guerilla audio Modell 08/15. Auf so einen Namen für einen Kompaktlautsprecher – knapp 1.000 Euro kosten sie – muss man auch erst mal kommen. Da traut sich jemand was! Dieser „Jemand“ ist kein unbeschriebenes Blatt in Sachen HiFi und High End, Helmut Hack ist sein Name. Der sehr viele Jahre Testberichte für ein Blatt geschrieben hat. Wobei das Wort Blatt doch etwas despektierlich ist, handelt es sich schließlich um das etablierte High End Magazin Image HiFi, das auch ich immer wieder sehr gerne lese. Unter anderem wegen besagter Testberichte von Helmut Hack, nur schreibt er dort jetzt leider nicht mehr.
Dem HiFi-Virus ist er dennoch nicht untreu geworden, Helmut Hack hat lediglich die Seiten gewechselt. Er entwickelt und baut jetzt selber Lautsprecher unter dem doch etwas aggressiv klingenden Namen „guerilla audio“. Und überlässt das Schreiben jetzt anderen, in diesem Falle mir. Wenn das mal nur keine Tretmine ist, in die ich jetzt hineinstapfe… Was ich wiederum nun ob des guten Rufs des ehemaligen Redakteur nicht glaube. Von daher wage ich mich dann doch an einen Test der guerilla audio Modell 08/15. Allein weil es mich interessiert, ob Helmut Hack nun den Lautsprecher baut, der die klanglichen Eigenschaften hat, die er sich als ehemaliger HiFi-Redakteur gelegentlich gewünscht hat.
guerilla audio Modell 08/15 – Technik
Ein wenig irritiert bin ich ja schon beim Auspacken der guerilla audio Modell 08/15, den Kommentar meiner besseren Hälfte verkneife ich mir mal. Etwas rustikal, das dürfte die Optik der Kompaktlautsprecher wohl am Besten beschreiben. Und nach guerilla sehen sie ja auch ein wenig aus in ihren olivfarbenen Gehäusen, die aus alten Militärbeständen stammen. Da die 08/15 in Bayern handgefertigt werden, hat der werte Kunde auf Anfrage aber auch andere Farben und Frontmaterialien zur Auswahl. Auch sind andere Füße möglich, alternativ dazu lassen sich Stative anschrauben.
Stabil sind die Gehäuse der 08/15 auf jeden Fall, dienten sie in ihrem ersten Leben doch bei der Bundeswehr, der Schutz von Messinstrumenten war dort ihre Aufgabe. MDF geht in diesem Fall natürlich gar nicht, bei den widrigen Bedingungen. Unter anderem Feuchtigkeit wäre in diesem Falle absolut tödlich für die kleinen Kisten und deren Inhalt. Daher bestehen deren „Wände“ aus zwei miteinander verklebten Schichten: 12 mm massivem Buchenholz sowie 3 mm Sperrholz plus gegen Stöße schützenden Ecken aus Aluminium. Für die Frontseiten der kleinen Lautsprecher müssen Schallplatten ihr Leben lassen. Der obligatorische Klopftest lässt darauf schließen, dass auch hier massives Holz hinterlegt ist.
Was dann auch der Blick in den geöffneten Lautsprecher bestätigt. Praktisch diese Schnappverschlüsse! Der erste Blick nach dem Öffnen fällt allerdings auf ein Bassreflexrohr. Ja, ihr lest richtig, das hat die kleine Kiste tatsächlich! Die Kabel, welche zum 4-Zoll Breitbänder führen, hinterlassen einen durchaus anständigen Eindruck. Ein durchbohrtes Brettchen zur definierten Schallverteilung innerhalb der Box ist auch vorhanden, der rückwärtige Schall des Lautsprecher-Chassis soll laut Helmut Hack so auf ein virtuell größeres Volumen treffen und Reflexionen auf den Breitbänder minimieren. Mit an dieser akustischen Maßnahme beteiligt sind auch die Dämmmaterialien.
Eine Frequenzweiche gibt es bei den Breitbändern logischerweise nicht, und einen hundertprozentig geradlinigen Frequenzgang ebenfalls nicht. Laut Helmut Hack ist dieser auch nicht der Garant für einen guten Klang, er entwickelt lieber nach Gehör, was dann bei der Entwicklung logischerweise nach Zeit und viel Feinabstimmung verlangt. Allzu große Korrekturen sind sein Ding nicht, und so gibt es lediglich ein paar Folienspulen, MKP- und Styroflex-Kondensatoren sowie Hochlastwiderstände zu sehen. Allerdings nicht in den Lautsprechern selbst, sondern im separaten dritten Gehäuse, der Vibrationen wegen. Verbunden werden die drei Gehäuse mit beiliegenden Kabeln, optisch passend sind diese robust mit Hanf ummantelt.
guerilla audio Modell 08/15 – Ein paar technische Daten
- Prinzip: passiver, elektrodynamischer Vier-Zoll-Breitbandschallwandler mit Bassreflex
- Nennimpedanz: 4 Ohm
- Belastbarkeit: 15 / 30 Watt
- Kennschalldruck: 86 dB
- Frequenzbereich: 60–18.000 Hz
- Maße: 20*15*15 cm
- Garantie: 2 Jahre
- Preis: ab 950 Euro
guerilla audio Modell 08/15 – Der Klang
„Via Con Me“ ist der erste Titel auf dem Album the best of von Paolo Conte. Das einzige was ich davon verstehe ist „It’s wonderful…“. Was allerdings nicht an der Sprachverständlichkeit der guerilla audio Modell 08/15 liegt, sondern schlicht und einfach an meinen mangelnden italienischen Sprachkenntnissen. Dumm gelaufen, egal. Dennoch höre ich einfach weiter, weil es mir Spass macht was aus den kleinen Breitbändern kommt. Der angenehm sonore Charakter von Paolos Stimme gefällt mir. Auch der Rhythmus der Musik stimmt und bringt mich in eine angenehm relaxte Stimmung. Dazu jetzt noch ein Glas Primitivo und ein gemütlicher Abend kann beginnen. Doch ich will ja den Lautsprecher testen und nicht den Rotwein. Also schiebe ich die Gedanken an den Besagten und dessen Genuss erst einmal nach hinten.
Dennoch kommt der Genuss nicht zu kurz, zumindest bei der Art der Musik, die mir beim Herumstöbern auf dem Musikserver in die Finger fällt. A Night In Monte Carlo von Markus Miller. Das Ganze ist teilweise ein doch etwas experimenteller Jazz und nicht unbedingt als Gassenhauer geeignet, bestens jedoch für einen Lautsprecher-Test aufgrund seiner Komplexität. Wie die guerilla audio 08/15 das Geschehen auf der Bühne vor mir aufdröseln, ist schon eine Nummer für sich. Die Plastizität ist verblüffend groß, jedoch erwarte ich dies auch bei einem Breitbänder. Und obwohl ich die Lautsprecher der Einfachheit halber auf meinem Rack mit einer Breite von rund 1,70 m aufgestellt habe, gerät die räumliche Darstellung trotz des geringen Abstands der beiden Lautsprecher untereinander überraschend groß.
Ein angenehmer und auch so von mir gewünschter Nebeneffekt ist natürlich die tieftonverstärkende Wirkung dieser Art der Aufstellung. So ganz vertraue ich, wie der Leser wohl verstehen wird, dem Bassreflexchen der Kompaktlautsprecher nicht wirklich. Ein wenig spielen kann man mit dem „Bassreflex“ übrigens auch, zeigt doch der eine nach links und der andere nach rechts. Klar, kriegerische Bassgewalten sind von den guerilla audio nicht zu erwarten. Dennoch geht es unten rum glaubwürdig zu, hat Helmut Hack seinen 08/15 gehörmäßig – hier kommt seine weiter oben erwähnte Philosophie zum Zuge – einen leichten, aber nicht fetten Oberbass mit auf den Weg gegeben.
Dies zeigt sich auch bei Radim Sychra Spiritual Dance Music Vol. 2. Der Prager ist die klassische One-Man-Band schlechthin. Die von ihm gespielte Handpan gehört sowieso zu meinen Lieblingsinstrumenten, ich liebe diese sphärischen Klänge, bei denen man wunderbar abtauchen kann. Und das geht mit diesen kleinen Lautsprechern bestens. Dazu kommt der Rhythmus der knackig gespielten Cayon, die etwas unschöner unter der Bezeichnung Kistentrommel bekannt ist, was allerdings den Nagel auf den Kopf trifft. Das Allerbeste an dieser Musik ist allerdings das Spiel der flachen Hände Radims auf den selbst zusammengebauten Abflussrohren verschiedener Länge. Verblüffend, dass aus so einer Konstruktion anständige Klänge kommen können, und noch verblüffender, wie toll das aus den 08/15 groovt! Von einem Synthie-Bass ist dieses Spiel kaum zu unterscheiden. Da muss ich dann doch noch mehr Gas geben, was bis zu einer gewissen Grenze auch bestens geht, dann jedoch macht sich die physikalische „Größe“ der Boxen durch Komprimierung bemerkbar. Egal, gehobene Zimmerlautstärke geht allemal.
Flink und munter können die guerilla audio 08/15 ja, aber wie sie mit den Feinheiten der Musik wohl umgehen mag? Das machen die Kompaktlautsprecher quasi mit links. Die Feinauflösung und Bandbreite der Breitbänder gehört zu den besseren auf diesem Planeten. Meiko verführt mich mit einem sirenenhaftem Gesang, in den ich tief eintauche. Auch an der Sprachverständlichkeit der Sängerin bleibt nichts zu wünschen übrig, beim Englischen komme ich zudem jetzt auch besser mit als anfangs bei Paolo Conte. Dezent wird die Sängerin dabei von einem Banjo begleitet, dessen hölzernen Korpus ich vor mir höre. Dazu kommt gelegentlich noch ein lockeres Finger schnippen. Nicht die Spur von alledem bleibt an den Breitbändern kleben. Daher bin ich so frei zu zitieren: „Völlig losgelöst…“, das würde Tom Schilling jetzt wohl singen. Chapeau Helmut Hack, toll hast du ihn hinbekommen, deinen ersten Lautsprecher. Ich warte gerne auf den nächsten aus deinen Händen…
guerilla audio Modell 08/15 – Das Fazit
Entweder man mag sie, oder man mag sie nicht, die Optik der Kompaktlautsprecher guerilla audio Modell 08/15. Der Klang der kleinen Breitbänder überzeugt auf jeden Fall. Die 08/15 spielen detailfreudig jede Art von komplexer Musik ohne jedoch zu überspitzen. Und so lange von ihnen keine Disco Lautstärke gefordert wird, bleibt das Geschehen stets sauber und übersichtlich. Dazu kommen eine wunderbare Emotionalität sowie organische und flüssige Spielweise, die den Hörer immer mitnehmen. Meine Gratulation an Helmut Hack zu seinem ersten Lautsprecher.
Im Test
Kompaktlautsprecher
guerilla audio Modell 08/15
Preis: um 1.000 Euro €
Größe: 20*15*15 cm (b*h*t)
Farbe: Olive. Weitere auf Anfrage
Vertrieb
MHW AUDIO GmbH
Burgsiedlung 1
87527 Sonthofen
Tel.: +49 8321 6078900
Mail: info@mhw-audio.de
Web: www.mhw-audio.de
Mitspieler im Test
Quellen digital – Netzwerkspieler Cambridge Audio 851N, CD-Spieler Cambridge Audio 851C, Musikserver Innuos ZEN MK.III
Quellen analog – Plattenspieler Rega Planar 6 mit MC-Tonabnehmer TAD Excalibur Black, Phono MM- & MC Verstärker Trigon Vanguard III, Plattenspieler Sonoro Platinum mit MM-Tonabnehmer Ortofon 2M Red
Verstärker – Vorverstärker Cambridge Audio 851E, Endverstärker Cambridge Audio 851W, Vollverstärker Atoll IN 300
Lautsprecher – Standlautsprecher LUA Con Espressione, Subwoofer REL R 505
Kopfhörer – Offener Kopfhörer Focal Clear, Kopfhörerverstärker Divaldi AMP-02 mit Phono MM- & MC Stufe
Zubehör – Lautsprecherkabel Supra XL Annorum. XLR- und Cinchkabel Fadel Art Pro Link, Stromkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste PS Audio Dectet, Powergrip YG-1 Netzfilter, HiFi-Switch NuPrime Omnia SW-8, LAN-Kabel Supra Cat8 & Wireworld Starlight 8
Bilder, soweit nicht anders vermerkt: Bernd Weber