Test: Kompaktlautsprecher Buchardt Audio P300 – die mit dem „passiven Bass“

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Buchardt Audio hat es sich auf die Fahnen geschrieben, erschwingliches High-End unters Volk zu bringen, so ganz ohne Voodoo-Gehabe oder sonstige Geheimtipps. Im Programm, das ausschließlich im Direktvertrieb käuflich zu erwerben ist, hat man passive sowie aktive Lautsprecher (letztere zu Kursen, die für diese Gerätekategorie überraschend zivil ausfallen) als auch einen Vollverstärker mit DAC und Raumeinmessung – Buchardt Audio I150 – und Zubehör wie Lautsprecherständer und Kabel.

Um zudem im heutigen (hart umkämpften) Umfeld die angebotenen Produkte „bezahlbar“ zu halten, tut man etwas, was aktuell schon als komplett normal und nicht mehr erwähnenswert gilt: „engineered und designed“ im Heimatland Dänemark – aber „produced in far East“. Im Falle der Buchardt P300 ist das Indonesien. Was spricht dagegen? Meiner Meinung nach nichts, wenn man sich mit der P300 näher beschäftigt. Die Verarbeitungsqualität ist für einen Lautsprecher dieser Preisklasse (EUR 1.400,- / Paar) wirklich sehr gut, was gleichfalls für die Haptik gilt – bei meinen Exemplaren schmeichelte der matte schwarze Lack den Händen, es gab keine scharfen Kanten oder sonstige „Unfeinheiten“. Einzig der „die-Hard“ – Highender könnte sich über die Lautsprecherklemmen ereifern, die relativ einfach ausgeführt sind.

Dazu gleich die passende Frage – was tun Lautsprecherklemmen eigentlich? Sie stellen eine zuverlässige und sichere Verbindung zum Verstärker her, dabei sollen sie das Kabel fest und universell „packen“. Im vorliegenden Fall kann das per blanken Kabelenden, Bananensteckern als auch Gabelkabelschuhen realisiert werden und funktioniert wunderbar. Problem gelöst.

Passend zu den Kompaktlautsprechern P300 Buchardt Audio bietet sehr „stylishe“ Ständer an, die ich hätte mir mal mitschicken lassen sollen… So musste ich für den Zeitraum, in dem die lieben kleinen bei mir waren, mit meinen nicht ganz so hübschen, älteren Universalständern klarkommen, die immerhin sehr stabil, dafür optisch aber outdated sind. Naja, man kann nicht alles haben.


Buchardt Audio P300 – Optik und Technik

Die Buchardt Audio P300 ist direkt von ihrer größeren Schwester P400 MKII abgeleitet und in einigen Punkten technisch, aber nicht optisch abgespeckt worden. Der Tiefmitteltöner der P300 hat gleichfalls ein Chassis aus einer Papiercompoundmischung, ist aber mit etwas weniger Hub gegenüber der P400 MKII ausgestattet. Dadurch verliert man zwar ein klein wenig an maximaler Lautstärke, Wirkungsgrad und Tiefbass, man wird aber durch ein besseres Einschwingverhalten sowie dadurch straffere Bässe belohnt. Der zweite Unterschied findet sich in der Frequenzweiche, deren Bauteile „more economic“ sind – dennoch findet man hier erstaunlicherweise Komponenten von Jantzen und Co. vor, was nie ein schlechtes Zeichen für gute Klangqualität ist… Das Thema Lautsprecherklemmen wurde bereits erwähnt; ein augen- aber nicht ohrenfälliger Unterschied zur P400 MKII. Konzeptionell bleibt Buchardt Audio seiner Linie treu und nutzt statt einer „schnöden“ Bassreflexlösung eine „längliche“ Passivmembran auf der Rückseite. Interessanterweise gleicht diese einigen älteren, klassischen englischen Monitoren… Auch hier eher gute Vorzeichen für eine saubere klangliche Vorstellung.

Warum nutzt Buchardt Passivmembranen, obwohl sie teurer sind als eine normale Bassreflexabstimmung? Sie tun es , weil es gute Argumente dafür gibt. Beispielsweise kann man den Lautsprecher baulich kleiner halten, da man sich den Bassreflexkanal einspart. So hat man gleichzeitig keine Gehäuseöffnung, was eine leichtere Platzierung der Boxen in Wandnähe ermöglicht. Weitere Gefahr, der man aus dem Wege geht: eine „schlecht“ gemachte Bassreflexöffnung verursacht unter Umständen Strömungsgeräusche („chuffing“), die hörbar sein könnten.

Was ich ganz persönlich an Passivmembranen, die zudem auf der Rückseite verbaut sind, schätze ist eine Eigenschaft, die diesen Konzepten zu Eigen ist: nämlich eine gewisse „Dipol-Charakteristik“. Solchen Lautsprechern fällt es naturgemäß leichter, eine glaubhafte Räumlichkeit in der Tiefe als auch in der Breite herzustellen, weil eben auch indirekte Schallanteile generiert werden. Mal sehen, ob das auch die Buchardt Audio P300 klanglich umsetzen kann…

Buchardt Audio P300 – technische Daten

  • Prinzip: Zweiwege, passiver Bass auf der Rückseite
  • Hochtöner: gewebte Textilkalotte mit CDC-Waveguide, Durchmesser 1,9 cm
  • Tiefmitteltöner: Papierkonus, 15 cm
  • Passivmembran: Papier, 13 cm x 20 cm
  • Nennimpedanz: 4 Ohm
  • Wirkungsgrad: 86 dB
  • Frequenzgang: 37 Hz bis 40.000 Hz (+/- 3 dB)
  • Belastbarkeit: 250 W (Musik), 150 W (Dauer)
  • Übergangsfrequenz: 2.900 Hz
  • Abmessungen: 180 mm (Breite) x 365 mm (Höhe) x 280 mm (Tiefe)
  • Abdeckung: Stoff schwarz, magnetisch
  • Anschlüsse: vergoldete Terminals
  • Einspielzeit: ca. 50 – 100 Stunden

Buchardt Audio P300 – Der Klang

Nach einem Tag „Radio-Gedudel“ zum warmwerden beschloss ich, ohne weitere Umschweife der Buchardt Audio P300 richtig auf den Zahn zu fühlen und zu sehen, ob sie mein doch eher kompaktes, aber akustisch anspruchsvolles Wohnzimmer standesgemäß zu beschallen in der Lage ist – als erster Prüfstein soll „Angel“ von Massive Attack herhalten – und ich bin wirklich überrascht: Bassimpulse schütteln diese Kompakten mit einer fast schon arroganten Lockerheit mal eben so aus dem Ärmel, pinnen gleichzeitig die Singstimme in der Mitte des Stereopanoramas fest, völlig unbeeindruckt übrigens von den nebenher laufenden knallenden Trommelschlägen.

Okay, verstanden, ab sofort keine Frotzelei mehr von wegen Zwergenaufstand oder Gernegroß… Die P300 bietet viel von dem, was Kompaktlautsprecher ihren Standkollegen voraus haben, und das in einer Qualität, welche die physischen Dimensionen mit denen man es hier zu tun hat, als vermeintliches Kriterium für diese oder jene Wiedergabefähigkeiten mit den ersten Tönen doch um ein Stückchen relativiert, vor allem dann, wenn man sich den aufgerufenen Anschaffungspreis vor Augen hält. Zu deutsch: Es geht um Kohärenz und Homogenität, um Schallablösung und Räumlichkeit (ja, der passive Bass auf der Rückseite…) bei gleichzeitiger Bassautorität – zumindest in Räumen bis zu einer zivilen Größe – und Pegelfestigkeit. Oder, noch stärker vereinfacht: kleiner Wandler, unerwartet großer Klang.

Die Buchardt Audio P300 klingt tatsächlich größer, als man es sich beim ersten Kontakt vorstellen würde. Sie verfügt über ein glaubhaftes Bassfundament, das sie mit einer Schnelligkeit in den Raum befördert, dass man im ersten Moment ein klein wenig baff ist. Ihr Bass hat eine melodische, gelegentlich beinahe „singende“ Beschaffenheit, bleibt dabei aber immer relativ sauber und definiert. Nehmen Sie Madonnas „Ray of Light“ und hören Sie, bei angemessenem Pegel natürlich, Track Nummer sechs, „Nothing Really Matters“ – sehr beeindruckend. Oder das einleitende Kontrabass-Solo von „You Stepped Out of a Dream” aus Shirley Horns CD “You Won`t Forget me” – derart realistisch kriegt das auch nicht unbedingt jede (kleinere) Standbox hin.

An den wirklich guten Tiefton schließt sich der restliche Frequenzbereich mit einer guten Homogenität und Schlüssigkeit an. So wurden auch intime Klavier- und Kammermusikaufnahmen, ohnehin als eine Domäne von Kompaktlautsprechern angesehen, zum reinen Genuß. Gerade Klavieranschläge perlen leicht und brilliant „aus dem Raum“ und klingen auch lange genug lang aus. Das Auflösungsvermögen der Buchardt P300 ist von einer Qualität, die ich als „weiche“ Auflösung bezeichnen würde – eher Flackern als Glitzern, niemals ermüdend. Vor allem, wenn es um Rauminformationen geht, verschluckt die P300 kaum ein Fitzelchen Luft und Volumen. Tendenziell fühlt sie sich allerdings weniger dem Monitorgedanken (wie im Tonstudio) verpflichtet als eher einem luxuriösen, schwelgerischen High-End-Genuss.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal das Thema „Klaviermusik in Kombination mit Kompaktlautsprechern“ stressen. Konzertflügel klingen – über Standlautsprecher gehört – nach meinem Eindruck oft wie hochkant auf die vordere Längsseite gestellt. Warum? Vielleicht, weil es einen für die Raumabbildung bei konventionellen Lautsprechern mit vielen übereinander angeordneten Chassis problematischen Bereich gibt.

Er muss da liegen, wo die Töne noch nicht so tief sind, dass eine Raumortung nicht mehr möglich ist (also eben nicht im üblichen „Subwooferbereich“), wo aber dennoch allein die Basschassis zuständig sind. Bei Klaviermusik erlebe ich immer wieder, dass mir dieser Bereich von den Basschassis aus entgegentritt, während sich der Rest auf Ohrhöhe abspielt. Das kann ein solch kompakter Lautsprecher wie die Buchardt Audio P300 naturgemäß besser – bei ihr steht ein Flügel waagerecht im Raum – der Konzertflügel steht mit den Beinen auf dem Boden und hat zwar keine ausladenden, aber dennoch „virtuell realistische“ Dimensionen. Da perlen die Akkorde von „Emma Schmidt – Spanische Klaviermusik“ umso lebendiger und rhythmischer aus der P300!


Buchardt Audio P300 – Fazit

Tolle kompakte Lautsprecher mit einer eher „weichen“ Klangsignatur, geeignet zum ermüdungsfreien „Langzeithören“. Sie füllen akustisch ohne weiteres einen Hörraum / ein Wohnzimmer bis ca. 25 m2 – und lassen dabei nicht viel zu wünschen übrig. Vor allem im Bassbereich als auch in der Räumlichkeit sind die P300 Top und haben dabei keinen nennenswerten Platzbedarf. Meiner Erfahrung nach sollte man sie so einwinkeln, dass der (absichtlich klein gehaltene, sich in einem „Waveguide“ befindliche) Hochtöner „auf die Ohren“ zielt, um eine realistische Detailauflösung zu erreichen. Vor allem zu diesem Preis würde ich jedem, der dazu bereit ist mehr Geld auszugeben, empfehlen, dennoch eine Hörsession mit der Buchardt Audio P300 zu riskieren. Es könnte sein, dass man die Differenz dann in Software in Form von CDs, LPs oder Streaming investieren kann – das ist doch eine tolle Nachricht.


Im Test

Buchardt Audio P300
Kompaktlautsprecher
Farben: Schwarz Matt, Weiß Matt
Paarpreis 1.400 Euro
Farben: Peach Matt, Ocean Matt, Olive Matt
Paarpreis 1.450 Euro
Gewicht: 6,3 kg
Garantie: 5 Jahre


Vertrieb

HifiPilot GmbH
Höhenstr. 7
75239 Eisingen

Tel.: +49 7232 3640155
Mail :kontakt@hifipilot.de
Web: www.hifipilot.de


Mitspieler im Test

Quellen digital – Netzwerkspieler Olive Audio 4HD, CD-Spieler AMR CD-777, Streamer WIIM Pro
Quellen analog – Plattenspieler Dr. Feickert Audio Blackbird mit Tonabnehmer Ortofon Cadenza Red, Ortofon SPU Classic GE MKII, EMT HSD006, Phono MM- & MC Verstärker Cyrus Signature Phono (mit PSX-R), Übertrager von Phasemation
Verstärker – Vollverstärker Circle Labs A 200
Lautsprecher – Standlautsprecher Sonus Faber Olympica 2, Paradigm Founder 80f
Zubehör – Kabel von Horn Audiophiles, A23, HMS, Isotek, Boaacoustic, Tellurium Q


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About Author

Kein Studium der Elektrotechnik. Keine Lehre im Hifi-Laden, auch sonst kein Job in der einschlägigen Branche. Nur pure, echte Leidenschaft, die schon im Kindesalter dazu geführt hat, dass ich mir die Nase an den entsprechenden Schaufensterscheiben plattgedrückt habe. Dann ging es - ich hatte meinen ersten Job – richtig los und es folgte ein sehr langer, steiniger, harter und arg teurer Weg ins Klangnirvana mit der Erkenntnis, dass man dieses mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eh nie erreichen wird. Problem: Diese Erfahrung stachelt die Motivation nur noch weiter an. Da hilft nur „keep cool“ und immer weiterhören!

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