Ein kleines Rechenexempel sei erlaubt zum 3. Rundgang der HiFi-IFAs. Denn die HighEnd 2019 hat mit großen Zahlen beeindruckt. 553 Aussteller, an 4 Messetagen (inklusive Fachbesuchertag) 32 Stunden Öffnungszeiten, das sind 1920 Öffnungsminuten. Der Statistiker unter euch merkt vielleicht schon, worauf ich hinaus will. Ein einzelner Besucher hätte nach Adam Riese rund 3,5 Minuten pro Aussteller. Incl. Wegezeiten, Kaffepause, Toilettengang. Somit war die HighEnd 2019 eine spannende, aber auch anspruchsvolle Veranstaltung für die HiFi-IFAs. Wir können euch die manchmal flüchtigen, manchmal intensiven Begegnungen aus 6 Mann-Tagen HighEnd 2019 bieten. Natürlich freuen wir uns, wenn es euch gefällt. Ein paar Rundgänge, unsere Erlebnisse mit Steven Wilson und Jennifer Warnes sowie unserer Bericht in Sachen bezahlbares HiFi „Sound Clever“ sind bereits online. Weiter geht’s mit Fundstücken aus dem Rundgang und einigen Pressekonferenzen.

In der FOCAL/Naim-Pressekonferenz präsentierten hochrangige Vertreter des Hauses den anwesenden Journalisten neben den üblichen ZDF (Zahlen Daten Fakten) und den Produktneuheiten (siehe auch die News zum Mu-so2 und den neuen, hochwertigen Furniervarianten) – auch eine absolute HighEnd-Anlage. Zwar rechts und links aussen, aber dennoch irgendwie im Mittelpunkt, stand das Paar Focal Stella Utopia EM Evo Lautsprecher.

Befeuert von nicht minder imposanten Komponenten der Schwestermarke Naim. Obwohl Naim bekannt ist für Understatement, setzt Naim mit seiner großen Vor-Endstufen-Kombination ein echtes Statement und nennt die Schöpfung auch gleich so. Die Gestaltung der senkrecht stehenden Gehäuse gleicht einem Gebäudekomplex. Der Begriff Verstärker-Architektur bekommt so eine neue Interpretations-Variante. Geklungen hat es erwartungsgemäß fantastisch. Der Aufwand hat sich gelohnt. Räumlich, tonal ausgewogen, satter Bass, frische Höhen und warme Stimmen. Alles ohne Effekthascherei. Wohlwissend das wir hier im Luxus-Bereich unterwegs sind der Tipp: Wer die Chance hat so eine Anlage zu hören, sollte dies einmal mit neidloser Freude tun. Nur um zu hören, was geht.
Apropos imposant. Das sind auch die mannshohen Credo Cinema LTM Line Array Lautsprecher, die wir bereits in den News kurz vorgestellt haben. Faszinierend an dem Line Array Konzept ist die Tatsache, das das Line Array nicht als Einzel-Lautsprecher wahrgenommen wird, sondern zu einem akustischen Zentrum zusammen schmilzt. Jedoch bei relativ gleichmäßiger Anregung des Raums. Die Präsenz des Lautsprechers ist beeindruckend, ebenso die Impulsivität. Um einen ansprechenden Raum abzubilden, sollte aber ein gewisser Hörabstand im Hörraum vorhanden sein. Da stieß man auf der HighEnd an die Grenze. Alles in allem ein Konzept, das in größeren Räumen Beachtung verdient.


Seit mehren Jahren schon immer ein Augenschmaus – und von Cabasse natürlich gern auf Messen vorgezeigt – ist der skulpturelle Standlautsprecher L’OCÉAN. Das kugelige Lautsprechergehäuse mit Co-Axial-System wird in Verbindung mit den organisch wirkenden Beinelementen zum Kunstwerk. Tieferen Einblick in das Konzept ließ das ausgestellte freigeschnittene Gehäuse zu. Ein blinder Fleck auf meiner akustischen Landkarte: die L’OCÉAN habe ich schon dutzende Male gesehen, habe sie aber noch nie hören können. Mann muss Ziele haben…
Spannend auch die Pressekonferenz des dänischen Herstellers DALI. Vorgestellt wurden im Wesentlichen zwei Produkte: Das One-Box-Soundsystem KUBIK, das uns in seiner breiten Soundbar-Version durch satten, erwachsenen Klang begeistert hat und das von DALI als aufstellungunkritisch beschrieben wurde…

… und die Lautsprecher der Oberon-Reihe, die für unsere Ohren im gehobenen Einsteiger-Segment beachtlichen Klang ablieferten. Die Epicon, die ich aus anderen Vorführungen ebenfalls als sehr spannend empfunden haben, standen dem Auditorium im Rücken und blieben in dieser Vorführung stumm. Die Oberon 5 sorgten aber für reichlich Laune und ließen die großen Brüder vis-a-vis schnell vergessen.

Reichlich Laune hatte das Publikum aber auch durch die Dali Gastgeber, den Geschäftsführer Lars Worre und die Martketing Managerin Inez Søby Bukdahl, die gut aufgelegt und ambitioniert durch das Programm führten. Immer schön Menschen zu erleben, die lieben, was sie tun…


Hier die DALI Oberon 5 im schlanken Setup mit dem neuen NAD M10 Streaming Verstärker mit BlueOS. NAD ist seit kurzem im Vertrieb von DALI. So ist’s quasi family business.
Didier de Luca stellte bei EERA persönlich seine Kreationen vor. Im Mittelpunkt stand unter anderem der CD-Transport LEGATO. Die Firma aus dem französischen Marseille setzt damit auf eine Geräte-Kategorie, die auf den ersten Blick überholt wirkt, da Laufwerk-Wandler-Kombis immer mehr an Bedeutung verloren. Aktuell rückt aber der D/A-Wandler als Gerät oder Modul ins Zentrum der HiFi-Kette, so daß das CD-Laufwerk als willkommener Spezialist wieder Sinn macht. Vergleichbar mit der Rolle der Streaming-Bridge, die den D/A-Wandler ebenfalls aussen vor läßt. Ebenfalls interessant das System von EERA mit integriertem Verstärker, analog und digital Abteil rechts im Bild. Die Geräte haben schon was…

Hellas! Äh, hARt. Eine griechische Firma, die uns da bei den Newcomern über den Weg gelaufen ist. Den Griechenland Fan Bernd hat gefreut. Schickes Gerät, leider ohne Eindruck vom klanglichen Potential – dafür aber mit ganz viel Ausstrahlung. Ganz in weiss… hARt Lab aus Chalandri bei Athen. Der Vollverstärker vereint Röhrentechnik und einen DAC mit USB-Anschluss zur Datenverbindung und für Musik-Datenspeicher. hARt sind ambitionierte HiFi-Fans, die sich ihren Traum erfüllt haben. Kleiner Small-Talk in der Landessprache… und weiter geht’s.

Und dann… wieder eine griechische Firma… Sind wir auf der A8 falsch abgebogen? 😉 Hellas, again! LAB12 aus Athen – geografisch also quasi Nachbarn von hARt. Neuheit unter anderem der hochwertige Digital/Analog-Wandler DAC1. Digitales High-End mit Retro-Pegel-Anzeigen. Hoffentlich hören wir bald mehr davon!

Mit Melto2 offerieren LAB12 einen in vielen Parametern einstellbaren Röhren-Phono-Vorverstärker mit drei Eingängen. Das ist schon ein Wort für den ambitionierten Phono-Fan! Und sicherlich einer näheren Betrachtung wert.

Seit an Seit teilen sich der Lautsprecherhersteller Monitor Audio und die Elektronik-Schwester ROKSAN ihren Messestand. Sitz an der Mündung der Themse in Rayleigh, vor den Toren Londons.

Das die beiden Marken zusammen gehören, ist vielen nicht bewußt. Mir ist das übrigens auch nicht auf Anhieb klar gewesen, aufgrund der ausgeprägteren Präsenz von Monitor Audio am deutschen Markt. Deshalb hier die explizite Erwahnung.
So opferte Monitor Audio eine Gold 300, Standlautsprecher-Modell der neuen Serie, um dem Interessenten tiefe Einblicke ins Innere der schlanken Säule zu gewähren. Der stolze Besitzer daheim könnte ja höchstens mal durch ein demontiertes Chassis rein spechten. Da ist diese Maßnahme hier schon aussagkräftiger. Wenngleich auch endgültiger.
Mir gefällt ja der Charme der ROKSAN Geräte. Die eine gewisse Freude an der Metallbearbeitung verkörpern. Gefräste Elemente, gebürstete Oberflächen in Verbindung mit polierten kugeligen Knöpfchen… klasse. Wenn auch etwas rustikal. Exemplarisch der Caspian CD-Spieler, der Dank Digital-Ausgängen an einem anderen D/A-Wandler auch als Transport verwendet werden kann.


Der professionelle Studio-Ausstatter ME-Geithain aus dem ostdeutschen Geithain ist auch für seine Lautsprecher bekannt, die hervorragend in den heimischen vier Wänden eingesetzt werden können. Merkmale: kubische Gehäuseform und das kpaxiale Mehrwegesystem. ME-Geithain wurde übrigens 1960 als PGH (Produktionsgenossenschaft) „Fernsehen, Rundfunk, Uhren“ gegründet. 1972 enteignet und in die VEB Musikelectronic Geithain (MEG) überführt. 1992 wurde die MEG unter Regie von Joachim Kiesler wieder in Privateigentum rück übertragen. Eine Firma mit Geschichte also.

Der Hersteller PENAUDIO hat eine recht große Auswahl zu bieten. Darunter sehr schicke Holzgehäuse, die wir nur im Vorbeigehen bewundern konnten. Hier ist nähere Beschäftigung mit der finnischen Marke angesagt.

Auch im Vorbeigehen mitgenommen: die Ryan Speakers aus dem californischen Riverside, USA. Handgefertigt. Im Bild die S-Serie.


Auf den ersten Blick sind die Soundgil aus Taiwan schon mal gestalterisch interessant. Weil schlicht. Kubus. Kreis. Fertig ist das Design. Mit schön eingefrästem Logo, wie auch das ganze Alu-Gehäuse aus dem vollen gefräst ist. Dementsprechent wertig ist auch der „Anhebe-Test“ ausgefallen. Das Soundgil ist ein 2.1 System, wobei die zentrale Einheit neben Bass und Treble Kanal die Verstärkung für die passiven Satelliten bereitstellt. Ebenso beherbergt es einen DSP/DAC, an den digitale Daten angeliefert werden können. Die Steuerung erfolgt – wen wundert’s – via App. Bluetooth und eine schlichte Fernbedienung ist zudem mit an Bord. Im Soundgil Hörraum hat das System einen ordentlichen Eindruck hinterlassen. Wer ein Faible für Lifestyle hat, könnte einen näheren Blick riskieren.

Apropos Lifestyle. In diese Kategorie passt auch wunderbar Tangent aus Dänemark. Die Geräte sehen schick aus – von schlicht bis zu einem Hauch Retro. Dabei hat Tangent eine weite Produkt-Linie speziell im Einstiegspreissegment. Wir sprechen da von von 199Euro im Radio-/One-Box-Bereich bis 1.499 Euro für ein vollwertiges 5.1. Lautsprecher-Set. Wer also etwas Aussergewöhnliches sucht, ohne sich gestalterisch und finanziell allzu weit aus dem Fenster lehnen zu wollen und dazu womöglich noch dem nordischen Charme erlegen ist, der könnte bei Tangent fündig werden.

Akustisch eins unserer Messehighlights war SB Acoustic. Die Firma vereinigt langjährige dänische HiFi-Erfahrung mit indonesischer Elektronik-Fertigungskompetenz. SB Acoustic stellt im wesentlichen Chassis für Bausätze her. Zur Darstellung ihrer Kompetenz hatte SB-Acoustic zwei Lautsprecherpaare mit ihren Chassis im Hörraum. Es spielten die beiden äußeren, recht beeindruckenden Lautsprecher – die ihren Selbstbau-Charme nicht verleugnen konnten und wahrscheinlich auch nicht wollten. Die passive Weiche stand in einer extra Kiste dahinter. Trotz improvisierter Optik war der Sound beeindruckend. Räumliche Größe, schöne Bühne, knackige Imulse, dabei trotzdem mit feinen Stimmen. Überraschungen sind immer gut. Vor allem solche. Das ist was für den Merkzettel.

Eine schicke Phalanx: Audel und TRINAUDIO in einer Reihe. Edle italienische Produkte, die allein aufgund ihrer Materialwahl die mediterrane Sonne ins Herz ließen. Kleine HiFi-Pretiosen, Wohn-Objekte, mit hoher Anfassqualität und Ausstrahlung. Bei Audel warmes Hoz in hoher Fertigungsqualität. Bei TRINAUDIO Holz-Korpus mit Corian-Front. Das ist mal schick…


Der Digitalspezialist AURALIC präsentierte zusammen mit dem eher rustikalen Lautsprecherhersteller SPENDOR. Selbst in schummriger Beleuchtung wie auf dem Messestand gebe ich zu: die SPENDORs wären nichts für mein Hörzimmer, aber: der Sound war echt amtlich und hat mich richtig angemacht. Impulsiv, frisch, spielfreudig. Ein schöner Kontrast zur konservativen Erscheinung. Surprise, surprise. Eine schöne Überraschung.
Amtlich auch das, aus dem Vollen gefräste, Gehäuse der AURALIC-Reräte der G-Serie. Da lacht das Maschinenbauer-Herz.

Stars and Stripes und ein wenig 80s-Look von CARY Audio aus den USA mit dem SI300.2d Vollverstärker. Doch der Schein trügt. Neben reichlich Leistung im Class A/B-Betrieb bietet der Verstärker zeitgemäße Digitaleingänge und entsprechende Wandler. Zudem ist CARY Audio mit einer Auswahl Röhren-Elektronik am Markt.



B.Audio, unsere Messeentdeckung – und Newcomer – des letzten Jahres, war auch dieses Jahr wieder mit Neuheiten am Start. Nach dem B.dac und dem B.dpr (HiFi-IFAs Test Dezember 2018) zeigten die Elsässer die brückbare Endstufe B.Amp (HiFi-IFAs News) und den abgespeckten B.dac one, der den DAC unter die 10.000Eure Schallmauer bringt. In Vorbereitung ist auch ein B.dpr mit analogem Eingang, der damit zur vollwertigen Vorstufe wächst.
Zum Messeschluss des ersten Tages noch ein sehnsüchtiger Blick durch die verschlossene Glastüre in die heiligen Hallen von GENELEC. Die von anderen Messen bekannte Aufstellung bot dem Hörer die Bühne zum Vergleich. Im Setup: The Ones und der hightech S360 SAM Studio Monitor. Doch nicht mehr an diesem Tag. Der interessierte Besucher hatte aber noch drei weitere Tage Zeit zum Vorbeischauen – und Reinhören.
