Es muss nicht immer High End sein, um Musik genussvoll hören zu können. Dieser Meinung ist der englische Traditionshersteller Wharfedale. Und es ist ein Ansatz, der auch uns HiFi-IFAs aus der Seele spricht. Um den Beweis anzutreten schickte uns der deutsche IAD Vertrieb seine „Regallautsprecher“ EVO 4.2 in der Preisklasse um 800 Euro – mit Stands um 1.000 Euro – zum Test.
Technik
Äußerst schick sind sie ja schon anzuschauen, die Wharfedale EVO 4.2 mit ihrer lautenähnlich abgerundeten Form. Neben der eleganten Optik hat dies den Vorteil, dass keine stehenden Wellen im Lautsprecher entstehen können. Erhältlich sind die EVO 4.2 in schwarzer und weißer Lackierung. Und ganz edel in Walnuss, so wie sie vor mir stehen. Bei näherer Betrachtung lässt der gute Eindruck nicht nach, das Furnier ist wirklich tadellos verarbeitet. Und die Optik störende Aufnahmen zur Befestigung der Frontabdeckung gibt es auch nicht, da diese durch Magnete gehalten wird.
Nach Abnahme der Abdeckung erspäht das Auge drei senkrecht übereinander montierte Chassis. Alle übrigens mit einem schicken, silbernen Rahmen. Aha, aufgrund der drei Wege ist dieser Regallautsprecher so ungewöhnlich groß geraten. Ungewöhnlich für diese Preisklasse ist auch der AMT-Hochtöner, dem bekanntlich eine gute Feinauflösung nachgesagt wird. Für den Mittelton verwendet Wharfedale einen 5 cm messenden Softdome, der aufgrund seiner Formgebung auch als „Bärennase“ bekannt ist.
Für den Tiefton ist dann ein 16,5 cm messendes Chassis zuständig, das durch einen Bassreflex unterstützt wird. Die Öffnung findet sich jedoch nicht auf der Rückseite des Lautsprechers, da er als „Downfire“ nach unten abstrahlt. Freien Auslauf findet er dort jedoch nicht, sondern spielt gegen eine Grundplatte. Durch den zu dieser Platte fest definierten Abstand hat der Bassreflex immer die gleichen akustischen Bedingungen. Zudem ist der Hörer dadurch freier in der Aufstellung des Lautsprechers, da der Reflexkanal nicht gegen die rückwärtige Wand im Raum spielt. Apropos Rückwand: Die Wharfedale besitzt rückwärtig ein sehr stabiles Bi-Wiring Terminal.
Das Wort „Kompaktlautsprecher“ schreibe ich bei der EVO 4.2 übrigens ganz bewusst in Anführungsstrichen, besitzen die Wharfedale mit ihren Abmessungen von 25 * 45 * 35 cm (Breite * Höhe * Tiefe) doch eine Art Zwischengröße. Vielleicht lässt sich dies ähnlich den Wäschegrößen beschreiben. S = Kompaktlautsprecher, L = Standlautsprecher und XL = Hörner. Dazwischen liegt dann mit der Größe M = EVO 4.2. Ein kleines Problem hatte ich von daher auch mit den eigenen vorhandene Lautsprecher-Ständern, deren Kopfplatten für die EVOs doch etwas knapp geraten sind. Also heißt es: Aufpassen beim Testen. Nicht dass die guten Stücke vom Ständer purzeln. Doch für fast alles gibt es bekanntlich eine Lösung: Wharfedale hat passende Ständer für rund 230 Euro pro Paar im Angebot. Zusammen mit den Lautsprechern ist man dann summa summarum in der gefragten Preisklasse um 1.000 Euro angelangt.
Ein paar technische Daten
- 3-Wege Kompaktlautsprecher
- AMT-Hochtöner: 30*60 mm
- Softdome Mitteltöner „Bärennase“: 50 mm
- Tieftöner mit Downfire-Bassreflex: 165 mm
- Impedanz: 4 Ohm
- Frequenzbereich 54 Hz-22 kHz
- Größe: 25*45*35 cm (B*H*T)
- Farbe: Schwarz, Weiss, Walnuss-Furnier
- Gewicht: 13,4 kg (Stück)
- Preis: Um 750 Euro (Paar)
Geschwister der Wharfedale EVO 4.2
Insgesamt sechs verschiedene Modelle bietet Wharfedale in der EVO-Serie an. Zwei Regallautsprecher EVO 4.1 und EVO 4.2, zwei Standlautsprecher EVO 4.3 und EVO 4.4, einen Center 4.C sowie den Surround-Lautsprecher EVO 4.S. Je nach Raumgröße und Musikvorlieben ist also auch Surround möglich.
Klang
Vor der Kür kommt bekanntlich die Pflicht, sprich Aufstellung und Ausrichtung der Lautsprecher, die ich mit dem Klassiker „Swingin‘ Safari“ von Bert Kaempfert durchführe. Also erstmal das klassische Stereodreieck, mit über den Daumen 10 Grad Einwinkelung. Druck auf die Taste „Play“ des Netzwerkspielers und los geht es.
Die ersten Töne erklingen, und ich bin bereits angenehm angetan, was aus den Wharfedale EVO 4.2 so rauskommt. Ein wenig Nachjustieren ist dann noch angesagt, bis ich den Sweetspot dieser Kompaktlautsprecher herausgefunden habe. Am Besten passt es in meinen Räumlichkeiten dann bei einem leicht spitzwinkligen Dreieck, und die Chassis direkt auf meine Ohren ausgerichtet.
Um den AMT-Hochtönern und deren Feinauflösung auf den Zahn zu fühlen, kommt dann das Tord Gustavsen Trio mit dem Album „The Ground“ dran. Ein nicht unbedingt hochexperimenteller Jazz, sondern mehr von der Sorte ruhig und bedächtig. Man könnte ihn auch schon als besinnlich bezeichnen. Und so rutsche ich mit dieser Musik nach und nach in eine relaxte Stimmung, die einem beim derzeit wilden Geschehen auf dieser Erde einfach nur gut tun kann.
Eine wunderbare Unterstützung ist mir dabei die klangliche Auslegung der Lautsprecher. Schön, wie natürlich die EVO 4.2 für mich spielen, sehr zärtlich gehen die Wharfedale mit dem gestrichenen Besen um. Begleitet wird dieser von einem angenehm warmen und körperhaften Klavierspiel. Bei geschlossenen Augen meine ich fast den Flügel vor mir zu sehen. Auch der Kontrabass kommt nicht zu kurz, besitzt er über diese Regallautsprecher ein glaubwürdiges Volumen, was wohl auch an der Größe der Wharfedale liegt.
Auf etwas bewegtere Musik möchte ich nun umsteigen, doch ich bin noch in mich versunken. Ein Kompromiss könnte Johannes Oerding mit „Alles brennt“ sein.
„…Alles brennt – Alles geht in Flammen auf – Alles was bleibt Sind Asche und Rauch – Doch zwischen schwarzen Wolken – Seh‘ ich ein kleines bisschen Blau – Ich halt‘ die Luft an, lauf‘ über die Glut – Alles wird gut – Oh ah, alles wird gut…“
Puh, das geht ganz schön tief rein. Dieser Text, diese Musik. Alleine schon wie das umfangreiche und gewaltige Orchester zu Beginn des Liedes einsteigt und den Zuhörer auf das vorbereitet, was dann kommt. Dafür haben diese Kompaktlautsprecher jede Menge Schub und Druck in der Hinterhand. Diese große Melancholie und die auftauchende Hoffnung. Tief tauche ich ein in das Geschehen und bin fasziniert. „Dass man Feuer mit Feuer bekämpft“. Wie kommt dieser Mann nur auf solche Texte. Brutal! Hinterlegt wird dies alles von einem weitläufigem Chor, mit dem die Wharfedale EVO 4.2 den ganzen Raum füllen. Toll wie die beiden das machen.
Dass diese Regallautsprecher Feinfühligkeit können, haben sie bewiesen. Doch wie steht es darum in Kombination mit tiefen Tönen? Mit Lalo Schifrin und „Blues In The Basement“ fühle ich den EVO 4.2, respektive den Tieftönern mit dem Downfire, auf den Zahn. Auf jeden Fall gehen die Wharfedale schon mal trotz der Komplexität des Stücks nicht in die Knie. Von „sich daran Verschlucken“ keine Spur.
Der gezupfte Kontrabass zieht sauber seine Linien. Mit angenehmen Klangfarben steigen dann die Blechbläser ein. Die Drums wollen auch noch mitspielen. Okay, so soll es sein! Was haben wir denn noch so im Angebot, scheinen die „kleinen“ Engländerinnen zu fragen. Eine kräftige Fußtrommel? Na dann mal her damit! Nun gut, gelegentlich meinen die EVO 4.2 es eine Spur zu gut mit ihnen und stellen sie sehr kräftig dar. Kann ja mal vorkommen. Aber Spaß macht das dynamische Spiel der Wharfedale auf jeden Fall! Und so zeigt die kleine Triangel mit ihrem kurzen, hellen „Ping“, dass auch sie mit Vergnügen beteiligt ist.
Fazit
Die englischen Regallautsprecher Wharfedale EVO 4.2 sind zum Paarpreis um 800 Euro wirklich toll verarbeitet. Zudem ist in dieser Klasse ein AMT-Hochtöner wirklich selten. So spielen die EVO 4.2 feinfühlig und fast zärtlich auf. Vom Charakter her sind sie tendenziell warm angehaucht, was zu längerem Hören und Genießen verführt. Der kräftige Tiefton wird von einem aufstellungsunkitischen Downfire Bassreflex unterstützt und stellt damit auch großorchestrale Werke glaubwürdig in den heimischen Raum. Schön auch die Übersicht, wenn es musikalisch mal etwas komplexer zugeht. Unser Tipp: Der hauseigene Stand für 230 Euro sollte gleich mit auf den Wunschzettel. Die Wharfedale EVO 4.2 wird es euch klanglich danken.
Im Test
Regallautsprecher
Wharfedale EVO 4.2
Größe: 25*45*35 cm (B*H*T)
Farbe: Schwarz, Weiss, Walnuss-Furnier
Gewicht: 13,4 kg (Stück)
Preis: Um 750 Euro (Paar)
Lautsprecherständer
Wharfedale EVO 4 Stand Black
Größe: 28 * 62 * 36 cm (B*H*T)
Kopfplatte: 21 * 29 cm (B*H*T)
Farbe: Schwarz
Gewicht: 5,7 kg (Stück)
Preis: Um 230 Euro (Paar)
Vertrieb
IAD GmbH
Johann-Georg-Halske-Str.11
41352 Korschenbroich
Tel. 0800-2345007
Fax +49-2161-61783-50
Mail: info@iad-gmbh.de
Web: https://www.iad-audio.de/index.html
Web: www.audiolust.de
Mitspieler im Test
Quellen digital – Netzwerkspieler Cambridge Audio 851N, CD-Laufwerk Cambridge Audio CXC, Musikserver Innuos ZEN MK.III, D/A-Wandler mit Vorverstärker NuPrime Evo DAC
Quellen analog – Plattenspieler Rega Planar 6 mit MC-Tonabnehmer TAD Excalibur Black, Phono MM- & MC Verstärker Trigon Vanguard III
Verstärker – Vorverstärker Cambridge Audio 851E, Endverstärker Cambridge Audio 851W, Mono Endstufen NuPrime Evolution One
Lautsprecher – Standlautsprecher LUA Con Espressione, Subwoofer REL R 505, Standlautsprecher Piega Coax 511
Kopfhörer – Offener Kopfhörer Focal Clear, Kopfhörerverstärker Divaldi AMP-02 mit Phono MM- & MC Stufe
Zubehör – Lautsprecherkabel Supra XL Annorum. XLR- und Cinchkabel Fadel Art Pro Link, Stromkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste PS Audio Dectet, HiFi-Switch NuPrime Omnia SW-8, levin design Plattentellerauflage