Ein CANOR ist euch nicht genug? Okay, nach dem CD-Player CD 2.10 ist nun auch der Stereo-Röhren-Hybrid-Vollverstärker CANOR AI 2.10 bei uns zum Test eingetroffen. Ich will ehrlich sein, das mit dem „nach“ stimmt nun nicht wirklich, waren doch alle beide gleichzeitig bei mir. Die beiden Slowaken habe ich zusammen, und in Anlehnung eines altbekannten Showmaster Spruchs getrennt voneinander gehört. Da die beiden Tests kurz nacheinander bei uns online erscheinen, verkneife ich mir die, in diesem Fall übliche Story zum Hersteller und gestatte mir, euch diesbezüglich auf den Test des CD-Spieler CD 2.10 zu verweisen.
An ein paar Auskünften zu CANOR komme ich allerdings doch nicht vorbei, da ich sie schon für bemerkenswert erachte. Schließlich ist nicht jeder Hersteller – und das auch nicht in der High End Liga – in der komfortablen Lage, eine eigene CNC-Fertigung für die Herstellung der Gehäuse zu besitzen. So ist der Einfluss auf die Produktion und die damit einhergehende Qualität doch einfacher zu kontrollieren und es lässt sich auch mal kurz was im eigenen Haus ausprobieren, ohne dafür auf kostspielige externe Ressourcen zurückgreifen zu müssen.
CANOR AI 2.10 – Technik
Ob es denn nun wirklich an der Herstellung der Komponenten im eigenen Haus liegt, lasse ich mal dahingestellt sein. Aber die Haptik des CANOR AI 2.10 ist wirklich gut gelungen. Kein einziger verbliebener Grat ist am sauber hergestellten Gehäuse ersichtlich und auch nicht mit den Fingern spürbar. Apropos Gehäuse: Der Korpus ist in schwarzem Stahlblech gehalten, die Front – auf der sich gerne auch noch ein Kopfhörerausgang befinden dürfte – gibt es in gebürstetem Silber wie beim Testgerät, und alternativ auch in klassischem Schwarz, was ich mal richtig edel finde. In diesem Fall verstärkt sich dann auch noch der wunderschöne Kontrast mit dem riesigen, bestens ablesbaren, bernsteinfarbenen DOT-Matrix-Display. Dieses lässt sich übrigens dimmen oder auch ganz abschalten.
Vollkommen selbsterklärend sind die Drucktaster für die Wahl der sechs analogen Eingänge. Nummer 1 bis 4 sind als Cinch-Eingänge ausgelegt, Nummer X1 und X2 – die Bezeichnung lässt es bereits vermuten – als XLR. Bei diesen beiden Eingängen werden die Signale übrigens bis zum Ende, also der Endstufe, vollsymmetrisch durchgeführt. Mit dem „MUTE“-Drucktaster links vom geschmeidig laufenden Lautstärkeregler wird der Ton kurzerhand komplett abgeschaltet. Praktisch wenn gerade mal das Telefon klingelt. Und wenn das Telefonat beendet ist, hört man dieses schöne Klackern der Relais beim Hochdrehen der Lautstärke.
Außen Hui, innen Pfui? Nein, für den CANOR AI 2.10 gilt dies nicht. Ist er doch von innen ebenso sauber aufgebaut, wie er von außen erscheint. Wie es sich gehört, ist die Vorverstärker-Abteilung mit den Röhren vom restlichen Innenleben abgetrennt. Die in ihr wohnenden beiden Doppeltrioden vom Typ 6922 werden vom Hersteller natürlich gematcht. Nicht ganz so selbstverständlich ist, dass die beim Matchen ermittelten Daten auch in einer Datenbank abgespeichert werden. CANOR macht dies in einer namens Aladdin, praktisch, falls mal Nachschub benötigt wird. Bei den weiteren Bauteilen verwendet CANOR die SMD-Technologie. Praktisch dabei ist ein geringer Platzbedarf, zudem gibt es kürzere Signalwege. Dennoch wiegt der Vollverstärker respektable 15 kg, was neben seinem stabilen Gehäuse auch am Ringkerntrafo liegt. Power sollte dieser Amp genügend aufweisen, verspricht der Hersteller doch 2* 150 Watt Leistung an 4 Ohm.
Natürlich gibt es auch eine massive Fernbedienung für den Verstärker. Mit ihr lässt sich auch der CD-Spieler aus dem selben Haus bedienen.
CANOR AI 2.10 – Ein paar technische Daten
- Leistung: 2 x 150 W an 4 Ω, 2 x 100 W an 8 Ω
- Eingangsempfindlichkeit: 400 mV / 150 W / 1 kHz
- Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz ±0,3 dB / 5 W
- Eingangsimpedanz: 30 kΩ
- Eingänge: 4 x Cinch, 2 x XLR
- Klirrfaktor: < 0,02 % / 1 kHz, 5 W
- Geräuschspannungsabstand: 95 dB
- Verwendete Röhren: 2 x 6922
- Netzanschluss: 230 V / 50 Hz / 420 VA
- Abmessungen: 43,5*12,0*40,5 cm
- Front: Aluminium Silber oder Schwarz
- Gewicht: 15 kg
CANOR AI 2.10 – Klang
Auch beim Test des Canor AI 2.10 greife ich teilweise auf das gleiche Musikmaterial wie beim CD 2.10 zu. Schlicht und einfach deshalb, weil beide Geräte gleichzeitig zur Verfügung stehen und ich sie daher teils gemeinsam und teils voneinander getrennt höre. Zudem möchte ich natürlich auch wissen, ob es eine Art Familienklang bei den Geschwistern gibt.
Und diesen gibt es auch, wenn ich wie jetzt gerade Meiko höre. Egal ob die Musik über den CD-Spieler Canor CD 2.10 oder gerippt vom Musikserver und über den Netzwerkplayer angeliefert wird. Locker und luftig setzt das Banjo bei „Rain“ ein, zärtlich angespielt die stählernen Saiten und gut nachvollziehbar deren leichte Tempowechsel. Und dazu die verführerische, leicht süßliche Stimme der Sängerin. Mmmhh, so lassen sich dieser und die weiteren gut abgehangenen Schinken gerne hören. Wie zum Beispiel auch „Stand By Me“. Von halbrechts ertönt kraftvoll, aber nicht übertrieben fett, der Bass, und noch ein wenig weiter rechts ein Fingerschnippen. Dazu scheppert sich linkerhand das Becken durch die Szenerie. Alles schön losgelöst, meint ein Freund von mir, der kurz auf einen Kaffee reinschaut. Sehr klar und plastisch, so seine Aussage.
Auch Seal hat den Klassiker „Stand By Me“ im Programm. Doch wird bei ihm daraus nicht der übliche Schmalz, er hat ihn auf seinem Album „Soul“ neu interpretiert. Und im Gegensatz zu Meiko vorher geht es jetzt ordentlich zur Sache. Kraftvoll und rhythmisch beginnt das Pianospiel bevor die leicht heisere Stimme des Soul-Sängers einsetzt. Und die rotzig gespielte, zackige Art, so kennt man Streicher in diesem Song eigentlich nicht. Toll, diesen Drive teilt mir der Canor AI 2.10 gekonnt mit. Getoppt wird die Chose dann noch durch die zackigen, leicht aggressiv gespielten Bläsersätze. Schmuseröhre? Nö, das ist dieser Verstärker definitiv nicht. Äußerst präzise zieht er sein Ding durch, und so macht er mir richtig Spaß, dieser RnB!
Etwas ruhiger geht es weiter mit „Read Meat“ von Otis Taylor vom ELAC-Sampler. Fein und luftig spielt er auf den Saiten der Gitarre und begleitet sie mit seiner feinen rauchigen Stimme, die stabil in der Mitte vor mir steht. Weiter höre ich von dieser CD „Rosas Cantina“ von David Munyon. Ein leichtes Schmatzen hat er in seiner Stimme, so genau ist mir das bisher noch nicht aufgefallen, äußerst interessant wie ich finde. Sehr detailfreudig geht er also zur Sache, der Canor AI 2.10. Okay, mit daran beteiligt ist natürlich auch die dafür bekannte Aufnahmequalität aus dem Hause Stockfisch, die für ihre Prägnanz bekannt sind. Was übrigens auch der Flöte in ihrer Luftigkeit gut tut, wie sie mit ihren Anblasgeräuschen bestens unter Beweis stellt. Da flirrt die Luft.
Weitere tolle Männerstimmen sind die von der Altherrengruppe The Fairfield Four. Alt, Tenor, Bariton und Bass gehen bei „These Bones“ schön grummelig zur Sache. Im Falle der Kombi von CANOR AI 2.10 und meinen eigenen Lautsprechern erscheinen die fünf Jungs mir dann doch ein paar Kilo schlanker als auf dem CD-Cover. Nach dem Umstöpseln auf die Cito Audio Modell DBC-8K, die grad ebenfalls bei mir zu Gast zum Test im Hörzimmer sind, ändert sich das merklich. Die Sänger sind auch jetzt nicht unbedingt als überdimensioniert proportioniert zu bezeichnen, doch deren Stimmen bekommen jetzt wieder ein mehr an Volumen. Und das, obwohl die Cito mit ihrem Isobarik-Bass auch nicht gerade als leicht anzutreibende Lautsprecher zu bezeichnen sind. Sauber und knorrig geht es jetzt zur Sache. Und jeder einzelne der fünf Herren lässt sich gut seiner Position zuordnen. Zudem muss ich sagen: Auch alte Aufnahmen können wirklich sehr gut klingen!
Scheinbar habe ich heute wohl meinen „Klassikertag“, zumindest erscheint es mir so bei meiner Musikauswahl. Na, dann mache ich doch einfach mal so weiter und krame „Private Investigations“ raus. Dürfte schließlich wohl die allermeisten unserer Leser kennen, was wiederum den Vorteil hat, dass sich meine Beschreibungen besser nachvollziehen lassen. Als sehr luftig empfinde ich die Pianoläufe, dieses völlig losgelöste und klare Tastenspiel, mmmh, lecker. Ebenso ergeht es mir mit der Gitarre von Mark Knopfler. Auch hier schweben die Laute der Saiten völlig schwerelos durch den Raum. Sehr sauber und trocken geht es im tendenziell nicht erdrückenden eher schlank und straff abgestimmten Bass zu, ihn als federnd zu bezeichnen, trifft es am besten. Was dann in meinem nicht so großen Raum dann auch von Vorteil ist.
CANOR AI 2.10 – Fazit
Mit dem Vollverstärker CANOR AI 2.10 ist den Slowaken eine wundervolle Mischung aus Röhren-Vorverstärker und Digital-Endstufe gelungen. Elegant und überzeugend wie das Design ist auch der Klang. Eine Schmuseröhre ist er nicht, doch gekonnt bedient er sich des klanglichen Charakters von Röhren in der Vorstufe. Die sehr feingliedrigen und luftigen oberen und mittleren Lagen werden ergänzt von einem völlig unangestrengten und sauberen Tiefton. Und wie dieser Verstärker den Raum aufbaut, ist schon eine Klasse für sich. Was mir dabei gut gefällt, er bläht ihn nicht über Gebühr auf, sondern bleibt in seinen Dimensionen realistisch.
Im Test
High End Vollverstärker
Canor AI 2.10
Preis: 3.500 €
Größe: 43,5*12,0*40,5 cm
Gewicht: 15 kg
Front: Aluminium Silber oder Schwarz
Vertrieb
IDC Klaassen International Distribution & Consulting oHG
Am Brambusch 22
44536 Lünen
Tel.: +49 231 9860285
Mail: info@mkidc.eu
Web: www.idc-klaassen.com
Mitspieler im Test
Quellen digital – Netzwerkspieler Cambridge Audio 851N, CD-Spieler Cambridge Audio 851C, Musikserver Innuos ZEN MK.III, High End CD-Spieler Canor CD 2.10
Quellen analog – Plattenspieler Rega Planar 6 mit MM-Tonabnehmer TAD Excalibur Black, Phono MM- & MC Verstärker Trigon Vanguard III
Verstärker – Vorverstärker Cambridge Audio 851E, Endverstärker Cambridge Audio 851W
Lautsprecher – Standlautsprecher LUA Con Espressione, Subwoofer REL R 505, Regallautsprecher Cito Audio Modell DBC-8K
Kopfhörer – Offener Kopfhörer Focal Clear, Kopfhörerverstärker Divaldi AMP-02 mit Phono MM- & MC Stufe
Zubehör – Lautsprecherkabel Supra XL Annorum. XLR- und Cinchkabel Fadel Art Pro Link, Stromkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste PS Audio Dectet, Powergrip YG-1 Netzfilter, HiFi-Switch NuPrime Omnia SW-8
Weiterer Test: CD-Spieler CANOR AI 2.10