Test: Phono Vorverstärker YBA Heritage PH100 – das Genuss-Brikett

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Edle Erscheinung: der „kleine“ Phonovorverstärker PH100 von YBA.

Wie kommt man auf die coole Idee, einen Phono-Vorverstärker so zu designen, dass er in der Vorderansicht fast unsichtbar im heimischen Rack steht, aber in der Tiefe einem ganz normalen, gängigen HiFi-Gerät entspricht? Yves Bernard Andre´, der Chef bei YBA sagt dazu: „Weil alle anderen es anders machen“. Na gut, das kann man mal so stehen lassen, mir fallen allerdings pragmatischere Gründe dazu ein. Der Hauptgrund dürfte sein, dass der PH100 vornehmlich aus Netzteil besteht. Und jeder auch nur halbwegs Vinylverrückte weiß, dass alles, was damit zu tun hat, am besten so weit wie möglich entfernt von der eigentlichen Phonovorstufe untergebracht sein sollte – im Idealfall sollte das Netzteil sogar ausgelagert sein. Der PH100 bietet diesbezüglich die andere Lösung: Phonovorverstärker direkt hinter der Frontplatte und Stromversorgung ganz weit weg – hinten im Gehäuse.

Beste Voraussetzungen also für ein spannendes Tête-à-Tête. Angenehm bandscheibenschonend leicht kommt er aus seiner Verpackung, der kleine YBA (es gibt noch zwei größere Modelle), fast macht man sich Sorgen, dass der knapp zweieinhalb Kilogramm schwere PH100 kippeln könnte, wenn man schiffstauähnliche Verkabelung nutzt – aber nichts da, aufgrund seiner Tiefe und den hinteren gummibewehrten Standfüßen steht er seinen Mann, der tapfere Franzose.


YBA Heritage PH100 – Die Technik

Der PH100 soll es laut YBA seinem künftigen Besitzer bei der Anpassung des Tonabnehmers so leicht wie möglich machen. Daher hat er keine Dipschalter oder sonstiges „Teufelszeug“ zur Impedanzanpassung, denn Yves Bernard Andre vertritt die Meinung, dass „jeder Kontakt oder Schalter für das klangliche Ergebnis eine Rolle spielt, da der Pegel des Signals sehr gering ist und auf jede Störung des Übertragungsweges reagiert“. Und ein Kontakt oder ein Schalter stellt seiner Meinung nach eben eine solche Störung dar.

Versteck: Unter der blechernen Abschirmung kann man, wenn man reinschaut, ganz hinten die silbernen, gekapselten MC-Übertrager erahnen, auf die YBA zu Recht stolz ist.

Deswegen geht YBA den „klassischen“ Weg und nutzt zur MC-Anpassung Übertrager – übrigens keine von der Stange, man lässt sich an dem Punkt nicht lumpen und fertigt diese im eigenen Haus. Das ist ein Statement in dieser Preisklasse und auch ein Merkmal, mit dem sich der PH100 ganz klar von der Masse abhebt. Denn wenn es elektrisch mit dem Tonabnehmer passt, dann ist eine solche Übertragerlösung, auch wenn sie etwas „antik“ anmutet, auf jeden Fall die charmantere, meist rauschärmere und auf keinen Fall klanglich schlechtere Möglichkeit, sich sein schwarzes Gold zu Gemüte zu führen. Falls Sie das nicht glauben sollten, fachsimpeln Sie mal ein wenig mit dem Besitzer eines Tonabnehmers der Sorte eines Ortofon SPU oder eines EMT TSD 15 – die würden ihren geliebten Übertrager am liebsten des Nachts mit ins Bett nehmen, damit diesem ja nichts passiert (und tun das wahrscheinlich nur nicht, weil deren bessere Hälfte sonst die netten Jungs aus der nächsten Nervenheilanstalt kommen lassen würde).

Klare Kante hinten: bis auf die Schalterstellung „MC High“ bedarf es keinerlei Erklärungen. Die Netzphase ist gekennzeichnet.

Die Übertrager werden im PH100 bei Bedarf (und Anschluss eines MC-Tonabnehmers) einfach zugeschaltet und generieren eine Verstärkung von 20 dB – das Signal wird dann „impedanztechnisch hochtransformiert“ auf 47 Kiloohm in den nachfolgenden Signalpfad und somit passend an den folgenden MM- Phonoverstärker weitergereicht.

Dieser ist recht klassisch aufgebaut, was bedeutet, dass er per Operationsverstärkern seinen Job erledigt. Die Phonoentzerrung nach RIAA erfolgt passiv. Das ist nichts bahnbrechend Neues, aber tausendfach altbewährt. Die „eigentliche“ Phonovorstufe „macht“ 40 dB Verstärkung (im MC-Betrieb und bei Nutzung der Übertrager liegt man also bei den gemeinhin üblichen 60 dB) und ist erfreulicherweise für MM-Betrieb auch separat per Kippschalter ansteuerbar.

Was ich toll finde: Man kann zwei Tonabnehmer / Tonarme gleichzeitig anschließen und kann so nach Lust und Laune hin- und herschalten. Das kam mir natürlich sehr entgegen – so konnte ich mit meinem Ortofon SPU (natürlich mit separatem SPU-geeigneten Übertrager, Sie wissen schon…..) den MM-Eingang und mit meinem Cadenza Bronze gleichen Herstellers den MC-Eingang nutzen, was den Gang hinter das Rack und ein ewiges Umverkabeln erspart. Es gibt noch eine weitere Einstellung namens „MC High“ – diese habe ich nicht genutzt, weil sie nur für sehr spezielle Anwendungsfälle (und Tonabnehmer) gedacht ist. In dieser Stellung bietet der YBA PH100 nämlich eine Verstärkung von 50 dB und einen Abschluss von 47 Kiloohm – außergewöhnlich. Ich könnte mir vorstellen, dass hier beispielsweise tonabnehmertechnisch ein moderneres EMT passt, weisen diese doch eine hohe Spulenimpedanz als auch eine für ein MC recht hohe Ausgangsspannung auf – ja, das könnte funktionieren und es käme sicherlich auf einen Versuch an. In meiner Konfiguration habe ich ausschließlich die Stellung „MC Low“ im Moving-Coil-Betrieb genutzt.

Die Unterseite des YBA PH100 mit Netzschalter sowie den drei Gerätefüßen – einer vorne, zwei hinten

Eine Erwähnung ist auf jeden Fall noch das Netzteil wert – weil es für einen Phonoverstärker sehr kräftig dimensioniert ist und außerdem einen sogenannten R-Core-Trafo mitbringt. Diese eher selten genutzten R-Cores sind dafür bekannt, kaum Störfelder zu emittieren als auch eine sehr geringe Brummneigung zu haben. Auch gut, weil selten (sogar in obersten Luxusgefilden): die markierte Netzphase. Danke und Kompliment!

Weitere Besonderheit dieser R-Core-Trafos: Man sagt ihnen eine gewisse „klangliche Signatur“ nach – sie neigen dazu, bei Überlastung sehr schnell, aber auch sehr „sanft“ sowie „weich“ nachzugeben. Ob sich das eventuell tatsächlich tonal niederschlägt? Spannende Frage.

Am offenen Herz: Der eigentliche Phonoverstärker ist versteckt unter der Blechabschirmung rechts. Der Rest ist Netzteil. Ganz links der R-Core-Trafo.


YBA Heritage PH100 – Der Klang

Da ist nicht nur das Cover lecker: Herb Alperts Klassiker von 1965.

Den Hauptschalter an der Unterseite auf „On“, den Kippschalter auf der Front auf „MC“, den zweiten Kippschalter auf der Rückseite gleichfalls auf „MC“ und schon hatte ich den YBA Heritage PH100 bestmöglich auf mein Ortofon Cadenza Bronze eingestellt. Die ersten Töne kamen noch etwas unmotiviert und beiläufig – klar, die hochwertigen Übertrager sowie die eigentliche Phonosektion müssen sich erst einmal warmlaufen. Nach einigen Stunden der „Anwärmung“ kam dann ein wunderbar „sämiges“ Klangbild zum Vorschein. Der Heritage PH100 musizierte das Meisterwerk „A Taste of Honey“ (LP, Herb Alpert, „Whipped Cream & Other Delights”) so charmant und lässig, dass Herbs Trompete förmlich auf ihn gewartet zu haben schien. Der YBA liegt tonal auf der charmant-nonchalanten Seite von neutral; wenn er sich entscheiden muss, ob es sich eher spitz-dynamisch oder doch lässig-zurückgelehnt anhören soll, entscheidet er sich ganz klar für zweiteres.

Eindeutig ein Gerät für Genießer und Leute, die nach Feierabend ein, zwei oder auch mehr LPs auflegen und sich dabei nach einem langen Arbeitstag nicht auch noch in der intellektuellen Suche nach noch mehr Details und noch mehr Räumlichkeit verlieren müssen. Ist der YBA Heritage PH100 demnach also nichts für Chefdynamiker und Headbanger? Das kann man so nicht sagen.

Schon so alt und doch so dynamisch: Dooby Brothers.

Unglaublich aber wahr: Um das herauszufinden, habe ich eine ältere LP aus der Siebzigern hervorgekramt, über die sich der YBA gleichfalls gefreut hat – es geht um die die Dooby Brothers und deren Song „Taking it to the Streets“ (LP, The Dooby Brothers, „Best of the Doobies“), wo es anscheinend bei der damaligen Aufnahme keine dynamischen Bremsen oder sonstige „Filter“ gab; das hört man auch. Die Lautstärkedifferenz von der leisesten zur lautesten Stelle ist gefühlt riesig, das Schlagzeug perlt, funkelt und strahlt, der Heritage PH100 steht dem Geschehen offenherzig gegenüber und tut das seine dazu – keine Einschränkungen, höchstens sehr weit oben, da wo die Percussion manchmal in den Ohren wehtut, rundet der YBA ein wenig ab. Kein Beinbruch, sondern eher Charakterfrage (und eventuell mit einem MC-System vom Schlage eines van den Hul mit scharfem Schliff „umpolbar – wenn man das braucht). Was ich noch unbedingt erkunden wollte war die Kombination Ortofon SPU samt passendem (externen) Übertrager. Also flugs den Schalter auf der Front umgestellt auf „MM“ – und schon gings los mit einer dieser glücklichen HiFi-Kombinationen, die man nur selten findet. Anscheinend haben sich hier drei Komponenten gefunden, die zwar so nie geplant waren, sich aber dennoch überraschenderweise lieben.

Spielte der YBA via MC noch eher etwas „laid back“-sonor (was aber einen tollen Charme hat, das ist eben genau das richtige für jazzige oder klassische Einspielungen), gesellte sich über den MM-Eingang eine leicht quirligere, rhythmischere Note dazu; der Heritage PH100 spielt, wenn er die Signale von der Paarung SPU sowie passendem Übertrager gereicht bekommt, minimal weniger „süffig“. Die Dooby Brothers sind von der Leine gelassen, es macht einen tierischen Spaß – die Cymbals und die Percussion spielen nun knalliger, mit mehr „Schmiss“. Ich glaube aber nicht, dass das ein Thema der internen Übertrager ist – erstens spielen diese auch mit meinem Ortofon Cadenza Bronze eigentlich auf einem recht hohem Niveau, das zu übertreffen nicht so einfach sein dürfte, zweitens könnte diese Paarung sicherlich durch ein „passenderes“ MC-System ohne weiteres getoppt werden – ich denke da an ein Lyra oder sogar an ein Van den Hul…oder möglicherweise ein Benz (am besten New Old Stock).

Das war aber nicht mehr mein Thema. Der YBA PH100 rockte in Zusammenarbeit mit meinem SPU meine LPs – mit dem ihm eigenen, charmant-lässigen Charakter und dem standesgemäßen „Mitwippfaktor“.


YBA Heritage PH100 – Fazit

Der „kleine“ Phono Vorverstärker YBA PH100 ist in seiner Preisklasse auf jeden Fall eine sehr interessante sowie wegen seiner MC-Übertrager universelle, aber möglicherweise auch leicht spezielle Ausnahmeerscheinung. Wegen eben dieser Feststellung sollte man vor dem Erwerb versuchen, ihn zu Hause am eigenen (MC-) System zur Probe zu hören. Denn eine MC-Anpassung per Übertrager kann, muss aber nicht unbedingt immer funktionieren. Wenn es aber passt, ist das kleine Phono-Brikett unbedingt eine Sünde wert. Im Übrigen goutiert es der PH100, wenn man ihm ein gutes Netzkabel spendiert, er dankt es mit einer gesteigerten Dynamik im Bassbereich.

Ein tolles Teil, was gerne noch länger bei mir hätte bleiben dürfen – es gibt so viele Tonabnehmer, die ich gerne noch am PH100 ausprobiert hätte. Hat man die richtige Kombi gefunden, kann man mit dem YBA und seinem lässig-charmanten, organischen sowie natürlichen Ton herrlich entspannte (Feier)-Abende voller Musik genießen. Dazu dann noch einen guten vin rouge – a votre sante´.


Im Test

Phono Vorverstärker
YBA Heritage PH100
Unverbindliche Preisempfehlung: 1.499,- €
Größe: B 125 x T 360 x H 118 mm
Gewicht: 2,5 kg
Front: Schwarz oder Silberfarben


Vertrieb

Günter Härtel
Handelsvertretungen
Lütgestrasse 18
59069 Hamm

Tel.: 02385-5236
Mobil: 0171-3119300
Mail: gh@haertel-vertrieb.de
Web: www.haertel-vertrieb.de


Mitspieler im Test

Quellen digital – Netzwerkspieler Olive Audio 4HD, High End CD-Spieler AMR CD-777
Quellen analog – Plattenspieler Dr. Feickert Audio Blackbird mit Tonabnehmer EMT HSD 006 und Ortofon SPU Classic GE MKII, Phono MM- & MC Verstärker Cyrus Signature Phono (mit PSX-R)
Verstärker – Vollverstärker Unison Unico 150, Vorstufe Audio Hungary APR 204, Endstufe Bryston 4 BSST, Hybridvollverstärker Circle Labs Audio A 200
Lautsprecher – Standlautsprecher Sonus Faber Olympica 2
Zubehör – Kabel von Horn Audiophiles, A23, HMS, Isotek, Boaacoustic


Ebenfalls im Test bei den HiFi-IFAs der Stereo-Vollverstärker YBA Heritage A200

Test: YBA Heritage A200 – Vollverstärker mit D/A-Wandler & Bluetooth

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Kein Studium der Elektrotechnik. Keine Lehre im Hifi-Laden, auch sonst kein Job in der einschlägigen Branche. Nur pure, echte Leidenschaft, die schon im Kindesalter dazu geführt hat, dass ich mir die Nase an den entsprechenden Schaufensterscheiben plattgedrückt habe. Dann ging es - ich hatte meinen ersten Job – richtig los und es folgte ein sehr langer, steiniger, harter und arg teurer Weg ins Klangnirvana mit der Erkenntnis, dass man dieses mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eh nie erreichen wird. Problem: Diese Erfahrung stachelt die Motivation nur noch weiter an. Da hilft nur „keep cool“ und immer weiterhören!

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