Strom, in HiFi- und High End Kreisen immer wieder ein heißes Eisen. Vor Allem, wenn zuviel Strom durch zu dünne Kupferdrähte soll. Dann glühen sie, die Drähte. Und noch viel mehr die Foren, wenn es um dieses Thema geht. Meine Wenigkeit dagegen versucht gerade mit solchen Themen nüchtern und kühl umzugehen. Wohlwissend, dass auch mir, wenn solche Test klanglich erfolgreich verlaufen, ganz heiß in den Ohren werden kann. Und da ich halt mal neugierig bin, probiere ich hier und heute den Powergrip YG-1 Netzfilter & Strom-Conditioner aus.
Powergrip YG-1 – Technik
Wer und was ist eigentlich dieser „Powergrip YG-1“, und wer versteckt sich dahinter? Nach einem Telefonat mit Karsten Grämkow vom Vertrieb Phonar Akustik war ich ein wenig schlauer. Der Conditioner wurde in Russland erdacht und wird in Taiwan produziert. Ersteres kam mir dann auch gleich beim Auspacken des Netzfilters in den Sinn, fiel mir doch eine Bedienungsanleitung auf Russisch in die Finger. Okay, mit meinem Volkshochschulwissen wäre ich im Neugriechischen – auch die Griechen können HiFi – noch einigermaßen klar gekommen, aber mit Russisch? Aber auch eine deutschsprachige Anleitung ist natürlich dabei. Bezüglich eines HiFi-Produkts aus Russland war ich anfangs schon ein wenig erstaunt, habe ich diesen Markt bisher nicht wirklich auf dem Zettel gehabt. Aber nach ein wenig Besinnungszeit sind mir dann unter anderem zumindest die bestens beleumundeten Verstärker Struss und Fezz Audio aus Polen eingefallen. Einem Land, bei dem man auch nicht sofort an HiFi denkt. Also mal die Birne frei machen und offen sein für Neues.
Aber warum überhaupt sollte man sich einen Netzfilter für seine HiFi- oder High End Anlage zulegen? Nun, heutzutage gibt es jede Menge hochfrequente Einstreuungen. Beispielhaft seien digitale Netzteile genannt, die häufig verbaut werden, auch in Streamern oder CD-Playern. Diese wiederum beeinflussen den Betrieb von HiFi-Geräten, deren Netzteile noch ganz klassisch aufgebaut sind. Um diese gegenseitigen Beeinflussungen zu minimieren oder gar zu eliminieren, werden beim Powergrip YG-1 verschiedenartige Filter eingesetzt und die Geräte so voneinander isoliert.
Den ersten Pluspunkt sammelt der Powergrip YG-1 beim Auspacken ein. Mit seiner Breite von 44 cm passt er bestens ins HiFi-Rack zu den anderen bereits dort befindlichen Geräten. Und auch mit seiner Anfassqualität braucht sich der Netzfilter nicht hinter HiFi- und auch High End Geräten zu verstecken. Bereits seine Front aus 8 mm starkem Aluminum ist eine Ansage, und der Korpus aus stabilem Blech passt bestens dazu.
Auf der Front des Conditioner befindet sich ein Display, welches die vom Stromnetz angelieferte Spannung anzeigt. Sollte die angezeigte Spannung unter 190 Volt bzw. über 256 Volt liegen, schaltet sich der YG-1 aus Sicherheitsgründen aus. Ebenso wird über das Display angezeigt, welche Steckdosengruppen ein- oder ausgeschaltet sind. Weiterhin wird auch die Phase angezeigt. Vorne rechts versteckt sich hinter einer magnetisch gehaltenen Klappe die gefilterte Steckdose Nummer 11, die manch einer anfänglich beim Durchzählen vergeblich sucht. Praktisch für den Fall, wenn mal ein Freund mit einem HiFi-Gerät vorbeikommt, dass mal kurz ausprobiert werden soll. Auch zwei USB-Ladebuchsen befinden sich dort.
Interessant wird es dann auf der Rückseite des Netzfilters. Sage und schreibe 10 Steckdosenplätze befinden sich hier, leicht schräg gedreht angeordnet für den besseren Zugriff mit seitlich abgehenden Netzsteckern. Diese 10 Schukodosen sind in sechs Gruppen eingeteilt, sie können jeweils dauerhaft eingeschaltet bleiben, oder ob sie erst nach dem Einschalten des Netzfilter in Betrieb gehen sollen, eingestellt wird dies über das Mäuseklavier. Wobei die letztere Funktion nur für die Gruppen zwei bis sechs auswählbar sind. Zudem lässt sich im Menü, welches über die „Powertaste“ auf der Front erreichbar ist, die Ein- und Ausschaltverzögerung der einzelnen Gruppen ändern. Ein- und Ausschalten lässt sich der YG-1 auch über die Trigger Miniklinke, beispielhaft sei hier ein Vorverstärker genannt.
Von links nach rechts gibt es die folgenden Filterzonen: Je 2 Zonen „Digital“ für digitale Geräte wie zum Beispiel DVD-Player oder externe Schaltznetzteile. Für deren Anschluss besitzt der YG-1 einen sogenannten „Mehrebenenfilter“ an. Dies soll für eine Abschirmung von Netzstörungen sorgen. Zwei weitere Gruppen „Analog“ sind für den Anschluss von Geräten mit klassischen Netzteilen gedacht. Die hier eingebauten Filter arbeiten nach dem „Low-Density-Core“ Prinzip, was eine gute Energieversorgung von zum Beispiel Vorverstärkern gewährleisten soll. Für stromhungrige Endstufen oder Subwoofer sind dann die „High Current“ Zonen 5 und 6 gedacht, diese werden mit ultra low inductive Eigenschaften gefiltert. Dazu gibt es noch 2 Zugänge für Sat-Anlagen sowie 1 für Koaxial-Antennen. Trigger-Anschlüsse für Control 4, Crestron und Konsorten gibt es ebenfalls. Frohes Stöpseln ist also angesagt.
Das Schutzsystem des Powergrip YG-1 umfasst die Bereiche
- Filterung: Unterdrückung von Störungen und geringfügigen Spannungsspitzen.
- Varistorschutz: Absorbierung großer Spannungsspitzen.
- Protektion: Schutz vor Überspannung bei Überschreitung von 256 Volt.
- Außerdem verfügt die PowerGrip Konsole über ein integriertes Selbsttestsystem. Im Falle einer Fehlfunktion schaltet die Konsole ab. Alle angeschlossenen Geräte sind geschützt.
Die Funktionsweise der Schaltrelais basiert auf der sogenannten „Nulldurchgangs Technologie“: Das Ein- und Ausschalten einer Last wird dann ausgelöst, wenn die Sinuswelle der Versorgungsspannung den Nullpunkt überschreitet. Dies soll so ein reibungsloses Ein- und Ausschalten auch bei sehr großen Stromverbrauchern ermöglichen. Die in der PowerGrip Filterkonsole verwendeten Low Density Filter sorgen für eine minimale Verzerrung der Sinuswelle. Sie kann im Gegensatz zu den herkömmlichen Stromversorgungsfiltern große Stromimpulse übertragen.
Ein paar technische Daten
- 1,5 m langes Netzkabel mit 3,3 mm² Querschnitt
- Befestigungssatz für die Montage in einem Rack
- Stromversorgung: 190 – 256 V ~ 16 A (3680 W mit 230 V)
- Anzahl der programmierbaren Steckdosen: 10
- Steckdosen Front: 1
- USB-Ausgänge Front: 5V, 2A (kumulierter Stromwert von zwei Steckplätzen)
- Notabschaltung: ≤ 190 ± 4V / ≥ 256 ± 4V
Powergrip YG-1 – Klang
Gespannt bin ich, wie sich der Powergrip auf den Klang meiner heimischen Anlage auswirkt. Wird es vielleicht dynamischer und klarer. Oder ist es das Gegenteil, und der Netzfilter bremst meine Anlage aus, und raubt ihr unter Umständen Dynamik? So etwas soll ja auch vorkommen, wenn man so die einschlägigen Foren liest oder sich mit Bekannten unterhält, die dem Thema Strom grundsätzlich skeptisch sind.
Mein Testaufbau besteht unter anderem aus meinem Vorverstärker und der Endstufe sowie dem Vollverstärker Technics SU-G700, dem eigenen Netzwerkplayer sowie dem noch anwesenden Digitalspieler Technics SL-G700 und einem Plattenspieler. Auf der Rückseite des Powergrip YG-1 werden die Geräte in den passenden Zonen eingesteckt, und dabei darauf geachtet, dass auch die Phase – die mit „L“ markiert ist – passt. Wobei mir angenehm auffällt, dass die Dosen um ca. 30° verdreht eingebaut sind, dieses praktische Detail erleichtert den Anschluss von seitlich abgehenden Steckern ungemein. Die Phase seiner Geräte darf man übrigens vorher selbst ermitteln, zum Beispiel mit einem Multimeter. In der Praxis einfacher anwendbar ist allerdings ein Gerät wir zum Beispiel der Oehlbach Phaser, der allerdings gelegentlich zu Ungenauigkeiten bei der Ermittlung der Phase neigt. Oder ganz pragmatisch: Die Ohren benutzen und die Phase nach Gehör ermitteln. Zum klanglichen Vergleich stehen mir eine Standard-Baumarktleiste zur Verfügung sowie die eigene PS-Audio Dectet, mit denen ich dann auch beginne.
Mit der Baumarktleiste und „Up To The Mountain“ von HUSH beginne ich den Test der Stromleisten. Ruhig und ergreifend ist die Stimme von Dorthe Gerlach eh, bei guten HiFi-Anlagen vermag man fast ihre Zunge zu sehen und sie ergreifen zu können. Gut nachvollziehbar sind auch die Finger auf den einzelnen Saiten der Gitarre. Von der Abbildung in der Tiefe bin ich allerdings doch einiges mehr gewöhnt. Also stöpsel ich um auf meine bewährte Dectet-Leiste und erhalte so mein gewohntes und geliebtes Klangbild zurück und bin eigentlich auch wieder ganz zufrieden.
Doch ich will ja die Powergrip YG-1 „hören“, beziehungsweise deren Wirkung herausfinden. Nach einem weiteren Umstöpseln wird dieser alsdann eingeschaltet, und ein Sechser-Takt setzt ein. Die sechs Zonen des Powergrip YG-1 werden nacheinander eingeschaltet, schon witzig zu Hören, wie die Relais klacken. Ein blaues Erdungssymbol zeigt mir dann an, dass ich den Netzfilter auch richtig rum angeschlossen habe.
Und ich bin angenehm überrascht über das, was meine Ohren jetzt vernehmen. Die Stimme von Dorthe wird um einiges weicher und natürlicher als über die Standardleiste wiedergegeben, und zudem noch etwas natürlicher als über meine Dectet. Auch bei den stählernen Saiten der Gitarre zeigt sich eine Wirkung, der YG-1 nimmt hier etwas unnatürliche Härte heraus und sie wirken realistischer. Es erscheint mir, als würden durch den Netzfilter klanglich störende Unsauberkeiten entfernt.
Bei Kari Bremnes „Sangen Om Fyred Ved Tornehamn“ vernehme ich eine hörbar natürlichere Stimme. Und auch bei dem Herrn, der gelegentlich etwas zurückversetzt im Hintergrund singt, bekommt die Stimme mehr Volumen und Nachhall. Zudem verfestigt sich bei mir der Eindruck, dass ich mit dem Netzfilter in der Kette mehr Feinheiten und Details vernehme. Dies wirkt sich auch auf den Bass aus, der herrlich locker durch den Raum rollt. Er spielt noch etwas definierter und entsptannter als ich es über die eigene Netzleiste gewohnt. Und auch die Plastizität gewinnt.
Beim Klassiker „Casta Diva“ aus „Norma“, gesungen von Filippa Giordano, erscheint es so, als nähme der Power Conditoner digitale Artefakte aus ihrer Stimme. Auch beim Chor sind die Damen etwas weniger aggressiv im Hochton. Ich vernehme mehr Informationen und so kann ich besser verstehen, was gesungen wird. Die Klangfarben, wie die Geiger an den Saiten zupfen, auch hier gibt es ein Mehr. Wie zuvor wird auch bei diesem Lied der Tieftonbereich etwas lockerer dargeboten. Großes Vergnügen bereitet mir auch der Nachschlag im Bass ganz am Ende Stücks. Die Dynamik in der Musik unterschlägt der Powergrip YG-1 glücklicherweise nicht. Ebenfalls hat der Netzfilter kein Problem mit der Komplexität des Stückes. Die Übersicht über das Geschehen bleibt stehts gewahrt. Das wird mir dann zwischendurch so richtig bewusst, als ich auf die Baumarktleiste umstecke. Oh Graus!
Aus der Not macht der Mann eine Tugend. Konzerte sind aufgrund von Corona nicht möglich, also setzt sich Nick Cave am 19. Juni 2020 in der West Hall des Alexandra Palace alleine vor seinen Flügel. Und selbst in dieser großen Halle entsteht ein Gefühl von Intimität. Einen Mann und einen Flügel, mehr braucht es nicht für große Gefühle.
Mit dem Powergrip YG-1 fällt es mir leicht herauszuhören, ob es sich bei diesem Tasteninstrument um ein Klavier oder Flügel handelt. Völlig frei und losgelöst steht letzterer vor mir. Wie er diesen riesigen Raum füllt! Und wie er sich entfaltet, faszinierend. Dazu die gleichzeitige Zärtlichkeit wie auch Tragik in der Stimme von Nick Cave. Das ist schon beeindruckend und nimmt mich mit. So, als wäre ich direkt am Ort des Geschehens.
Powergrip YG-1 – Fazit
Wer eine HiFi- oder High End Anlage mit vielen Geräten besitzt und auf der Suche nach einer entsprechend dimensionierten Netzleiste ist, findet beim Netzfilter Powergrip YG-1 großzügige Anschlussmöglichkeiten. Doch viel wichtiger sind seine positiven klanglichen Eigenschaften. Okay, durch dieses Gerät bekommt man keine neue Anlage, aber Stimmen werden verständlicher und Instrumente griffiger. Störende digitale Artefakte im Klang verschwinden und die Musik gewinnt an Fluss und Natürlichkeit. Dazu gibt es ein Mehr an Harmonie und klanglichem Reichtum. Dynamik und Energie bleiben bei diesem Netzfilter erhalten. Mein Kompliment an Powergrip.
Im Test
Netzfilter / Power Conditioner
Powergrip YG-1
Preis: 1.549 €
Größe: 44,0*15,0*40,5 cm
Gewicht: 10 kg
Gehäuse: Schwarz
Vertrieb
Firma Phonar Akustik GmbH
Industriestrasse 8-10
24963 Tarp
Tel.: +49 4638 8924-0
Web: www.phonar.de
Mail: info@phonar.de
Mitspieler im Test
Quellen digital – Netzwerkspieler Cambridge Audio 851N, CD-Spieler Cambridge Audio 851C, Musikserver Innuos ZEN MK.III, CD/SACD- & Netzwerkplayer Technics SL-G700
Quellen analog – Plattenspieler Rega Planar 6 mit MM-Tonabnehmer TAD Excalibur Black, Phono MM- & MC Verstärker Trigon Vanguard III
Verstärker – Vorverstärker Cambridge Audio 851E, Endverstärker Cambridge Audio 851W, Digital-Verstärker Technics SU-G700
Lautsprecher – Standlautsprecher LUA Con Espressione, Subwoofer REL R 505, 501
Kopfhörer – Offener Kopfhörer Focal Clear, Kopfhörerverstärker Divaldi AMP-02 mit Phono MM- & MC Stufe
Zubehör – Lautsprecherkabel Supra XL Annorum. XLR- und Cinchkabel Fadel Art Pro Link, Stromkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste PS Audio Dectet, HiFi-Switch NuPrime Omnia SW-8