Die Norddeutsche HiFi-Tage 2023 – oder kurz: NDHT – liegen nun auch wieder rund eine Woche zurück. Junge, wie die Zeit vergeht! Der Alltag hat einen wieder voll vereinnahmt. Genug Abstand, damit diejenigen, die im Steigenberger Hotel in Hamburg Treudelberg selber mit dabei waren, noch einmal in Erinnerungen schwelgen können, und doch aktuell genug, dass alle anderen, die es interessiert, gerne noch einen Blick riskieren dürfen, um mitreden zu können. Die HiFi-IFAs waren an beiden Tagen mit von der Partie und haben für euch fotografiert, recherchiert und natürlich auch gelauscht. Bernd hat in seinem „Teil 1“ bereits berichtet. Nun ist an mir, meinen Teil beizutragen.
Leider haben wir es nicht geschafft, alle Räume zu besuchen. Die Aussteller, die in unserem Bericht fehlen, mögen es uns verzeihen. Grenzen setzten uns zum Einen die schiere Anzahl an Marken, zum Anderen die Menge interessierter Besucher, die die Hörzimmer bestens füllten. Speziell am Samstagvormittag benötigte man Geduld und auch etwas Glück, um ein freies Hör-Plätzchen zu ergattern. Und da sprechen wir nicht einmal von einer Sweetspot-Garantie. Zum Erstaunen der Anwesenden wurde es am Tag eins erst spät nach 16 Uhr ruhiger. Und auch der Sonntag war bestens besucht, war aber doch etwas entspannter. Die Aussteller und Veranstalter waren erfreut.
Im Erdgeschoss gleich neben der Garderobe fanden sich zwei große Räume vom Vertrieb Reichmann Audio Systeme. Der Samstag brachte Schiet-Wetter mit, so dass fast alle ihre Jacken an der Garderobe abgaben und dann automatisch bei Reichmann vorbei schauten. Auch wir konnten kurz reinhören. Eine souveräne Vorstellung von den Triangle Magellan Cello 40th Jubiläums Lautsprechern, der Musical Fidelity Elektronik und einem Music Hall Plattenspieler, der die Musik lieferte.
Ebenfalls im Erdgeschoss stellte mbl seine Radial-Strahlern aus. Die Upgrade-fähigen Lautsprecher spielten in der gehobenen Version 111F, so dass das ganze mbl-Ensemble mit 108.000 Euro schon zum größeren Besteck zählte. Eine Vorführung, die auch dieses Mal aufgrund der besonderen Abstrahlcharakteristik der Lautsprecher wieder Spaß machte.
Zum Erstaunen im größeren Stil regten die Lautsprecher von Symann Soundboards an. Die Grundidee stammt aus dem Instrumentenbau, die Energie für den Klang aus sogenannten „Excitern“. Die einfachste Form von Excitern kennt man von den kleinen USB-Geräten, die man einfach auf den Tisch oder Schreibtischplatte legt. Der Exciter regt die Platte an und macht das Möbel zur schallabstrahlenden Membran. Michael Symann, seit 30 Jahren als Klavier- und Cembalobaumeister aktiv, benutzt viele identische, geschickt verteilte Exciter, die auf einen Holzkorpus wirken. Durch die Vorspannung und Dicke des Holzes wird die Frequenz bestimmt, die bevorzugt angeregt wird. Das, was wie zwei Türspione aussieht, sind die Exciter, die auf eine Folie für die hohen Töne wirken. Der Sound löste sich geisterhaft locker von den großen Flächen. Faszinierend.
Erstaunen im Detail lösten die Lautsprecher von Qualio aus, die eine Hoch- / Mittelton-Einheit in Freistrahler-Bauweise auf ein veritables Bass-Gehäuse aufsatteln. Die Transparenz der Plexiglas Trägerplatte des Moduls fand sich auch im Klang wieder, flankiert von einem engagierten Tiefton. Ein interessantes Konzept, dem die Schöpfer den Namen IQ gegeben haben.
Ein interssantes Konzept verfolgt traditionell auch Fischer & Fischer mit seinen Lautsprechern mit Gehäusen aus Schiefer. Bei unserem Besuch war der Hörraum nicht mit einer Vorführung, sondern mit intensiven Gesprächen gefüllt. Aus früheren Vorführungen aber wissen wir, das es lohnenswert ist, sich die Zeit zu nehmen und einmal reinzuhören – sollte man den Klang noch nicht kennen.
Schnell beim Rauslaufen noch einen Blick auf die Ausstellungsstücke von Mudra Akustik, die ambitionierte Lösungen für die Stromversorgung anbieten. Das iPad und die Fernbedienung gehörten wohl eher zur Vorführung von Fischer & Fischer – soweit ist man bei der Stromverteilung noch nicht gekommen 😉
Apropos Strom und Kabel. Vom Vertrieb IAD Audio bekam auch Chord Electronics seine eigene Show eingeräumt. Der Hörraum wirkte wie das Spielzimmer eines echten Kabel-Fans.
Ein echter Kabel-Fan – oder müßte man sagen Cable Guy 😉 – dürfte wohl auch der Export Sales Manager Patrick Mitchell von Chord sein. Man kann über Kabel denken was man will, die humorigen Vorführungen des Briten sind einfach klasse. Ich gehe immer wieder gerne hin.
Einer der Schwerpunkte seiner Präsentation waren der Power ARAY und der Ground ARAY, die sich parallelgeschaltet darum kümmern, unerwünschte Störungen aus den Strömen (Netz oder Kleinsignal) fern zu halten. Die Klangeinflüsse spielen sich natürlich in Bereichen ab, die ein entspanntes Hören verdienen. Die NDHT boten aber ein interessantes Sneak Preview..
Auch aus dem gleichen Vertrieb IAD Audio spielte in einem weiteren Raum die Kombination aus Wilson Benesch Lautsprechern, Lumin Streaming Komponenten, WestminsterLab und Soulnote Elektronik-Komponenten sowie einem Luxman Plattenspieler.
Spannende Höreindrücke lieferte ebenfalls wieder André Grunewald, Mastermind von ARAKAS, der mit seinen akustischen Spiegeln auf wundersame und wunderbare Weise den Raum nach Gusto des Hörers verbog. Schallquelle waren von ihm mit „Mach 52“ modifizierte Lautsprecher. Schwer in wenigen Worten zu erklären, aber ein Tipp, sich das mal bei Gelegenheit selber unvoreingenommen anzuhören. Wir hatten ARAKAS mit seinen Spiegeln bereits zum Test im Hörraum und waren erstaunt. Mehr in unserem Review.
Für Entspannung und den notwendigen Zuckerspiegel sorgten die Verpflegungsstationen mit leckerem Blechkuchen, Muffins und Kaffeespezialitäten – strategisch geschickt verteilt über die Etagen. Immer gut nach konzentriertem Zuhören. Die METER-Kopfhörer links im Bild hatte euch Bernd ja bereits vorgestellt.
Weniger subtil zu erleben und dabei nicht minder beeindruckend war die Vorstellung im Hörraum von Audio Reference. Hamburg ist das absolute Heimspiel für den Vertrieb edlen HiFis. Am Start waren die Wilson Alexia V Lautsprecher sowie Elektronik und Zubehör aus dem umfassenden Portfolio. Beeindruckend die klare und direkte Ansprache des Setups. In der zweiten Vorführung – die Stühle um 90 Grad gedreht – waren Perlisten Lautsprecher zu hören. Auch exotische Gerätschaften vom Kabelspezialisten Nordost waren zu bestaunen.
Einen dynamischen und trockenen Sound lieferte auch die nordische Kombination aus Børresen Acoustics, Aavik und Ansuz ab. Im großen Raum und dank guter Bestuhlung fand sich immer mal wieder ein gutes Plätzchen zum Lauschen. Auf ihre technische und funktionale Art kommt die Anlage irgendwie ganz unschuldig daher. Der Interessent muss für das gesamte Paket seine Portokasse aber im guten sechsstelligen Bereich plündern. Die neuen Børresen X3 Standlautsprecher liegen dabei aber im attraktiven Preisbereich um 10.000€ für das Paar.
Gewohnt schlank zeigte sich die Vorführ-Anlage von Lyravox. Spannend, dass der Zuspieler der voll-digitalen KARLSSON-Lautsprecher ein edler Plattenspieler von SME war. Überrascht hat mich das nicht, da mir Jens Wietschorke bei der Abholung der von uns getesteten KARLOS enthusiastisch von einer analogen Offenbarung erzählte, die er mit seinem Geschäftspartner Götz von Laffert und seinen Lautsprecher-Kreationen hatte. Da fackelten die beiden offensichtlich nicht lange und enthielten das den Interessenten nicht vor. Der Sound im Hörzimmer war dank Raumkorrektur ansprechend. Wenn man die Marke kennt, aber noch unter den Möglichkeiten, die in einem akustisch kooperativeren Raum möglich sind.
Ein bekanntes Aussteller-Trio sind der Elektronik-Spezialist SPL, der im ProAudio- und im HiFi/HighEnd-Bereich zu Hause ist, der Plattenspielerhersteller Scheu Analog und der Lautsprecher-Hersteller Manger mit seinem patentierten, markentypischen Schallwandler. Hier hat Bastian Neu gerade Daniela Manger als Vorführer abgelöst. In der Firmenleitung von SPL hat er diesen Monat Wolfgang Neumann abgelöst und wurde damit zum dritten Geschäftsführer. Die passiven Manger p2 konnten in der bewährten Konstellation wieder ihren typischen natürlichen und losgelösten Sound zaubern.
Wer bei „Chips“ spontan an kurze Schläge auf das Grün denken musste, der war draußen besser auf dem Golfplatz aufgehoben, den man vom Hörzimmer unter anderem des Audio-Vertriebs von Frank Koglin sehen konnte. Wer bei Chips an Burr-Brown, ESS Sabre oder Texas Instruments dachte, der sollte sich besser drinnen umschauen. Beziehungsweise die Laufwerk/Wandler-Kombination vom Spezialisten C.E.C. anschauen/anhören.
Herrlich löste sich der Sound – von dem man gar nicht wusste wo er herkam – von den Silberstatic Elektrostaten, die in der neuesten Variante zum ersten Mal mit einem passiven Bass im Sockel spielten. Das hält die Membranfläche des Elektrostaten wohnraumfreundlich kleiner. Auch die am Boden ruhenden Lautsprecher im Retro-Look Pylon Audio JADE 20 versprachen viel Spaß. Dass sie keine Feingeister sein wollen, zeigten sie recht deutlich, bewiesen aber auch, dass sich Lebensgefühl und HiFi nicht ausschließen. Ein spannendes Konzept.
Ein besonderes Lebensgefühl in der Preisklasse über 30.000 Euro vermittelte auch der edle Plattenspieler mit Holzchassis von Tone Tool, der Handwerk pur ausstrahlte. Auf ihm waren gleich drei Holztonarme von Studio-HiFi befestigt. Ebenso Manufaktur Pretiosen und nichts für Spontan-Käufer mit unbändigem Haben-Wollen-Drang: Lieferzeit: 6-9 Monate.
Eine Innovation anderer Natur zeigte mir Klaus Siegesleitner vom Vertrieb AUDIUM. NEW HORIZON stellte einen Tonarm vor, dessen Komponenten (Im Bild die schwarzen) aus einem 3D-Drucker purzeln. Kern des Tonarms ist ein Alu-Rohr, so, wie auch die mechanischen Funktionskomponenten aus dem Leichtmetall gefertigt sind. Ein spannendes Konzept, da die Möglichkeiten der additiven Fertigung speziell in kleiner Serie in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind.
Neu von FEZZ Audio aus Polen die ausgestellten Vollverstärker der EVOLUTION Serie. Hier noch als Prototypen. Ein sehr reduziertes, gradliniges Design, das eine Alternative vom zum Teil barocken Röhren Charme bietet.
Die Masterminds des Berliner Vertriebs, Frank Urban und Klaus Siegesleitner, zeigten sich jedenfalls sehr erfreut von der positiven Resonanz auf den Norddeutschen HiFi-Tagen anno 2023. Müde, aber glücklich.
Eine solide Vorstellung lieferte auch wieder der männliche Teil der Familie Berman (der Vater mit seinen zwei Söhnen) mit seiner B.audio Elektronik ab. Es spielte der Streamer B.dpr EX und die Mono-Endstufen B.amp mono. Für die intrada MAURICE Lautsprecher hätte der Raum fast etwas größer sein dürfen. Für Freunde entspannten Genusses jedoch ein Tipp zum Reinhören.
Entspannt kam auch die CiTO DBC8-K (Diese hatten wir bereits zum Test in unserem Hörraum) an der Elektronik von Trigon und dem Plattenspieler von Transrotor rüber. Hier konnte man schön verweilen…
Einen erwartungsgmäß impulsiven und fesselnden Vortrag lieferten die Lautsprecher System Z5 ACTIVE von ASCENDO ab. Wir hatten die großen LIVE 15 zum Test und waren begeistert. In ihrer mitreissenden Art hauen die Z5 ACTIVE in die gleiche Kerbe.
Graham Audio ist für seine von BBC lizensierten Lautsprecher LS3/5 und LS 5/9 bekannt. In Hamburg zeigten sie die LS5/5 f Standlautsprecher, die am Vitus Audio RI 101 Mk2 Vollverstärker und Elektronik von AQUA spielte. Der Plattenspieler war ein STST Motus Solid-State Messelaufwerk für 12″ Arme mit einem Schröder CB L Ebenholz Tonarm und Soundsmith Hyperion MI Tonabnehmersystem. Es kamen dazu Phonostages von Moonriver und RCM zum Einsatz.
ELAC stellte in einem Lifestyle Arrangement vor, wie ein Wohnzimmer aussehen kann. Im Nachbarraum spielte ein brandaktuelles Zweiwegesystem, das taufrisch auf die Messe kam und von Stunde zu Stunde besser spielte. Ein Tipp für Freunde kompakten HiFis.
Dr. Michael Axmann zeigte eine ambitionierte und sehr bewusst zusammengestellte HiFi-Anlage abseits des Mainstreams, die er dem Publikum ausführlich erläuterte. Mit im Setup waren seine Axmann AXIOM Reinsilberkabel, Elektronik vom Pro Audio Hersteller Bricasti, Benchmark Media sowie die exotisch anmutenden Lautsprecher-Satelliten von Lange.
Pretiosen aus Italien zeigte Audio Analogue. Die neu gestalteten Gehäuse, die aus dem Vollen gefräste Wände und Deckel besitzen, strahlen nicht nur Solidität sondern auch Schick und Eleganz aus. Als Quellen dienten das CD-Laufwerk AAdrive und der D/A-Wandler AAdac , Vollverstärker ist der mächtige ABsolute, der die Flächenstrahler bestens im Griff hatte. Der Zuhörer wurde in der Vorführung von losgelösten, natürlichen Klängen bezirzt.
Das waren sie, die Norddeutschen HiFi-Tage 2023, an denen dem HiFi-Fan so einiges geboten wurde. Wer selbst vor Ort war, hat – so unsere Meinung – einen schönen Ein- und Überblick über den aktuellen Stand der Dinge bekommen. Lesern, die nicht im Einzugsgebiet der Hansestadt wohnen, konnte unser Bericht – so hoffen wir – informieren und womöglich Appetit auf eine Veranstaltung in ihrer Region machen, denn das HiFi Jahr 2023 hat mit den NDHT 2023 ja erst angefangen. Wir sind gespannt und freuen uns auf das, was noch kommt! Danke an die Veranstalter und Aussteller im Hamburger Steigenberger Hotel Treudelberg. Bis bald!
Fotos: Falk Visarius / Bernd Weber (1)