Bei uns fand sich zum Jahreswechsel der CocktailAudio X45Pro Musikserver zum Test ein. Ein audiophiles Multifunktionswerkzeug der Extraklasse. Das Flaggschiff der X-Serie. Beim Blick auf die Ausstattungsliste fällt dem Betrachter spontan der Vergleich mit dem wohlbekannten Schweizer Taschenmesser oder dem unter Kennern geschätzten Leatherman Tool ein. Funktional mehr als berechtigt, rein geografisch aber trügerisch. Der CocktailAudio ist weder im europäischen Alpenland noch im nordamerikanischen Oregon – der Heimatstadt des Leatherman Tools – korrekt verortet. CocktailAudio ist eine Marke von Novatron mit Sitz im südkoreanischen Giheung-Gu / Yongin südlich der Hauptstadt Seoul. Elektronik Giganten wie Samsung oder LG, die ihren Stammsitz damit praktisch in der Nachbarschaft haben und die mit ihrer Innovationskraft Strahlwirkung in der Region haben, deuten im Massenmarkt an, wozu südkoreanische Technologieunternehmen im Elektroniksektor fähig sind.
Das mit dem CocktailAudio X45Pro nicht zu spaßen ist merkt der stolze Besitzer schon beim Auspacken des – je nach Ausführung – schwarzen oder silbernen Wunder-Kastens. Die Masse ändert sich je nach Ausstattung, beginnt aber in jedem Fall bei 13,2kg. Nicht ganz unschuldig daran ist die Gerätefront, die aus 13 mm dickem, CNC gefrästen Aluminium besteht. Ein Ringkerntransformator für das analoge Audiosignal und ein internes Schaltnetzteil für digitale Signale, beide separat geschirmt um elektrische Geräusche zu minimieren, tun ihr Übriges. Der X45Pro hat mit 440 mm x 340 mm x 118 mm stattliche Ausmaße. Bei Entnahme aus dem Karton ist somit eine Rücken schonende Haltung angesagt. Zeit mit dem X45Pro zu verbringen sollte im Anschluss an die Installation ja musikalische, keine medizinischen Gründe haben.
In Kombination mit den markanten, CNC-gefrästen Drehreglern aus Aluminium entsteht ein wertiger Eindruck. CocktailAudio wählte ein schlichtes, geometrisch klares Design, das bereits beim Anschauen auf eine hochwertige aber sachliche Annäherung ans Thema Musik hindeutet. Schön ist der reliefartige Schriftzug auf dem Deckel, der das Understatement des X45Pro akzentuiert.
Das große 7 Zoll Display macht die Bedienung am vernetzten Gerät, auch in Kombination mit der funktions-reichen Fernbedienung, zur echten Alternative zur APP und lässt Albencover wunderbar großformatig erstrahlen.
Ausstattung
Der X45Pro ist ein Ausstattungswunder. Pragmatisch sind auch die Anschlüsse an den Vorderseite: Ein Kopfhörer-Ausgang mit 6,3mm Klinke sowie ein 3,5mm AUX-Eingang und ein USB-A-Eingang für den schnellen Anschluss mitgebrachter digitaler Geräte. Einziger Wermutstropfen: der X45Pro hat keine Bluetooth-Schnittstelle, was ich bei der Opulenz an Funktionen nicht recht nachvollziehen konnte. Natürlich behebt den Malus zuverlässig ein Bluetooth-Zusatzkästchen für 50 Euro aus dem Elektronik-Versand digital per TOSLINK. Eleganter wäre aber eine integrierte Lösung. Anyway.
Sämtliche Funktionalitäten des X45Pro im Fließtext aufzuzählen würde gefühlt einen Brockhaus Band füllen. Deshalb die für mich herausragenden Features in Kürze, der Rest in Tabellenform. Auch der Blick auf die Anschlussfelder auf der Geräterückseite sagt dem Kenner bereits viel mehr als tausend Worte.
Hervorzuheben ist, das der X45Pro einen Vorverstärker an Bord hat. So kann der Musikfreund hochwertige Endstufen nach eigener klanglicher Präferenz oder Aktivlautsprechern direkt an sein Musikcenter anschließen. Und zwar per Cinch oder XLR! In diesem Preissegment eine hervorragende Kombination. Dadurch, das CocktailAudio auf einen analogen Signal-Strang setzt, ist auch ein analoger Eingang verfügbar. Das eröffnet Möglichkeiten, den X45Pro zum Zentrum auch einer Bestandsanlage im klassischen HiFi zu machen und gleichzeitig digitale sowie Netzwerkfunktionalität zu ergänzen. Und eine weitere Karte spielt Cocktail-Audio gleich mit aus: Der X45Pro bringt einen MM-Eingang zum Anschluss eines Plattenspielers gleich mit. Der X45Pro kann analoges Material digital aufzeichnen, taggen und entsprechend in die Bibliothek einbinden. Und als wäre das nicht genug, gibt’s noch einen DAB+ und FM-Receiver mit dazu. Hut ab!
Auf der digitalen Seite verbucht er die Funktionalität des Digital/Analog-Wandlers, CD Ripper via eingebautem Slot-In-Laufwerk (Cover und Meta-Daten von Gracenote), Netzwerk Streamer und digitalem Musikrekorder. Die eingebaute Festplatte bestimmt auch wesentlich den Preis. Natürlich kann der Besitzer auch auf eine NAS zugreifen und bestellt das Gerät nackt für 4.999 Euro. Die volle Funktionalität beginnt aber mit 5.090 Euro für 2TB 3,5″ HDD und geht – auch über verschiedene 2,5″-HDD-Varianten – bis zur 4TB 2,5″-SSD für 6.499 Euro. Unserem Testgerät. Wer geschätzte 31 Tausend CDs im FLAC Format griffbereit haben möchte, greift zur höchsten Speicher-Ausbaustufe mit 8TB 3,5″-HDD für 5.490 Euro.
Der X45Pro ist mit dem hochwertigen SABRE ES9038PRO DAC Chip ausgestattet. Dieser ermöglicht eine Abtastrate bis zu PCM 768 kHz und nativem DSD 512. Weiterverarbeitet werden seine Signale vom OPA627BP Precision High-Speed Operationsverstärker.
Nach einem Blick auf das Datenblatt und die Geräterückseite werden wir uns anhören, was das klanglich bedeutet.
Technische Daten
Verstärker | Vorverstärker |
DAC | Sabre ES9038PRO |
Prozessor | 4×1 GHz ARM Cortex A9 |
Speicher (2 GBit = 256 MB) | 8 GBit DDR3 NAND Flash 8 GByte |
Display | 7 Zoll (1024×600 Pixel) |
Externes Display | Ja (HDMI, auch Audio Ausgang) |
Analoge Ausgänge |
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Analoge Eingänge |
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Digitale Ausgänge |
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Digitale Eingänge |
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Phono Eingang | Ja, mit Vorverstärker für Moving Magnet |
Max. Bitrate Eingang | 192 kHz, 24 Bit |
Max. Bitrate Ausgang | SPDIF, AES/EBU PCM 192 KHz USB Audio, HDMI DSD256, 32 Bit/384 KHz, 32 Bit/768 kHz |
Radiotuner | FM u. DAB+ Tuner mit RDS |
USB-Host-Anschlüsse |
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Netzwerk (Kabel) | 100/1000 MBit |
Netzwerk (Wireless) | optional WiFi USB-Adapter 802.11 b/g/n |
Bedienung | Gerät, Fernbedienung, Webinterface, App |
Unterstützte Formate | MQA, PCM 768 kHz/32 Bit DSD (DSD 64, DSD 128, DSD 256, DXD (24 Bit/352,8 KHz) HD WAV (24Bit/192KHz), HD FLAC (24Bit/192KHz) APF/CUE, WAV, FLAC, ALAC, AIFF, AIF, AAC, M4A, MQA, MKA, MP3, WMA, Ogg Vorbis, PCM, M3U, PLS, etc – keine kopiergeschützten Formate |
Unterstützte Netzwerkprotokolle | UPnP (DLNA) Server/Client/Media Renderer, Samba Server/Client, FTP Server, Web Server, Telnet |
Gapless Wiedergabe | Ja |
Musikdienste | Qobuz, Spotify Connect, Deezer, Airable, High ResAudio, Tidal, Tidal MQA, Napster, Amazon Music |
Unterstützte Speicher | HDD 2.5″ SATA bis zu 5 TB HDD 3.5″ SATA bis zu 8 TB SSD 2.5″ SATA bis zu 4 TB |
CD-Laufwerk | Slot-In |
Netzteil(e) |
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Spannungsversorgung | |
12 Volt Triggerausgang | Max 200 mA, 12 V |
Gehäuse | Metall ohne Standfüße: 440 mm(B) x 340 mm(T) x 118 mm(H) mit Standfüßen: 440 mm(B) x 340 mm(T) x 130 mm(H) Hinweis: die Tiefe ist inklusive der hervorstehenden Anschlüsse! |
Front | Front: 13 mm dickes, CNC gefrästes Aluminium Drehregler: CNC gefrästes, massives Aluminium Gehäuse: Stahlblech |
Zertifizierungen | CE, FCC, EMI, etc |
( Quelle: https://www.cocktailaudio.de/ , formattiert)
Klang
Nach all der grauen Theorie ging es ans Hören. Endlich. Die Feature-List war ja lang genug. Das Hörerlebnis sollte sich digital gestalten. Zum Einen vom eingebauten Speicher des X45Pro, zum Anderen von der eigenen NAS im Hörraum. Deckungsgleichheit bestand bei Reinhard Meys Album „Flaschenpost“. Eröffnen sollte also seine musikalische Gesellschaftskritik „Narrenschiff“, die sich Hüben wie Drüben famos zum Höhepunkt entwickelte. Reinhard Meys rauhe Stimme, die einzelnen Stimmen der Mitsänger wunderbar herausgearbeitet, die Macht der Trommeln verdichteten sich nachvollziehbar im musikalischen Geschehen. Den klanglichen Unterschied zwischen NAS und internem Laufwerk fand ich im Vergleich vernachlässigbar, deswegen hatte ich die Speicherstelle für mich nicht weiter thematisiert, sondern unbeschwert gehört, was kam. Zurückgegriffen hatte ich natürlich auf Bekanntes, um eine Idee davon zu bekommen, was die Zutaten des audiophilen Cocktails waren.
So lieferte meine NAS wieder die „Poems of the Chinese Drums“ an den X45Pro an: Wow. Die riesen Trommeln standen mächtig und offen im Raum. Machten Druck. Der Sound war präzise, die Schwebungen hielten sich lang im Raum.
Macht hat auch Kari Bremnes „Coastal Ship“. Kari Bremnes feine, sehnsüchtige Stimme im Kontrast mit der Macht der Elemente, den Instrumenten. Hier kam die größte Stärke des X45Pro fantastisch zum Ausdruck. Er schafft es, Solo-Stimmen wie auf feinstes Pergament mit Tusche skizziert wie mit einem Skalpell auszuschneiden und auf ein Aquarell aus Klängen aufzukleben. Fast über lebensgroß. Die Verortung in die Mitte der Bühne war fast beängstigen scharf umrissen. Kari Bremnes hauchte mitten vor mir das „P“ der „deep“s und „ship“s derart lebensnah, das es mich fröstelte. Gleichzeitig kam der Bass trocken und impulsiv.
Einem ähnlichen Schema folgt auch „Veto“ von Sohn. Auch Christopher Taylors Stimme war fein herausgestellte, der Bass konturiert und nicht ein bisschen aufgedickt. Der X45Pro agierte bei dieser Musik wie ein Präzisionsinstrument, das begeisterte, aber manchmal auch eine gewisse Distanz zum Dargebotenen herstellte. Das konnte man beim Pasadena Roof Orchestra gut merken. Der Rhythmus kam fein rüber durch kleine Details in der Musik, das Geschehen geordnet. Aber mit etwas emotionalem Abstand. So war auch das „Knödelige“ des Gesangs gut hör- aber weniger spürbar.
Weniger Gedanken machen musste ich mir bei Asli und ihrem „Dans etmeye ihtiyacim var“. Asli wollte tanzen. Und Asli hat getanzt. Und ungestüm rotzig das Haus gerockt. Die Pegelregler standen ganz oben. Auch das ging wunderbar.
Ein Kontrast musste her: Agnes Obel mit „Aventine“. Ihre sehnsüchtig, klare Stimme in High-Res, das Cello träge gestrichen. Der rauhe, lethargische Klang der Saiten berührte mich, wenn auch mit etwas Abstand.
„True Colors“. Transparent und wunderbar die jugendliche, flehende Stimme der 1986 33-jährigen Cyndi Lauper. Gelöst von der Gitarre, dem Schlagzeug und dem Synthie. Als sich das Lied zum Schluss verdichtete bekam ich eine Gänsehaut. Das reterdierende Moment und die Erlösung – die letzten Drumschläge trocken und zentriert… Herrlich.
Ins gleiche Horn stieß der Gitarrist Ralph Towner mit „Anthem“. Sein Gitarrenspiel präzise und analytisch, man sieht förmlich die straff gespannten Saiten der Gitarre. Die Bühne: Ralph Towner, die Gitarre – sonst nichts. Eine Paradedisziplin für den X45Pro.
Fazit
Der Cocktail Audio X45Pro ist ein hervorragendes, audiophiles Multifunktionswerkzeug im Zentrum der HiFi-Kette. Ausser Bluetooth bedient er alle digitalen Standards, dient mit optional eingebauter Festplatte als Musik-Server, hat terristrisches Radio und analoge Eingänge inklusive Phono MM, von denen er Musik digitalisieren und auch speichern kann. Der präzise, analytische Sound des CocktailAudio X45Pro mit korrekter Bühne begeistert. Ein echter Allrounder auf höchstem Niveau.
Preise (Konfigurationsbeispiele)
4.999 Euro (ohne Speicher)
5.090 Euro (2TB 3,5″-HDD)
5.490 Euro (8TB 3,5″-HDD)
5.490 Euro (5TB 2,5″-HDD)
6.499 Euro (4TB 2,5″-SSD, unser Testgerät)
Kontakt
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Am Krautgarten 4
D-91717 Wassertrüdingen
www.cocktailaudio.de/