsorglich mitgeschickt. Warum? Erzähle ich später. Ich will ja nicht spoilern,
Um die Verbindung zur digitalen Außenwelt herzustellen zu können, schraube ich die gummierten Stummelantennen für Bluetooth und WLAN ein. Zur Verbindung mit dem Netzwerk nutze ich allerdings die LAN-Verbindung über den NuPrime Omnia SW-8 Netzwerk-Switch. Stromkabel einstecken, Kippschalter auf „I“ umlegen und los geht’s.
Funktionen wie die Auswahl der Schnittstellen, Standby, die Lautstärkeregelung inklusive des praktischen MUTEs (Stummschaltung) sowie die Wahl des SRC-Modus (Ausgabeformat, siehe Technik-Kapitel) können über die Fernbedienung eingestellt werden. SRC und Standby können auch über den Dreh-Drückknopf am Gerät bedient werden. Auskunft über den Status, beziehungsweise über die Auswahl gibt das gut ablesbare monochrome OLED-Display. Auf Wunsch kommt im Modus WiFi auch die NuPrime OMNIA APP ins Spiel, die ebenfalls mit dem Stream9 funktioniert. Hier kann der Hörer den Streaming-Dienst seiner Wahl aussuchen oder durch sein Musik-Netzwerk surfen und Playlists zusammenstellen. Der Stream9 wird als Abspieler/Renderer aber auch von unabhängigen Apps wie zum Beispiel mconnect erkannt.
Technik
Der NuPrime Stream9 konzentriert sich als sogenannte Streaming Bridge oder Transport konsequent auf den digitalen Datenstrom. Das heißt: Nur digitale Informationen kommen rein und ein digitales Signal für den Digital/Analog-Wandler wieder raus. Das geht am Gerät eingangsseitig über die LAN- sowie einer koaxialen Cinch- und optischen TOSLINK-Buchse vonstatten. Kabellos stehen WLAN und Bluetooth 5.0 Qualcomm aptX HD mit bis zu 24bit zur Verfügung. Ein Bluetooth-Signal-Extender vergrößert die Reichweite im Idealfall auf über 30 Meter.
Über das Netzwerk bezieht der Stream9 Musikdateien aus dem lokalen Netzwerk oder nimmt direkt integriert Streams von Spotify, Quobuz, Tidal, Deezer und sogar Amazon Music entgegen. Gleichzeitig bietet er über das Netzwerk den Apple-Medien-Tunnel AirPlay2 zur direkten Anbindung von iOS-Geräten an. Mit dem koaxialen-RCA- und optischen TOSLINK-Eingang wird der Stream9 zur digitalen Schaltzentrale und Formatwandler vor dem DAC, der ja beispielsweise mit einer AES-EBU-Buchse in einen Aktiv-Lautsprecher integriert sein kann.
Ist die digitale Information erst einmal im schicken schwarzen Kästchen angekommen, muss der Amlogic A113X 64-Bit-Quad-Core-Arm Cortex-A53-Prozessor ran. Spezialität des NuPrime Stream9 ist das hauseigene SRC, ein proprietärer digitaler Konverter. SRC transformiert ein PCM Signal bis zu 24 bit / 768 kHz hoch oder konvertiert es in bis zu DSD 256, einem Vielfachen des früheren SACD Formates. Der mathematische Trick dabei ist, das SRC dabei grundsätzlich zuerst in den Bit-Stream DSD wandelt und bei 2,8 Mhz weit außerhalb des Hörbereiches filtert. Der Weg über DSD vermeidet selbst beim Upsampling innerhalb von PCM Rundungsfehler, die beim nicht ganzzahligen Multiplikationen entstehen.
Ein Beispiel ist das Upsampling der gängigen CD-Taktrate 44,1 kHz auf 96 kHz, das bei der Signalverarbeitung in der Digitaltechnik beliebt ist. Eben dies ist nicht ganzzahlig zu samplen. In der DSD-Wandlung mit hochfrequentem bit-Stream sieht NuPrime also den Vorteil, Rechenfehler auszuschließen, die sonst beim Upsampling vorkommen können. PCM wird dann wieder herunter gerechnet. Für die notwendigen Rechenoperationen gönnt sich NuPrime einen eigenen Converter-Chip, ein Aufwand der äußerst selten ist. Eine Philips Masterclock Steuerung SAA 7824HL soll den Stream9 besonders jitterarm machen.
Nachdem sich der NuPrime Stream9 des digitalen Futters angenommen und es ordentlich durchgekaut hat, spuckt er es mundgerecht über eine symmetrische AES/EBU-, eine Coax-Cinch-, eine optische TOSLINK- oder I2S-HDMI-Buchse zur Digital-Analog-Wandlung wieder aus. Der I2S-Standard ist dabei technisch vielversprechend und relativ neu. Ein großer Vorteil dieser Schnittstelle ist der Clock-Sync, also der Abgleich der Taktfrequenz, von Quelle und Empfänger, was den klangbeeinflussenden Jitter minimiert.
Ein weiteres technisches Schmankerl ist die Ausgabe des DSD-Streams über den coaxialen RCA-Ausgang. Bei den meisten Geräten ist der Coaxial-Ausgang nur in der Lage, PCM zu übermitteln. DSD bleibt dann der USB-Schnittstelle vorbehalten. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die Erfinder des DSD bei der SACD (Super Audio CD) den Datenstrom als echten Bit-Stream – also unverpackt – konzipiert haben. USB hingegen „tunnelt“ DSD, indem es den Bit-Stream in seinem Format paketiert auf die Reise schickt und im Empfänger wieder entpackt und zum Bit-Stream neu zusammensetzt. Diese Operationen möchte man sich in Reinform eigentlich sparen. Beim Stream9 ist die Übertragung von DSD über den coaxialen RCA-Ausgang ein echter Bit-Stream. Den I2S-Standard und das DSD über RCA verarbeitet beispielsweise der hauseigene NuPrime Evolution DAC, den wir bereits mit einem Paar Evolution Mono-Endstufen im Kombi-Pack bei uns im Test hatten.
Mit seinen gängigen Schnittstellen bleiben beim Stream9 also kaum Wünsche für die Kontaktaufnahme mit beliebigen D/A-Wandlern offen. Eine USB-Schnittstelle gibt es allerdings nicht. Die Erfahrung zeigt, das von einem hochwertigen Signal jeder Wandler profitieren kann, da ihm in den Folgeprozessen zum einen korrekte und besser zu Interpretierendes Material zugespielt wird. Die Streaming Bridge wird also zum Enabler. Die klanglichen Veränderungen können gerade bei DACs im preislichen Mittelfeld überraschend deutlich ausfallen. Dazu ist der Stream9 im Smart-Home noch Multiroom fähig – und das nicht nur mit Seinesgleichen, sondern auch mit dem günstigen NuPrime WR 1 oder NuPrime A300, den Fritz I. Schwertfeger für uns getestet hat.
Der Stream9 hat eine Kaltgerätebuchse am Heck, die mit einem Kippschalter hart vom Netz getrennt werden kann. Im Inneren arbeitet ein rauscharmes Linear-Netzteil mit üppig dimensioniertem Ringkerntrafo. Die patentierten, schwingungsdämpfenden Füße sorgen nicht nur für sicheren Stand, sondern entkoppeln das Gerät auch effektiv vom Boden. Für angenehmen Komfort sorgt – wie bereits erwähnt – eine solide Infrarot-Fernbedienung.
Technische Daten NuPrime Stream 9
- AirPlay 2 Streaming
- Bluetooth aptX HD Übertragung
- Spotify, Quobuz, Tidal, Deezer
- NuPrime SRC: Upsampling bis 24/768 kHz oder DSD 256 Konvertierung
- Low Noise Power Supply Mit 64 Bit Quard Core Processor
- Digital out: AES/EBU, Coax, Optisch, I2S
- Multiroom mit NuPrime WR 1 oder A300 Kompatibilität
- 64Bit Quad-Core Arm Cortex CPU
- Multi-Room streaming mit bis zu 8 Zonen
- Audio Dateiwiedergabe bis 32bit/768KHz
- UPNP/DLNA, AirPlay
- Online firmware Update
- OLED Display
- RJ45 Netzwerkbuchse
- Wi-Fi 2.4G
- Gerätetyp: Streaming Transport
- Digital Out: SPDIF coax, optisch, AES/EBU, I2S
- Digital In: SPDIF optisch, coax
- Bluetooth: apt-X HD
- USB: USB-B als externe Soundkarte
- Stromversorgung: 230VAC
- Abmessungen: 235 x 281 x 55mm ( B x T x H)
- Gewicht: 4kg
Klang
Nicht nur der Einstieg in einen Smalltalk, auch die Auswahl der Testmusik kann vom aktuellen Wetter inspiriert sein. Gestern gab es noch den erste Schnee des Winters 21/22, der die Region in ein weißes Gewand hüllte. Heute gibt es dafür schon wieder Regen und Schmuddelwetter. Stockfinster ist es nun auch um 18 Uhr. Was also hören? Seit seinem Solo Album „The dream of the blue turtles“ aus 1985 bin ich ja Fan von Sting. Derletzt habe ich wieder Alben des Ex-Polizisten für mich entdeckt, die abseits seines eigenen Mainstreams liegen. Dazu zählt das Album „If on a winters night“, das – mit dem Blick nach draußen – wie die Faust aufs Auge zur aktuellen Stimmung passt.
Mit der Omnia APP lässt sich die Musik einfach und grafisch ansprechend auf dem innuos ZENith Mk3 Musikserver auffinden. Ein Click auf Titel eins des Albums und schon geht es los. Die Stimmung, die sich vor mir im Hörzimmer materialisiert, hat eine Besinnlichkeit und Ruhe, überträgt sich bis zu mir auf den Hörplatz. Die Gitarre ertönt recht präsent, aber doch zurückhaltend, dazu gesellen sich verhalten gespielte Blasinstrumente und in der Mitte kommt bald der charismatische Sting dazu sowie eine zweite Stimme. Der NuPrime sortiert das wunderbar auseinander. Akkurat, aber ohne unnötig zu versachlichen – denn das wäre das Ende jeder Besinnlichkeit. Schon mit dem ersten Titel bin ich auch mental auf meinem Hörplatz angekommen.
„Soul cake“ kommt danach mit deutlich mehr Schmiss ums Eck. Das Thema, das die Trompeten spielen, bringt Vorweihnachtsstimmung ins Zimmer. Die Streicher vermitteln die gelassene Freude des fahrenden Volkes und der Bass trippelt fröhlich durch das ganze Lied. Zum Gesang von Sting gesellt sich ein Background-Chor aus Frauenstimmen. Das macht Freude und lässt einen im Wochenende ankommen. Der Stream9 trägt dazu mit feiner Balance bei. Er hält die Mitspieler – nicht zu Vorlaut, nicht zu dick aufgetragen – im Gleichgewicht. Eine Eigenschaft, die der Musik gut tut.
Musik ohne Synthesizer übrigens. Dem „Soul Cake“ schließt sich „There is no rose of such virtue“ an, das von der Natürlichkeit der Schlaginstrumente lebt. Von den flinken, vorlauten, die mit der Hand geschlagen werden und von den tiefen, denen vom Trommler mit einem Stock beigekommen wird. Als Hörer bekomme ich das Gefühl, dabei zu sein. „The snow it melts the soonest“ gehört ganz Sting, der in seinem Gesang versunken zu sein scheint, und der Gitarre, die nur hier und da vom Bass pointiert wird. „Christmas at sea“ entwickelt seinen eigenen Erzählrhythmus mit Stings Sprechgesang im Dialog mit der einprägsamen Frauenstimme. Klasse. Das Album lädt zum Durchhören ein…
An dieser Stelle Wechsel ich aber trotzdem zu einem anderen Album von Herrn Sumner, das außer der Reihe läuft: „Songs from the labyrinth“, das einen ins Mittelalter, oder bei Hofe zu entführen scheint. Die Aufnahme der Stimme im rezitativen Teil ist sehr interessant. Leise gesprochen, aber sehr direkt. Wenn man so will hört man auch laut, wie leise Sting gesprochen hat. Leise Betonungen bei S- und T-Lauten, scharfes Atemholen und die Kehligkeit der Stimme zeugen davon, ohne sich aber unnötig aufzudrängen. „Dowland: Can she excuse my wrongs?“ entführt mich in ein anderes Zeitalter. Eine Gitarre steht in realistischer Größe zwischen den Lautsprechern, daneben Sting.
Dazu gesellt sich im Canon ein mehrstimmiger Gesang, verteilt über mehrere Tonlagen, hinzu. Und füllt den Raum zwischen und um die Lautsprecher. Auch hier spürt man die ordnende Hand des Stream9 , der sehr präzise zum Wohle der Musik zur Sache geht. Bei „Dowland: Flow my tears“ spüre ich dies wieder wunderbar beim Gesang von Sting, der fast holografisch in meinem Hörzimmer auftritt. Der Abstand zwischen Gitarre und Stimme stimmt. Bruchlos, um den Raum authentisch zu füllen, aber differenziert genug, um individuell nebeneinander zu existieren. Das i-Tüpfelchen ist das ferne Läuten einer Glocke zum Ende des Stücks. Auch hier ist die Verlockung groß, das Album bis zum Schluss zu hören, das Ende der Geschichte zu erleben. Aber ich muss weiter.
Doch einmal Sting geht noch. Hier probiere ich eine Funktionalität des Stream9 aus und wechsle mit einem Fingertipp zum integrierten Amazon Prime Music. Vorteil der Integration: Der Stream wird direkt auf dem Gerät abgespielt und nicht mit dem Umweg über Airplay oder Bluetooth vom Mobilgerät wiedergegeben. In diesem Fall ist das Handy – ähnlich bei Upnp / DLNA – „nur“ die Fernbedienung zur Titelauswahl. Das launige „Englishman in New York“ macht richtig Spaß in dieser ungewohnten Version, die durch die Instrumentierung, aber auch der Wucht, Orchester- oder Big-Band-Flair verströmt. „Every little thing she does is magic“ ist wunderbar arrangiert und mischt durch die Instrumentengruppen verschiedene Stimmungslagen geschickt zusammen. Der NuPrime Stream9 puzzelt das Ganze routiniert zusammen. In der Summe homogen, differenziert im Detail. Das macht Spaß.
Es folgt „I hung my head“. Ohne Textbezug betrachtet ein wunderschöner Titel mit Mundharmonika Western Romantik und Pathos. Der unendliche Ritt in den Sonnenuntergang, welcher der emotional nahe gehenden Tragödie der erzählten Geschichte aber nicht gerecht wird.
Deshalb suche ich auf meinem Musikserver schnell nach Johnny Cashs Version von „I hung my head“ von seinen American Recordings. Die Gitarre der Country-Legende peitscht aus den Lautsprechern. Die Stimme ist so eindringlich, dass ich denke, Johnny Cash erscheint mir persönlich. Gitarre und Stimme haben Körper. Dazu addieren sich die Akkorde des Klaviers. Ich höre, wie sich die Worte formen. Die Stimme Cashs vermischt die Fragilität des Alters mit dem Nachdruck, der Nachwelt etwas Hinterlassen zu wollen. Gebannt verfolge ich die traurige Geschichte des jungen Mannes, der für seine Dummheit bezahlen muss. Ich höre das Lied nicht zum ersten mal, aber die Gänsehaut ist wieder da. Nicht nur wegen der Story, sondern auch wegen des emotionalen musikalischen Vortrags, der die Botschaft umso nachdrücklicher zementiert.
„Personal Jesus“ gehört auch zum Programm Johnny Cash. Ein abgefahrenes Cover, bei dem ich befürchte, der über 80-jährige will seiner Gitarre die Saiten heraus reißen. Soviel Nachdruck legt er in sein Spiel. „I will deliver – You know I’m a forgiver – Reach out, touch faith – Your own personal Jesus…“ Aus dem Mund von Johnny Cash nochmal eine andere Nummer als vom seinerzeit nicht einmal halb so alten David Gahan – und das war schon großartig. Klasse auch das Klavier linker Hand, das die eingängige Melodie des Synthies dezent in bester Saloon-Manier trällert. Großes Kino!
Es schadet ja nicht, in diesem Fall zum Schluss, nochmal in der Elektronik-Abteilung vorbei zu schauen. Und da wir dank Johnny Cash schon einmal bei Depeche Mode sind… „People are people“. Okay, von der Aufnahme nicht mit aktuellem Material vergleichbar, aber mit Sicherheit nicht minder emotional. Die Streaming Bridge von NuPrime leistet ihren Beitrag, den Sound impulsiv und die Bässe konturiert aus dem Schallwandlern zu drücken. „Master and Servant“ ist natürlich geprägt vom Sound der späten 80er, aber der Stream9 schlägt sich wacker und holt das Beste aus der Aufnahme heraus. Sortiert die Stimmen und das Synthie-Gewitter: Verteilt im Raum, grenzt ab, positioniert, zentriert in der Mitte. Aber ohne den Zeigefinger zu erheben. So macht das Spaß.
Das Album schließt mit „Blasphemous Rumours“. Einem meiner Lieblingstitel von Depeche Mode. Der Titel hat derartig viel Energie, der sich dem Zynismus – den das Schicksal bereithalten kann – entgegenstemmt, das man nicht weiß, ob man zornig, traurig oder kämpferisch sein soll. Die Synthie-Effekte in dem Titel sind klar, wohl positioniert, einerseits wie festgenagelt, anderseits rollen sie von rechts nach links. Der Bass ist hämmern, knackscharf, impulsiv. Keine Spur breiig oder weich. Die Stimmen zeichnen sich in ihrer Natürlichkeit sauber davon ab. So habe ich das bisher noch nicht erlebt. Nicht nur, aber auch wegen des Stream9. Ich lasse mich in meiner eigenen Zeitschleife gefangen nehmen, aktiviere kurz vor Schluss des Titels noch die „Repeat“ Taste und hole das Verpasste noch ein paar Mal nach…
Doch halt! Nach ein paar Wiederholungen der „Blasphemous Rumours“ fallen mir siedend heiß der zweite Karton und die Worte von AUDIUM, dem Vertrieb von NuPrime ein: „Probier mal die I2S/HDMI-Schnittstelle und das DSD über Coax-RCA aus“. Da der MERASON DAC-1 damit nicht ausgestattet ist, schickte mir Frank in weiser Voraussicht gleich einen NuPrime Omnia Evolution One DAC mit, den Bernd bereits getestet und audiophile Meriten attestiert hatte. Den Check spare ich mir für den nächsten Tag auf, da es ja doch ein kleiner Umbau im Setup ist und nicht so husch-husch passieren sollte. Genervt lassen sich keine Digitalkomponenten testen.
Gesagt getan. Der Evolution DAC regelt die Lautstärke je Quelle. So lässt sich die gleiche Lautstärke einstellen. Der Stream9 hängt nun mit Co-axialem RCA und I2S am DAC aus gleichem Haus. Die Datenausgabe erfolgt mit 24bit und 96kHz, wie schon beim MERASON. Beim Hören querbeet durch die Hörtest-Titel stellte sich ein ähnliches Bild wie am MERASON DAC-1 ein. Ein straffer Bass, feine Details und ein ausgewogener Musik-Fluss. Ein merklicher Anteil daran ist sicherlich der Streaming Bridge zuzuschreiben, deshalb ändert sich beim Umschalten zwischen RCA und I2S im Wesentlichen daran nichts. Über beide Schnittstellen war der Sound recht ähnlich, obwohl ich der I2S-Schnittstelle einen minimal konturierteren und feineren Sound zusprechen mag. Interessanterweise ist die Beobachtung beim Umstellen des PCM-Ausgangs des Stream9 auf DSD256 ähnlich. Die klangliche Tendenz geht in die gleiche Richtung wie zuvor beim Datentransfer mit I2S zugeschrieben. Alles wirkte einen Tick frischer und leichtfüßiger. Sehr spannend…
Mit dem MERASON und dem NuPrime Evolution DAC waren aber auch zwei hervorragende Wandler am Start, die mit der angelieferten digitalen Kost jeglicher Couleur extrem sorgfältig umgehen. Dadurch schmelzen die Abstände beispielsweise zwischen RCA-Eingang und I2S-Schnittstelle zusammen. Manche Digital/Analog-Wandler werden – unabhängig vom Hersteller – deutlicher von den unterschiedlichen Schnittstellen profitieren. So kann ich im Hörzimmer meine Musik auf höchstem Niveau genießen und in Nuancen optimieren. Deshalb beschließe ich, den wertvollen Sonntagabend nicht mit weiteren Haarspaltereien verstreichen zu lassen, lege die Fernbedienungen des audiophilen Setups bei Seite und lasse mich erneut von Stings „Symphonicities“ durch den Abend tragen. Doch diesmal vom ersten bis zum letzten Takt. Weitere Experimente wären Zeitverschwendung, denn der Stream9 hat mir sein freundliches musikalisches Wesen bereits offenbart.
Fazit
Der NuPrime Stream9 ist mit seinen digitalen Eingängen, Bluetooth, der DLNA-Netzwerkschnittstelle zum heimischen Musiknetzwerk sowie der integrierten Verbindung zu den gängigsten Online-Musikdiensten eine bestens ausgestattete digitale Schaltzentrale inklusive Lautstärkeregelung und komfortabler Fernbedienung. Egal ob direkt mit digitalen Aktiv-Lautsprechern verbunden oder einem nachgeschaltetem D/A-Wandler mit klassischer HiFi-Anlage im Schlepptau, sorgt der Stream9 für Ordnung auf der digitalen Seite des Signalwegs. Den Hörer versorgt die Streaming Bridge mit flüssigem und in sich stimmigen Sound, der es den nachfolgenden Komponenten ermöglicht, das Beste aus dem Signalfluss heraus zu holen. Der Bass ist dabei fein gezeichnet und dynamisch. Für Freunde eines konsequenten digitalen Datenstrangs ist der NuPrime Stream9 ein ebenso praktischer wie gleichsam musikalischer Helfer in einem schlanken Anlagensetup.
Im Test
Kompakte, toll ausgestattete Streaming Bridge mit Fernbedienung
NuPrime Stream9
Preis: 1.250 Euro
Vertrieb
AUDIUM / Visonik
Catostr. 7b
12109 Berlin
Tel.: +49 030 613 47 40
Mail: kontakt@visonik.de
Web: www.audium.com/
Mitspieler im Test
Digitale Quellen – LUMIN U1 mini, MERASON DAC-1, Musikserver Innuos ZENith Mk3, NuPrime Evolution DAC
Verstärker – SPL Phonitor x mit DAC768, Cambridge Audio Edge W Endstufe
Lautsprecher – Dutch&Dutch 8c
XLR-Signalkabel – WSS Platin-Line KS-20, WSS Premium-Line KS-200
Zubehör – Netzkabel Supra LoRad 2.5, bfly bPower, Netzleiste SUPRA Cables LoRad MD07 DC 16 EU SP MKIII, SBooster BOTW P&P Netzteil, NuPrime AC-4 Power Conditioner, NuPrime Omnia SW-8 HiFi Netzwerk-Switch, Lautsprecherkabel Melodika MDSC4030, Kabelbrücke Melodika MDSC1501, Innuos PHOENIX USB-Reclocker, Boaacoustic USB-Kabel Evolution BLACK.usb2.0 und Silver Digital Xeno, Netzwerkkabel Wireworld Starlight 8
Fotos: F. Visarius