Vom 9. bis 12. Mai 2024 fand unter dem Motto „Diversity in Audio“ die internationale Audiomesse HIGH END 2024 im MOC Event Center Messe München statt. Petrus offenbarte sich als echter HiFi-Fan und zeigte sich mit angenehm sonnigem Wetter den Besuchern wohl gesonnen. Denn auch wenn eine Messe in der Regel nahezu ausschließlich in überdachten Hallen stattfindet, gab es an dem „verlängerten Wochenende“ genug Wege im Freien zu beschreiten und auch das Catering im Hof zwischen den Hallen wurde so zur erfrischenden Erholung. Traditionell waren der Donnerstag und der Freitag den Fachbesuchern vorbehalten und am Wochenende öffnete die High End dann allen Interessierten die Tore. Wir HiFi-IFAs waren an allen vier Tagen für euch mit dabei. Hier nun unser erster Bericht.
„Die HIGH END 2024 war ein voller Erfolg für alle Beteiligten und hat bewiesen, dass die Branche lebendiger ist als je zuvor“, so schätzt Stefan Dreischärf, Geschäftsführer des Messeveranstalters HIGH END SOCIETY Service GmbH seine Veranstaltung rückblickend ein. „Für die internationale Fachwelt ist die HIGH END Jahr für Jahr ein Pflichttermin, den die meisten nicht verpassen möchten. Darüber hinaus schätzen Audiophile, Musikliebhaber und Technikenthusiasten die Messe, weil sie hier die gesamte Bandbreite der Audiowelt geboten bekommen“. Ein Eindruck, den ich als journalistischer Beobachter, aber damit auch irgendwie Teil des Ganzen, nur bestätigen kann.
Ein paar Zahlen: 22.198 Besucherinnen und Besucher fanden den Weg in das MOC, also knapp mehr als im Vorjahr. Erstaunlich fand ich die immense Anzahl an Fachbesuchern, die mit 11.237 gegenüber dem Publikum von 10.373 zum ersten Mal höher war. Hinzu kamen 588 Medienvertreter. Alles in Allem besuchten Menschen aus 108 Nationen die HIGH END 2024, die damit so international wie noch nie war.
Erfahrungsgemäß, und so auch in diesem Jahr, war der Samstag der Tag mit dem größten Andrang. Hier trafen die am dritten Tag noch anwesenden Fachbesucher auf das Publikum, das auf eigentlich allen HiFi-Veranstaltungen die wir kennen, ein Faible für den ersten Tag des Wochenendes hat. Tipp für alle die es einrichten können: den Besuch bei der Verwandtschaft auf Samstags verschieben und die HIGH END am Sonntag besuchen. Auch wenn meine Beine am vierten Tag recht müde waren, lud die Messe an diesem Tag noch einmal zum entspannten Schlendern und Reinhören ein.
Die HIGH END erstreckte sich im MOC über insgesamt vier Hallen und drei Atrien, wobei es auch im zweiten Stock des Atriums 4 noch einiges zu sehen gab – wenn man einen Platz in den gut besuchten Räumen fand. Damit kam die Messe auf über 30.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Beliebt waren die Räume in den Atrien, wobei ich zugeben muss, dass es mich immer wieder nach unten in die vier Hallen gezogen hat, in denen es viel zu entdecken, viel zu besprechen und viel zu hören gab. Die Hörkabinen funktionieren mittlerweile richtig gut und ich fand es deutlich entspannter als in den oberen Etagen, die sich – weil hier einiges an Gerät aufgefahren wurde – logischerweise als Publikumsmagnet erwiesen.
Insgesamt stellten 513 Unternehmen mit über 1.000 Marken auf der vollständig ausgebuchten Messe aus, die sich mit den beiden integrierten Spezialmessen IPS – International Parts + Supply sowie der WORLD OF HEADPHONES in Halle 1 klar strukturierte. In der Messehalle hatte die World of Headphones natürlich nicht den speziellen Charme wie im Tankturm in Heidelberg (wir haben im März 2024 berichtet), gleich in der Nachbarschaft des Headphone-Shops, aber die Anzahl der Aussteller, es waren rund 100, und die damit die Auswahl für die Besucher war immens. Eindrücke dazu gibt es im folgenden Messebericht.
Ein Beispiel aus dem Bereich der IPS seht ihr im Bild oben. Frontplatten Schmid zeigte breit gefächert, welcher Hersteller sich mit seinen Frontblenden ziert. Das waren nicht wenige… Ein Eyecatcher war der Schmetterling – nein, das Alu-Gehäuse von AVM, das mit einer speziellen Farbe beschichtet wurde und so fröhlig korrodieren konnte, wie frisch vom Grund der Nordsee geborgen ;).
Ein Potential junge Menschen anzusprechen sah die High End Society auch in der GAMING ZONE, die vom Kooperationspartner konsolenfan.de Michael Schulz farbenfroh mit dem Schwerpunkt auf Sound bespielt wurde.
Freunde des Automobils – und auch viele andere – wurden sicherlich vom Lamborghini im Foyer angelockt, der als weithin sichtbarer Eyecatcher die Kooperation der Firma Technics mit dem Automobilhersteller bewarb. Dieser präsentierte eine Sonderedition seines Plattenspielers aus der 1200-Serie mit dem Branding der Luxusautomarke. Wir HiFi-IFAs freuten uns natürlich, dass Lamborghini unsere CI berücksichtigte und das Fahrzeug in leuchtendem Orange präsentierte. Dessen wurden wir aber auch erst zur Enthüllung beim Messestart gewahr 😉
Eine weitere Verneigung vor dem Automobil fand mit IXOOST, die Fahrzeug, bzw. Motorenkomponenten eindrucks- wie kunstvoll in Soundsysteme umbauen, in Halle 3 statt. Beeindruckend nicht nur für die Petrolheads unter den Musik-Fans.
Einen weiteren Brückenschlag zwischen Automobil und Musikwiedergabe schlug Dynaudio im Außenbereich vor Halle 3, wo der dänische Hersteller und Lautsprecherspezialist einen speziell ausgestatteten Geländewagen der chinesischen Marke BYD vorstellte und einen beachtlichen Sound im Innenraum zauberte. Auch hier freute sich die Besatzung des Stands – wie auch die Interessenten – über das schöne Wetter.
Eine weitere feste Einrichtung ist die Start-Up-Area, mit der die High End Society Newcomer unterstützt und ihnen eine Bühne bietet. Witzig und praktisch der Plattenspieler mit LP-Wechsler Lemmy. Dank App-Steuerung reichen sich die gute alte Zeit und die Moderne hier die Hand. „Let me do that for you“. Eine witzige Idee,
In diesem Jahr schlug der Veranstalter auch bewusst eine Brücke zwischen HiFi und Musikern. Eine toller Ansatz, wie ich finde, da die Wiedergabe von Musik ja kein Selbstzweck ist, sondern das Vehikel, das Werk eines Künstlers zu transportieren. So sollte zusammenkommen, was zusammen gehört. Steven Wilson, Markenbotschafter der HIGH END 2019, lud die Messebesucher in Kooperation mit dem Lautsprecherhersteller PMC und dem Veranstalter an allen vier Tagen zu immersiven Sounderlebnissen ein. Laut Veranstalter zeigte sich das Publikum von den Vorstellungen begeistert, in denen Wilson unter anderem Spatial Audio vorführte und den Unterschied zwischen Stereo, Dolby Surround und immersiver Wiedergabe verdeutlichte. Einziger Wermutstropfen: Die Termine waren bereits vor Messebeginn komplett ausgebucht, so dass es auch für mich hieß: Du kommst hier net rein 😉 Kein Problem. Langweilig wurde es mir auch so nicht.
Eine Alternative zu den großen Veranstaltungen mit Steven Wilson bot die „Visions of Sound“, die in einer Kabine in den Hallen ein beeindruckendes immersives Klangerlebnis vorführten. Hier hatte ich Glück und rutschte noch außerplanmäßig dank Jens Ragenow vom Pannes HiFi-Vertrieb in eine – ebenfalls „reservierungspflichtige“ – Vorführung mit rein. Es spielten Monitor Audio Lautsprecher aus der Silver Serie. Besonderheit: die vier Kanäle von der Decke wurden über Reflexion mit Silver AMS 7G Aufsatzlautsprechern erzeugt, was hervorragend funktionierte. Weitere Partner waren der Blu-Ray-Spieler Hersteller Magnetar und Dolby. Der ambitionierte Christoph Diekmann erläuterte anhand anschaulicher Aufnahmen den Unterschied unterschiedlicher Tonformate, dass Dolby Atmos für das Streaming nicht gleich dem Dolby Atmos für Surround ist, lud zu den Berliner Philharmonikern in die Virtual Concert Hall ein und ließ mich an einem preisgekrönten Musikerlebnis – es wurde tags zuvor der „Visions Of Sound Award for best immersive mixes“ vergeben – teilhaben. Klasse!
Charmant wie immer führte Claudia Kazner durch die Pressekonferenz. Dort zeigte sich die Musikerlegende Leslie Mandoki, der im Rahmen der HIGH END am 10. Mai das neue Album „A Memory Of Our Future“ der Mandoki Soulmates veröffentlichte, das er als „handgeschriebenen Liebesbrief an seine Zuhörer“ bezeichnete. Das Album nahm Leslie Mandoki mit viel Liebe zum Detail komplett analog auf. Dadurch erhielt es seine wesentliche Prägung bereits bei der Aufnahme, beispielsweise durch die Wahl entsprechender Mikrofone. Stefan Dreischärf und Leslie Mandoki verbindet eine Zufallsbekanntschaft, die sich zur Freundschaft entwickelte und dem Musiker den Weg zur High End nach München ebnete. Ich freute mich, dem charismatischen Musiker einmal persönlich zu begegnen.
Zur Vorstellung des Albums der Soulmates passte denn auch wunderbar der zweite Gast der Pressekonferenz, Thomas Neuroth, der sich mit der „Vinyl Alliance“ für die Schallplatte engagiert. In gewisser Hinsicht somit auch ein Seelenverwandter von Leslie Mandoki, allerdings auf Seiten des Tonträgers. Die 2019 mit 8 Mitgliedern gegründete Vinyl Alliance hat mittlerweile 45 Partner – Tendenz steigend – rund um das Vinyl. Labels, Presswerke, Gerätehersteller und so weiter.
Ziel der Allianz ist die Förderung entlang der Wertschöpfungskette und letztendlicher Sicherung des Erfolges am Markt. Interessant war die Info, dass es früher Probleme mit Vinyl-Editionen neuer Alben aufgrund fehlender Kapazitäten gab – 6 Monate Verzug zur Erstveröffentlichung waren keine Seltenheit. Heute regulieren sich Angebot und Nachfrage in den Presswerken auf ein gesundes Maß, so dass analoge Editionen ohne Überkapazitäten rasch verfügbar sind. Auch gibt es bei der Schallplattenherstellung besseres Vormaterial zu verzeichnen, was sich in der Wiedergabequalität bemerkbar macht. Ein schöner Trend ist der Blick auf die Nachhaltigkeit. Thomas Neuroth stellte Schallplatten aus recyceltem PET vor. Sein abschließendes Fazit, in einer Musikwelt, in der es immer noch schön ist, Musik auch zu besitzen, statt sie nur zu benutzen: Vinyl ist cool!
Schön war es für mich daher zu sehen, dass auch dieses Jahr unter anderem mit dem in Sachen Vinyl gut sortierten Dauergast Fenn Music und dem Master-Tape Spezialisten Hemiolia Records Vertreter der Tonträger und damit auch der Musik sowie der Musiker am Start waren – ohne die HiFi keinen Sinn machen würde.
Als Vertreter der Moderne präsentierte sich das Streaming- und Download-Portal Qobuz, das den meisten Musikfans mittlerweile geläufig ist.
Zwischenbilanz
Da mein Kompagnon Bernd im wohlverdienten Urlaub weilt, obliegt es nun mir, von der High End 2024 zu berichten. Was eine Aufgabe 😉 Schonmal eine kleine Zwischenbilanz: Eine tolle Show! Es gab unfassbar viel zu sehen. Mehr, als eine Person in Form von Berichten transportieren kann. Oben konntet ihr es lesen: über 500 Aussteller, über 1.000 Marken, 30 Stunden Öffnungszeit an 4 Tagen für Fachbesucher. Da blieben nach Adam Riese für jede Marke 1,8 Minuten, beziehungsweise 3,6 Minuten für jeden Aussteller. Brutto. Das ist ganz schön knapp, möchte ich meinen. Da hieß es Prioritäten setzen und auch häufig genug den Zufall entscheiden lassen. So schön die riesige Auswahl auch war, es stimmte mich immer wieder traurig, nicht alles schaffen zu können.
Mit dem Statement Vinyl ist cool! , ein stilles Motto, das immer wieder über die ganze Messe hinweg zu spüren war, möchte ich im ersten Bericht den Schlusspunkt setzen. Wohlwissend, dass ihr Vieles nun noch nicht gesehen habt. Ich hoffe aber, das war mein Ziel, ich konnte euch im ersten Teil einen grundsätzlichen Überblick über die High End 2024 und die wichtigsten Zahlen, Daten und Fakten geben. Zwei weitere Rundgänge im MOC und ums MOC herum möchte ich noch folgen lassen und euch dann in Wort und Bild einen umfassenderen Einblick geben, was es in Sachen Stereo zu sehen gab und tiefer in die Welt des HiFi eintauchen. Schaut die Tage also gerne nochmal vorbei.
Als Sneak Preview schonmal ein Blick auf das wohl größte zu bestaunende System. In meiner bescheidenen Welt konstatiere ich mal so: Platz ist vor der kleinsten Hütte 😉
Fotos: F. Visarius
Messe-Reportage: High End 2024 München – Teil 2 – Ein Rundgang und die World of Headphones
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