Test: Plattenspieler New Horizon GD 2.25 – Bella Figura
Frisch aus Italien erreicht uns der Plattenspieler New Horizon GD 2.25. Okay, mit einem kleinen Umweg über Berlin, dem Sitz seines deutschen Vertriebs AUDIUM. Noch ein Hersteller von Plattenspielern, muss das sein? Das wird sich so mancher fragen. Will der erst 2016 gegründete Hersteller New Horizon auf den Zug des derzeitigen Vinyl-Hypes aufspringen? Ob die Italiener es ernst meinen, das soll unser Test klären.
Die Übersicht über das Plattenspieler-Programm von New Horizon
- GD 1: Komplett mit dem Tonabnehmersystem AT MM Carbon Style und 8,6 Zoll Tonarm: 399 €
- GD 1.12: Wie GD 1, jedoch mit 12 mm starkem Plattenteller: 499 €
- GD 2: Laufwerk mit doppeltem Chassis. 8,6 Zoll Tonarm aus Carbon: 699 €
- GD 2.25: Wie GD 2, jedoch mit 25 mm starkem Plattenteller, höhenverstellbarer 9 Zoll Tonarm aus gezogenem Aluminium 1.149 €
- GD 3: Laufwerk mit dreifachem Chassis. 25 mm starker Plattenteller & höhenverstellbarer 9 Zoll Tonarm aus gezogenem Aluminium. 1.499 €
- Die Preise der Plattenspieler sind bis auf den GD 1 jeweils ohne Tonabnehmer
- GD Special Ball: Keramische Präzisionslager für alle New Horizon Modelle. Aufpreis: 49 €
- GD Double Belt: Doppelter Riemenantrieb für die Modelle GD 2, GD 2.25 & GD 3. Nicht verwendbar in Verbindung mit dem DSP ALE. Aufpreis: 59 €
- ALE: quarzgesteuertes DSP-Motornetzteil inklusive Geschwindigkeitsumschaltung 33 1/3, 45 und 78 Umdrehungen. Für alle Modelle. Aufpreis: 349 €
Bei der Spannweite dieser Modellpalette dürfte, außer der Hörer will nach ganz oben in den High End Himmel kommen, wohl für die meisten Liebhaber des Vinyl etwas dabei sein.
Was mir persönlich auf Anhieb gefällt: Die Plattenspieler von New Horizon werden nicht aus dem Reich der Mitte angeschippert, sondern in der Mitte Europas in Italien hergestellt, das verdient Anerkennung. Ebenfalls aus der Mitte Europas sind, man sieht es sofort, die Pro-Ject Tonarme.
New Horizon GD 2.25, die Technik
Der Plattenspieler New Horizon GD 2.25 ist das Mittelklassemodell im Programm des italienischen Herstellers. Das Chassis des Plattenspielers besteht aus zwei Lagen MDF, die durch eine Lage die Resonanzen dämpfenden Materials voneinander getrennt sind. Die Verbindung zum HiFi-Rack übernehmen dann vier nicht in der Höhe verstellbare Füße aus Naturkautschuk.
In der unteren der beiden MDF-Platten ist ein 24 Volt Synchronmotor federnd aufgehängt. Seine Energie bezieht er aus einem stabilen separaten Netzteil. Das dreiteilige invertierte Lager, welches den lasergeschnittenen Plattenteller aus 25 mm starkem Crystal Methacrylate trägt, ist ebenfalls auf der unteren Platte montiert. Das Material des Tellers besitzt gute Dämpfungseigenschaften und: Es sieht todschick aus so ohne eine Filzmatte, die der Hersteller deshalb auch gleich gar nicht mitliefert. Die Verbindung vom Motor zum Plattenteller erfolgt mittels eines dünnen runden Riemens.
Auf der oberen Chassisplatte des New Horizon ist der Pro-Ject 9 / 5 TP Tonarm montiert, der aus gezogenem Aluminium besteht. Geeignet ist dieser für mittelschwere Tonabnehmer von 6 – 10 Gramm. Und für die verschieden schweren Tonabnehmer hat New Horizon dem Plattenspieler großzügig gleich drei verschiedene Gegengewichte beigelegt.
Der Tonarm Pro-Ject 9 / 5 TP selbst glänzt durch seine vielfältigen Einstellmöglichkeiten. Er ist in der Höhe stufenlos verstellbar, und auch der Azimuth lässt sich problemlos einstellen. Für das Antiskating wird das altbekannte Baumelgewicht eingesetzt, welches an einem dünnen Faden über einen Umlenkbügel geführt wird. Auch ein solides elastisches Tonabnehmerkabel ist dabei, um die Verbindung zur Phonostufe zu ermöglichen.
Gegen Staub und wilde Haustiere liegt dem Plattenspieler eine Abdeckhaube aus Acryl bei. Damit der Hörer nicht auf den Gedanken kommt, diesen auch während des Hörens auf den Plattenspieler zu legen, handelt New Horizon sehr pragmatisch: Es gibt keine Befestigungsschaniere für den Deckel, also runter damit!
Das HiFi-Tuning kommt beim GD 2.25 auch nicht zu kurz. Mit der Option „GD Double Belt“ bietet New Horizon einen doppelten Riemen an, dazu wird lediglich die Antriebsscheibe ausgetauscht und der zweite Riemen aufgelegt. Für die Umschaltung von 33 1/3 auf 45 Umdrehungen legt man dann 2 statt eines Riemens um. Als zweite Aufrüstoption ist eine Keramikkugel für das Lager lieferbar. Die dritte und größte Aufrüstoption ist dann das DSP gesteuerte Motornetzteil „ALE“.
Die Option „GD Double Belt“ zu nutzen geht einfach und flott vonstatten. Erst den einzelnen Gummiriemen entfernen, dann die einfach die Riemenscheibe von der Motorachse ziehen. Dabei braucht sollte man nicht zu schüchtern vorgehen, da die Scheibe recht fest sitzt. Dann die doppelte Riemenscheibe auf die Motorachse drücken, sie gibt dabei aufgrund der Federung ein Stück weit nach unten nach. Anschließend werden die beiden Gummis umgelegt, und ab geht die Post. Okay, wer jetzt mit 45 auf 33 1/3 oder umgekehrt hören will, darf dann zwei Riemen umlegen, soll dafür aber auch klanglich belohnt werden.
Für einen noch ruhigeren Lauf des Plattenspielermotors kann das DSP gesteuerte externe Netzteil „ALE“ (witzige Bezeichnung, von obergärigem Bier werde ich auch ruhiger…) an den New Horizon GD 2.25 angeschlossen werden. Allerdings entfällt dann die Option mit dem doppelten Riemen, der Käufer darf sich also überlegen, welche der beiden Optionen er bevorzugt. Praktischerweise lässt sich über den Drehregler am ALE auch die Geschwindigkeit von 33 1/3, 45 und 78 auswählen.
Wie sich das geregelte Netzteil ALE auf den Klang auswirkt, auch das wollen wir in unserem Test klären. Achtung: Dem ALE liegt ein Netzteil mit 30 Volt bei. Dieses muss auch benutzt werden, das serienmäßige Netzteil des GD 2.25 hat eine Spannung von 24 Volt, sonst spielt sich da nichts ab! Kurios…
New Horizon GD 2.25, der Klang
Der New Horizon GD 2.25 wird ohne Tonabnehmer ausgeliefert. Also kommt vor dem Test erstmal das Tonabnehmersystem Goldring 1012 GX an den Tonarm Pro-Ject 9 / 5 TP. Ruckzuck ist der 1012 GX mittels der Tonarm-Lehre Pro Ject Align It justiert. Dann natürlich noch einen Phonoverstärker angeschlossen, ins Spiel kommen der Trigon Vanguard III sowie der Atoll PH 100.
Zur Einstimmung darf Esther Fellner mit ihrem Album „Via Del Campo“, dass sich langsam zu einer meiner persönlichen Referenzen entwickelt hat, auf den Plattenteller. Esther Fellner passt gut ins heutige Programm, da sie neben französisch auch in italienisch singt. Die einzelnen Schattierungen ihrer ausdrucksstarken Stimme höre ich immer wieder gerne, so auch hier. Mit leicht dunklerem Timbre als gewohnt höre ich sie aus den Standlautsprechern, die gleiche klangliche Signatur besitzt auch das Orchester, dass unter anderem aus Violinen, Cello und Schlagzeug besteht. In meinem Notizblock vermerke ich daher für den oberen Frequenzbereich eine vornehme Zurückhaltung. Bei höhenlastigen oder scharf abgemischten Aufnahmen wie zum Beispiel Katie Melua macht sich so eine Abstimmung angenehm bemerkbar.
Italienisch höre ich weiter mit „Il Sole Che Verrá“ von Pippo Pollina. Zum Teil könnte man die Stücke auf dieser LP als italienischen Chanson bezeichnen. Auf der einen Seite sind sie romantisch und sehr fein gezeichnet, auf der anderen stimmen sie nachdenklich. Und dann geht es auch fröhlicher und fast poppig weiter mit vollen Streichersätzen. Die über den New Horizon GD 2.25 geschmeidig und von der Räumlichkeit her nicht überbordend, dafür aber glaubwürdig wiedergegeben werden. Die den Liedern eigene stimmungsvolle Aura passt gut zum Charakter des Plattenspielers.
Neugierig wie ich bin, probiere jetzt den doppelten Riemenantrieb „GD Double Belt“ aus. So ein zweiter dünner Riemen, was soll der klanglich schon bewegen? Da habe ich mich aber getäuscht in meiner vorgefassten Meinung. Der klangliche Charakter des GD 2.25 bleibt schon der gleiche. Er wird aber noch etwas ruhiger und „analoger“, auch nimmt die räumliche Darstellung in Breite und Tiefe leicht zu. Das hätte ich doch nicht gedacht. Die Option des GD Double Belt sollte der Hörer beim Kauf in Erwägung ziehen.
Durch die gewonnene Erfahrung mit dem zweifachen Riemen erwacht der Spieltrieb im HiFi-Tester so richtig. Also schließe ich das per DSP gesteuerte Netzteil New Horizon ALE am GD 2.25 an, und erwarte eine Vertiefung des zuvor mit dem GD Double Belt gewonnenen Eindrucks. Aber da haben die Italiener mich schon wieder reingelegt! Der bisher leicht gutmütige Charakter ändert sich. Klanglich geht es nun in eine straffere flottere Gangart. Jetzt höre ich übersichtlicher und klarer. Mit dem ALE kommt eine gute Prise italienisches Temperament ins Spiel. Diese Klangsignatur trifft meinen persönlichen Geschmack besser. Auch diese Investition lohnt sich also. Mit diesen Optionen bietet New Horizon dem Hörer die Möglichkeit, den Klang in die gewünschte Richtung zu verfeinern, das hat definitiv seinen Reiz.
So langsam komme ich in Schwung, etwas Munteres muss jetzt her! Kurzerhand Angelo Branduardi mit „La Pulce d’Acqua“ aus dem Plattenregal gezogen. Der Wasserfloh hüpft aus der Rille und fröhliche Stimmung macht sich im heimischen Wohnzimmer breit. Beim Blick zu meinen Füßen stelle ich glücklicherweise fest, dass ich doch einen trockenen Teppich unter den Füßen habe und nicht im Nass des Teiches stehe… Das Flair und die Fröhlichkeit sowie die einfühlsame Stimme dieser schon fast antiquarischen zu nennenden Aufnahme überträgt der Plattenspieler in die heimischen Gefilde.
Da ich gerade in Schwung bin und noch was flottes brauche, beende ich den Abend mit Daft Punk und „Get Lucky“. Okay, ganz unten im Discokeller könnte es in der Standardausführung des GD 2.25 noch ein wenig druckvoller zugehen. Andererseits mögen viele Hörer diese Zurückhaltung. Was zudem den Vorteil hat, den nachbarschaftlichen Frieden nicht über Gebühr zu strapazieren.
Und mit der Option des New Horizon ALE lässt sich der Klang auf Wunsch in Richtung straffer und kräftiger ändern. Sollten sich also die klanglichen Vorlieben oder die Wohnverhältnisse ändern, kann sich der GD 2.25 Besitzer so womöglich die Investition in einen neuen Plattenspieler sparen. Hat doch was diese Flexibilität. Den Rhythmus der Musik beherrscht dieser Plattenspieler in beiden Fällen. Indeed, I got lucky. Und so beende ich beschwingt den Test des New Horizon GD 2.25.
Fazit
Der junge italienische Plattenspieler-Hersteller New Horizon bereichert den analogen Markt. Das Modell GD 2.25 gefällt im Test mit seinem feindynamischen und homogenen Klang. Mit seiner Liebe zu den mittleren Frequenzen empfiehlt er sich auch bei kritischen Aufnahmen für längere Hörabende. Durch die empfehlenswerten Aufrüstoptionen bekommt der Hörer die Möglicheiten, den Klang an den persönlichen Geschmack anzupassen.
Im Test
Plattenspieler New Horizon GD 2.25. Preis 1.149 Euro
GD Double Belt, doppelter Riemenantrieb. 49 Euro
DSP gesteuertertes Netzteil New Horizon ALE. Preis 349 Euro
Kontakt
AUDIUM / Visonik
Catostr. 7b
12109 Berlin
+49 (030) 613 47 40
kontakt@visonik.de
www.audium.com/
Mitspieler im Test
Quellen digital – Netzwerkspieler Cambridge Audio 851N, CD-Laufwerk Cambridge Audio CXC, Musikserver Innuos ZEN MK.III
Quellen analog – Plattenspieler Rega Planar 6 mit Tonabnehmer TAD Excalibur Black, Phono MM- & MC Verstärker Trigon Vanguard III
Verstärker – Vorverstärker Cambridge Audio 851E, Endverstärker Cambridge Audio 851W
Lautsprecher – Standlautsprecher LUA Con Espressione
Kopfhörer – Offener Kopfhörer Focal Clear, Kopfhörerverstärker Divaldi AMP-02 mit Phono MM- & MC Stufe
Zubehör – Lautsprecherkabel Supra XL Annorum. XLR- und Cinchkabel Fadel Art Pro Link, Stromkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste PS Audio Dectet