HiFi-Messen sind gelegentlich doch noch für Überraschungen gut, so auch die Norddeutsche HiFi-Tage 2025. Dort spazierten Falk und ich ein wenig herum, und landeten unter anderem bei den Regallautsprechern Radiant Acoustics Clarity 6.2 mit AMT für 4.000 Euro; hier im Le Méridien in Hamburg spielten sie am Lyngdorf TDAI-1120 um 2.000 Euro. Dies machten die kompakten Lautsprecher zusammen mit dem Streaming-Vollverstärker so energievoll, dass wir HiFi-IFAs sogleich ein Paar der Acoustics Clarity 6.2 zum Test bestellten.
Radiant Acoustics Clarity 6.2 – Technik
Bevor ich auf die Technik zu sprechen komme: Wer überhaupt ist der Lautsprecherhersteller Radiant Acoustics? Mal wieder eine neue HiFi-Marke? Also ich sage es mal so: Halb und halb. Hinter dem Namen verbirgt sich Nordic HiFi aus Dänemark, unter anderem Peter Lyngdorf ist daran beteiligt. Aha, da klingelt dann langsam etwas, von ihm sind doch die Lyngdorf Audio Verstärker. Ebenso gehört die Fachmarkt-Kette HiFi-Klubben mit den Eigenmarken Argon Audio, Vestlyd oder auch Noon Audio zu Nordic HiFi. Und dann auch noch die Purifi Verstärker, die logischerweise unter anderem auch bei Lyngdorf verbaut werden. Doch die 2019 gegründete Purifi stellt auch Tief- und Mitteltöner her, und so schließt sich der Kreis zu den passiven Regallautsprechern Radiant Acoustics Clarity 6.2. Somit fehlt dem Lautsprecher noch ein Hochtöner, dies ist ein AMT und den steuert die große Schwester DALI bei.
Allzuviel Platz benötigen sie nun wirklich nicht, die kompakten Clarity 6.2 mit ihren rund 22*27*36 cm, da sollte sich wohl überall ein Plätzchen für finden. Gefertigt sind die Kompaktboxen aus 21 mm starkem MDF, das es wahlweise in Mattweiß lackiert gibt wie die bestens verarbeiteten Testlautsprecher, oder alternativ in Mattschwarz, zusätzlich gibt es ein Walnuss-Furnier. Interessant wird es auf der Front der Lautsprecher, diese ist zusätzlich mit einer sauber gefrästen 15 mm starken Platte aus Aluminium verstärkt, in der die Treiber sauber und exakt montiert sind. Mit dieser Materialmischung und deren verschiedenen Schwingungsverhalten sollen die Gehäuseresonanzen auf ein Minimum reduziert werden.

AMT-Hochtöner
Bei den kleinen Regallautsprechern fällt mir beim ersten Blick sofort das große oben sitzende Horn auf, und beim zweiten dann die senkrecht stehenden Lamellen. Das sieht ja schonmal interessant aus. Mit dieser Konstruktion wollen die Entwickler mehrere Fliegen mit einer Klappe erschlagen. Einmal eine Richtwirkung, bei welcher der austretende Schall weder Decke und noch Boden des Raums erreichen soll, weil da eh keiner sitzt. Und zweitens soll die Streuung nach links und rechts über den Sweetspot hinaus verbreitert werden. Zudem soll diese Konstruktion den Übergang vom AMT-Hochtöner bei 2.400 Hz bruchlos an den Tief-Mitteltöner anpassen.
Um ein starkes und stabiles Magnetfeld zu erreichen, besitzt der AMT-Hochtöner der Radiant Acoustic Claritiy 6.2 statt eines einzelnen Magneten, so wie er häufig verwendet wird, einen symmetrischen Doppelmagneten. Damit wird für mehr Kontrolle bei den Bewegungen der Membran gesorgt, was dann zu geringeren Verzerrungen führen soll. Ein weiterer Vorteil, so der Hersteller, ist eine hohe Effizienz und ein bis zu viermal höherer Wirkungsgrad als bei Hochtonkalotten, und dazu eine hohe Belastbarkeit des Hochtontreibers.

Purifi Ushindi-Tieftöner & Passivmembranen
Unterhalb des AMT der Radiant Acoustics Clarity 6.2 kommt ein 6,5 Zoll messender Tiefmitteltöner der Schwestermarke Purifi Audio mit der Bezeichnung Ushindi zur Verwendung. Auf den ersten Blick sehen die Sicken der Treiber aus, als wären sie von nicht ganz so pflegeleichten jungen Sprösslingen intensivst untersucht worden. Doch dem ist so nicht, sie wurden mit Absicht so eigenwillig gestaltet, um unerwünschte Partialschwingungen zu verhindern. Auf diese Art und Weise konstruiert bewegt sich laut Entwickler die Membran mit ihrer Schwingspule stabil zweidimensional auf ihrer Achse. So sauber laufend wird ein langer sauberer und verzerrungsfreier Hub des 6,5-Zöllers versprochen, was neben einem qualitativ hochwertigen Tiefton auch einen präzisen Mitteltonbereich ergeben soll.
Da die Radiant Acoustics Clarity 6.2 nun nicht die größten Lautsprecher sind, und dem Hörer dennoch einen attraktiven Tiefton bieten sollen, sind sie vom Grundsatz her als Bassreflex-Lautsprecher konstruiert. Nur ist in einem so kleinen Lautsprechergehäuse ein angemessen langer Port schwer zu realisieren, und aus diesem Grund gibt es anstelle einer Bassreflexöffnung seitlich am Gehäuse der Lautsprecher zwei passive Radiatoren. Diese sind ebenfalls Purifi Ushindi Membranen, jedoch ohne Antrieb. Der Vorteil einer solchen Konstruktion ist die Vermeidung von Strömungsgeräuschen am Reflexauslass. Gegenüber einem offenen Bassreflex ist der Pegel in der Regel jedoch geringer, was die technischen Daten des Herstellers sowie der nachfolgende Hörtest auch bestätigen. Auch versprechen sich die Entwickler mit der gewählten Konstruktion eine klanglich bessere Genauigkeit im Tief-Mittelton-Bereich als bei einem reinrassigen Reflexlautsprecher. Kleiner Nachteil: Zwei Passivmembranen sind um einiges teurer als ein einfaches Reflexrohr, was sich dann logischerweise auch im Preis der Lautsprecher niederschlägt. Belohnt wird der Käufer dafür auch mit einer tollen Verarbeitung der Radiant Acoustis Clarity 6.2, denn die ist wirklich tadellos.

Frequenzweiche
Bei der Frequenzweiche legen die Entwickler wie bei den Treibern Wert auf eine Minimierung der Verzerrungen. Unter anderem soll bei den verwendeten Bauteilen eine Phasenverzerrung durch den Verzicht auf Eisen inklusive der Anschlüsse vermieden werden. Weiterhin werden Luftspulen mit dicken Drähten verwendet um den Gleichstromwiderstand zu minimieren. Bei den verwendeten Kondensatoren wird Wert auf eine möglichst hohe Eigenresonanzfrequenz sowie einen geringen Innenwiderstand gelegt, auch diese Maßnahme soll Verzerrungen bei gleichzeitig hoher Belastbarkeit minimieren. Bei den Widerständen wird auf Linearität mit geringer Selbstinduktion Wert gelegt, auch diese sollen eine hohe Belastbarkeit generieren.

Radiant Acoustics Clarity 6.2 – Technische Daten
- Bauart: 2-Wege-Regallautsprecher mit Bassreflex-Passiv-Membranen
- Hochton: AMT mit Waveguide
- Tiefmittelton: 6,5 Zoll Purifi Ushindi
- Passivtreiber: 2*6,5 Zoll Purifi Ushindi
- Frequenzgang: 35 – 20.000 Hz
- Trennung: 2.400 Hz
- Empfindlichkeit: 85 dB / 8 Ohm. 82 dB / 4 Ohm
- Empfohlene Verstärkerleistung: 100 Watt Minimum, bis 250 Watt
- Maße: 22,2*26,6*36,4 cm (b*t*h)
- Gewicht: 12,45 kg / Stück
- Farben: Schwarz Seidenmatt, Weiß Seidenmatt
- Furnier: Walnuss
- Hergestellt in Dänemark
Radiant Acoustics Clarity 6.2 – Klang
Sehr harmonisch ist das Klavierspiel bei „The Bar Is Closed“ von Lambert über die Regallautsprecher Radiant Acoustics Clarity 6.2. Alternativ dazu lässt es sich auch als zärtlich oder wohlklingend beschreiben, klanglich gesehen also anders als es die Bezeichnung der Lautsprecher vermuten lässt. Diese Sanftheit gilt ebenso für das Gitarrenspiel, das fein gesponnen über die Clarity 6.2 dargeboten wird. Wenn das Plektrum auf die Saiten trifft, hört man auch dies sehr wohl, jedoch nicht auf eine unangenehme oder gar zwickende Art, sondern spielerisch und weich in den Ohren.
Spärlich instrumentiert ist das ruhige Stück von Lambert, und obwohl das Klavier einen großzügigen Nachhall mit sich bringt, fehlt es mir ein wenig an schlüssiger lückenloser Abbildung zwischen den kompakten Lautsprechern. Dem komme ich bei, indem ich die Clarity 6.2 dichter beieinander aufstelle. Das klassische gleichschenklige Dreieck ist hier bei mir daheim nicht der Weisheit letzter Schluss. Bei einem Achsabstand der Treiber von rund 2,20 m sowie einer Entfernung von 2,80 m zu meinem Hörplatz nähere ich mich nun der geschlossenen Abbildung. Den kompletten Einraster bringt dann ein starkes Eindrehen der Kompaktlautsprecher, bei dem ich gerade noch die Innenseiten der Gehäuse sehen kann. Das eine so starke Einwinkelung bei einem AMT-Hochtöner funktioniert, ohne das er mir auf die Ohren geht, ist mir bis dato selten vorgekommen und verblüfft mich doch ein wenig. Die Theorie der Entwickler mit den senkrecht stehenden Lamellen im Hochtonhorn zu besseren Schallverteilung funktioniert also tatsächlich in der Anwendung. Was mich ob der nun für mich sehr akkurat ausgerichteten Lautsprecher überrascht, ist der Sweetspot, der eher ein Sweetbereich ist, wie ich beim Herumrutschen auf dem Sofa bemerke.
In die 60er zurückversetzt fühle ich mich bei „Lovestreet 55“ von Boaz, einem Titel aus dem Album Keep It Simple. Der Rhythmus der Nummer ist auf der einen Seite locker und spielerisch, auf der anderen eher stakkatoartig mit dem Anschlag auf der immer selben Taste des Klaviers. Ein paar eher verhalten gespielte Trompetentöne sind mit dabei, die teilweise gedeckt sowie langgezogen sind und zusammen mit dem Schlagzeug schöne Spannungsbögen aufbauen. Interessant ist die Stimme des Sängers, wie er sich einerseits leicht reibeisenartig, andererseits auch ganz schön hochkommend mit einklinkt und einen schönen Kontrast zur begleitenden Band bildet. Musikalisch ist dies nun nicht unbedingt hoch anspruchsvoll, das macht auch nichts, die Radiant Acoustics Clarity 6.2 geben dem Stück einen angenehmen Charme und Wohlklang mit auf den Weg, da nervt oder stört einfach nichts.
Darf es elektrisch auch etwas anspruchsvoller zugehen bei diesen Regallautsprechern? Wie reagieren die doch relativ kompakten Clarity 6.2, wenn sie gefordert werden? Auch bei „Glem Ikkje“ von Kari Bremnes geht es mit den Synthies wie zuvor bei Boaz eher stoisch zu. Macht nix, ich bin erklärter Fan der Norwegerin, und ich mag es einfach, die mitnehmend treibenden Rhythmen zu hören, wenn sie sich vor mir aufbauen und auch noch ein wenig über die Kompaktlautsprecher hinausziehen. Im Gegensatz zu den etwas größeren und auch noch zu der Kategorie Kompaktlautsprecher gehörenden Monitor Audio Gold 100 6G, die vor ein paar Wochen zum Test zugegen waren, spielen die Däninnen weicher und abgerundeter als die Engländerinnen.
Dies bezieht sich ebenso auf die Stimme von Kari Bremnes wie auch auf die Synthies, durchgängig ist das Klangbild über die Radiant Acoustics wärmer abgestimmt. Gemein wird es dann mit „Kanskje“ vom selben Album, dabei geht es mir nun hauptsächlich um die tiefen Töne. Im Bass geht es mal so richtig fett zu und vom Frequenzgang ordentlich nach unten. Über den Tiefgang der kompakten Clarity 6.2 bin ich mehr als verblüfft, für Regallautsprecher ist dieser mehr als außergewöhnlich, sehr reichhaltig und kraftvoll ist er, da kommt so mancher Standlautsprecher definitiv nicht mit. Eine Bedingung dafür ist allerdings erforderlich, Verstärker mit ordentlich Dampf unter der Haube. Egal ob Rega Aethos oder Roksan Caspian 4 G, beide muss ich ordentlich aufdrehen, damit sich lautstärkemäßig was tut, doch dann geht die Post ab.
Radiant Acoustics Clarity 6.2 – Fazit
Die Verarbeitung der Regallautsprecher Radiant Acoustics Clarity 6.2 ist erste Sahne, sei es bei der präzisen Einpassung der Chassis ins Gehäuse oder der sehr hochwertigen Lackierung. Bekommen die kompakten Lautsprecher stabile und kräftige Verstärker zur Seite gestellt, laufen sie zu ihrer Höchstform auf. Die Feinauflösung ist gut gelungen und detailreich, dabei angenehm zärtlich und ohne einem auf die Ohren zu gehen. Auch im Mitteltieftonbereich sind die Clarity 6.2 euphonisch abgestimmt und orientieren sich somit leicht auf der angenehm warmen Seite des Hörens. Und bitte nicht unterschätzen, was diese Kompaktlautsprecher im Bass so drauf haben, das ist für diese Größe einfach nur verblüffend. Dies nicht nur bei Zimmerlautstärke, sondern auch dann, wenn es mal ordentlich rundgehen soll, selbst dann brechen sie nicht ein und hauen einem die Beats fett um die Ohren. Ich bin gespannt, was da wohl noch so kommen mag an Lautsprechern von Radiant Acoustics…
Im Test
2-Wege-Regallautsprecher mit Bassreflex Passiv-Membran
Radiant Acoustics Clarity 6.2
Maße: 22,2*26,6*36,4 cm (b*t*h)
Gewicht: 10,8 kg / Stück
Farben: Schwarz Seidenmatt, Weiß Seidenmatt
Furnier: Walnuss
Paarpreis: 3.998 Euro
Optional: Standfuß für 798 Euro / Paar
Kontakt
Nordic Hi-Fi A/S
Dali Alle 1
DK-9610 Nørager
Mail: support@radiantacoustics.com
Web: www.nordichifi.com
Web: www.hifiklubben.de
Mitspieler im Test
Quellen digital – Netzwerkspieler Atoll ST 300 Signature, CD-Spieler Cambridge Audio 851C, Musikserver Innuos ZEN MK.III
Quellen analog – Plattenspieler Rega Planar 6 mit MC-Tonabnehmer TAD Excalibur Black, Plattenspieler Sonoro Platinum mit Ortofon 2M Red, Phono MM- & MC Verstärker Trigon Vanguard III
Verstärker –Vollverstärker Rega Aethos,Vollverstärker mit Phono-Eingang und D/A-Wandler Roksan Caspian 4G
Lautsprecher – Standlautsprecher LUA Con Espressione, Subwoofer REL R 505, Standlautsprecher Indiana Line Diva 5, Standlautsprecher quadral SIGNUM 70, Regallautsprecher CITO Audio Modell 3, Regallautsprecher Monitor Audio Gold 100 6G, aktive Standlautsprecher INKLANG AYERS Three Wireless
Kopfhörer – Offener Kopfhörer Focal Clear, Kopfhörerverstärker Divaldi AMP-02 mit Phono MM- & MC Stufe
Zubehör – Lautsprecherkabel: Supra XL Annorum, in-akustik LS-804 AIR DIY, in-akustik Referenz LS-204 XL Micro AIR. Kleinsignal-Kabel: Cinchkabel in-akustik NF-1204 Air, XLR- und Cinchkabel Fadel Art Pro Link. Stromkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste PS Audio Dectet, Powergrip YG-1 Netzfilter, HiFi-Switch NuPrime Omnia SW-8, LAN-Kabel Supra Cat8 & Wireworld Starlight