Der englische Hersteller Blue Aura ist für günstiges HiFi bekannt. Unter anderem in Verbindung mit Bluetooth-Geräten wie Verstärkern und Lautsprechern. Die blaue Technik kann ihren Nutzern zwar keinen ebensolchen Himmel versprechen, aber eine einfache und unkomplizierte Bedienung. Ob dies auch mit einem klassischen Medium wie der LP gelingen kann, soll der Test des neuen Plattenspielers Blue Aura PG1 herausfinden.
Blue Aura PG1 – Technik
Wer beim Blue Aura PG1 ein physisch schweres Masselaufwerk erwartet, dem wird dieser Zahn direkt beim Auspacken des Plattenspielers gezogen. Wiegt dieser doch lediglich knappe 5 kg. Wobei das Gewicht ja nun nicht unbedingt auf die klanglichen Eigenschaften schließen lassen muss, ist doch ein anderer auf dem HiFi-Markt erfolgreicher englischer Hersteller geradezu berühmt dafür, am Gewicht seiner Plattenspieler zu knapsen. Und dies bei besten klanglichen Ergebnissen.
Nach der Befreiung der einzelnen Teile des PG1 aus der Verpackung kann der Fan des schwarzen Goldes sich bereits am Äußeren des Plattenspieler erfreuen. Der schwarze Hochglanzlack des Chassis aus MDF hinterlässt einen, für die Preisklasse um 400 Euro wirklich guten Eindruck.
Auf der linken Seite der Grundplatte befindet sich Antriebsachse des Gleichstrommotors, der seine Energie aus einem externen Steckernetzteil bezieht. Ungefähr in der Mitte des Chassis ragt dann der Edelstahldorn des Tellerlagers heraus, welcher in einer geschmierten Buchse läuft. Einen Subteller, wie bei vielen anderen Plattenspielern üblich, besitzt der PG1 nicht. Den Riemenantrieb hat Blue Aura mit einer anderen pfiffigen Konstruktion gelöst. Neben der äußeren Abkantung besitzt der Plattenteller zudem eine weitere innenliegende, um die der benötigte Riemen bereits gelegt ist.
Das Umlegen besagten Riemens auf die Motorachse gelingt wider ersten Befürchtungen ruckzuck. Im Plattenteller gibt es dafür zwei Öffnungen, an einer der beiden ragt ein rotes Band heraus. Kurz an diesem gezogen, lässt sich der Riemen einwandfrei um die Motorscheibe legen. Noch die schwarze Filzmatte drauf, und der erste Schritt ist getan.
Der 8,6 Zool messende Tonarm, der von Audio Technica stammt, ist natürlich fertig montiert. Lediglich das Gegengewicht muss montiert werden. Das Antiskating des Plattenspieler ist ganz klassisch per Umlenkhebel und kleinem Gewicht, das an einem dünnen Faden hängt, gelöst. Ebenfalls montiert und sauber justiert ist der Tonabnehmer AT-3600L von Audio Technica, der mit einer doch etwas ungewöhnlichen Auflagekraft von 3,5 Gramm eingestellt werden soll. Kleiner Schönheitsfehler: Die Skala auf dem Gegengewicht geht nur bis 2 Gramm, doch dürften die meisten Hörer des Vinyl eine Tonarmwaage besitzen. Und allzu teuer sind die ja nun auch nicht. Falls man als Vinyl-Einsteiger sich eine zulegen möchte, bekommt man einfache Exemplare bei Ortofon bereits für rund einen Zehner.
Um aufzuzeigen, welche klanglichen Möglichkeiten der Blue Aura PG 1 noch bieten kann, hat Günter Härtel vom Vertrieb mir als Alternative für das serienmäßige System noch das elliptisch geschliffene Audio Technica VM 520EB (VK um 119 €) zur Verfügung gestellt. Dieses System wird mit ungefähr 2 Gramm betrieben. Gehört habe ich beide Systeme dann nacheinander.
So bleibt dem Vinylisten nur noch die Befestigung des Gegengewichts und die Justierung der Auflagekraft. Das Gegengewicht ist schnell auf dem Grobgewinde des Tonarm aufgedreht. Um sich die Einstellung der Auflage etwas zu vereinfachen, dreht man das Gewicht so lange, bis der Tonarm waagerecht steht. Dann die drehbare Skala senkrecht auf „0“ gestellt, anschließend das Gegengwicht so lange weiterdrehen, bis die Skala senkrecht den gewünschten Wert anzeigt. Okay, beim AT-3600L ist dafür wie gesagt eine Plattenspielerwaage erforderlich, da die Skala auf dem Gegengewicht nur bis 2 Gramm geht. Im Anschluss wird das Gegengewicht mit der Konterschraube fixiert, und fertig ist die Kiste.
Rechterhand vom Tonarm finden sich zwei vom Durchmesser her großzügig und daher griffig gestaltete Drehschalter für den Start und Stopp des Plattenspieler sowie die Umschaltung von 33 auf 45 U/min. Auch an einen kleinen Puck für das große Mittelloch von Singles hat der Hersteller gedacht. Der Tonarmlift läuft übrigens angenehm geschmeidig.
Auf der Rückseite des Plattenspielers hat der Vinylhörer dann bei den Anschlüssen die Qual der Wahl. Entweder mit NF-Hochpegel raus aus dem integrierten MM Phonoverstärker über „Line“, oder den „Phono“-Buchsen an einen externen Phonoverstärker. Oder man nutzt die dritte kabellose Verbindung per Bluetooth.
Ein paar technische Daten
- Geschwindigkeiten: 45 und 33,3 U/min.
- Tonabnehmergewicht: 3 bis 6 Gramm
- Tonarmlänge: 8,6 Zoll
- Überhang: 18,54 mm
- MM-Tonabnehmer: Audio Technica AT 3600L
- Phonovorverstärker: MM integriert
- Ausgänge: Phono MM, Line, Bluetooth 4.0
- Abmessungen: 420*360*125 mm
- Gewicht: 4,8 kg
Blue Aura PG 1 – Klang
Kurz den Plattenspieler mit dem Drehknopf angeworfen und das Pairing mit dem heimischen Netzwerkspieler hergestellt. Das funktioniert schon mal zügig. Ist ja schon praktisch die heutige Bluetooth-Technik. Der Plattenteller dreht zügig los und dabei tut der Antrieb seine Arbeit auch kund. Ab einem Abstand von circa einem halben Meter verliert sich dann aber das leichte Laufgeräusch des Motors, und so dicht sitzt man ja eh nicht vor den Lautsprechern.
Auf geht’s mit „Another Time, Another Place“ von der Grande Dame Jennifer Warnes. Der eh schon warmen und sonoren Stimme dieser großartigen Sängerin gibt der Blue Aura PG1 seinen eigenen Touch, indem er noch eine leichte Schippe an Wärme drauf legt, damit hätte ich nun über die Bluetooth-Verbindung nicht wirklich gerechnet.
Auch von der räumlich stabilen Zuordnung des Gesangs zentriert zwischen den Standlautsprechern bin ich angetan. Vor der feinen Auflösung dieser Aufnahme schreckt das doch sehr günstige AT3600L nicht zurück, Respekt. Ein wenig mehr Drive wünschte ich mir bei der Wurlitzer in „Tomorrow Night“. Doch das bisher Gehörte ist schon mal ein guter Einstieg zu Beginn des Test, geht es hier doch um einen sehr gut ausgestatten Plattenspieler für günstige 400 Euro.
Weiter geht es mit dem Album „The Velvet Blues“ mit den Interpreten GinmanBlachmanDahl. Auch diese Langspielplatte ist sehr ruhig und feinfühlig aufgenommen. Unter anderem bei dem Titel „Somewhere Over The Rainbow“ gibt es einige Instrumente, die nicht nur direkt in der Mitte oder links wie auch rechts positioniert sind, sondern auch das halblinks spielende Becken. Okay, großartig über die Lautsprecher hinaus geht das Panorama nicht, aber wie auch, sind die drei Musiker doch bei der Aufnahme recht dicht beieinander positioniert gewesen. Was mir dann aufzeigt, dass dieser Plattenspieler mit der Zuordnung gut klarkommt.
In einen Klassiker wie die LP „Love Over Gold“ von den Dire Straits reinzuhören kann ich mir einfach nicht verkneifen. Die Klavierläufe bei „Private Investigations“ perlen nicht ganz so wie vom eigenen Plattenspieler gewohnt, aber der ist auch einiges teurer. Und auch der Bassgitarre gibt der Blue Aura PG1 seinen eigenen, leicht warmen Touch. Aber alles steht stabil vor mir und wandert nicht durch die Gegend. Und es gefällt mir, dass feine Details nicht einfach verschluckt werden, sondern ich sie zu Hören bekomme.
Zur Abwechslung höre ich mir die Scheibe nochmal von vorne an, diesmal nicht per Bluetooth, sondern per Cinchkabel über die Line-Ausgänge des Plattenspieler mit meinem Vorverstärker verbandelt. Auf diesem Signalweg hören sich die Dire Straits dann ein wenig klarer und heller an. Okay, dies sind keine riesigen Unterschiede, aber doch leicht erhörbar.
Spannend ist natürlich die Fragestellung, wie so ein günstiger Plattenspieler mit einem höherwertigen Abtaster zurecht kommt. Dazu habe ich kurzerhand das MM-System VM520EB von Audio Technica am Blue Aura PG1 montiert. Dafür rund 119 Euro am PG1 auszugeben, scheint im ersten Augenblick etwas hoch gegriffen zu sein, aber diesbezüglich bin ich schon des Öfteren eines Besseren belehrt worden.
So auch in diesem Fall. Neues Spiel, neues Glück, so heißt es bekanntlich. Also alle zuvor gehörte LPs nochmals aufgelegt und reingehört. Und siehe da, die Mühen mit dem Einbau des höherwertigen Tonabnehmers wurden belohnt.
Mit einer grundsätzlichen, leicht warmen Tonalität sind sich die beiden Systeme recht ähnlich. Doch die Detailfreudigkeit des VM520EB ist schon eine andere Nummer, als bei dem kleinen Geschwisterchen. Auch gibt es hörbar mehr Luft in den Aufnahmen zu vermerken. Und wie bei „Private Investigations“ gibt es auch bei „She Moves“ von „Alle Farben“ mit Graham Candy im Tiefton einfach mehr Druck und Struktur. Was mal wieder beweist, dass sich so eine Investition lohnen kann.
Blue Aura PG1 – Fazit
Mit dem Plattenspieler Blue Aura PG1 erwirbt der Freund der Langspielplatte ein grundsolides Gerät. Seine Ausstattung mit dem integrierten Phono MM-Verstärker, dem A/D-Wandler und dem Bluetooth-Ausgang ist hervorragend zu nennen. Der PG1 gefällt mit seinem warmen und angenehmen Klangausdruck und feiner Auflösung. Wer das nötige Kleingeld mitbringt, darf gerne in einen höherwertigen Tonabnehmer investieren, es lohnt sich.
Im Test
Plattenspieler Blue Aura PG1
mit MM-Phonoverstärker,
D/A-Wandler und Bluetooth
Farbe: Schwarz
Preis: Um 400 Euro
Vertrieb
Günter Härtel
Handelsvertretungen
Lütgestrasse 18
59069 Hamm
Tel.: 02385-5236
Fax: 02385-5711
Mobil: 0171-3119300
Web: www.haertel-vertrieb.de
Mail: gh@haertel-vertrieb.de
Mitspieler im Test
Quellen digital – Netzwerkspieler Cambridge Audio 851N, CD-Spieler Cambridge Audio 851C, Musikserver Innuos ZEN MK.III
Quellen analog – Plattenspieler Rega Planar 6 mit MM-Tonabnehmer TAD Excalibur Black, Phono MM- & MC Verstärker Trigon Vanguard III
Verstärker – Vorverstärker Cambridge Audio 851E, Endverstärker Cambridge Audio 851W, Vollverstärker Rega Aethos
Lautsprecher – Standlautsprecher LUA Con Espressione, Subwoofer REL R 505
Kopfhörer – Offener Kopfhörer Focal Clear, Kopfhörerverstärker Divaldi AMP-02 mit Phono MM- & MC Stufe
Zubehör – Lautsprecherkabel Supra XL Annorum. XLR- und Cinchkabel Fadel Art Pro Link, Stromkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste PS Audio Dectet, HiFi-Switch NuPrime Omnia SW-8