Wer kennt das nicht, wenn zwei Herzen in einer Brust schlagen: Passion und funktionale Wünsche prallen aufeinander. Als Beispiele fallen mir da Sportwagen vs. Familientauglichkeit, mechanische Uhren vs. Gangautonomie und so weiter ein. Im vorliegenden Fall könnte dieses Wertepaar lauten: Möbeldesign vs. HiFi-Möbel. Corpus delicti: Das Möbelsystem von USM Haller. Auf das audiophile Optimierungspotenzial bei der Schweizer Marke wurde Jörg Wähdel als Diplomphysiker und Mastermind des Lautsprecherherstellers BETONart aufmerksam. Als Sohn einer Architektin und eines Architekten wurde ihm die Affinität und Liebe zu Architektur & Wohnen quasi in die Wiege gelegt. Die Liebe zur Musik schuf den Anlass zu Handeln. Bei dem modular individuell konfigurierbaren Designermöbel sind aus akustischer und schwingungstechnischer Sicht die Böden/Tablare des Racks aus dünnem Blech der Knackpunkt. An dieser Stelle setzt Jörg Wähdel mit seiner Anti Vibration Panel AVP 4 Audio Modifikation für USM an, die er ab rund 300 Euro anbietet.
Die Ausgangssituation
USM Haller ermöglicht durch ein modulares System aus abgerundeten Eckelementen, die an den sechs „Würfelflächen“ mit Innengewinden versehen sind, und polierten Edelstahl-Stangen von standardisierter Länge mit Gewinde-Enden kubische Frames aufzubauen. In diese selbsttragende Struktur lassen sich dann die Funktionselemente wie Schubladen, Türen und Böden/Tablare sowie Seitenteile einsetzen. Teil des Erfolges des Designklassikers ist neben der ebenso schlichten wie eleganten Gestaltung die Präzision, mit der sich die beispielsweise die Böden/Tablare aus dünnwandigem Blech stabil und sicher einklemmen lassen. Sie sind sauber abgerundet und klemmen mechanisch effektiv über die ganze Länge im Frame. Gleichzeitig strahlt das zusammengebaute Möbel optisch Solidität aus.
Ein Klopfen auf den Metallboden offenbart aber schnell das akustische Problem: Das dünne Blech ist auf der Fläche ungedämpft. Siehe auf dem Foto unten das Serien-Tablar in blau. Musik-Fans wollen nicht grundlos ihre Gerätschaften in HiFi-Racks auf einem stabilen Untergrund aufbauen. Das Serien-Blech ist somit eigentlich ein No-Go. Für alle Design-Puristen ein klassischer Zielkonflikt, da hier nur mit massiven Geräte-Basen on-top, also auf den Böden/Tablaren Abhilfe geschaffen werden kann – was dann aber die stilprägende Leichtigkeit des USM-Designs konterkariert.
Das Anti-Vibration-Panel AVP 4 Audio
Jörg Wähdels AVP 4 Audio Modifikation verwendet die Original-Böden seiner Kunden und nutzt den Hohlraum unter dem Blech, der von der gebördelten Kante kaschiert wird, für die Anbringung einer schwingungsdämpfenden Sandwichplatte. Optisch und funktional – es entstehen keine Störkanten und -Flächen – bleibt das Möbel vollständig das Alte. Durch den Abstand des Sandwich zum Rand bleibt auch die Einclips-Funktion des Bleches Original erhalten. Der Entwickler hat den Hohlkehlen der Kanten allerdings zusätzlich noch Filzstreifen spendiert, die ein Klappern vollständig verhindern. Im Original klemmt das Blech nämlich Metall auf Metall im Frame. Einzig die Montagekräfte haben sich durch das AVP erhöht, was man speziell beim Ausbau merkt. Aber das macht man im HiFi-Rack ja normalerweise nicht jeden Tag.
Das AVP 4 Audio Sandwich besteht aus einer Korkgummi- und einer Kautschukschicht, die nach unten – also von unten sichtbar – von einer Aluminiumplatte abgedeckt wird. Der Verbund wird dann mit Unterdruck und entsprechender Belastung während der Trockenzeit am Metall-Boden verklebt. Es ist fast überflüssig zu erwähnen, dass beim Klopftest die blecherne Bäng-Bäng Antwort des blauen Originalbodens einem gut bedämpften Tok-Tok des goldgelbenen modifizierten Bodens gewichen ist.
Ich kann mir gut vorstellen, dass dieser Effekt unabhängig vom HiFi beispielsweise auch bei einem Tisch gut ankommt, bei dem die Platte ja ein „User-Interface“ darstellt und der Mensch diesen Dämpfungs-Effekt haptisch und akustisch als angenehm wahrnehmen wird – zum Beispiel beim Abstellen von Gläsern, Notebooks etc.
Jörg Wähdel brachte mir zur Anschauung und zum Ausprobieren ein USM-Möbel im klassischen HiFi-Rack-Format, Grundfläche 50 x 50 cm, mit den beiden Tablaren als Deckfläche zum Wechseln persönlich vorbei. Einer Original (blau), einer mit AVP-Modifikation (gelb). Das modifizierte Tablar bringt in diesem Format circa 4 kg mehr auf die Waage. Die beiden bereits installierten Böden waren ebenfalls mit AVP 4 Audio modifiziert, was das Rack gegenüber dem „Original“ deutlich schwerer machte. Da das Rack bei mir blieb, konnte ich meine Erfahrungen in Ruhe beim Einsetzen der Böden selbst sammeln, Komponenten ein- und aufstellen und fotografieren sowie später Musik hören.
Fotografiert habe ich übrigens im Wohnzimmer. Deshalb zeigen die Fotos vor der Wand auch nur den Plattenspieler Rega Planar P8 mit seinem Netzteil sowie die Phonovorstufe Rega Aria Mk3. Das Netzkabel für den Phono-Pre, das Niedervoltkabel vom Stecker-Adapter sowie ein Paar Stereo-RCA-Kabel zum (Vor-) Verstärker muss man sich noch dazu denken für den späteren Betrieb. Praktisch bei USM ist die Option, dass Öffnungen in den (Rück-) Wänden mit Kantenschutz mitbestellt werden können. Damit geht die Kabelorganisation recht gut sortiert zu. Die Füße sind natürlich höhenverstallbar für einen sicheren und nivellierten Stand des HiFi-Möbels.
Und so, wie es nachfolgendes Bild „in schön“ darstellt, ging es dann auch ins Hörzimmer. Für den Hördurchgang entschied ich mich exemplarisch für den Plattenspieler, da er meines Erachtens das empfindlichste „Messinstrument“ für Gerätebasen, Füße und vergleichbare Modifikationen ist. Reagiert dieser auf die Veränderung, lässt sich der Effekt auf andere Geräte ähnlich wie bei Gerätebasen mit Erfahrungswerten ableiten.
Technische Daten
- spezieller Sandwich-Compound Aufbau aus vakuumverklebtem Korkgummi / Kautschuk und Aluminium
- 50-fach höhere Stabilität als ein original USM Boden
- Enorm verbesserte Schwingungsdämpfung durch die Entwicklung eines schwerem Kautschuk & Gummikork Systems
- Das AV-Panel ist optisch nicht wahrnehmbar – die schöne Optik des USM Regals bleibt erhalten
- Oberflächen aus hochwertig eloxiertem Aluminium
- Gewicht: 4 -7 kg
- Größe: Für alle USM Böden / Tablare verfügbar
- Preis: ab 299 € pro Stück inkl. Montage
Höreindruck
Das Bild unten erklärt, warum ich die „schönen“ Fotos des USM-Racks im geräumigeren und aufgeräumten Wohnzimmer gemacht habe. Im Hörzimmer war es nämlich recht voll und damit zum Fotografieren einfach zu rumpelig, was dem abzulichtenden Objekt einfach nicht gerecht wurde. Den Ort des Hör-Geschehens möchte ich euch als „Fotobeweis“ trotzdem nicht vorenthalten.
Das USM-Rack stand an diesem Platz, weil der Rega Planar P8 nebst Aria mk3 Adjutanten so noch recht gut aus meinem Rack heraus zu eisen und dann wieder mit dem Vorverstärker zu verkabeln war. Das der Plattenspieler leicht vor der Lautsprecherebene stand, nahm ich für den A/B-Vergleich in Kauf. Da der Vergleich erforderte, das Tablar auszuclipsen – was mit etwas Mühe, Aufwand und mit Risiko für den Plattenspieler beim Umstellen verbunden war – , entschloss ich mich, jeweils drei Platten am Stück in drei Durchgängen zu hören: mit AVP – ohne AVP – mit AVP. Dies beantwortete dann im Wesentlichen zwei Fragen: Was fehlt mir im Klang, wenn wenn ich wieder beim Standard bin und umgekehrt, was gewinne ich wieder dazu. Ich finde immer beide Betrachtungsrichtungen spannend.
Als Platten suchte ich mir Jennifer Warnes Another Time, anaother place , Stings Dream of the blue turtles und – wenn die Polizei sowieso schonmal im Haus ist – gleich das ganze Einsatzkommando The Police mit dem Best-Of-Album Every breath you take aus. Im ersten Durchgang mit der AVP-Modifikation fiel mir auf, dass ich, weil ich spontane Freude beim Hören empfand, die Alben mit A und B Seite gleich komplett durch hörte. Das Klangbild wirkte sehr schlüssig und ausgewogen, die die Stimmen sehr fokussiert und das Geschehen verteilte sich bei allen Alben wie selbstverständlich über die Bühne. Beim Wechsel auf den Serien-Blechboden war – ich möchte es mal so formulieren – der Zauber weg, den ich zuvor in der Musik wähnte. Das verblüffte mich echt, weil das Gefühl sehr direkt und ehrlich aus dem Bauch kam. Gewechselt hatte ich bei dem Album von Jennifer Warnes, das recht emotional daher kommt. Im Anschluss hörte ich so alle drei Alben erneut durch, verlegte aber den erneuten Wechsel des Tablars auf den nächsten Tag. Mein Gehör wurde zum Abend doch etwas müde. Irgendwann ist es ja auch mal gut.
An Tag zwei startete ich wieder mit dem Standard-Tablar im Hifi-Rack. Den Auftakt machte The Police sowie Sting und Jennifer Warnes den Abschluss. Mein Eindruck war, dass die Musikreproduktion handwerklich grundsätzlich in Ordnung war, woran man sich dann interessanterweise wieder gewöhnt – quasi als neuen status quo. War das jetzt so verkehrt, wie ich den Abend zuvor dachte? Im Hinterkopf blieb der nagende Gedanke, dass es besser geht. Zugegebenermaßen hörte ich von den Alben dann auch nur eine Seite. Die Frage war nun, was passierte beim Wechsel auf das goldgelbene Tablar mit der AVP-Modifikation?
Ich startete also wieder mit Jennifer Warnes und der Effekt war erstaunlich. Die Stimme war feiner gezeichnet, was mehr Emotion in die Musik und der damit verbundenen Aussage, aber auch eine bessere räumliche Ortung zur Folge hatte. Auch bei den Instrumenten. An der Positionierung änderte sich logischerweise nichts, aber an der Abgrenzung zum „Nachbarn“. Speziell bei der Stimme schien die Dimension der Tiefe weiter gespannt, weil sie deutlich frei gespielt war. Wie ausgewechselt. Instrumente wirkten frischer, spielfreudiger, klarer. Eine gewisse Lustlosigkeit, das Abarbeiten des Repertoires – aller Ehren wert -, war wieder dem eingangs erwähnten „Zauber“ gewichen, der dem Hörer mehr Lust aufs Musikhören macht. Wohl der Grund, wenn auch unterbewusst getriggert, warum ich zuvor nur eine Seite hören mochte. Stellvertretend sei hier der Titel „So sad“ genannt, bei dem alles Vorgenannte verknüpft mit einem kernigen Bass in einer sentimentalen Ballade zusammen kam. „I see you before me“ war dann als Abschluss von Seite A eine Paradedisziplin für die Stimme von Jennifer Warnes. Befreit von jeder Oberflächlichkeit beamt einen das Stück stimmungsvoll in den nächsten Club. Großartig.
Dementsprechend impulsiv und gleichzeitig luftig ging nun auch Gordon Sumner mit seinen Begleitmusikern im Opener „If you love somebody set them free“ zu Werke. Die Dynamik, die der Song entwickelt, riss mich mit. Der Spaßfaktor kam zum Tragen: Spontanes Kopfnicken und Fußtappen im Takt. Gleiches galt für „Love is the seventh wave“, das mit einem nochmal satterem, aber gut lesbaren Bass daher kam. Fassungslos lausche ich dem darauf folgenden Titel „Russians“, der nach 37 Jahren nichts an Aktualität und Emotionalität verloren hat. Die Mahnung, doch einmal nachzudenken, bevor man weltpolitisch unbedacht handelt, bekam ich nun nicht einfach protokollarisch zur Kenntnis gegeben, sondern mit Gänsehaut serviert. Ebenso Stings Gleichnis „Childrens Crusade“, das über die Mohnblume („Poppies for young Men“) den Bogen von Kindersoldaten vergangener Tage zur Drogensucht der Gegenwart schlägt. Musikalisch fast zu schön für den Ernst der Themen. Glücklicherweise riss mich das fetzig, jazzige „Shadows in the rain“ aus meinen Gedanken. Die Titelfolge war wohl sehr bewusst gewählt und wirkte. Insbesondere unter dem wohldosierten Zusatz von AVP. So beschloß ich, das modifizierte Tablar montiert zu lassen und das Notebook zur Seite zu legen. Jetzt werde ich einfach weiter Musik hören, Sting, The Police, die A Seite und die B Seite. Und so weiter. Ist halt eine Freude…
Fazit
Das Anti-Vibrations-Panel AVP 4 Music von BETONart ist – kurz gesagt – ein Muss für alle designbewussten Musik-Fans, die ihr USM-Möbelsystem in Reinform auch als HiFi-Rack verwenden möchten. Der große Vorteil der Modifikation ist die unsichtbare, direkte Aussteifung und Dämpfung des Original-Bodens/Tablars, so dass die Leichtigkeit des ikonischen USM-Designs erhalten bleibt. Echtes Understatement. Die klanglichen Auswirkungen sind speziell bei der mechanischen HiFi-Komponente Plattenspieler gut nachvollziehbar. Erfahrungsgemäß ist dies auch in unterschiedlichen Ausprägungen bei anderen Gerätschaften zu beobachten. Gemessen an seiner Wirkung und in Relation zum Gesamtinvest in ein USM Haller Möbelsystem – sowie auch der HiFi-Komponenten – ist die Investition in das Anti-Vibration-Panel AVP 4 Music ein klasse Deal, der ab rund 300 Euro pro Stück beginnt. Praktisch: Da die Modifikation auf Böden/Tablare des/der Kunden/in zurückgreift, kann sie sowohl bei Neubeschaffung aber auch im Bestand appliziert werden. Eine pfiffige Idee.
Im Test
BETONart Anti-Vibrations-Panel AVP 4 Audio Modifikation zur Dämpfung von USM Böden/Tablaren
Preis: ab circa 300 Euro je nach Größe. Projektpreise möglich.
Hersteller und Vertrieb
BETONart audio
Jörg Wähdel
Steige 10
69181 Leimen
Tel.: +49 151-42427127
Mail: info@Betonart-audio.de
Web: www.betonart-audio.de
Mitspieler im Test
Digitale Quellen – LUMIN U1 mini, NuPrime Stream 9, MERASON DAC-1, Musikserver Innuos ZENith Mk3
Plattenspieler / Phonovorstufe – Rega P8 mit Excalibur Platinum, Rega Aria Mk3
Verstärker – SPL Phonitor x mit DAC768xs, Cambridge Audio Edge W Endstufe
Lautsprecher – Dutch&Dutch 8c, Diapason Adamantes V
Kopfhörer – ULTRASONE Edition 15
Signalkabel – WSS Platin-Line KS-20 XLR, WSS Premium-Line KS-200 XLR, Boaacoustic Evolution BLACK.rca
Lautsprecherkabel – Boaacoustic Mercury, Melodika MDSC4030, Kabelbrücke Melodika MDSC1501
Digitalkabel – Boaacoustic USB-Kabel Silver Digital Xeno, Netzwerkkabel Wireworld Starlight 8, Boaacoustic SIGNAL.lanCat.6A
Netzkabel – Netzkabel Supra LoRad 2.5, bfly bPower
Zubehör – Netzleiste SUPRA Cables LoRad MD07 DC 16 EU SP MKIII, SBooster BOTW P&P Netzteil, NuPrime AC-4 Power Conditioner, NuPrime Omnia SW-8 HiFi Netzwerk-Switch, Innuos PHOENIX USB-Reclocker, MUTEC MC3+ USB
Fotos: F. Visarius