Test: Elektrostat-Kopfhörer STAX Set SRM-5105 MK2 – Faustdick auf die Ohren

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An was denken Sie, wenn Sie sich einen Kopfhörer vorstellen? Klar, vielleicht an einen Sennheiser. Oder eventuell auch an einen Grado, der mit seinem Retro-Design im Funkerstil polarisiert. Aber seien Sie ehrlich: Was sich gerade vor Ihrem geistigen Auge materialisiert, ist auch ein klassischer Stax. Ja, der mit dem total ausgefallenen, einzigartig-ikonischen Design seiner Hör“muscheln“, die doch eher an zwei Waffeleisen erinnern… und der immer sein eigenes „Speiseteil“ (eigentlich ein an elektrostatische Verhältnisse angepasster Kopfhörerverstärker) mit im Gepäck hat.

Da hat sich eine Formensprache entwickelt, die sich beispielsweise bei mir seit meiner Kindheit mehr als festgesetzt hat für den Inbegriff des Kopfhörers – ähnlich wie bei „Tempo“, wenn man an Papiertaschentücher denkt. Als naseweiser Jugendlicher konnte ich mir gleichfalls nicht vorstellen, wie ein solches Konstrukt auf meinem Kopf – letzterer schlimmstenfalls im Takt der Musik schwingend – verbleiben könnte… viel zu groß und viel zu unförmig. Es sollte leider auch einige Jahrzehnte dauern, bis ich diese These entweder untermauern oder aber entkräften konnte.


STAX Set SRM-5105 MK2 – Optik und Technik

Das Set SRM-5105 MK2 besteht aus dem Kopfhörer Stax Lambda SR-L500 MK2 sowie dem passenden Treiberverstärker Stax SRM-D50. Letzterer ist ein ganz und gar nicht in die klassische Stax-Designriege passender Kopfhörerverstärker. Schaut man sich diese nämlich an, sticht der SRM-D50 klar heraus, weil er retro-hübsch, gefällig, technisch und stylish zugleich ist. Der „übliche“ Kopfhörerverstärker-Prototyp von Stax schaut eher zweckmäßig bis eintönig aus, was freilich nichts über die klanglichen Fähigkeiten aussagt. Der Kopfhörer Lambda SR-L500 MK2 hingegen ist ein sehr Stax-typischer „Beau“: schwarz, groß, kantig, eckig, und anschmiegsam zugleich. Natürlich haben wir es hier mit einem Elektrostaten zu tun, der aufgrund eben dieses Konstruktionsprinzips mit einer Betriebsspannung von sage und schreibe 580 Volt (!) angetrieben werden muss, um ihn überhaupt zum Musizieren zu bewegen.

Die mit Kunstleder bezogenen Ohrpolster sind – im Gegenteil zur kantigen Optik – sehr komfortabel, die Einstellmöglichkeiten des Kopfbandes erfolgen in zehn Rastschritten und genügen allen gängigen „Kopfformen“ – ich habe in meinem Freundeskreis niemanden ausmachen können, der irgendwelche Probleme damit gehabt hätte. Ein Wort noch zum elektrostatischen Wandlerprinzip: Anders als bei dynamischen Wandlern wird die Membran nicht punktuell am Ansatzpunkt der Schwingspule, sondern gleichmäßig über die ganze Fläche angeregt. Daher kann die Membran extrem dünn bleiben und ist in der Lage, nahezu frei von Trägheit zu reagieren. Partialschwingungen? Fehlanzeige. Impulstreue sowie Klirrverhalten sind auf dem höchsten Niveau – automatisch, aufgrund des Prinzips.

Eigentlich für Kopfhörer perfekt geeignet haben sich bis auf wenige Ausnahmen (inklusive Stax selber) Elektrostaten nicht auf breiter Front durchgesetzt… was beispielsweise daran liegt, dass die Betriebsspannung relativ hoch sein muss – das wiederum erfordert ein potentes und kostspieliges Speiseteil (gemeinhin auch Kopfhörerverstärker genannt) – ohne einen solchen „Spezialisten“, der genau auf den Kopfhörer abgestimmt sein muss, geht es nicht. Der Stax Lambda SR-L500 MK2 ist ein sogenannter „offener“ Over-Ear-Kopfhörer – das heißt, man ist mit seiner Musik nie ganz allein, was aber keinen Nachteil darstellt, wie wir später sehen werden.

Der wahre Beau des Duos ist der Treiberverstärker Stax SRM-D50. Er stellt die passende Betriebsspannung zur Verfügung, kann aber noch viel mehr: Wir haben hier nicht nur einen analogen Eingang, sondern auch noch drei digitale Anschlüsse, die durch einen 32-Bit-D/A-Wandler Sabre ESS ES 9018 gewandelt werden. Eigentlich ist der SRM-D50 also ein DAC-Kopfhörerverstärker. Röhren sucht man im SRM-D50 vergebens, es handelt sich um einen transistorisierten Verstärker, der jedoch in Class A geschaltet ist – das merkt man, sobald er einige Stunden in Betrieb ist, denn er wird so heiß, dass man dann nur noch ganz vorsichtig die Hand auflegen sollte.

Was mir persönlich vielleicht fehlen würde ist ein Vorverstärkerausgang (ohne etwas vorweg nehmen zu wollen, das Talent hätte der SRM-D50 allemal!) und eine Lautstärkefernbedienung. Aber gut, es muss ja noch Luft nach „oben“ bleiben. Optisch schießt der Stax den Vogel ab: Das orangefarben beleuchtete VU-Meter ist der Hammer, vor allem bei nächtlichen Sessions (von denen ich nicht genug bekommen konnte).

STAX Set SRM-5105 MK2 – Technische Daten
Stax Lambda SR-L500 MK2
  • Abnehmbares Anschlusskabel aus sauerstofffreiem Reinkupfer mit Titanbeimischung (HiFC™), mit extrem niedriger Kapazität
  • Vergoldete Stecker
  • Frequenzgang: 7Hz – 41kHz
  • Wirkungsgrad/1kHz: 101dB/100Veff.
  • Gewicht: 347g
Stax SRM-D50
  • Vier Eingänge:
    1x analog (RCA/Cinch-Buchsen)
    1x digital koaxial (S/PDIF)
    1x digital optisch (TOSlink®)
    1x USB (Typ-B-Buchse)
  • 1 Kopfhörerausgang (STAX-Buchse, 580 Volt)
  • 32Bit D/A-Wandler Sabre ESSES9018
  • Asynchrone USB-Übertragung bis 32Bit/384Hz mit XMOS™-Technologie zur Musikwiedergabe vom Computer
  • DSD-Unterstützung bis DSD128
  • Sampling-Frequenzen beide Digitaleingänge: bis 24Bit/192kHz
  • Maße B x H x T: 192 x 67 x 245 mm
  • Gewicht: 4,5 kg

STAX Set SRM-5105 MK2 – Der Klang

Ich bin eigentlich kein Kopfhörer-Hörer. Was mich bis dato immer störte, ist dieses Gefühl, dass die Musik quasi wirklich „im Kopf“ stattfindet. Das ist erstens auf Dauer unangenehm sowie anstrengend und zweitens ist eine natürliche Musikwiedergabe etwas anderes – meiner Meinung nach. Nun, dieses Phänomen hat Stax mit seinem Set SRM-5105 MK2 irgendwie fast komplett umschifft. Ob es am offenen Bauprinzip liegt (der Kopfhörer kann in beide Richtungen „atmen“) oder daran, dass der Stax ein Elektrostat ist? Mir doch egal, bei dem Ergebnis.

Das Stax-Duo lässt auch gerne mal Soundeffekte virtuell komplett außerhalb des nächsten eigenen Umfeldes entstehen – wie beispielsweise in „Bassackwards“ von Kurt Vile (Album: Bottle it in). Gleichermaßen werden die Ohren sanft, aber nachdrücklich von einem Bass massiert, der komplett ins Bild passt. Nie zuviel, nie zuwenig und vor allem schön drahtig-federnd, einfach locker aus der Hüfte. Toll. Eigentlich will man den Stax Lambda SR-L500 MK2 gar nicht mehr abnehmen, auch nach Stunden hat man nicht das Gefühl, dass „die Ohren glühen“ oder man ein gewisses Druckgefühl hat. Das ganze Klangbild ist von einer Lockerheit und gleichzeitigen direkten Ansprache geprägt, wie es wohl nur ein sehr gut gemachter Elektrostat kann.

Vor allem, wenn er perfekt angesteuert wird, wie in diesem Fall durch den Stax SRM-D50. Hatte ich ihn bis jetzt direkt an den analogen Cinchausgängen meines CD-Players „hängen“, nutzte ich jetzt den digitalen Ausgang (RCA, 75 Ohm) meines WiiM Pro-Streamers (ein Gerät, ohne das ich nicht mehr sein wollte – Bedienung und Integration ins Heimnetz sind alternativlos), um dem DAC des SRM-D50 auf den Zahn zu fühlen. In Hi-Res über Qobuz lief nun „Tusk“ vom gleichnamigen Fleetwood Mac – Album: aufnahmetechnisch vielleicht nicht mehr ganz auf dem neuesten Stand, machen die beiden Stax-en daraus dennoch gekonnt ein Fest – schon wieder dieser ungemein sexy-federnde Bass, Details en masse, hier ein Flüstern von links, hier ein Flüstern von rechts, gespenstisch wie aus dem Nichts kommend, das ist schon großer Sport.

Habe ich schon etwas zum Tragekomfort gesagt? Nein? Das kommt daher, dass man sich, wenn man den Lambda SR-L500 MK2 trägt, darüber keinerlei Gedanken macht. Am Ende merkt man auch nach Stunden so gut wie gar nicht, dass man zwei wie Briketts aussehende „Hörmuscheln“ an den Ohren „hat“ und damit auch „sehr lustig ausschaut“ (O-Ton meines Sohnes, der neulich Spätabends noch durchs Wohnzimmer lief…).

Dabei den SRM-50 zu bedienen, ist eine Wonne. Der Lautstärkeregler bietet eine Haptik, die man auch für den Preis nie und nimmer erwarten würde. Der Quellenwahlschalter inklusive Status-LED (farblich abgestimmt auf das VU-Meter!) steht dem mit seinem satten „Klack“ und einem zeitverzögerten „Klack“ des Relais nicht nach – nur Freude, wohin man greift. Übrigens: Auch wohin man sieht. Haben Sie schon einmal vergoldete Kontakte in der Netzbuchse gesehen? Ehrlich gesagt: ich nicht.

Daft Punk, Random Access Memories CoverImmer wieder mal in der Musikgeschichte gibt es Alben, die eine Zäsur darstellen oder zumindest stilbildend oder richtungsweisend sind. Eines dieser Alben ist „Random Access Memories“ von Daft Punk. Leider ist dieser Geniestreich gleichfalls ein wenig „überproduziert“ – es ist so sauber, so „rein“, dass man es nach einigen Hörsessions auch gleich mal langweilig finden könnte. Es fehlt die gewisse „Rotzigkeit“, die beispielsweise einer CD/LP der Red Hot Chili Peppers nie abgehen würde.

Daft Punk ist langweilig? Von wegen, sagt Stax. Das Set aus SR-L500 MK2 / SRM-D50 lässt sowas gar nicht erst zu. Denn schon wieder mit einem Bass zum Verlieben sowie der Fähigkeit, den „Swing“ in die Melodie zu bringen, einer feinstofflichen Eloquenz und einer schönen Stimmwiedergabe wird hier eine Atmosphäre erzeugt, die einen in die Musik „reinzieht“. Keine Chance, sich zu wehren. Die Detailwiedergabe liegt auf einem nicht mehr zu diskutierenden Level, wenngleich das Stax-Set kein marktschreierisches Spektakel daraus macht.

Die oft in den Songs versteckten Dinge, die man vielleicht mit anderem Equipment so gar nicht wahrnimmt, sind einfach „da“ und manchmal wundert man sich, weil man sie in dem ein oder anderen Track so noch gar nicht vernommen hatte. Versuchen Sie mal das filigrane Gitarrenspiel in „The Adventures of Rain Dance Maggie“ oder auch in „Dark Necessities“ (Red Hot Chili Peppers) von ganz weit rechts kommend, zu erhaschen. Mit dem Stax-Set wird Ihnen das nicht schwerfallen. So schön, so filigran, so präsent und „nebensächlich“ gleichzeitig.

 


STAX Set SRM-5105 MK2 – Fazit

Keine Party ohne Stax ? Das kann man so sagen. Die beiden Stax-e zaubern ein klangliches Festmahl. Mit ihrer stimmlichen Eleganz, einem atmosphärisch-edlen Klangbild, das diesen unverschämt swingend-tiefen Bass raushaut (und endlich mal ein Bass, der nicht immer nur stumpf auf der gleichen Note rumkaut, sondern immens viele „Schattierungen“ hat) und einer sehr, sehr guten „außer-Kopf-Ortung“ sind sie sicherlich schon (fast) im Kopfhörer-Olymp angekommen. Fast? Naja, es gibt eben auch bei Stax noch „größere“ Modelle…
Dazu kommt eine überragende Material- und Verarbeitungsqualität und ein toller (Langzeit-)Tragekomfort. Die Ausstattung vor allem des Verstärkers SRM-D50 ist komplett (okay, die „fehlende“ Fernbedienung…..) und die Optik geht „steil“ (sorry für diesen Ausdruck der Begeisterung). Minuspunkte? Nein, die gibt es aus meiner Sicht schlicht und einfach nicht. Ich hatte noch nie so viel Spaß bei der „Arbeit“. Die Stax-Kombi ist ein Hammer.


Im Test

STAX Set SRM-5105 MK2

Bestehend aus

  • Kopfhörer Lambda SR-L500 MK2 (Einzelpreis 900,- Euro)
  • Kopfhörerverstärker SRM-D50 (Einzelpreis 1.350,- Euro)

Unverbindliche Preisempfehlung: 2.135,- Euro
Garantie: 2 Jahre


Vertrieb

ATR Audio Trade
HiFi Vertriebsgesellschaft mbH
Schenkendorfstraße 29
45472 Mülheim an der Ruhr

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Mitspieler im Test

Quellen digital – Netzwerkspieler Olive Audio 4HD, CD-Spieler AMR CD-777, Streamer WIIM Pro
Quellen analog – Plattenspieler Dr. Feickert Audio Blackbird mit Tonabnehmer Ortofon Cadenza Red, Ortofon SPU Classic GE MKII, EMT HSD006, Phono MM- & MC Verstärker Cyrus Signature Phono (mit PSX-R), Übertrager von Phasemation
Verstärker – Vollverstärker Circle Labs A 200
Lautsprecher – Standlautsprecher Sonus Faber Olympica 2, Paradigm Founder 80f
Zubehör – Kabel von Horn Audiophiles, A23, HMS, Isotek, Boaacoustic, Tellurium Q

About Author

Kein Studium der Elektrotechnik. Keine Lehre im Hifi-Laden, auch sonst kein Job in der einschlägigen Branche. Nur pure, echte Leidenschaft, die schon im Kindesalter dazu geführt hat, dass ich mir die Nase an den entsprechenden Schaufensterscheiben plattgedrückt habe. Dann ging es - ich hatte meinen ersten Job – richtig los und es folgte ein sehr langer, steiniger, harter und arg teurer Weg ins Klangnirvana mit der Erkenntnis, dass man dieses mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eh nie erreichen wird. Problem: Diese Erfahrung stachelt die Motivation nur noch weiter an. Da hilft nur „keep cool“ und immer weiterhören!

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