Pro-Ject Audio startete 2016 sein Pflegeprogramm für feinstes Vinyl und brachte seine erste Schallplattenwaschmaschine VC-S für ein schlankes Budget von unter 500 Euro auf den Markt. Bernd testete die VC-S im Jahr ihres Erscheinens, als der von ihm frisch ins Leben gerufene HiFi-IFAs Blog noch in den Kinderschuhen steckte. Zwischenzeitlich brachte Pro-Ject die VC-E und die VC-S2 ALU mit weitgehenden Verbesserungen auf den Markt. Die Erfahrungen von sieben Jahren ließ der österreichische Hersteller in die neuen Modelle Pro-Ject VC-E2 und Pro-Ject VC-S3 einfließen, die seit Anfang 2023 verfügbar sind. Wir HiFi-IFAs haben die größere Variante der beiden, die VC-S3 zum Preis um 700 Euro, zum Praxis-Test bei uns zu Gast.
Annäherung
Der deutsche Vertrieb AudioTrade stellte uns die full-size Version VC-S3 der aktuellen Plattenwaschmaschinen zur Verfügung. Mit den Maßen 415 * 325 * 272 mm (Breite * Höhe *Tiefe) steht die aufgelegte Schallplatte also nicht über die Deckplatte des soliden Gehäuses aus 5mm Sandwich-Aluminium über. Mit dem im Inneren verbauten Motor sowie der Vakuumpumpe kommt der Kubus auf ein Gewicht von 8 kg. Der Bauraum ermöglicht die Unterbringung eines 2,5 Liter-Tanks für abgesaugte Reinigungsflüssigkeit. Mit der VC-S3 richtet sich Pro-Ject an ambitionierte Plattenwäscher unter den Vinyl-Fans ohne allerdings auf eine professionelle Anwendung abzuzielen. Die Vorteile gegenüber dem kompakten Schwestermodell VC-E2 bieten zudem der umfangreich verbesserte Vakuummotor mit Aluminium-Montagepads und eine kataphoretische Oberflächenbehandlung (Autofans kennen die KTL bei Fahrzeugrohkarossen). Pro-Ject stellt seine neuen Schallplattenreinigungsgeräte übrigens komplett in Europa her.
Für Musikhörer die nicht so tief in der Materie stecken: Reinigungsflüssigkeiten werden gern in den Verpackungsgrößen 250 ml, 500 ml und 1 Liter angeboten. Pro-Ject rechnet in der Bedienungsanleitung mit 3ml je Seite / 6ml je Platte, also theoretischen 16 LP-Waschungen je 100 ml. Damit deutet sich das immense Potenzial des integrierten 2,5 Liter Tanks an, bevor es rechnerisch erst nach rund 400 LPs an die erste Leerung geht. Den „angels share“, so würden es wohl Whiskey-Fans nennen, also die Effekte durch Verdunstung aus dem Behälter, gar nicht mitgerechnet. Dieser zögert die Entleerung noch weiter hinaus.
Für Gelegenheitswäscher bietet sich demnach auch die Pro-Ject VC-E2 an, die „nur“ einen 0,5 Liter Tank hat, aber mit den 310 * 266 * 210 mm (Breite * Höhe *Tiefe) deutlich kompakter daher kommt und so auch weniger Stellfläche benötigt. Hier steht die Platte bei der Reinigung zwar über, was aber keinen Einfluss auf die Wirkungsweise hat.
Wichtiger Hinweis für Vinyl-Fans, die Probleme mit schmutzigen Singles haben: Für 119 Euro bietet Pro-Ject 7″ Adapter-Kits an, die auch dieses Format mit passendem Vakuumarm waschbar machen.
Praktisch ist die Füllstandsanzeige als Durchbruch im Gehäuse mit „MAX-Anzeige“ und die optimierte Ventilationsöffnung des Behälters zum Druckausgleich und für die Verdunstung. Das Gitter sitzt recht fest und kann aber beherzt ohne Werkzeug entfernt werden. Dann lässt sich, was bei der VC-S3 wohl eher selten vorkommen wird, für den Fall der Fälle eine mitgelieferte Ausgusshilfe aufstecken. Damit läuft nichts in den Spalt zwischen Stutzen und Gehäuse. Und wo ich grad dabei bin: Pro-Ject hat in 100 ml Probierpackungsgröße seine „ready-to-use“ Wash it 2 Reinigungsflüssigkeit beigelegt. Ich bin also startklar.
Montage
Beim Auspacken war nicht nur unsere Katze MiNKA neugierig, was alles im Paket war. Das Drapieren des Zubehörs auf dem Gerät schaffte teils intuitiv und teils nach Überfliegen der übersichtlichen Betriebsanleitung Klarheit. Pragmatismus war offensichtlich das oberste Gebot bei der Konstruktion der Plattenwaschmaschine. Auffällig sind dabei die Linsenkopfschrauben auf der Deckeloberfläche, die Aufschluss auf die Montage des Gehäuses im Inneren geben. Die Köpfe sind zwar erhaben und nicht versenkt, stören aber nicht und befinden sich außerhalb von Gefahrenbereichen.
Der Teller wird mittels einer Innensechskant-Madenschraube auf die abgeflachte Stelle der Motorachse geklemmt, damit sich der Teller nicht abhebt, wenn man im Gebrauch an der magnetischen Plattenklemme zieht. Der passende Winkelschlüssel liegt bei. Sollte sich die Schraube später nach vorsichtiger Montage einmal lösen, was vorkommen kann, sollte man wissen, wo er liegt. Beim Ansetzen fühlt sich der Schlüssel sehr von den Magneten des Tellers angezogen, was aber mit etwas Fingerspitzengefühl gut handhabbar ist. Die beiliegenden Distanzscheiben aus Kunststoff können nach Bedarf auf der Achse dem Teller unterlegt und so die Höhe eingestellt werden.
Der Vakuumarm, der später die Platte trocknet, hat in seinem Achsrohr einen Stift, der in zwei, um 90 Grad versetzte Nuten des Aluminium-Sockels rastet und so die definierten Stellungen Parken und Absaugen erhält, die später von Hand eingestellt werden. Der Schlitz des Saugarmes ist von einem geklebten Filz umgeben, der – weil Verschleißteil – noch einmal als (später auch nachkaufbares) Ersatzteil beiliegt. Nun noch das Standard-Netzkabel einstecken und schon kann schon losgehen. Die Fotos zu machen hat übrigens deutlich länger gedauert als die eigentlichen Vorbereitungen.
Die Pro-Ject VC-E2 und VC-S3 sind frei von Gimmicks. Was von Hand erledigt werden kann, wird von Hand erledigt, eine Steuerung ist somit überflüssig, das erledigen zwei handfeste Kippschalter. Die notwendige, überschaubare Schaltungslogik ist in den Kopf des Benutzers ausgelagert. Schalter eins schaltet den Motor: Aus / im Uhrzeigersinn / gegen den Uhrzeigersinn, der zweite: Vakuumpumpe An / Aus. That’s it.
Erste Schritte
Ich beschreibe mein Vorgehen mal ausführlicher, da es ja Menschen geben soll, die als Einsteiger mit dem Gedanken der Vinylreinigung spielen und so einen Eindruck vom Prozedere bekommen. Die Cracks werden das alles kennen oder ihre eigenen Tricks und Kniffe haben. Also, nun eine Platte auflegen und mit der Magnetklemme fixieren. Das ist sehr praktisch und geht fix von der Hand, da die Vorgängermodelle noch mit einer Verschraubung gearbeitet haben. Der Teller und die Klemme haben eine weiche Beschichtung, die das Label schont sowie abdichtet und vor Flüssigkeit schützen.
Jetzt kommen wir wieder zum manuellen Teil des Plattenwaschens: Die verarbeitungsfertige Waschlösung Wash It 2 aus der Packung vorsichtig aufträufeln und mit der ebenfalls beigelegten Naturhaarbürste verteilen und vorsichtig einarbeiten, gerne auch in beiden Laufrichtungen des Motors. Ich persönlich habe vorher die Schallplatte mit einer konventionellen Bürste von Staub und Fusseln befreit, damit bei der nassen Reinigung keine unnötigen Partikel im Spiel sind. Pro-Ject empfiehlt eine Dosis von 3 ml (wie immer man das messen soll) des Reinigungsmittels, die genaue Menge liegt dann aber logischerweise in Aug und Hand des Anwenders. Wenn man die Flüssigkeit langsam von Innen nach Außen aufträufelt, ergibt sich eine schöne spiralförmige Spur. Bei den ersten Waschungen benötigt man etwas mehr Waschlösung, weil die Naturborsten der Bürste doch einiges an Flüssigkeit aufnehmen. Wer später größere Verpackungsgrößen des Flüssigreinigers kauft, dem sei das Umfüllen in eine Dosierflasche (Beschriften nicht vergessen, sonst gibt’s Ärger mit der Arbeitssicherheit 😉 ) empfohlen, die auch punktgenau verteilt.
Zeigt sich beim Verteilen ein gleichmäßiger, dünner Film – es sollte keine Flüssigkeit von der Platte laufen – kann man den Vakuumarm – wieder von Hand – einschwenken und die Vakuumpumpe aktivieren. Nach ein bis zwei Umläufen ist die Platte trocken, gerne auch nochmal in Gegenrichtung absaugen lassen. Voilà. Ob man den Vorgang bei hartnäckiger Verschmutzung wiederholen sollte, auch das liegt, wen wundert es, im Ermessen des Waschmeisters. Aber das ist bei allen anderen Waschmaschinen ebenfalls so.
Erster Eindruck
Mission erfüllt! Die Pro-Ject VC-S3 zeigte eine gute Reinigungswirkung, so wie man es sich wünscht. Dabei ist sie kein Leisetreter, da das Motorgeräusch gut vernehmbar und die Vakuumpumpe recht laut ist. Pro-Ject hat bewusst Aufwände an Stellen reduziert, die der reinen Optik, Automatismen oder dem Komfort dienen, um den Preis so attraktiv wie möglich gestalten zu können. Der Reinigungsvorgang dauert nur wenige Minuten, dabei ist die Vakuumpumpe aber nur wenige Sekunden am Werk. Wer also Schallplatten allein reinigt, den sollte die Geräuschkulisse also nicht stören. Wer allerdings in Gesellschaft von geräuschempfindlichen Menschen ist, die mit der Plattenwäsche nichts zu tun haben, der fordert gute Nerven ein 😉 Im eigenen Hörzimmer oder einem Hobbyraum, in dem sich der Vinyl-Freund zur Plattenpflege ungestört wie nicht störend zurückziehen kann, braucht man sich meiner Meinung nach keine Gedanken zu machen. Meistens reinigt der Plattenhörer eh nur wenige Neuzugänge auf einmal.
An die Handhabung gewöhnte ich mich schnell, die Handgriffe saßen schnell und mit etwas Ablagefläche zum Nachtrocknen der Schallplatten ergab sich ein gut funktionierender, flüssiger Arbeitsablauf beim Reinigen mehrerer Scheiben, der Magnethalter trug seinen Teil dazu bei. Perfekt wäre es gewesen, wenn der Vakuumarm noch näher an die Plattenmitte heran trocknen würde, da um die Klemme herum zum Teil noch ein schmaler Streifen Feuchtigkeit blieb. Bei einigen LPs muss man ja weit nach innen Reinigungsflüssigkeit aufbringen. Den muss man dann manuell entfernen oder in seinem Arbeitsablauf bis zum Wiedereintüten trocknen lassen, was kein Problem darstellt.
Erwartungsgemäß veränderte sich der Klang der Platten ins Positive, nachdem sie von Fremdkörpern und Substanzen befreit waren, die nicht in die Rille gehörten. Ist auch logisch, da die Information in der eingepressten Geometrie liegt. Auch hörbare Abtastfehler, sollten sie denn von Verunreinigungen herrühren, wurden zuverlässig entfernt. Zu empfehlen ist die Reinigung übrigens auch bei neuen Schallplatten, um die Oberfläche vom Trennmittel zu befreien, das noch als Rückstand vom Pressvorgang vorhanden sein kann. Das Mehr an feinen Informationen machte sich in einem transparenteren, offeneren Klangbild mit mehr Details und Nuancen bemerkbar, wobei auch die Räumlichkeit gewann. Eine Reinigung seiner Schallplatten ist unbedingt zu empfehlen und trägt zur Freude am Musikhören mit Vinyl bei
Lieferumfang
- Plattenwaschmaschine
- Vakuumarm
- Selbstklebender Armstreifen (Ersatz)
- Magnetische Plattenauflage
- Inbusschlüssel zur Montage
- Magnetische Klemme
- Naturhaarbürste
- Wash it 2 Reinigungsflüssigkeit (100ml)
- Stromkabel
- Ausgusshilfe
- 2 Distanzscheiben
- Abstreifer
Technische Daten
- Reinigungsgeschwindigkeit: 30 U/min (zwei Drehrichtungen)
- Netzanschluss: 110/120 oder 230/240 Volt 50 oder 60 Hz
- Energieverbrauch: 230V/800W, 120V/650W
- Maße (Breite * Höhe *Tiefe): 415 * 325 * 272mm
- Gewicht: 8kg
Fazit
Der Titel dieses Berichts fasst die Eigenschaften Plattenwaschmaschine Pro-Ject VC-S3 eigentlich bereits treffend zusammen: pragmatisch, praktisch, gut. Der österreichische Hersteller hat sich bei der Konstruktion der VC-S3 bewusst auf das Wesentliche konzentriert: die Reinigungswirkung und die Robustheit. Damit bietet Pro-Ject ein Einstiegsmodell um 700 Euro mit gutem Preisleistungsverhältnis und ansprechender Funktionalität an, das sich an Hörer von Langspielplatten richtet und sich auch für längere Waschtage empfiehlt. Der Verzicht auf Automatismen und das relativ laute Absauggeräusch lassen sich gut verschmerzen. Für Gelegenheitswäscher bietet Pro-Ject als kompakte Alternative zudem noch die VC-E2 um 450 Euro an. 7″-Adapter-Kits sind als Zubehör für 119 Euro erhältlich. Sauberem Vinyl-Sound steht also nichts mehr Wege.
Im Test
Plattenwaschmaschine mit Vakuumarm und 2,5 Liter Tank Pro-Ject VC-S3
Preis: 699 Euro
Die kompakte Alternative mit geringerer Stellfläche und 0,5 Liter Tank: Pro-Ject VC-E2
Preis: 450 Euro
Zubehör: Pro-Ject 7″ Adapter-Kits für die Wäsche schmutziger Singles
Preis: 119 Euro
Vertrieb
ATR Audio Trade
HiFi Vertriebsgesellschaft mbH
Schenkendorfstraße 29
45472 Mülheim an der Ruhr
Web: www.audiotra.de
Mail: info@audiotra.de
Tel.: +49 (0) 208-882 66 0
Mitspieler im Test
Digitale Quellen – LUMIN U1 mini, NuPrime Stream 9, Merason DAC1 Mk II, Musikserver Innuos ZENith Mk3
Plattenspieler / Phonovorstufe – Rega P8 mit Excalibur Platinum, Vertere Techno Mat, Rega Aria Mk3, SPL Phonos
Verstärker – SPL Phonitor x mit DAC768 Kopfhörerverstärker/DAC, SPL Director Mk2.2 Vorverstärker/DAC, Cambridge Audio Edge W Stereo-Endstufe, Makroaudio LittleBIG Power Mono-Endstufe, SPL Performer s1200 Stereo-Endstufe
Lautsprecher – Dutch&Dutch 8c, Diapason Adamantes V
Kopfhörer – ULTRASONE Edition 15
Signalkabel – WSS Platin-Line KS-20 XLR, WSS Premium-Line KS-200 XLR, Boaacoustic Evolution BLACK.rca
Lautsprecherkabel – Boaacoustic Mercury, Melodika MDSC4030, Kabelbrücke Melodika MDSC1501
Digitalkabel – Boaacoustic USB-Kabel Silver Digital Xeno, Supra Cables USB 2.0 Excalibur, Supra Cables DAC-XLR AES/EBU, Netzwerkkabel Wireworld Starlight 8, Boaacoustic SIGNAL.lanCat.6A
Netzkabel – Netzkabel Supra LoRad 2.5, bfly bPower
Zubehör – Netzleiste SUPRA Cables LoRad MD07 DC 16 EU SP MKIII, SBooster BOTW P&P Netzteil, NuPrime AC-4 Power Conditioner, NuPrime Omnia SW-8 HiFi Netzwerk-Switch, Innuos PHOENIX USB-Reclocker, MUTEC MC3+ USB
Fotos: F. Visarius, Vertrieb (1)