Das Leben als HiFi-Rezensent ist schön, denken Sie? Man hat immer etwas Neues zum Ausprobieren, Vergleichen und Hören? Quasi Spaß ohne Reue? Ja, liebe Leser, Sie liegen richtig. Genau das dachte ich auch, als ich den Circle Labs A 200 zum ersten Mal in Augenschein nehmen konnte. Schwarz, edel und schwer stand er vor mir, sein Äußeres scheint mit jeder Faser zu flüstern „komm, schalt mich ein, ich zeige Dir, wie ernst ich es mit Dir meine“.
Die beiden führenden Köpfe bei Circle Labs Audio aus Krakau, Polen – Krzysztof Wilczyński und Krzysztof Lichoń – haben einen sehr hübschen Verstärker geschaffen, der optisch und haptisch schon vor dem ersten Ton fesselt. Damit liegen sie aktuell im Trend, denn viele unserer osteuropäischen Nachbarn holen seit Jahren Stück für Stück auf; dort werden gleichsam toll aussehende als auch hervorragend klingende HiFi-Gerätschaften erdacht und erbaut, und das zu Preisen, die es oft noch erlauben, sich nach dem Kauf zur Feier des Tages die passende Flasche Rotwein zu gönnen.
Circle Labs Audio A 200 – Die Technik
Wir haben es mit einem sogenannten Hybridverstärker zu tun – die hehre Absicht dahinter ist, die Vorteile von Röhren (hier in der Vorstufe) als auch Transistoren (hier im Endstufensektor) ohne die jeweiligen Nachteile miteinander zu vereinen. Nicht nur auf den ersten Blick ungewöhnlich ist die Wahl der beiden Röhren in der Vorstufe: Es handelt sich um die Doppeltriode ECC8100, die zwar eng mit der ansonsten gerne genutzten ECC88 verwandt ist, die beiden sind aber nicht untereinander austauschbar. Die ECC8100 gibt es nur noch als NOS („New Old Stock“), sie wurde von Siemens in München hergestellt, die sie quasi als OEM-Version unter anderem auch an Telefunken lieferte. An dieser Stelle ein Trost an alle Tube-Roller, ohne etwas vorwegzunehmen: Der Circle Labs A 200 hat kein „Röhrentuning“ oder sonst etwas in ähnlicher Richtung nötig. Er ist so gut, dass jeder Eingriff lediglich eine Verschlimmbesserung darstellen würde.
Wie vermeidet man am besten ein nach jahrelanger Nutzung „kratzendes“ mechanisches Potentiometer? Bei Circle Labs hat man darauf eine genial einfache Antwort: Man baut keines ein. Stattdessen „wirkt“ der Lautstärkeregler des A 200 auf eine Relaisbank, die ihrerseits ein Widerstandsnetzwerk befehligt, deren angegebene Toleranz von jeweils 0,1 % eine nicht existente Kanalungleichheit vermuten lässt… Auf jeden Fall fühlt sich ein Dreh am Lautstärkeregler so an, als würde man den Haupttresor der Deutschen Bank bedienen. Das leise, vornehme „Relaisklacken“ vermittelt einen nicht wegzudiskutierenden Eindruck von ewiger Haltbarkeit.
Schaut die Vorderseite mit ihrer Glasfront und dem „versteckten“ Display schon fein aus, hält die Rückseite, was Verarbeitungsqualität und die Optik angeht, sehr gut mit. Sauber und aufgeräumt gibt es fünf Line-Eingänge (einer davon symmetrisch) und einen „Power Amp In“ – man kann den Circle Labs also unter Überbrückung der Vorstufe als reinen Endverstärker nutzen. Machen Sie damit, was Sie wollen, liebe Leser, ich habe diesen nicht genutzt, weil sich mir nicht erschließt, wieso man die Vorstufensektion übergehen sollte. Aber es gibt ja immer wieder mal den ein oder anderen Hardcore-Highender, der seine Signalquelle beispielsweise bei der Integration ins Heimkino direkt an der Endstufe laufen lässt, weil er sich klangliche Vorteile verspricht.
Ich habe in meinem (HiFi-) Leben auch schon einiges ausprobiert und konnte bei solcherlei Experimenten nie wirklich eine nachvollziehbare „Verbesserung“ erleben. Ansonsten hat der A 200 „nur“ noch Lautsprecherklemmen (natürlich hochwertige von WBT) und den Netzanschluss. Was der Vollverstärker von Circle Labs nicht hat sind die Dinge, ohne die er einfach ein klassisches HiFi-Gerät ist. Er will nämlich kein Streamer sein, genauso wenig beabsichtigt er, als „Standalone“ CDs abspielen zu können oder nach Radiosendern zu suchen. Der Circle Labs A 200 möchte sich auf seine Kernkompetenz konzentrieren: die Verstärkung des modulierten Stroms (auch Musiksignal genannt). Als alter „Vinylist“ hätte ich aber eine Bitte an unsere polnischen Freunde, wo man gerade eine externe Phonostufe entwickelt (wie man aus gut unterrichteten Kreisen hört). Es wäre schön, wenn der A 200 eine integrierte Phono-Vostufe hätte (es darf auch ruhig „nur“ MM sein), das würde sehr gut ins „schwarze“ Konzept passen.
In der Endstufensektion schwitzt pro Kanal ein Ringkerntrafo, die Netzteile haben eine Gesamtkapazität von 200.000 µF, was sehr ordentlich ist. Zur Anwendung kommt übrigens an dieser Stelle eine von Circle Audio erdachte Schaltung Namens „Circle Power Technologie“. Diese soll eine unsymmetrische Eingangsstufe mit einer Stromansteuerung der (bipolaren) Ausgangstransistoren so miteinander verheiraten, dass die Ausgangsimpedanz an den Lautsprecherklemmen sinkt (auf 0,016 Ω) und somit der Dämpfungsfaktor steigt (auf 500, gemessen an 8 Ω), ohne das Musiksignal zu beeinflussen. Die Leistung beträgt 100 Watt / 8Ω sowie 200W / 4Ω, was für den überwältigenden Großteil aller Anwendungsfälle ausreichen sollte.
Technische Daten
- Ausgangsleistung (RMS): 100 W/8 Ω, 200 W/4 Ω
- Frequenzgang: 10 Hz-130 kHz (- 3dB)
- Eingangsempfindlichkeit: 0,9V (volle Leistung)
- Verstärkung: 34 dB
- Eingangsimpedanz: 25 kΩ
- Ausgangsimpedanz: 0,016 Ω
- Dämpfungsfaktor bei 8 Ω: 500
- Abmessungen 43,0*36,0*18,0 (b*t*h)
- Gewicht: 20 kg
Circle Labs Audio A 200 – Der Klang
Exakt 29 Sekunden nachdem man mit einem soliden „Klack!“ per obenliegendem Taster die Standby-Phase beendet hat, hat der Circle Labs A 200 schonend seine Röhren aufgewärmt und schaltet die Lautsprecherausgänge frei. Ab hier kann man schon einmal damit anfangen, ihn mindestens ein bis zwei Stunden aufzuwärmen – so dachte ich. Als sich aber schon nach ungefähr 20 Minuten nichts mehr im Klangbild veränderte (und ich habe stundenlang darauf gewartet) war ich erstaunt. Ein Telefonat mit Björn Kraayvanger vom Vertrieb LEN HiFi offenbarte des Rätsels Lösung: Der Verstärker war schon längst eingespielt, sodass eine relativ kurze Aufheizrunde völlig ausreichte.
Zum Anfang etwas von der Langspielplatte: Auf „L`orchestra Italiana“ von Renzo Arbore (Signoricci Vinyl, 2008) befindet sich das alte süditalienische Lied „O Sarracino“, das nicht nur Bigbandelemente, sondern auch hervorragenden Vokalgesang enthält, welcher den Hörer die gesamte Dynamik eines neapolitanischen Tages in all seinen Facetten erleben lässt – man wähnt sich in der Haut des schwarzgelockten Jünglings, der Zigarette rauchend durch die abendlichen Straßen zum Essen schlendert und währenddessen von jungen Frauen angeschmachtet wird.
Der Circe Labs A 200 bringt dieses Szenario auch ganz genau so rüber – mit viel Gefühl, herber Dynamik und profunder Lebensfreude. Er ist kein Erbsenzähler, der nur genau das verstärkt, was auf der Software enthalten ist. Er geht darüber hinaus und schafft es irgendwie, dem Zuhörer zu suggerieren, er sei „dabei“. Instrumente sowie stimmliche Anteile werden dabei schön voneinander getrennt, auch brutale Bassattacken beeinflussen nicht die übrigen Frequenzanteile – der A 200 bleibt unter allen Umständen stabil und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.
Circle Labs ist in der Lage, seinem Vollverstärker sozusagen den „Kitt“ mitzugeben der dafür sorgt, dass einzelne Schallereignisse miteinander vereint werden, was die Voraussetzung für ein ganzheitlich-zusammenhängendes Klangbild schafft. Das hört sich langweilig an, meinen Sie?
Da hat Nils Landgren mit seinem Album „Funky Abba“ etwas dagegen: „Gimme! Gimme! Gimme!“ wird vom A 200 folgerichtig auch so humorlos dynamisch-geradeaus gespielt, dass man tatsächlich richtig Lust bekommt, sich noch mehr von dieser ansonsten eher eintönigen CD anzuhören (nicht falsch verstehen, ich halte ABBA für eine der größten Popbands, die es jemals gab). Da knallen die Beats, da kreischt das berühmte „Red Horn“ seine ganzen Facetten durchs Haus…und doch: Der Circle Labs A 200 nimmt sich die künstlerische Freiheit, hier und da beispielsweise die Stimme von Gianmaria Testa auf „Un aeroplano a vela“ einen Schritt auf mich zukommen zu lassen und verleiht seiner Gitarre Kraft, Energie sowie eine gewisse „Schönheit“ – eine, die Testa sicherlich auch beabsichtigte.
Der Circle Labs zählt nicht die Erbsen, er lässt die Musik in der ihr eigenen Dramatik erklingen und macht das schlicht und einfach – natürlich. Er wird Ihnen die Unterschiede verschiedener Aufnahmen ganz klar und eindeutig darlegen und nichts verschweigen – dazu ist er zu gut und die Erbauer von Circle Labs anscheinend zu ausgebufft. Was der A 200 aber nicht tun wird, ist Ihnen beispielsweise eine rabenschlecht aufgenommene CD oder LP um die Ohren zu schlagen auf die Art und Weise „hier ist deine furchtbare Pressung – nun schau, was du damit anfängst“. Er wird immer ein Gran musikalisch verbindlicher sein als zum Beispiel ein Accuphase E-280 (den ich im Übrigen unter anderem zum Vergleich hier hatte). Und damit auch sympathischer, unsezierender und langzeittauglicher. Und dennoch kein Detail verschweigend. Nur sind diese besser in die Darstellung „eingewoben“.
Damit ist der Circle Labs für mich und meine Ohren ein ganz „großer“ – er schafft es, sich vor der Anlage auch Alben am Stück anhören zu können, die man sonst schnell wieder vom Plattenteller nimmt. Er stellt sich auf die „Klangphilosophieseite“ der großen (und teuren) Namen in der Szene wie Pass, Gryphon und darTZeel und kommt diesen in vielen Bereichen mehr als gefährlich nahe.
Circle Labs Audio A 200 – Fazit
Den Mannen von Circle Labs ist mit dem A 200 ein mehr als überzeugendes Erstlingswerk gelungen. Der A 200 ist hervorragend verarbeitet, schaut edel aus und überzeugt klanglich mit seiner Mischung aus Seidigkeit, dynamischer Explosivität und Natürlichkeit. Hier und da macht er räumlich Klangereignisse „größer“ als sie sind, das macht ihn aber nur noch sympathischer – wie einen heißen Espresso mit nur einem Hauch Zucker, abends nach dem Essen auf der Piazza Navona in Rom. Wenn Sie einen Verstärker suchen, der auf ganz, ganz hohem Niveau die Songs Ihrer Lieblingsband nicht Millimeter für Millimeter abzirkelt sondern diese einfach nur spielen und leben lässt, dann ist das Ihrer. „Meiner“ ist es bereits geworden.
Im Test
High End Vollverstärker
Circle Labs Audio A 200
Größe: 43,0*36,0*18,0 mm
Gewicht: 20 kg
Front: Schwarzglas
UVP: 7.500 €
Vertrieb
LEN-HIFI
Exklusive Musiksysteme
Björn Kraayvanger
Herkenweg 6
47226 Duisburg
Tel.: +49 (0) 2065 544139
Mobil: +49 (0) 176 6477 2261
Mail: info@lenhifi.de
Web: www.lenhifi.de
Mitspieler im Test
Quellen digital – Netzwerkspieler Olive Audio 4HD, High End CD-Spieler AMR CD-777
Quellen analog – Plattenspieler Dr. Feickert Audio Blackbird mit Tonabnehmer EMT HSD 006 und Ortofon SPU Classic GE MKII, Phono MM- & MC Verstärker Cyrus Signature Phono (mit PSX-R)
Verstärker – Vollverstärker Unison Unico 150, Vorstufe Audio Hungary APR 204, Endstufe Bryston 4 BSST
Lautsprecher – Standlautsprecher Sonus Faber Olympica 2
Zubehör – Kabel von Horn Audiophiles, A23, HMS, Isotek, Boaacoustic