Wir HiFi-IFAs waren zu Besuch bei Hoerenswert-HiFi im schwäbischen Nürtingen, das rund 30 km Luftlinie südöstlich von Stuttgart liegt. Und wenn ich Hoerenswert-HiFi gleich zu Beginn mit wenigen Worten auf den Punkt bringen müsste, sähe das wohl wie folgt aus: Ein Mann, ein Telefon, zwei Studios und viel, viel Herzblut. Natürlich steckt viel mehr hinter dem „HiFi-Studio mit Herz“ und all das beleuchte ich für euch in dieser Reportage näher.
Doch zurück zu meinem Kondensat. Der Mann hinter und das Gesicht von Hoerenswert-HiFi ist ohne Zweifel Jochen Bareiß, der mit seinem Studio eine untrennbare Symbiose bildet. Das Telefon ist das Sinnbild für Jochens Geschäftsmodell, denn er organisiert sein HiFi-Studio bewusst als Terminstudio mit vorheriger Anmeldung. Natürlich geht die Terminabsprache auch per Mail. Für Jochen ist es elementar wichtig, den Kunden kennen zu lernen und seinen highfidelen Wunsch zu verstehen. Und das geht nun mal am Besten in einem ungestörtem Termin. Und im Gespräch muss es nicht immer um HiFi gehen. Schnell und gern können die Themen auch auf andere (schöne) Dinge des Lebens schwenken… Jochen und ich haben uns schmunzelnd schon mehr als einmal selbst als echte Quassel-Tanten (darf man das so noch sagen?) entlarvt. HiFi ist zwar ein schöner Bestandteil des Lebens, das Leben besteht aber nunmal nicht nur aus HiFi 😉
Womit wir beim Thema Herzblut wären. Natürlich hat es wirtschaftliche und praktische Vorteile, sein Studio im eigenen Haus einzurichten, aber mit den Geschäftsräumen im Untergeschoss ist das HiFi-Business mit dem Leben genau so eng verzahnt, wie das Hobby-HiFi mit dem Alltag des Kunden. Auch entfällt die tägliche Fahrt zum Ladenlokal. Die gewonnene Zeit investiert Jochen lieber in seine Kunden und die sorgfältige Auswahl an HiFi-Geräten für sein Studio. Daher bleibt in der Beratung und während der Hörtermine das Telefon auch aus. „Ich möchte die Leute in aller Ruhe begeistern können.“, das hat für Jochen oberste Priorität.
Im Studio 1…
Ach ja, da war doch noch was: Zwei HiFi-Studios. Diese sind liebevoll eingerichtet, mit Akustik-Elementen ausgestattet und fallen geometrisch in das Flächenraster des Hauses, welches auf dem Studio steht. Damit haben sie Grundrisse, die dem Normalbürger womöglich aus den eigenen Wohnräumen bekannt sind. Ein guter Ansatzpunkt also für einen ersten Höreindruck. Der „Proof of Concept“ sollte, speziell bei Lautsprechern, ohnehin beim Kunden stattfinden. Hierzu bietet Jochen Bareiß gegen eine Gebühr auch ein Probehören beim Interessenten an, die beim Erwerb einer HiFi-Komponente natürlich auch mit dem Kaufpreis verrechnet wird. Die Hörräume bieten ausreichend Platz zum Hören und einen gut sortierten Vorhalt weiterer Gerätschaften und Lautsprecher. Jochen setzt dabei auf Creaktiv Racks in schicker aber zweckmäßiger Ausführung, da er die akustischen Belange der Geräte über darauf abgestimmte Gerätebasen bedient. Im ersten Studio fanden sich an der Rückwand beispielsweise weitere Exponate von Technics, Cayin, Audio Analogue, Audiolab, Audionet und Canor (Foto oben).
Im Zentrum der Vorführung standen im Studio 1 (Foto oben) die passiven Lautsprecher Manger p2, Audio Analogue, Canor und Isotek Elektronik sowie Räke und Pre Audio Plattenspieler. Das aufmerksame Auge erkennt im Eck noch die aktiven Bassfallen PSI AVAA C20, die – auch im professionellen Bereich – ein echter Geheimtipp bei schwieriger Raumakustik sind. In der Beratung findet natürlich das HiFi den Weg in die Vorführung, welches das Herz des Kunden begehrt.
Nicht nur die Racks an den hinteren und seitlichen Wänden dienen als Ausstellungs- und Abstellflächen für den nötigen Vorhalt, auch im Gang von der Treppe zu den Studios und Büro-Räumen standen so einige Geräte und schlanke Lautsprecher Spalier. Stellvertretend seien hier das Rack mit SPL Geräten in der niederkrüchtener Normbreite und die Schallwandler von QED sowie hORNS genannt. Bei einem kurzen Streifzug durch die Räume von Hoerenswert-HiFi stellt man schnell fest, dass ein Herz von Jochen – in Sachen HiFi wächst er über die biologische Norm hinaus und hat gleich mehrere – für Plattenspieler schlägt.
Hier (Foto oben) legt er grad auf einen Transrotor-Plattenspieler auf, die jetzt häufiger auf Messen im Dreiergespann mit SPL und Manger zu sehen sind. Es ist für Jochen Bareiß selbstverständlich, diese Produkte in Kooperation mit den Herstellern auf diesen Veranstaltungen zu präsentieren und vorzuführen. Jochen hat einen guten Draht zu Dirk Räke, aber auch zu Ulla Scheu, die mit Ihren Plattenspielern ebenfalls auf vielen Veranstaltungen das Ensemble komplettiert hat. Der persönliche Kontakt zu Geschäftspartnern wie auch zu Kunden ist für Jochen wichtig, denn das Gemeinsame holt den Menschen aus der Unverbindlichkeit heraus. Empfehlung und Netzwerken sind elementare Bestandteile des Geschäftsmodells von Jochen Bareiß und wohl auch Teil seiner Geschichte. „Letztendlich ist die unbefangene Meinung meiner Kunden eine bessere Referenz, als meine eigene. Daher ist der Kontakt so wichtig.“
Ein kleiner Ausflug: Wie alles begann…
Interessant zu erfahren ist es, dass es mit dem HiFi bei Jochen Bareiß mit der Konfirmation anfing. Ein Meilenstein im Leben, den Jochen, Bernd und ich uns also teilen. Von da an machte er eigene Lautsprecherentwürfe. Der Traum: ein Nachbau der in jungen Jahren unerschwinglichen Quadral Titan. Frequenzweiche und Chassis waren bereits beschafft, als ein Besuch im Stuttgart-Degerlocher HiFi-Studio Lösch mit den Elektrostaten Audiostatic ES200 dem Drang zu den Göttern aufzusteigen ein jähes Ende setzte. Fortan schlug Jochens Herz (neben Plattenspielern, wie bereits aufgezeigt) für Lautsprecherkonzepte abseits der Kolbenschwinger. So lassen sich wohl die Liebe zum Mangerwandler und zu Martin Logan leicht erklären. Nach dem BWL-Studium trieb es ihn zurück zum HiFi und er richtete sein erstes kleines Wohnraumstudio „Intonation“ mit ES300 Elektrostaten und Röhren-Geräten von der Duisburger A Capella Audio Arts sowie diversen Plattenspielern ein. Hinzu kam seinerzeit der Vertrieb von Audio Research.
Nach ein paar Jahren schlossen sich die Türen von „Intonation“, das Glimmen der Röhren erlosch und Jochen wechselte in die Versicherungsbranche. Nach 10 Jahren packte ihn jedoch das HiFi-Fieber erneut, im Herzen war das Glimmen also noch aktiv, und er machte auf 9 m², natürlich im Wohnraum, einen Neustart mit den Manger C1, um dann in das geräumigere Untergeschoss des Hauses umzuziehen und richtig durchzustarten. Also an den Ort, an dem wir jetzt auch sitzen und uns unterhalten. Hier erfreut es ihn, seine Kundschaft bereits an der Tür in Empfang nehmen und begrüßen zu können. Das Setup wartet dann bereits sauber aufgebaut, das Ziel ist eine individuelle Beratung und ein entspanntes Hörerlebnis.
Jochen Bareiß jüngster Coup ist wohl die vollständige Übernahme des Kabelherstellers WSS-Kabel im Jahre 2022 von Konrad Wächter, für den er zuvor den HiFi-Kabel-Shop betrieben hat. Im Erdgeschoss des Hauses residiert demzufolge auch das Büro von WSS-Kabel und die Produkte finden sich natürlich im Sortiment wieder.
Zurück zu den Plattenspielern und dann ab ins Studio 2
Im Studio 1 führte mir Jochen noch den Pre-Audio DE-1800NG Plattenspieler-Laufwerk mit DE18-Tonarm vor. Die Spezialität der polnischen HiFi-Schmiede sind luftgelagerte Lineartonarme. Besonderheit 1: die kurzen Tonarme lassen sich leicht tauschen und sind relativ günstig, so dass sich der Vinyl-Freund verschiedene Tondosen zum Wechseln „Plug&Play“ auf die Seite legen kann. Besonderheit 2: Der Plattenspieler auf dem Foto unten liegt bei rund 3.500 Euro. Ein günstiger Einstieg in die Welt des Lineartonams.
Im Studio 2 geht es weiter mit Plattenspielern auf dem Rack – ebenfalls Transrotor und Pre-Audio. An Elektronik lugen darunter Audionet und Technics hervor.
Das Bild darunter bietet einen Überblick über das gesamte Setup. Hier stehen – ich hatte die Leidenschaft für Breitbänder und Flächenstrahler bereits erwähnt – auch die Martin Logans, und die Elektronik wird um Audio Analogue Verstärker aus der Anniversary Linie ergänzt sowie um Isotek Netzfilter.
Unten zu sehen ist ein Masse-Plattenspieler von Transrotor, der seinen eigenen Fuß und damit sein eigenes Rack gleich mitbringt. Das Vinyl kann so bereits ab Werk rückenschonend aufgelegt werden. Das Kennerauge erfasst im Hintergrund direkt die Lautsprecher Persona 5F aus dem Hause Paradigm. Wer sie einmal gehört hat weiß, dass sie einer näheren Betrachtung wert sind. Und auch wenn dies offensichtlich Kolbenschwinger sind, gilt: Ein Faible für das Eine zu haben, schließt das ja Andere nicht aus.
Ein Blick hinter das Grünzeuchs bringt dann auch noch die Paradigm Persona 3F und die Epos 14N zum Vorschein, sowie Elektronik von Anthem. Eine schöne Bandbreite, auf die sich der Musikfreund bei der Suche nach seinem Sound bestens einlassen kann.
Zu guter Letzt…
Jochen Bareiß und ich haben zugegebenermaßen so gut wie keine Musik gehört – also das, was das eigentliche Kundenerlebnis ausmacht. Stattdessen haben wir viel miteinander geredet und uns ausgetauscht. Über HiFi, das Business und Gott und die Welt. Am Ende des Tages waren wir beide überrascht, dass vier Stunden vergangen waren und wir – wie fast immer – von Hölzken auf Stöcksken kamen. Ich habe aber auch bewusst darauf verzichtet, mich schweigend neben Jochen zu setzen und einer Vorführung zu lauschen, die ich dann dem Leser beschreibe. Denn das spricht eigentlich gegen die Idee von Hoerenswert-HiFi. Die Erfahrung ist immer individuell und muss vom Interessenten / der Interessentin selbst gemacht werden. Mit seinen / ihren Wunsch-Geräten, seinen / ihren Ohren und seinen / ihren Vorlieben. Was mir vielmehr wichtig war, war zu erfahren: ist Hoerenswert-HiFi in Nürtingen tatsächlich das „HiFi-Studio mit Herz“? Und das kann ich nach diesem Tag vorbehaltlos mit „Ja, das ist es.“ beantworten. Bringt euch Zeit mit, wenn ihr einen Termin bei Jochen Bareiß habt, überlegt euch vorher was ihr wollt und lasst euch dann in Ruhe auf das Erlebnis HiFi ein. Danke Jochen für die gute Zeit, die auch für mich ein kleiner Ausflug aus dem Alltag war.
Hoerenswert-HiFi
Hoerenswert-HiFi
Im Inneren Bogen 25
72622 Nürtingen
Tel.: 07022 – 21 65 890
Mail: info@hoerenswert-hifi.de
Web: www.hoerenswert-hifi.de
Bitte vereinbart zur Beratung und für Höreindrücke einen Termin.
Fotos: F. Visarius
