Mein abschließender Messerundgang – der von Bernd folgt in ein paar Tagen – startet wieder in den Hallen und führt dann hoch in die höheren Etagen der Atrien der Hallen 3 und 4. Die Vielfalt, die dem HiFi- und Highend-Interessierten geboten wurde, war immens. Und viel zu viel um alle Neuheiten wirklich eingehend mit einem Messebesuch würdigen zu können. Bei den gezeigten Anlagen hieß es zumeist – selbst bei Vollsortimentern – Klotzen, nicht Kleckern. Verständlich, will der Aussteller zeigen, was er kann. Auf der High End Appetit machen und begeistern, dann beim Händler mit ordentlicher Beratung die individuelle Lösung finden. Das ist ein Ansatz, den der Interessent gut mitgehen kann. Auf der High End durften daher Preisklassen über 10.000 Euro und aufwärts nicht schrecken – bis in den 6-stelligen Bereich. Neben HiFi und Highend war auch die Kategorie Luxury, so möchte ich sie mal nennen, ein sichtbares Thema. Zur Freude von Aug und Ohr. Viele Besucher würden sich sicherlich dennoch freuen, wenn die Sounds Clever Initiative der High End Society mehr Zuspruch seitens der Aussteller bekäme. Freude an der Musik findet auch diesseits der 5.000 Euro statt. Bernd hat in seinem Rundgang 4 einige Beispiele präsentiert.
Für Freunde des klassischen HiFi’s war es sicherlich schön zu beobachten, wie viel Beachtung dem Vinyl geschenkt wurde – nicht nur von den Herstellern der Plattenspieler, sondern auch in der Vorführung. Ebenso zeigte sich, welche Bewegung in der Digitaltechnik steckt, vor allem in der Benutzerfreundlichkeit in allen Preisklassen. War vor ein paar Jahren der heimische Musikserver noch ein großes Thema, ist aktuell das Musik-Streaming aus dem Internet nicht mehr weg zu denken. Eine Diskussion, die bereits vor Jahrzehnten begann, inwieweit der Besitz und der bloße Konsum von geliehener Musik voneinander zu trennen ist. Das Sammeln von Musik – sei es auf Vinyl oder digital auf dem Server / der CD – scheint, speziell in Deutschland, ein Bekenntnis zum Künstler und zu seiner Kunst zu bleiben. Viele kombinieren den unverbindlichen online Streifzug mit Qobuz, Tidal, amazon Music und co. durch das unerschöpflich scheinende musikalische Angebot mit dem Kauf des für sammelnswert Befundenen. Eine gute Taktik. Software wie Roon lässt diese Welten dann digital vollständig miteinander verschmelzen. Wer am Vorverstärker einen analogen Eingang frei hat, gönnt sich dann noch einen Plattenspieler und das Glück ist perfekt.
Der rumänische Kopfhörerspezialist Meze hat an einem großen eigenen Stand in Halle 1 ausgestellt, gemeinsam mit seinem deutschen Vertrieb Headphone Company aus Heidelberg. Die Bandbreite der Over-Ears startet bei rund 200 Euro mit dem 99 Neo und endet bei der Empyrian Serie um 4.000 Euro. In-Ears sind für rund 70 USD bis 1.100 USD (Preise vom Meze Web-Shop) zu haben. Meinen ersten Kontakt (Foto oben) hatte ich allerdings am Stand des schweizerischen Plattenspieler Herstellers a.c. Haller (Rundgang 3), der mit einem Meze Classic vorgeführt. Der rumänische Kopfhörer hat an den Plattenspielern einen sehr lockeren und musikalischen ersten Eindruck hinterlassen.
Als Lautsprecheranbieter mit großer Bandbreite hat sich der skandinavische Hersteller System Audio, der in Deutschland von Robert Ross vertrieben wird, mit seinen Serien Saxo, Legend, Legend Silverback, On Wall und Subwoofer präsentiert. Im Programm sind passive wie aktive Lautsprecher, Wireless-Lösungen inklusive der Unterstützung der Wisa-Technologie.
In den ambitionierten Bereich geht es – der Name ist Programm – beim dänischen Hersteller Ambitious Audio Design, die ihren kompakten, passiven A1.1 zeigten. Wobei anzumerken ist, dass der Ständer und der Lautsprecher eine unzertrennliche Einheit bilden. Der Fuß, an dem sich zur praktischen Verkabelung auch die Lautsprecherklemmen befinden, erinnert nicht zufällig an das Raumschiff Enterprise. Die Gehäuse- und Ständerkomponenten des Systems werden komplett aus dem Vollen aus Aluminium gefertigt. Ein immenser Materialeinsatz. Technische Besonderheit ist unter anderem, dass der Tief-/Mitteltöner ohne die klassische Spinne des Korbes auskommt und so Strömungseffekte hinter der Membran eliminiert werden sollen. Der Hochtöner ist ein Bändchen.Ambitious Audio zeigte und spielte sein System in der Halle noch mit dem Subwoofer eines anderen Herstellers, haben aber eine Eigenentwicklung angekündigt. Der Preis der A1.1 – Farbe nach Kundenwunsch – liegt knapp unter 100.000 Euro.
Im Hörraum in den Hallen spielten beim türkischen Hersteller ONCE Custom Sound die extravaganten Standlautsprecher NAR (dt.: Granatapfel), ein koaxiales System mit vorgesetztem Hochtöner, das an ein auf fast 1,5m lang gezogenen Schalltrichter eines Grammophons erinnert. Das Gehäuse arbeitet mit einem Bassreflex , so dass die NAR bis 32 Hertz herab spielt. Wer den Lautsprecher in die Schublade „Dekoration“ steckt, tut ihm sehr unrecht, da er einen vollwertigen und ansprechenden Sound geliefert hat.
Die futuristische Interpretation des Grammophons ist der ONCE SU (dt.: Wasser), eine 2-Wege Bluetooth mono Kompaktanlage mit Röhrenbestückung. Eine Hommage im digitalen Zeitalter an das Schellack vergangener Tage. Sehr schick.
Ein echter Hingucker auf dem Stand von Vivid Audio und mola-mola ist die Vivid Audio G2. Die weiche Form in Kombination mit dem Feature, das den Schwung des Gehäuses bis in die „Locke“ am Kopf nachzeichnet, das ist schon klasse
Offen in der Halle spielten die Komponenten der beiden niederländischen Hersteller Vivid und mola-mola zusammen. Die kompakten KAYA S12 auf ihrem speziellen Dreibein-Stand wurden vom Vollverstärker KAYA befeuert, der optional ein Phono- und DAC-Board aufnehmen kann. Nebenan steht der separate DAC TAMBAQUI, seines Zeichens roon ready.
In der Halle zeigte der US-amerikanische Hersteller MYTEK aus New York sein Top-Modell Empire Streamer/DAC mit den beiden passenden Endstufen Mono-Blocks. Der Streamer/DAC schlägt mit rund 25.000 Euro zu Buche, die Mono-Blocks mit je 10.000 Euro. Die Gehäuse sind brillant gefertigt. Chapeau!
Die Wilson Audio Sasha zur Ergänzung des Setup-Ups erschienen standesgemäß, dienten aber eher als Dekoration, da in der Halle kein ernsthaftes Hören möglich war. Reizvoll war die Kombi dennoch…
Einen großen Aufwand bei der Fertigung der Gehäuse hat auch Bricasti Design an den Tag gelegt. Damit unterstreicht der US-amerikanische Hersteller den technischen Anspruch, den er aus dem Pro-Audio-Bereich mitbringt. Im Bild ist die Stereo-Endstufe M15 und der Dual-Mono Digital/Analog-Wandler M1. Im Vertrieb ist Bricasti Design beim Pro-Audio Spezialisten Mega Audio, die auch Marken wie Fostex und Rupert Neve Designs führen und einen Schritt in die Consumer Welt wagen wollen.
Das noch relativ junge Unternehmen B.Audio zeigte sich auf der High End München 2022 in einer Hörkabine in den Hallen mit Lautsprechern von intrada. Mit dem b.dpr DAC/Vorverstärker und den beiden Mono-Endstufen b.amp spielte die französische Elektronik dem passiven polnischen Schallwandler CLAUDE zu. Eine musikalische Kombination, die trotz des relativ kurzen Hörabstandes eine schöne Bühne erzeugen konnte. Den B.audio b.dpr hatten die HiFi-IFAs im Dezember 2018 im Test.
Spannend war das aufwändige Hochtonsystem von Arya Audio Labs, das auf dem Bild auf dem Deckel des Lautsprechers montiert ist. Es hört auf den Namen Air Blade, wiegt 1,6 kg, hat einen Abstrahlwinkel von 180 Grad und einen Frequenzbereich von 1 kHz bis über 20 kHz. Das Unternehmen aus Southampten bietet ihre Technologien, zu denen auch Dämpferfüße und Kabel gehören, als OEM zur Integration in HiFi-, Highend und Car-HiFi-Produkte an.
Der Kalista Dreamplay X ist ein kleines Kunstwerk aus Aluminium und poliertem Plexiglas. Er vereinigt die Funktion des CD/SACD-Spielers, Streamers, Digital/Analog-Wandlers und digitaler Vorstufe. Er ist das Topmodell der Dreamplay-Serie. Der Tripos-Ständer ist optional. Der Preis des französischen Dreamplay x liegt um 60.000 Euro.
YG Acoustics ist recht neu auf der deutschen HiFi-Bühne, obwohl die Firma bereits 2002 in den USA gegründet wurde. Zielgruppe ist gehobenes High End und Luxury. YG hat einen Großteil seines Produktspektrums mitgebracht. Im oberen zu sehen ist die REFERENCE Serie, deren Gehäuse aus Aluminium bestehen und deren Komponenten aufwändig aus dem Vollen gefräst sind. Dazu gehören auch aktive Modelle mit roon ready DAC wie die VANTAGE LIVE.
In der Vorführung bei meinem Besuch war der kleinste Lautsprecher CAIRN aus der PEAKS Serie. Die Serie hat auch eine Schallfront aus gefrästem Aluminium, das Gehäuse besteht aber aus Holz. Das Einstiegsmodell, das wahrscheinlich auch in der 10.000 Euro Preisklasse angesiedelt sein wird, lieferte einen ansprechenden, raumfüllenden Sound, der die Zuhörer in den Bann gezogen hat – trotz der stattlichen Raumgröße.
Einen schönen Sound, der im Trubel der oberen Etagen zum Verweilen einlud, lieferte auch die Kombination aus Alluxity Elektronik und Joseph Audio Lautsprechern.
Auch bei Alluxity besteht das Gehäuse aus sauber gefrästem Aluminium. Im Bild zu sehen ist oben die Vorstufe Pre Two, unten die Endstufe Power Two. Beide – wie alle Modelle der Dänen – mit modern anmutendem Touchscreen-Display. Neben einem grundsätzlich aufwändigen elektronischen Aufbau bietet die Vorstufe Pre Two eine integrierte Streaming Lösung, die das Setup zu einer kompletten digitalen HiFi-Anlage macht.
Grundsätzlich schön anzuschauen am Eingang des Messe-Hörraums war der Hornlautsprecher Avantgarde Acoustic TRIO. Immer ein Foto wert.
Im Hörbereich hat der Hersteller aus Reichenbach im Odenwald das große Besteck aufgefahren. Die TRIO Lautsprecher mit einem Bass-Horn in der Mitte. Respekt. Daneben feine Elektronik unter anderem von WADAX. Das ist schon riesig. Das Horn-System würde ich noch so eben an der Wand unseres Wohn-Esszimmer unterbringen können, für die Elektronik müsste ich dann aber schon fast die angrenzende Küchenzeile abbauen… 😀 Der Sound war schlicht mindblowing. Direkt, impulsiv, direkt an den Raum angekoppelt. Beeindruckt und frisch gefönt verließ ich das Hörzimmer.
Um mich wieder zu erden schaue ich bei Q-Acoustic vorbei. Auch wenn ihr in diesem Bericht viel teures HiFi und Highend im zumeist mindestens 5-stelligen Eurobereich gesehen habt, von dem ich mich natürlich habe faszinieren lassen, schlägt mein Herz (auch) für bezahlbares HiFi. Die Concept 50 Standlautsprecher liegen bei rund 1.300 Euro pro Stück. Die Zuspieler in der Vorführung sind alte Bekannte: die Cambridge Audio Streaming Vorstufe Edge NQ und die Stereo Endstufe Edge W (HiFi-IFAs Test Oktober 2019). Letztere nutze ich auch gerne zum Test von passiven Lautsprechern, so konnte ich die Wahl „auf Nummer sicher“ also gut verstehen. Die Vor-/End-Kombi liegt bei rund 7.000 Euro. Der Klang machte Spaß und mit der richtigen Musik vergaß ich fußwippend das Gewusel um mich herum. Auch so kann Freude an der Musik funktionieren. Das wäre doch eine Überlegung wert: Die Concept 50 fressen von der SOUNDS CLEVER Schallmauer 2.600 Euro das Paar, bleiben also noch 2.400 Euro für die Elektronik. Wer sich also auf die Suche nach passenden Spielpartnern begibt, wird für das Restbudget sicher fündig und wird lange sein Freude haben. HiFi-Magazine – wie die HiFi-IFAs 😉 – und der Fachhandel helfen gerne dabei. Und auch der Weg – also das Entdecken – kann dabei schon ein Teil des Ziels sein.
Und auch dies sei abschließend noch erwähnt: wer bei Q-Acoustics aktiv werden möchte, wird bei der ACTIVE Serie fündig, die bei meinem Besuch die Rolle des stillen Beobachters einnahm…
Den Abschluss mit unseren Messerundgängen wird die Tage Bernd machen. Also: stay tuned 🙂
Fotos: F. Visarius