Zum Test hat sich in meinem Hörraum der Kopfhörerverstärker und Digital-Wandler FOCAL ARCHE eingefunden. Eigentlich an meinem Schreibtisch, der sich im Zuge der Kopfhörertests in letzter Zeit zu einem innig geliebten Hörplatz entwickelt hat. Eine Anekdote zu Beginn, da ich offen zugeben muss, die Mails vom deutschen Vertrieb im Detail nur mit einem halben Auge gelesen zu haben und dachte: Klasse! FOCAL hat sein neues Produkt nach meinem Nickname ARCHIE aus dem ehemaligen Stereoplay- und AUDIO-Forum benannt. Was ein lustiger Zufall.
Doch weit gefehlt. Dem frankophilen Menschen wäre wohl auch aus dem Augenwinkel bereits aufgefallen, das hier ARCHE, der französische Begriff für „Bogen“, vermerkt war und nicht mein eher im englischen Sprachraum zu verortender Nickname. Und der Frankophile wäre nicht auf die falsche Fährte gekommen, wie ich, der die Schulbank im Lateinunterricht gedrückt hat. So teste ich nun den FOCAL ARCHIE, äh ARCHE (Pardon!) und bin gespannt auf die Eindrücke, die mich erwarten.
Der FOCAL ARCHE kam in Begleitung des edlen Kopfhörers FOCAL STELLIA zu mir. Beide Geräte wurden gemeinsam vom deutschen Vertrieb FOCAL NAIM lanciert. Und natürlich empfiehlt FOCAL den ARCHE zum Einsatz mit den eigenen Top-Kopfhörern. Wir haben uns bewusst dazu entschieden, STELLIA und ARCHE nicht, wie der Schwob secht, gemeinsam abzuveschbern, sondern beiden Geräten ihre eigene Bühne in Form eines Test-Berichts zu bieten. In der Liga, in der der ARCHE (2.500 Euro) und der STELLIA (3.000 Euro) spielen, haben sie diese ungeteilte Aufmerksamkeit verdient. Zudem sind sie technisch im Betrieb nicht zwingend voneinander abhängig, so dass der Besitzer nach Belieben mit anderen Gerätschaften kombinieren kann. Vorverstärkerfunktionalität inbegriffen. Der Test des STELLIA folgt also alsbald.
Technik
Der FOCAL ARCHE wurde von Micromega für Focal entwickelt und wird in Frankreich hergestellt. Für runde 2.500 Euro ist der ARCHE seit März 2019 im Fachhandel erhältlich. Rückblickend muss man sagen, dass FOCAL richtig Gas gegeben hat, ist der französische Hersteller doch erst vor drei Jahren zur Spitze in der Kopfhörer-Liga aufgebrochen. Im HiFi-Business ist FOCAL ja bereits seit 40 Jahren sehr erfolgreich tätig.
Der ARCHE ist nicht nur ein Kopfhörerverstärker mit einem analogen Cinch-Eingang. Er ist auch ein vollwertiger DAC mit drei gängigen digitalen Eingängen (USB, TOSLINK und COAX). Der unsymmetrische Cinch-Ausgang sowie der symmetrische XLR-Ausgang machen ihn, weil lautstärkegeregelt, zu einem echten High End Vorverstärker. Der Freund eines schlanken Anlagenkonzeptes könnte ihn also auch, neben der Rolle als hochwertiger Kopfhörerzuspieler, zur Schaltzentrale in einem Musiksystem mit Aktiv-Lautsprechern oder einer Endstufe machen. Der XLR-Ausgang ist an dieser Stelle natürlich sehr praktisch.
Obwohl sich FOCAL mit Micromega externe Kompetenz ins Haus geholt hat – ein Ansatz den ich persönlich übrigens sehr gut finde, da er Kernkompetenzen in der Gestaltung des Produktes geschickt einsetzt – ist das Konzept des ARCHE bezüglich FOCAL-Produkten sehr integrativ: der Benutzer kann im Menü unter „Amplifier“ ein speziell abgestimmtes Preset für seinen FOCAL Kopfhörer wählen. Im Angebot sind also UTOPIA, ELEAR, CLEAR, ELEGIA und STELLIA. Die Optionen Voltage und Hybrid schalten im Amplifier Menü zwischen den zwei reinen Klasse-A-Verstärkungsmodi um. Aufgrund des Klasse-A Betriebs haben die Kühlrippen tatsächlich auch ihre Berechtigung. Der ARCHE wird im Betrieb wohlig warm.
Um die Signale optimal zu verarbeiten ist der ARCHE in „Dual-Mono“ aufgebaut und trennt die Stereo-Kanäle ab dem Netzteil strikt. Zwei Digital-Analog Konverter vom Typ Asahi Kasei Microdevices AK4490EQ „2-Kanal 768kHz/32-bit Premium DAC“ verarbeiten die PCM-Formate bis 384kHz oder DSD bis DSD256. Kanalgetrennt geht das analoge Signal konsequent weiter in zwei Klasse A Verstärker. Der ARCHE bedient so Kopfhörer von 16 bis 600 Ohm, die über symmetrische 4-point XLR oder unsymmetrische 6,35mm Klinkenbuchsen angeschlossen werden können. Beide Kabel liegen dem FOCAL STELLIA Kopfhörer übrigens bei.
Damit der Besitzer auf dem neuesten Stand bleibt, zum Beispiel wenn neue Kopfhörertypen als Presets hinzu kommen sollten, können Updates herunter geladen und über den USB-Eingang mittels eines USB-Sticks automatisch eingelesen werden. Das ist zukunftssicher und auch benutzerfreundlich. Wie der ganze ARCHE. Die Bedienung sowie die Menüführung per Dreh-Drückknopf ist schlicht und intuitiv beherrschbar. Das kleine, gut ablesbare Display gibt im Betrieb Auskunft über Quelle, Datenrate, Lautstärke und gewähltem Gain. Letzterer lässt sich im Menü auf High oder Low einstellen und bestimmt das Niveau, auf dem sich die Lautstärkeregelung abspielt. Zudem kann noch die Phase des Signals invertiert werden. Weitere Menüpunkte stellen das Display und den umweltschonenden Stromsparmodus (Sleep) ein.
Ein nettes Detail, das ohne aufgesetzten Kopfhörer vielleicht etwas befremdlich ausschaut, im Alltag aber extrem praktisch ist, ist ein beigelegter Aluminium-Bügel als Kopfhörerständer. Diesen kann der ARCHE Besitzer eng gepasst in die Kühlrippen stecken und von unten verschrauben. So bleibt platzsparend zusammen, was zusammen gehört. Ich muss sagen, ich habe dieses kleine, feine Feature sehr zu schätzen gelernt.
Der FOCAL ARCHE ist schnell aufgestellt und in Betrieb genommen. Auf eine Sache sollte der ARCHE Besitzer jedoch achten. Zur Entkoppelung vom Untergrund steht er auf kleinen, bereits montierten, spitzen Kegelfüßen. Aus klanglicher Sicht sicherlich eine gute Idee. Zum Schutz empfindlicher Oberflächen muss der Besitzer die Spitzen aber mit beigelegten, passend geformten Gummifüßchen unterlegen – wie auch ich auf meinem Schreibtisch. An dieser Stelle ist also etwas Aufmerksamkeit angesagt, nimmt man(n) doch erstmal gerne alles aus dem Karton und stellt es zur Vorbereitung der Inbetriebnahme irgendwo hin…
Doch ist erstmal der Kopfhörerständer-Bügel mit dem beigelegten Werkzeug an den Verstärker montiert und das Gerät mit etwas Fingerspitzengefühl auf den Gummifüßchen aufgestellt, geht es dank intuitiver Bedienbarkeit schnell mit dem Musikhören los. Immer auf niedrigem Lautstärke-Niveau 20. Damit nix schief geht.
Technische Daten
- Gerätetyp: DAC und Kopfhörerverstärker
- Maximale Ausgangsleistung: 2 x 1W @ 1kHz und 32 Ω
- Frequenzbereich: 10Hz bis 100kHz
- Total Harmonic Distortion (THD): < 0,001%
- Signal/Rausch-Verhältnis: > 116dB @ 32 Ω (Class A)
- Netzteil: 85 bis 265 Volt / 47 – 63Hz
- Abmessungen mit Bügel (H x B x T): 321 x 200 x 297mm
- Gewichtt: 4.65 kg
- Analoger Audio Eingang: Cinch / RCA
- Digitale Eingänge
– S/PDIF coaxial (RCA): Max. sampling frequency 192kHz (AES3-compatible) Max. resolution 24-bit
– Optical digital (TosLink): Max. sampling frequency 192kHz (AES3-compatible) Max. resolution 24-bit
– Digital USB (USB-B): standard USB: USB 2.0 / USB 3.0 – USB audio class - Analoge Audio Ausgänge
Symmetrische 3-point XLR
Unsymmetrische Cinch / RCA - Firmware update via USB port (USB-A)
Klang
Vorteil eines Kopfhörertests ist es ja – zumindest für den Tester – das er ergonomisch beim Musikhören Texte verfassen kann. So sitze ich also am Schreibtisch, während ich mir gleichzeitig Musik über das Objekt des Anlasses zu Gemüte führe. Dabei kommt der ARCHE mit seinem praktischen, applizierten Kopfhörerständer sehr kompakt daher und okkupiert nicht zuviel, die Bewegungsfreiheit einschränkende Stellfläche auf dem Schreibtisch des Arbeitszimmers.
Natürlich kenne ich die Vorzüge und Charaktereigenschaften des ARCHE von den Hörsessions mit dem STELLIA, weil ich viel in dieser Kombination gehört habe. Logisch, bietet sich ja an. Aber eben nicht nur in dieser Kombination. Aufgrund der Handlichkeit der Testobjekte konnte ich doch auch spontan die Kopfhörer durchtauschen oder mal den Digital-/Analog-Wandler wechseln.
Ausgestattet mit diesem Wissen ziehe ich Antonin Dvoraks Streichquartett in G, Opus 77 von meinem Musikserver. Eine High Resolution Aufnahme in 96khz und 24bit für die „Society of Sound“ (diese wurde leider im Februar eingestellt, B&W arbeitet an einem Nachfolgeprojekt) von dem Streichquartett des Berliner Philharmonie Orchesters. Der ARCHE verleiht der Aufnahme eine schöne Dichte. Die Räume zwischen den Instrumenten füllen sich mit Leben, ohne das es die Aufnahme einengt. Schön und Stimmungsvoll das „Il Scherzo (Allegro vivace)“. Beim „Ill Poco Andante“ entwickeln entwickeln die Streicher einen schönen, fast wehmütigen Schmelz. Tief spielende Instrumente ein schönes hölzernes Volumen.
Das Gitarren-Trio Paco de Lucia, John McLaughlin und Al di Meola spielt auf dem 1983 erschienen Passion, Grace and Fire zackig auf. Die drei ambitionierten Gitarreros lassen es bei „Aspan“ richtig krachen. Der ARCHE erlaubt Top-Kopfhörern neben aller Dynamik auch die Natürlichkeit der Instrumente zu transportieren, die die Musik zu einem Erlebnis machen. „Orient blue“ lässt mich weiter mit den drei Musikern auf diesen Pfaden wandeln.
Weiter geht’s fast schon politisch. Irgendwie bin ich auf Janis Joplin gekommen. „Oh Lord, won’t you buy me a Mercedes Benz? My friends all drive Porsches, I must make amends…“ Herrlich bereitet der ARCHE die raue Stimme von Janis Joplin auf, dass sie mir ihren Protest lebensecht ins Ohr nölt. Ein Stück Musikgeschichte zum Greifen nahe .
Frauenstimmen sind prima für den ARCHE. Versteht er es doch, ihnen den Hauch Wärme mitzugeben, die Ihnen gut tut, ohne die Natürlichkeit zu korrumpieren. Bei Janis Joplins Organ ein natürlich schwieriges Unterfangen. Deshalb bitte ich Tori Amos an meinen Schreibtisch. Draußen sind es 30 Grad. Tori Amos bringt den „Winter“. Gänsehaut. Nicht nur wegen der assoziierten Temperaturen. Ich hänge an Tori Amos‘ Stimme mit allen feinen Details. Dazu das präsente Klavier und die Streicher, die die Atmosphäre bei Bedarf verdichten. Das macht mir Spaß. Doch schließe ich meine Hörsession an dieser Stelle. Die sonnendurchflutete Natur ruft. Es ist noch nicht Winter. Und freue ich mich noch auf ein paar weitere Hör-Runden die nächsten Tage.
So nutze ich die verbleibende Zeit unter anderem, den ARCHE bei guter Gelegenheit in den ersten Stock hoch zu tragen und an Aktiv-Lautsprechern als Vorverstärker spielen zu lassen. In meinem Hörraum stehen grad die Manger S1, von denen bei den HiFi-IFAs ebenfalls zu lesen sein wird. Wie praktisch. Okay, meine GENELECS würden es auch bestens tun, aber wo die Manger grad spielbereit und hungrig nach Kleinsignalströmen da stehen… Der ARCHE ist schnell angeschlossen, so dass der Einsatz in dieser Hinsicht aus praktischer Sicht keine große Sache ist.
Ein Streifzug durch mir geläufige und gern gehörte Titel zeigt mir schnell, dass der ARCHE auch als Vorverstärker auf gehobenem Niveau spielt. Mit den Manger S1 harmoniert er auf angenehme Art und lädt zum enspannten Hören ein. Der Klangcharacter, den der ARCHE mit Kopfhörern zeigt, bleibt ihm auch als Vorverstärker erhalten. Wie schon zuvor beschrieben. Und so nutze ich die Zeit, da alle Erkenntnis bereits gewonnen ist, durch meine Sammlung zu stöbern, schließe meinen Bericht und widme mich der Musik. Noch darf der Vorverstärker-DAC FOCAL ARCHIE, äh ARCHE ein wenig bei mir verweilen und sich ins Leben gesellen wie ein guter, alter Freund.
Fazit
Der FOCAL ARCHE tritt mit 2.500 Euro in einer ambitionierten Preisklasse an. Und dafür biet er als Kopfhörerverstärker, Digital/Analog-Wandler und Vorverstärker ausstattungsseitig bereits sehr viel. Der ARCHE ist eigens abgestimmt auf seine Kopfhörer-Brüder aus eigenem Hause, bietet aber auch eine hochwertige Plattform für den Rest der Kopfhörer-Welt. Neutral mit natürlicher Wärme holt der ARCHE das Beste aus dem angeschlossenen Kopfhörer heraus.
Im Test
Kopfhörerverstärker FOCAL ARCHE
Preis: 2.500 Euro
Kontakt
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