Die High End Standlautsprecher Focal Kanta N°3 für 10.000 Euro, die größten Modelle dieser Serie, bei uns im Test. Schon beim Anblick läuft mir das Wasser in den Ohren zusammen. Auch die Dame des Hauses war beim ersten Anblick der Pretiosen völlig aus dem Häuschen. Wie auch vom Klang, aber dazu später mehr.
Die Focal Kanta N°3 bewegt sich optisch abseits des Mainstreams. Sie interessiert den Hörer, elektrisiert ihn – was hier wohl alles drin steckt? Die gebogene Front, welche die einzelnen Lautsprecherchassis optimal auf die Ohren des Hörers ausrichtet. So das sich am Hörplatz fast eine Punktschallquelle ergibt. Eigentlich logisch der Gedanke, aber darauf muss man erstmal kommen. Und dann den Mut aufbringen, dies zu verwirklichen und optisch gegen den Strom zu schwimmen. Zudem zeigt die Kanta-Serie, wie reizvoll das Konzept ausgeht.
So, wie auch die Farbauswahl teilweise als sehr gewagt zu bezeichnen ist. Andererseits lässt sich die Kanta durch die farbenfrohe Vielfalt in viele – auch moderne – Umgebungen einbetten. Den Korpus gibt es in Hochglanz schwarz mit weißer, blauer, gelber oder schwarzer Front. Oder alternativ, wie bei unserem Testlautsprecher, mit dem Korpus in edlem Walnussholz-Furnier sowie einer Schallwand in mattem Elfenbein, alternativ dazu gibt es Blau, Taupe (Braungrau) oder Dunkelgrau.
Die markante Front der Kanta N°3, die dem Lautsprecher seine interessante Optik verleiht, besteht aus einem hochdichten Polymer „HDP“ (High Density Polymer) mit respektablen 55 mm Stärke. Dieses HDP bietet laut Focal eine 70 Prozent höhere Dichte als das meistens verwendete MDF. Dazu ist es 15 Prozent fester und hat eine höhere Dämpfung gegen Eigenresonanzen. Da sollten die Schwingungen der Lautsprecherchassis kaum noch eine Chance haben, auf das Gehäuse einzuwirken.
Das gebogene Gehäuse selber ist aus mehrfach verleimten Schichtholz hergestellt. Im Zusammenspiel des unregelmäßigen Körpers und der ebenfalls gebogenenen Schallfront haben stehende Wellen so gut wie keine Chance mehr. Eine weitere durchdachte Konstruktion ist der Lautsprecherfuß, der das Gehäuse elegant vom Boden abkoppelt. In ihn integriert sind massive Gewindeschrauben, mit denen sich die Focal Kanta N°3 ruckzuck stabilisieren und horizontal auf die Hörposition ausrichten lässt. Als oberer Abschluss ist eine Glasplatte mit dem Logo des französischen Herstellers aufgebracht.
Ein Markenzeichen der Focal Lautsprecher sind die Membranen aus einer Mischung von Flachs und Glasfasern für die Tief- und Mitteltöner. Mit der sich kreuzenden Struktur der Fasern sieht das echt schick aus. Viel wichtiger ist allerdings die Steifigkeit dieses von Focal selbst entwickelten sowie hergestellten leichten Materials. Die beiden im Durchmesser jeweils 21 cm messenden Tieftöner sowie der 16,5 cm messende Mitteltöner besitzen einen Antrieb mit Faraday-Ring, der für ein stabiles Magnetfeld sorgen soll. Im Bassbereich gönnt Focal der Kanta N°3 gleich 2 Reflexöffnungen, eine auf der Front und eine auf der Rückseite des Standlautsprechers. Sie koppeln an den selben Resonanzraum an, sind aber auf 2 verschiedene Frequenzen abgestimmt und sollen so für eine breitbandigere Anbindung der tiefen Töne an den Raum sorgen.
Auch der Hochtöner aus Beryllium ist ein Eigengewächs aus dem Hause Focal, hier in der N°3 misst er 27 mm. Räumlich abgetrennt findet er in einer separaten kleinen Kammer Unterschlupf, damit ihm die mittleren und tiefen Frequenzen nicht in die Quere kommen können. Im Inneren ist dieses kleine Gehäuse zudem noch mit Schaumstoff bedämpft um Reflexionen zu vermeiden.
Sollte nun der besten aller Ehefrauen der Anblick der Tief- und Mitteltöner doch nicht hundertprozentig gefallen, kann sie diese mit den beiliegenden magnetisch haftenden Abdeckungen verbergen. Ehrlich gesagt: Ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand auf so eine despektierliche Idee kommen könnte!
Klang
Ob sich bei unserem Test der hervorragende klangliche Eindruck, den wir auf den Süddeutschen HiFi-Tagen 2018 mit der Focal Kanta N° 3 erfahren haben, reproduzieren läßt? Dazu läßt sich nur eins sagen…
Wow! Wie dieser Standlautsprecher gleich mit meiner heißgeliebten griechischen Sängerin Haris Alexiou und ihrem Album „Around The World“ loslegt! Ich bin verblüfft! Wie echt, in voller Lebensgröße steht die Dame im heimischen Wohnzimmer. Die feinen Schattierungen und Verästelungen der charismatischen Stimme, so hervorragend wie mit der Kanta N°3 habe ich diese Dame selten über einen Lautsprecher gehört. Die Kastagnetten in diesem Lied sind für viele Lautsprecher ein Stolperstein und kaum als solche zu identifizieren. Geschweige denn dabei auch noch den Originalton zu treffen. Die Focal geht mit dieser Gemengelage geradezu spielerisch um. Auch der von rechts kommende, leicht warm tönende hölzerne Korpus ist sofort als natürlich gespielte Akustikgitarre zu identifizieren. Mmm, und dann das Akkordeon. So lebensecht, wie ich es um diese Jahreszeit von manchem Straßenmusiker, bei denen ich immer wieder gerne stehen bleibe, immer wieder höre. Die Komplexität, die dem Stück „Ja Ena Tango“ innewohnt, die doppelten Bassläufe bei denen mancher Lautsprecher lediglich ein einzelnes „Plopp“ erzeugt, das nötigt Respekt ab. „Her damit!“, sagt die Kanta N°3!
Meine Affinität zu Griechenland dürfte manchem Leser hinlänglich bekannt sein, glücklicherweise gibt es keinen Grexit. Ebenso bekannt wie Haris Alexiou ist bei den Hellenen der Sänger Giorgos Dalaras, der mit so einem Pathos singen kann, dass mir die Tränen in die Augen treibt. Und meinem heiß geliebten Nachbarn auch… Nun, so doll will ich es heute mal nicht treiben. Besagter Giorgos hat sich mit dem Wiener Kammerorchester zusammen getan, um Gedichte des Poeten Konstantinos Kavafis zu vertonen. Und die führe ich mir nun zu Gemüte in Form der Doppel-CD „Kavafis“. Mein Lieblingsstück ist „As Much As You Can“, eine Mischung aus Klassik, Jazz, Flamenco… Der Frauenchor glasklar vor mir, wie auch die Streicher, toll zu hören die Bogenstriche. Wie die Tuba geblasen wird, der Herr Instrumentalist muss eine überirdische Begabung haben. Wie er mit dem Instrument spielt und es raffiniert anbläst. Eine Flamencogitarre kommt hinzu, beide unterhalten sich. Ich bin begeistert, wie die Kanta N°3 die Raffinesse, das rasante Spiel und die Klangfarben rüberbringt. Im Hintergrund das Hüsteln eines Zuschauers in Reihe 7 auf Platz 28, genial. Das Klatschen des Publikums, das gewaltige Orchester kommt dazu und legt los. Wozu noch ein Konzert besuchen, wenn ich es daheim haben kann…
Live weiter mit Max Mutzke. In voller Lebensgröße steht der Soulsänger zum Greifen nah vor mir, mitsamt der NDR-Philharmonie. Der Raum und das große Orchester, den die Focal Kanta N°3 vor mir aufbauen, ist faszinierend holographisch. So ganz zufrieden bin ich allerdings doch noch nicht mit der Ortung sowie kleineren Lücken im Klangbild. Ok, ich habe auch einfach erstmal klassisch im gleichschenkligen Dreieck mit leichter Eindrehung der Lautsprecher gehört. Feinjustierung ist jetzt angesagt und ich taste mich nach und nach an die für mich optimale Aufstellung an, rücke hin und her. Die je 48 kg per Stück wiegenden Lautsprecher bringen mich zum Schwitzen. Ah ja, jetzt habe ich es, besagtes Dreieck bleibt, die Chassis sind genau auf mich ausgerichtet, jetzt rastet das Klangbild komplett ein, die Dame des Hauses ist ebenso begeistert wie ich! Zudem halten die beiden Französinnen sich gerne den Rücken frei, schade, wo sie doch so hübsch anzusehen sind! Die NDR-Philharmonie spielt jetzt in gebührendem Abstand hinter Max und der Ebene der Lautsprecher. Die Tiefenstaffelung ist genial, genau so wie es die Ausdehnung des Orchesters nach links und rechts ist. In der Abbildung lückenlos lädt die Musik zum Bade ein. Detailliert bis zum Gehtnichtmehr lassen sich die Musiker zuordnen, ohne das sie seziert werden. Im Hochton die Trompeten und Geigen ohne unnötige Schärfe, als höchst angenehm empfinde ich das.
Feingefühl und Räumlichkeit kann die Focal Kanta N°3 also hervorragend. Doch wie sieht es aus, wenn ich ordentliche Gas gebe? Schwächelt sie denn wenigstens jetzt? Malia und Boris Blank mit „Convergence“ von unserem Musikserver „aufgelegt“. Die Synthies wabern durch die heimische Hütte und benebeln mich. Durch die Schwaden hindurch höre ich Malias erotische Stimme, träume ich? Nein, ich bin hellwach! Die von Boris tief gespielten Bässe setzen ein, ok, bei denen kommt mein für die Kanta N°3 wohl doch etwas zu kleiner Raum gelegentlich ins Straucheln. Probiere ich es halt mit „Samb Allegro“ von der Dali CD, das ist im Bass etwas schlanker daherkommt. Pfeilschnell und furztrocken tobt der Orkan mit sympathischer Oberbassbetonung um meine Ohren, ich drehe immer lauter. Der Bass federt, ich bin begeistert von der Schnelligkeit, die dieser Standlautsprecher aufweist. Hut ab!
Fazit
Die Standlautsprecher Focal Kanta N°3 für 10.000 Euro begeistern mit großartigem Klang. Sie spielen schnell und kräftig mit leichtem Oberbass und reißen den Hörer mit. Zur hervorragenden räumlichen Darstellung kommen malerisch schwelgende Klangfarben, die mich auf eine lange Reise in die Musik mitnehmen. Die Feinzeichnung ist brillant ohne den Hörer je zu nerven. Dabei erstrahlen Stimmen und Instrumente in natürlich seidigem Glanz. In Symbiose mit ihrem eleganten hochwertigen Gewand ist die Kanta N°3 ein Lautsprecher zum Glücklichsein!
Im Test
High End Standlautsprecher Focal Kanta N°3
Preis: 10.000 € / Paar
Größe: 49*128*39 cm
Gewicht: 48 kg / Stück
Vertrieb
»music line« Vertriebs GmbH
Hainbuchenweg 14–18
21224 Rosengarten
www.music-line.biz
Mitspieler im Test
Quellen digital – Netzwerkspieler Cambridge Audio 851N, CD-Laufwerk Cambridge Audio CXC, Musikserver Innuos ZEN MK.III
Quellen analog – Plattenspieler Rega Planar 6 mit Tonabnehmer TAD Excalibur Black, Phono MM- & MC Verstärker Trigon Vanguard III
Verstärker – Vorverstärker Cambridge Audio 851E, Endverstärker Cambridge Audio 851W
Lautsprecher – Standlautsprecher LUA Con Espressione
Kopfhörer – Offener Kopfhörer Focal Clear, Kopfhörerverstärker Divaldi AMP-02 mit Phono MM- & MC Stufe
Zubehör – Lautsprecherkabel Supra XL Annorum. XLR- und Cinchkabel Fadel Art Pro Link, Stromkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste PS Audio Dectet