Test: LD Systems MAUI P900 – PA-Soundsystem im F.A. Porsche Design. Quasi Mono im Edelzwirn.

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Wenn es der Kuh zu gut geht, begibt sie sich aufs Eis. So sagt der Volksmund. Die Kuh bin in diesem Fall ich. Das Eis ist die tragende Schicht auf dem See der Erkenntnis des Professional Audio zu den dunstigen Sphären des HiFi. Drei Phasen des gleichen Elements in unterschiedlichen Aggregatzuständen. Als HiFi-IFAs haben wir uns – der Name unseres Blogs bekundet es – dem HiFi und High End verschrieben. Warum also die Beschäftigung mit einem Produkt der Profi-Anwender? Das per E-Mail elektronisch verabreichte Lockmittel, das mich aufs Eis geführt hat, ist das Design des Produktes vom Studio F.A. Porsche. Die außergewöhnliche Formsprache macht das Objekt dieses Tests zu einer echten Ansage, zu einem Statement sowohl in der Business Lounge als auch in der Loft. Die Rede ist vom LD Systems MAUI P900 Soundsystem um 4.000 Euro, das technisch als PA-System konzipiert mit seinem stylischen Gewand das Eis durchbricht und einen ambitionierten Vorstoß in private Wohnräume wagt. Wie gut das Eis trägt beleuchtet dieser Test, in dem das P900 Soundsystem als  solitäres System – also quasi mono – auftritt. Ein spannendes und erkenntnisreiches Erlebnis, das bei mir mit einigen Vorurteilen aufgeräumt hat.   Test-LD-Systems-MAUI-P900-Wohnraum


Annäherung

Über die Test-Anfrage bei den HiFi-IFAs bezüglich des MAUI P900 Soundsystems habe ich mich sehr gefreut. Denn die solitäre MAUI P900 will auf den ersten Blick so gar nicht zu unserem HiFi-Blog passen – wir haben ein einzelnes Testgerät erhalten. Damit ist man durch den quasi Mono-Betrieb (die Stereo-Kanäle werden zusammen gemischt) technisch einer Bluetooth Boom-Box näher, als einem klassischen HiFi-Setup mit Stereo-Dreieck. Ich zitiere hier einen Arbeitskollegen, dem ich spontan ein Foto geschickt und das Konzept kurz erläutert hatte. Er fragte mich mit einer Mischung aus Provokation und Unbedarftheit: „Ist das dann sowas wie eine Boombox?“. Klingt etwas despektierlich, ist aber auch nicht komplett von der Hand zu weisen. Neben der Gemeinsamkeit „Bluetooth“ ist der augenscheinliche Unterschied zur Boombox die stolze Höhe von rund zwei Meter zwanzig und ein Kampfgewicht von fast 60 kg. Zum Vergleich: Eine JBL Flip5 ist 0,18m hoch und rund 0,7kg schwer. Von der aufwändigen Technik der P900 erst einmal ganz zu schweigen.

Bei der MAUI P900 darf sich der stolze Besitzer also ob der physischen Eckdaten sicher sein, ein ihn überragendes Produkt in seinen vier Wänden zu haben. Und ein Produkt mit dem es LD Systems verdammt ernst meint, denn die Wurzeln des eleganten Riesen liegen eindeutig in ausgefeilter PA-Technik. Holz-Ohren Technologie trifft also auf ein Gold-Ohren Magazin. Späßle. Aber trotzdem bedeutet für mich der solitäre Ansatz, im Hörzimmer neue klangliche Wege zu gehen.

LD-Systems-MAUI-P900-Bassmodul-Front

Der Lautsprecher besteht aus drei Teilen, die in zwei Kartons auf einer Palette von einer Spedition  angeliefert werden. Einmal an den Aufstellort geschafft ist die größte Herausforderung das Auspacken des Subwoofer- und Verstärker-Moduls, das mit seinen fast 30 kg senkrecht aus dem Karton zu entnehmen ist. Da das Gehäuse nicht einfach zu greifen und mit Stoff umhüllt ist, hätte ich mir eine Entnahme nach vorne – nicht nach oben – gewünscht. Aber mit einer weichen Unterlage auf dem Boden klappt es dann mit vorsichtigem Herausziehen aus dem liegenden Karton. Nach dem Aufrichten lässt sich das Subwoofermodul dann auf seinen stabilen Füßen gut zum nahe gelegenen Aufstellort bugsieren.

LD-Systems-MAUI-P900-Bassmodul

Das Aufstecken der beiden, jeweils rund 10 kg schweren Line-Array-Elemente ist dagegen fast ein Kinderspiel. Die Lösung, die LD Systems hierzu erdacht hat, ist pfiffig. Vier stabile Bolzen stellen die mechanische Verbindung zum jeweils unteren Modul her. Für den Kontakt sorgt eine Steck-Verbindung. Das mittlere Modul hat also Kontakte nach unten und oben, das obere dann nur nach unten. Die Zentrierung und Führung durch die Bolzen funktionierte einwandfrei, so dass sich die Module sicher stecken lassen. Beim oberen Modul, dessen Aufstellfläche auf circa 1,5 m Höhe liegt, sollten vorsichtige Gemüter eine kleine Trittleiter bemühen. Die Bolzen müssen senkrecht eingeführt werden. Da liegt der Schwerpunkt schon recht weit oben. Aber auch das ist problemlos schnell erledigt.

LD-Systems-MAUI-P900-Falk

Nun steht die Sound-Säule in ganzer Pracht vor mir und mir wird mit etwas Abstand die Gestalt prägende Flächenkonstruktion klar. Der in etwa trapezförmige Grundriss der Säule mit seinen sanft abgerundeten Ecken wird zu einem Grundkörper auf eben knapp über zwei Meter Höhe extrudiert. Die spitze Trapezform ermöglicht es dann, durch geschicktes Freischneiden des Grundkörpers die oberen Zweidrittel bruchlos als schlanke Säulen frei zu legen. Das untere Drittel bildet dann elegant abgeschrägt das großes Volumen für Subwoofer und Elektronik sowie den Standfuß. Der Rahmen am Sockel und die hinteren Deckflächen des Schnittes aus mattiertem Aluminium zeigen sich als klare Linien. Der moderne dreidimensionale Multi-Layer-Stoff der Frontflächen wirkt, als wäre er am Stück an den Sichtflächen um den Lautsprecher gelegt. Ich gebe zu, es macht mir Freude die P900 zu betrachten. Und ja, mich wundert es nun nicht, dass das Design im Studio F.A. Porsche entstanden ist. Ein wenig bin ich mit der Formsprache aus Zell am See vertraut.

LD-Systems-MAUI-P900-Rueckseite

Zudem verfechte ich die Ansicht, dass HiFi oder das Musikhören auch immer in Wechselwirkung mit der Raumgestaltung steht. Meistens zumindest ist das so und häufig mit dem „wife accaptance faktor (WAF)“ tituliert. Da aber auch viele Männer mit offenen Augen durchs Leben gehen, sind es sicherlich nicht nur Frauen, die als Kaufkriterium eine adäquate Erscheinung des Musik-Equipments als wesentlich erachten. In diesem Zusammenhang ist bei der MAUI P900 erstaunlich, dass sie einerseits eine respektable Größe aufweist und bewusst ein optisches Statement darstellt. Anderseits nimmt sie sich gleichzeitig zurück und verschmilzt in größeren Räumen quasi mit der Umgebung. Eine interessante Beobachtung, die die unaufgeregten Reaktionen unserer Freunde und Besucher zu Hause bestätigen.

Und wie weit geht dann die klangliche Kompromissbereitschaft? So Quasi-Mono. Das kennt man(n) sonst nur von zierlichen Kompaktanlagen. Diese gehen ja eher den umgekehrten Weg, dass sie auf einer schmalen Gerätebasis Stereo anbieten, obwohl bei dieser Geometrie Mono sicherlich auch eine Überlegung wert wäre. Und das setzt die P900 als amtliches PA-Sound System im großen Maßstab konsequent um.

LD-Systems-MAUI-P900-Front

Der Anschluss der P900 in meinen vier Wänden ist schnell erledigt. Das ist recht einfach, da ich ja nur eine Steckdose finden muss. Zu Beginn verwende ich pragmatisch die Beipackstrippe, die, wie ich offen gesagt finde, an diesem edlen Teil unpassend aussieht. Für die Fotos hält deshalb dann ein Boaacoustic Evolution black.POWER Netzkabel her. Das Kabel liegt um 300 Euro und ist bei einem Lautsprecher um 4.000 Euro eine echte Überlegung wert. Nicht nur optisch, wie mir meine anschließenden Höreindrücke verraten haben.

Ein Lautstärkeregler am Anschlussfeld legt den Grundpegel passend für Raum, Einsatzzweck und Quelle fest. Über einen zweiten Drehknopf lässt sich der Basspegel relativ dazu einstellen. Komfortabel ist dann die Signalzufuhr, die – wie bei der eingangs zum Vergleich herangezogenen JBL Flip 5 – durch das schlichte Betätigen der Bluetooth-Pairing Taste auf der Rückseite des Bass-Moduls vonstatten geht. Für die klassische Profi-Verbindung hält der Aktivlautsprecher zusätzlich noch XLR-Buchsen als Eingänge und durchgeschleifte Ausgänge bereit – zum Beispiel für Vorverstärker oder Mischpulte. Damit kann die P900 auch wie gewohnt in klassischen Stereo- oder Mehrkanal-Konfigurationen verkabelt werden.

Für echten Stereo-Betrieb können auch zwei P900 drahtlos per Bluetooth miteinander verbunden werden. Ein ebenso praktisches wie wohnraumfreundliches Feature. In meinem Setup wird mein iPhone zur musikalischen Quelle der singulären P900. Damit steht mir das Tor zum heimischen Musiknetz und zum weltweiten Streaming auf einer Handteller großen Fläche offen. Ein schlankes Anlagenkonzept, bei dem auch mal ein Gast einfach seine Musik mitbringen kann. Mich begeistert immer wieder, wie einfach Musikhören sein kann…


Technik

Die MAUI P900 arbeitet in der Elektronik ihres Subwoofer-Basis-Moduls mit einem Class D Verstärker und der eigenen LD Systems DynX DSP Technologie. Diese Kombination soll eine beachtliche Aussteuerungsreserve, ein außergewöhnliches Einschwingverhalten sowie verzerrungsfreie Leistung ermöglichen, die dem Hörer ein natürliches Live-Erlebnis bietet.

Übertragen werden die Verstärkten Signale von 50 hochwertigen Systemen mit Neodymantrieben. Im Subwoofer-Modul, das auch das größte Gewicht des Systems hat, arbeiten zwei 10″-Tieftöner. Die zwei aufgesteckten Mittel/Hochton-Module haben jeweils 8 Mittelton-Konusse und 16 Hochtonkalotten. Angeordnet sind diese in der sogenannten „LD Systems WaveAhead tweeter arrangement technology“. Dabei spielt die innovative SonicGuide® eine bedeutende Rolle. Sie regelt die Umströmung der Schallwellen des Mitteltöners um die Hochton-Zeile. Die patentierte Konstruktion vermischt so die Mittenfrequenzen mit den hohen Frequenzen zu einer kohärenten Schallwellenfront, die in Phase und Zeit abgestimmt sind.

Die TrueWireless Stereo Technologie ermöglicht ein einfaches Stereo Pairing von Bluetooth Quellgeräten und bis zu zwei MAUI P900 Systemen in einem Stereo Setup. Dabei werden per Tastendruck zunächst zwei P900 untereinander verbunden, wobei der Abstand bis zu 15 m sein kann. Die Quelle wird dann über einen weiteren Pairing-Knopf angebunden. Damit wird der Lautsprecher zum verlängerten Arm der Bluetooth-Quelle und spielt alles ab, was das Gerät verarbeiten kann. Plug-and-play. Der MAUI P900 unterstützt dabei auch die aktuellen AAC und aptX Codecs. LD Systems gibt die Reichweite dieser Bluetooth-Verbindung mit bis zu 70 m an.

Traditionell können die P900 auch mit einem XLR-Kabel angeschlossen werden. Im Einzelbetrieb wird der rechte und der linke Kanal über zwei Buchsen an einem Lautsprecher angeschlossen. Im Stereo-Betrieb wird – wie gewohnt – jeder Lautsprecher mit einem Kanal verbunden. Die Lautsprecher haben zudem noch XLR THRU Ausgänge.

Ausgezeichnet wurde die LD Systems MAUI P900, die in den Gehäusevarianten Graphite Black, Platinum Grey or Cocoon White erhältlich ist, mit dem renommierten IF Design Award, German Design Award, Red Dot Award.

Technische Daten
  • Max. SPL (kontinuierlich/peak): 121 / 131 dB
  • Rauschabstand: 106 dB
  • Frequenzgang: 42 – 20.000 Hz
  • Abstrahlwinkel (horizontal x vertikal): 140° x 15°
  • Gesamthöhe: 2173 mm
  • Tiefe x Breite (hinten): 470 x 400 mm
  • Gewicht: 46 kg
  • Hochtöner: 32 x 1″ Neodymium / 1″ Spule
  • Mitteltöner: 16 x 2.8″ Neodymium / 0,75″ Spule
  • Tieftöner: 2 x 10″ Neodymium / 3″ Spule
  • Waveguide: SonicGuide® Technology
  • Anordnung Hoch/Mittelton-Übertrager: Patented WaveAhead® Technology
  • Verstärkermodul: 3-Wege Class D
  • Digitaler Signal Prozessor: DynX DSP Technologie
  • DSP characteristics: Bit depth AD/DA converter: 24 bit
    Internal sampling frequency: 48 kHz
    Signal/noise ratio: 106 dB
  • System Leistung (RMS / Peak): 1400 W / 2800 W
  • Inputs: 2 x XLR (Neutrik)
  • Output: 2 x XLR Thru (Neutrik)
  • Stereo Bluetooth Streaming
  • Bluetooth Stereo System-Pairing
  • Bluetooth audio decoder: aptX, AAC, SBC
  • Controls: Sub level, Main Level, Bluetooth HOLD TO LINK button, Bluetooth STEREO LINK button, Power On/Off
  • Anzeigen: Betrieb, Signal, Begrenzer, Protect, Bluetooth, Bluetooth STEREO LINK
  • Betriebsspannung: Umschaltendes Netzteil
    100 V AC – 120 V AC, 50 – 60 Hz, 200 V AC – 240 V AC, 50 – 60 Hz (automatische Wandlung)
  • Gehäuse: Vented
  • Gehäusematerial / Oberflächen: 15 mm Sperrholz / HD beschichtetes Aluminium
    Multi Layer Gewebe (Stoff)
  • Verwendung in Mono und Stereo Setup möglich

LD-Systems-MAUI-P900-Anschlussfeld


Klang

Der Sound der MAUI P900 hatte mir bereits ab dem ersten Ton die Schuhe ausgezogen. Da gibt es für mich gar kein Vertun. Das Eis trägt mich sicher – um im eingangs geformten Bild zu sprechen. Das Hören nebenbei und der Austausch mit Freunden im Alltag wurde ab Tag 1 also bereits zum wesentlichen Teil der Beschäftigung mit dem exotischen Lautsprecher. So sitze ich also nun im abschließenden Hördurchgang im Wohnzimmer, rekapitulierte das Erlebte und dokumentierte anhand ausgewählter Musik, was mir in den letzten Wochen so alles durch den Kopf ging und was wir am Ort des Geschehens diskutierten.

Zum Beispiel mit Stefan Schickedanz, der mir bei einem Grillabend zusammen mit Bernd ganz nebenbei steckte, dass er die MAUI P900 bereits im Doppelpack als Stereo-Konfiguration für die Zeitschrift AUDIO getestet hatte. Von dem Test in der AUDIO wusste ich, aber nicht, dass er ihn „verbrochen“ hatte. Die Welt ist klein. So war es für Stefan tatsächlich spannend, den Lautsprecher mal in der singulären Konfiguration zu hören. Denn damit tritt das Soundsystem in einer komplett anderen Geräteklasse an – die ich zuvor einen Kollegen zitierend etwas despektierlich ja als Boom-Box eingeführt hatte – , als im Stereo-Setup. Dies ermöglicht einen ganz anderen Blickwinkel auf den Einsatz und die Stärken des schicken Aktivlautsprechers.

LD-Systems-MAUI-P900-Wo

Jetzt stelle ich mal eine, für einen HiFi-Blog gewagte Hypothese auf, die Teil meines eingangs erwähnten Umdenkens ist: Lieber ein ansprechendes Mono an geeigneter Stelle, als ein aufstellungsbedingt suboptimales Stereo. (Wie war das nochmal mit dem dünnen Eis? 😉 ) Speziell bei größeren, halligen Räumen, wie unserem offenen Wohn-/Esszimmer, das akustisch zudem nicht einfach ist, aber einiges an Leistung und Membranfläche verträgt. Und Leistung und Membranfläche hat der MAUI P900 ja hinreichend. Meinem Raum hilft, dass er nur von einer Stelle im Bass angeregt wird. Zudem muss der Besitzer nur einen passenden Platz für eine schlanke Säule finden. Häufig mag es sogar so sein, dass der akustisch sinnvolle Platz auch ein raumgestalterisch harmonischer Ort ist. Akustisch bedingte und optisch gewünschte Ästhetik liegen zuweilen nah beieinander. Bei mir funktionierte der Ansatz wunderbar.

LD Systems empfiehlt für die Aufstellung einen Wandabstand von rund 50 cm. Mit seiner eigenen Tiefe von rund 50 cm steht der Lautsprecher mit seiner Stirnfläche also rund einen Meter von der Wand entfernt. Ein größerer Raum tut da schon gut. Ein weiterer Grund für eine entsprechend große Grundfläche ist der Hörabstand. Die Bündelung des Line-Arrays des Hoch/Mittelton-Abteils funktioniert hervorragend. Das zeigte sich schnell in meinem etwas über 50 qm großen Raum. Großer Vorteil ist die effiziente Bündelung des abgestrahlten Schalls in der Vertikalen. Soll heißen, der Schall verteilt sich in der Ebene um die Säule großzügig, nach oben und unten bündelt er stark um das Zentrum des Arrays, also circa in 1,50 m Höhe. Dadurch entstehen weniger Reflexionen im Raum, die sich dem direkt empfangenen Schallwellen im Gehör beimischen.

Der erstaunliche Effekt des hohen akustischen Zentrums ist, dass der Lautsprecher auch hervorragend funktioniert, wenn sich der Hörer im Raum bewegt. Ich habe selten einen Lautsprecher erlebt, der im Stehen so gut klang, wie der MAUI P900. Die meisten HiFi-Lautsprecher sind bauartbedingt mit ihrem akustischen Zentrum eher auf die Couch ausgerichtet und verlieren ihre tonale Balance, wenn man nahe davor steht. Geometrisch bedingt ist das der umgekehrte Effekt wie bei dem mannshohen Line-Array. Bei den PA-Säulen merkt man dafür eine Verschiebung der tonalen Balance, wenn man nahe davor auf der Couch sitzt. In diesem Fall tun drei bis vier Meter Abstand akustisch schon gut.

London Grammar ertönt in meinem Wohnzimmer. Obwohl, „flutet“ es mit Sound trifft es wohl am besten. Aus einer Ecke des Raumes füllte die Musik gleichmäßig den Raum. Die Stimme von Hannah Reid ist beeindruckend, geht mir unter die Haut. Diese Eindringlichkeit und Präsenz sprechen mich direkt an. Die gepickte Gitarre und das Schlagzeug waren scharf gezeichnet. Der Vorteil des Soundsystem-Konzeptes: Ich muss mich in kein Stereodreieck einfügen, um einen ausgewogenes Klangbild zu bekommen.

Erstaunlich ist die Präsenz der Stimmen und des ganzen Hoch-/Mitteltongeschehens, denn es ist ja keine akustische Illusion dass die Stimmen in Kopfhöhe entstehen. Diesen Effekt finde ich begeisternd, weil ich nicht auf die Musik herab schaue oder besser herab höre. Das Klanggeschehen findet tatsächlich auf Augenhöhe statt. Dazu ein satter Bass, der im Tieftonseparee des MAUI P900 auf circa 40 Hertz runter geht und damit nicht abgrundtief ist, aber ein erstaunliches Volumen hat. Im Vergleich zum Hoch-/Mitterton wirkt er etwas runder. Über den rückseitigen Drehregler lässt sich der Basspegel relativ zum Gesamtpegel einstellen. Das ist verführerisch, da der Hörer so etwas dünn aufgenommene Musik anreichern konnte, was dann aber bei bassstark produzierter Musik leicht zu viel des Guten sein kann. Das Ganze mal in Ruhe auszuprobieren und einen guten Mittelwert zu finden zahlt sich aus. Für eine Mark 2 Version der P900 wäre sogar ein einfacher Equalizer für den Bassbereich eine Überlegung wert.

Ich mache mit Marian Hill „Differently“ weiter. Ja, es lockt der Bass. Ich gebe es zu. Das Fundament bildet der Oberbass, der von der Stimme und den elektronischen Klangeffekten begleitet wird. Es zeigt sich der gleiche Charakter wie bei London Grammar, das Volumen ist erstaunlich. Die P900 kann dabei nicht verheimlichen, dass sie keine Punktschallquelle ist. Der Hoch-/Mittelton ist geometrisch oben, der Bass eher unten. Trotzdem stellte sie eine klangliche Einheit dar, die den Raum selbstbewusst beschallt. Der dann einsetzende Tiefbass war nicht von schlechten Eltern und wollte, wie gesagt, wohl dosiert sein. Und bei Bedarf kann der P900 richtig laut. Und das ziemlich unangestrengt. Respekt.

Cover-Anette-Askvik-LibertyAnette Askvik, die danach auf der Playlist folgt, scheint persönlich in meinem Wohnzimmer vorbei zu schauen. Das ist in direkter Linie zwischen Lautsprecher und mir so, gilt aber auch, wenn ich im Raum ums Eck sitze. Da ist die Illusion der physischen Präsenz der Sängerin fast noch beeindruckender. Die MAUI P900 ist dabei kein audiophiler Erbsenzähler, sondern überzeugt mit einer natürlichen Direktheit. Deutlich wird das auch nochmal beim Saxophon, das Fein- und Grobdynamisch schön gezeichnet im Raum steht.

Apropos Raum. In einer Stereo-Anordnung entsteht der Raum zwischen den Lautsprechern. Dazu etwas darüber hinaus, etwas in der Tiefe und auch in der Höhe – was akustisch ein kleines Wunder ist. Das kann ein einzelner Lautsprecher natürlich nicht bieten. Trotzdem hat die P900 ein Volumen. Sie spielt nicht wie ein Punkt oder eine Linie. Sie nimmt einen eigenen Raum ein, was ihr eine Art Aura verleiht. Vermutlich liegt das an seiner gleichmäßigen Abstrahlung, die den Raum in der Ebene durch Reflexionen mit einbezieht. Das merkt man sehr deutlich auch bei opulenter Filmmusik.

cover-Star-Wars-Scavenger-amazon-musicHier greife ich gewohnheitsmäßig zu den bewährten John Williams Kompositionen für Star Wars und starte mit „The Scavanger“, das neue musikalische Themen in die bekannte Filmmusik einführt. Dabei erliege ich weniger der Illusion eines Orchesters, sondern die P900 vermag mich atmosphärisch in die Weiten des Weltraums zu entführen. Ebenso mit „Departure of Boba Fett“, das mich emotional direkt anspricht. Die Bedrohlichkeit der Streicher, die treibenden Blechbläser, kleine und große Spannungsbögen, die mich den Kopf einziehen lassen. Fröhlich spielt dann die „Cantina Band“ für mich auf. Ich bin hin und hergerissen, ob nun echte Außerirdische für mich jazzen oder mir Jazzer einen außerirdischen Streich spielen. Begebe ich mich aus der Sichtlinie zu der P900 so scheint die Band wahrhaftig ums Eck zu spielen. Eine spannende Illusion für den Alltag. Ähnlich imposant kommt „The Mandalorian“ daher, komponiert von Ludwig Göransson. Strahlkraft kombiniert mit Wucht erfüllt mein Wohnzimmer. Die Filmmusik trifft die Stärke des Lautsprechers auf den Punkt. „Reys Theme“ versetzt mich in die sandigen Wüsten von Jakku. Ich muss aufpassen, mich hier nicht festzuhören…

Ich löse mich mit einem Titel, den ich neulich zufällig auf dem Bose System meines Autos gehört habe und der mich im zähfliessenden Verkehr der A8 ziemlich angesprochen hat: Metallica mit „The Memory Remains“. Das funktioniert auch daheim. Die sägenden und verzerrten Gitarren treiben durch den Song, James Hetfield presst und schreit in gewohnter Manier seine Story hervor und Lars Ulrich prügelt den passenden Rhythmus aus seiner Schießbude. Und genau in diesem Inferno erscheint äußerst plastisch Marianne Faithful und leistet ihren textlich überschaubaren, aber um so eindrucksvollen Beitrag. „Say yes, or at least say hello“ im ausklingenden Song hinterließ eine Gänsehaut.

cover-gulda-mozart-tapesEinen tollen Eindruck hinterlässt das Spiel des Gitarristen Ralph Towners. Mein bevorzugtes Stück ist „Anthem“. Auch hier spielt die P900 ihre Stärken wie vorher beschrieben aus. Das Zupfen und Reißen der Seiten ist extrem impulsiv und präsent. Es vermittelt eine starke Präsenz des Gitarristen. Einzig eine kleine Lücke scheint dennoch im Übergang zwischen der Tiefton und Hochmittelton-Abteilung zu herrschen, die bei natürlicher Instrumentierung, die extrem die Homogenität des Klangbildes breitbandig auf die Probe stellt, auffällt. Eine kleine Schwäche, die man dem spielfreudigen Soundsystem gerne verzeiht. Speziell in der Mono-Konfiguration, deren Stärke die direkte Ansprache ist. Merklich ist das auch bei der Abbildung des Flügels von Friedrich Guldas Mozart Tapes. Einerseits vermisse ich bei genauem Hinhören ein wenig die feine Körperlichkeit, das Holz des Instruments, anderseits ist das Spiel der Saiten gleichzeitig so direkt, so greifbar, dass ich meine, im Eck meines Wohnzimmers stünde tatsächlich ein Flügel. Das Spiel Guldas wirkte dabei unglaublich akzentuiert und eindringlich. Leibhaftig.

Einmal bei der Klassik angelangt mache ich mit dem The Angeles String Quartet und Haydns Streichquartetten noch einen Abstecher in für mich eher ungewohnte Gefilde. Die Streicher entwickeln einen schönen Schmelz und Geschmeidigkeit, gleichzeitig aber auch den Biss und die Frische, die die Lebendigkeit der Musik ausmacht. Interessanterweise versucht ein HiFi-Fan in einem Stereo-Setup immer die Position der Instrumente im Ensemble auszumachen. Ein Luxus, den die meisten Zuhörer bei einer Live-Darbietung häufig gar nicht haben. So erscheint im Konzertsaal auf den hinteren Hörpositionen das Ensemble klanglich homogen, aber räumlich recht punktuell.

Ebenso reproduziert dies die einzelne MAUI P900. Aufgrund ihrer Abstrahlcharakteristik kann sich der Hörer im Raum um die Sphäre des Musikensembles herum bewegen. Eine schöne Eigenschaft abseits des Stereodreiecks. Das kommt dem körperlich aktiven Hörer, der im Laufe des Tages gerne mal den Standort wechselt und nicht an einem Sweetspot gefesselt sein will oder der in Gesellschaft die Weiten seiner Loft ausnutzen mag, bestens zu Pass. So lasse ich mich von den Klängen des Streichquartetts, das an diesem Tage in meinem Wohnzimmer zu Gast ist, durch den Abend treiben und freue mich noch auf ein paar Tage Gesellschaft von meinem neuen, (mich) überragenden Freund.


Fazit

HiFi-IFAs-LD-Systems-MAUI-P900-Testergebnis-5-5LD Systems setzt mit dem rund 4.000 Euro teuren MAUI P900 Soundsystem ein echtes Statement für die professionelle Anwendung aber auch für größere private Gemächer. Der leistungsstarke Aktiv-Lautsprecher mit technischen Genen aus dem Veranstaltungsbereich geht klanglich nach vorn und setzt sich mit dem preisgekrönten Design des Studio F.A. Porsche stilvoll und trotz der Größe erstaunlich dezent in Szene. Ein optischer und akustischer Akzent für größere Räume. Der Sound des Line-Arrays ist direkt und ansprechend. Hinzu kommt ein voluminöser, regelbarer Bass. Die Livehaftigkeit ist die herausragende Eigenschaft des P900. Musikhörern, die auf die Stereobühne verzichten können und sich stattdessen unbeschwert von ihrer Lieblingsmusik per Bluetooth mitreißen lassen wollen, ist die MAUI P900 eine interessante Wahl. Eine zweite P900 könnte später noch kabellos zum Stereosystem gekoppelt werden. Verkabelt sind zudem auch Mehrkanal-Setups denkbar.


Im Test

PA-Soundsystem mit Bluetooth für den Profi und für Zuhause LD Systems MAUI P900
Preis: 3.995 Euro
Gehäuseausführungen: Cocoon White, Platinum Grey oder Graphite Black
Der P900 kann mit einem zweiten System zum Stereo-Betrieb per Bluetooth gekoppelt werden.
Verkabelung per XLR als Aktivlautsprecher ebenfalls möglich.

Systems-MAUI-P900-Detail

Kontakt

Adam Hall Group
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Mail: info@adamhall.com
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Internet LD-Systems: https://www.ld-systems.com/de/


Mitspieler im Test

Digitale Quellen – Streaming Bridge LUMIN U1 mini, Musikserver MELCO N100, D/A-Wandler MERASON DAC-1, innuos ZENith Mk3, iPhone
Vorverstärker – SPL Phonitor x mit DAC 768xs
Aktiv-Lautsprecher – Dutch&Dutch 8c
XLR-Signalkabel – WSS Platin-Line KS-20, WSS Premium-Line KS-200
Zubehör –  Netzkabel Boaacoustic Evolution black.POWER, Netzkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste SUPRA Cables LoRad MD07 DC 16 EU SP MKIII, NuPrime AC-4 Power Conditioner, NuPrime Omnia SW-8 HiFi-Switch, SBooster BOTW P&P Netzteil, innuos PHOENIX Reclocker


Fotos: F. Visarius

About Author

Vom HiFi-Virus als Jugendlicher infiziert ist HiFi + HighEnd seither Teil meines Lebens. Forenerprobt, als freier Autor und bei den HiFi-IFAs ist mein Motto: Alles kann nichts muss. Die Freude am HiFi und der Musik zählt.

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