Test: High End Röhrenverstärker Ayon Spirit V – Der mit dem Soul tanzt

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Trafo und Übertrager am High End Röhrenverstärker Ayon Spirit V.

Ein Röhrenverstärker, das ist schon etwas sehr Feines, hat man ja auch nicht alle Tage. Gerade ist der Ayon Spirit V bei mir eingetroffen. Vielleicht doch etwas gewagt, denke ich so bei mir. Ob er mit meinen Lautsprechern klarkommen wird? Sind diese in den unteren Lagen elektrisch doch ein wenig anspruchsvoll und so manchem Verstärker wurde im Zusammenspiel mit ihnen doch etwas weich in den Knien. Egal, denke ich mir. Bei einem meiner Freunde habe ich die Österreicher bereits gehört, und meine Ohren kamen dabei zu ihrem Vergnügen. Also her mit dem Ayon Spirit V zum Test!


Ayon Spirit V – Technik

Die größten Bedenken bezüglich der Leistungsfähigkeit des Verstärkers verschwinden dann doch recht schnell nach dem Auspacken. Wie die Kühltürme eines Kraftwerks stehen drei silberglänzende, verchromte Zylinder vor mir. Im größten von ihnen steckt der Trafo, flankiert wird er beidseits von den etwas kleineren Ausgangsübertragern. Übrigens: Leicht hecklastig ist der Ayon Spirit V dadurch. So wie ein VW Käfer, der deshalb auch gern ein wenig ins Schleudern kommt. Hoffentlich macht der Röhrenverstärker das nicht bei mir. Aufgrund der ungleichen Gewichtsverteilung heißt es also: Bitte aufpassen beim Handhaben der High End Pretiose wie auch beim Oldtimer. Und bitte ein anständiges, stabiles HiFi-Rack zulegen, das ist die Grundbedingung bei der Aufstellung des Verstärkers mit seinem amtlichen Gewicht von 33 kg!

Fernbedienung des Ayon Spirit V.Vor den drei Türmen befinden sich weitere wesentlich Elemente des Amp: acht Röhren. Namentlich zwei 12AX7 für die Eingangsstufen und 6SN7 Doppeltrioden für die Treiberstufen sowie vier Endröhren KT150 von Electro Harmonix. Von Ayon vor der Auslieferung an den Kunden, wie es sich gehört, bereits mit dem im Spirit V integrierten automatischen Bias-System durchgemessen und dem jeweiligen Steckplatz nummeriert. Womit ich auch schon bei einer wichtigen und wie ich finde, sehr praktischen Konstruktion des Röhrenverstärker wäre: Der Intelligenten Auto Fixed Bias Schaltung.

Besagte Schaltung regelt den Arbeitspunkt der Röhren und ist damit ein entscheidender Faktor für den Klang des Röhrenverstärkers. Die Ayon Auto-Fixed-Bias Schaltung ist während des Musikhörens nicht aktiv, sie setzt erst beim Ausschalten des Verstärkers ein. Dann geht der Ayon in den Mute Modus und misst die die Arbeitspunkte der noch betriebswarmen Röhren durch und speichert diese ab. Dem Hörer zeigt der Ayon Spirit V dieses mittels einer LED im Lautstärkeregler und dem gleichzeitig blinkenden Ayon Logo an. Fährt der Verstärker dann nach dem Einschalten hoch, werden die Röhren entsprechend der zuvor gespeicherten Daten justiert. Der glückliche Besitzer des Spirit V kommt also ohne den sonst bei Röhren benötigten Schraubenzieher aus. Dies gilt natürlich auch für den Fall, dass mal Röhren getauscht werden. Dafür lässt man nach dem Tausch den Verstärker eine Weile laufen, schaltet ihn dann aus, und schon sind die Daten der neuen Röhren im EEPROM hinterlegt.

Schalter für Pentoden- und Trioden-Betrieb am Röhrenverstärker.Zur Anpassung an die heimischen Lautsprecher lässt sich der Röhrenverstärker auf seiner Rückseite zwischen Pentoden- und Triodenbetrieb umstellen. Seine Ausgangsleistung wechselt dann je nach gewählter Betriebsart von 2*65 Watt auf 2*40 Watt. Vor dem Umschalten aber bitte den Ayon Spirit V ausschalten! Welcher Modus nun besser ist, das ist wie so oft im Leben persönliche Geschmackssache und natürlich auch abhängig vom Strombedarf der anzufeuernden Lautsprecher. In der Regel empfiehlt sich die Pentode für mehr Kraft und Durchzug. Die Triode dagegen bei leiserem Hören für mehr Harmonie bei Stimmen und zum Beispiel Jazz. Erwähnenswert bei beiden Betriebsarten ist auf jeden Fall, dass der Verstärker ohne Gegenkopplung konstruiert ist, und dennoch nicht die Spur rauscht! Was auf jeden Fall für klangliche Unterschiede sorgt, sind die 4- und 8 Ohm Anschlüsse für die Lautsprecher. Hier heißt es also einfach mal ausprobieren, was denn so besser gefällt.

Ayon Spirit Röhrenverstärker Schalter Triode Pentode und DMPDa ich gerade eh auf der Rückseite des Verstärkers unterwegs bin: Mit der 3-fachen DMP-Schaltung kann man ihn an verschiedenohmige Lautsprecher anpassen. Bei drei bis vier Ohm empfiehlt Ayon die Stufe 1 und unter 3 Ohm die Stufe 2. Sollten die Lautsprecher vom Impedanzverlauf gutmütig sein, kann die DMP-Funktion auch deaktiviert werden. Eine allgemein gültige Regel dazu gibt es allerdings nicht. Wie heißt es so schön: Versuch macht kluch…

Sollte der Spirit V als reine Endstufe, dazu wird der Eingang „Direct In“ verwendet, brummen, dann bitte den Ground-Schalter umlegen. Über die Schnittstelle „Pre Out“ lässt sich beispielsweise eine weitere Endstufe anschließen. Eine andere interssante Möglichkeit ist der Anschluss der Tieftonabteilung von teilaktiven Lautsprechern und deren Mittelhochtonbereich den Röhren zu überlassen. An Eingängen bietet der Ayon dreimal Cinch und einmal XLR an, das sollte für die meisten Hörer wohl vollkommen ausreichen.

Trioden-Anzeige am Röhrenverstärker Ayon Spirit V.Last, but not Least, das Gesicht des Verstärkers. Mittig prangt unübersehbar groß und rot das Ayon Logo, das wie bereits beschrieben beim Hoch- und Runterfahren des Verstärkers blinkt. Der Eingangswahlschalter zeigt neben dem jeweils gewählten Eingang auch den Triodenbetrieb mit einer roten LED an. In diese Position lässt er sich verständlicherweise nicht drehen, da diese Betriebsart ja wie bereits oben beschrieben auf der Rückseite des Amps eingestellt wird. Etwas untypisch für einen Verstärker haben die Österreicher den Lautstärkeregler, hinter dem sich ein ALPS-Poti verbirgt, links montiert. Eine Art „Kindersicherung“ besitzt der Ayon Spirit V ebenfalls, den Ein- und Ausschalter. Dieser sitzt gut versteckt vorne links unter der Bodenplatte.

Test des High End Röhren Verstärker Ayon Spirit V. Hier im Bild der Lautstärkeregler mit dem Alps-Poti.

Ayon Spirit V – Technische Daten
  • Röhrenverstärker
  • Betriebsart: Vollverstärker oder Endstufe
  • Betriebsmodi: Triode oder Pentode
  • Intelligente Auto-Bias-Schaltung
  • Leistungsröhren: 4* KT150
  • Impedanzabgriffe: 4 Ohm & 8 Ohm
  • Leistung Pentode 2*65 Watt
  • Leistung Triode: 2*40 Watt
  • Rückkopplung: 0 dB
  • Lautstärkeregelung: ALPS Poti
  • Eingänge: 3* Cinch, 1* XLR, 1* Direct In
  • Ausgang: 1*Pre Out
  • Fernbedienung
  • Maße: 48*37*25 cm (b*h*t)
  • Gewicht: 33 kg

Ayon Spirit V – Klang

Ein paar Tage sind es schon noch bis zum alljährlichen Neujahrskonzert, aber es kann ja nicht schaden, sich diesbezüglich schon vorher ein wenig in Stimmung zu bringen. Gute Laune ist ja nunmal kein Schaden, gehen wir doch derzeit leider zum zweiten Mal in einen ruhigen Winter. Also her mit „An der schönen blauen Donau“, die hier in Ulm derzeit eher grau und gemütlich vor sich hin schwappt. Gespielt wird der Klassiker von den Wiener Philharmonikern unter der Leitung von Willi Boskovski. Eine gute Wahl: Der Schwung dieser Musik lässt mich den grauen November draußen vorm Fenster schnell vergessen und ich tauche ab.

KT 150 Röhren am Ayon Spirit 150.

KT150. Röhrenpower with love from Russia. Bild: B. Weber

Die Saiten der Geigen flirren, gerade mit dem für mich richtigen Maß, reagieren meine Ohren doch ein wenig empfindlich auf hochtonreiche Musik vor allem bei zu scharfer Abmischung. Begleitet werden die Streicher unter anderem von einigen herrlich leicht funkelnden und strahlenden Blechbläsern, die zu meiner Zufriedenheit jedoch nicht aggressiv oder scharf werden. Der Einstand gelingt dem Ayon Spirit V schon mal auf Anhieb bei mir. Nun kommen Hörner mit ihren schönen, warmen Farbtupfern und eine zärtliche Triangel mit ihrem dezenten gelegentlichen „Ping“ ins Geschehen. Mmhhh, dass glitzernde Dreieck geht in diesem Gewusel nicht unter, so gefällt mir das.

In den unteren Lagen vermisse ich jedoch ein wenig Wumms und Durchzug bei diesem großen Orchester, gerade bei der Pauke fällt mir dies auf. Dies höre ich vor allem bei den eigenen Lautsprechern und weniger bei den INKLANG Ayers Five. Der Wunsch nach Mehr taucht in mir auf. Abhilfe schafft jetzt die Umschaltung – natürlich nach vorherigem Ausschalten des Verstärkers – vom Trioden- auf den Pentodenbetrieb.

Auf geht’s von vorn mit denselben Liedern wie zuvor. Nützt ja nix, da muss ich jetzt durch. Wofür ich dann auch belohnt werde. Das Klangbild wird durch diese Maßnahme kraftvoller und flüssiger sowie in sich schlüssiger. Durch den Pentodenbetrieb kommt das Konzert vor mir vollends in Schwung, und so bleibe ich beim Test des Verstärkers hauptsächlich in dieser Betriebsart. Unterlegt wird das ganze Treiben mit einem auf- und abschwellenden nicht aufdickenden Grollen sowie einer begeisternden Räumlichkeit, bei der die Lautsprecher völlig aus dem Blickfeld verschwinden. Jetzt noch kurz einen Walzer aufs Parkett legen, das wäre doch schick.

Cover der LP Paul Kuhn "L.A.Session"Wie der Ayon Spirit V wohl mit Stimmen umgehen mag? Dafür suche ich mir etwas Gemeines aus. Paul Kuhn und The L.A. Session, unter anderem bei „Just In Time“ und ein paar anderen Stücken gibt er seine leicht fragile Stimme zum Besten. Nicht ganz so nölig wie so oft, sondern klar und verständlich singt der tolle Jazzer, sein typischer Charakter bleibt dabei jedoch stets erhalten. „Hurra, wir leben noch“ geht es dann mit der doch wesentlich angenehmeren Stimme von Milva weiter. Nur schade, dass die mir vorliegende Aufnahme etwas dünn geraten ist. Egal, der Verstärker lässt Gnade walten und bringt eine leicht warme Note ins Spiel, was der Sängerin und natürlich auch Paul gut tut.

Grover Washington Jr. "Winelight".Jazz Fusion vom Feinsten und wunderbar melodisch, das ist Winelight von Grover Washington, ein sehr schönes und toll aufgenommenes Stück des gleichnamigen Albums. Dessen Melodiebögen der Ayon Spirit V schön weit und ohne Übertreibung vor mir aufzieht. Nicht das kleinste Detail des Geschehens bleibt an den Lautsprechern kleben, doch keine Angst, der Röhrenverstärker seziert nicht die Spur. Im Gegenteil, mit seinem kleinen charmanten Schuss Wärme bringt er einen wunderbaren Fluss ins Spiel. Grover, so hört es sich an, geht so liebevoll mit seinem Saxophon um, als wäre es seine Geliebte. Doch auch die Mitstreiter, unter anderem Marcus Miller am straffen Bass, stehen dem Hauptinterpreten in Nichts nach. Man merkt der Aufnahme und dem kongenialen Zusammenspiel der Musiker an, dass sie wohl großen Spaß im Studio hatten. Toll, dass ich diese Freude hier daheim gut mitbekomme und im Geist mitspiele.

Cover-Sohn-TremorsAuch bei sehr kraftvoller und dynamischer Musik lässt der Ayon Spirit V den Hörer absolut nicht hängen. Begeisternd straff hängen die Lautsprecher bei Sohn und dem Album „Tremors“ am Gas. Verblüffend stramm und federnd für so eine Röhre ist der Bass. Diesen schüttelt der Verstärker wie nichts aus dem Ärmel. Als sei er am Geschehen vor mir völlig unbeteiligt, so spielt dieser Amp. Er steht der Musik nicht im Weg und lässt sie einfach das sein, was sie ist: Musik, Musik, Musik! Das treibt und schiebt durch die heimische Hütte, dass es eine wahre Wonne ist. Und ins Schleudern kommt der Ayon Spirit V dabei nicht die Spur!


Trafo und Übertrager am High End Röhrenverstärker Ayon Spirit V.

Ayon Spirit V – Fazit

Testergebnis des High End Röhren-Verstärker Ayon Spirit V: 5,8 von 6,0 Punkten und Hammer-Highlight.In der Version V macht der Ayon Spirit seinem Namen alle Ehre. Die vollautomatische Intelligente Auto Fixed Bias Schaltung, mit der die Eigenschaften der Röhren gemessen und gespeichert werden, ist praktisch und ein tolles Schmankerl. Jedes noch so feine Detail bringt der Röhrenverstärker mit einem leichten Schuss geschmeidiger Wärme und mit viel Seele zu Gehör. Zu seiner Höchstform läuft der Ayon Spirit V im Pentodenbetrieb auf. Dann ist er auch im Tiefton ein Großmeister seiner Zunft.


Im Test High End Röhrenverstärker

Ayon Spirit V
Preis: 6.000 €
Größe: 48,0*37,0*25,0 cm
Gewicht: 33 kg
Farbe: Schwarz

Vertrieb

AUDIUM / Visonik
Catostr. 7b
12109 Berlin

Tel.: +49 030 613 47 40
Mail: kontakt@visonik.de
Web: www.audium.com/


Mitspieler im Test

Quellen digital – Netzwerkspieler Cambridge Audio 851N, CD-Spieler Cambridge Audio 851C, Musikserver Innuos ZEN MK.III
Quellen analog – Plattenspieler Rega Planar 6 mit MC-Tonabnehmer TAD Excalibur Black, Phono MM- & MC Verstärker Trigon Vanguard III
Verstärker – Vorverstärker Cambridge Audio 851E, Endverstärker Cambridge Audio, Vollverstärker Rega Aethos
Lautsprecher – Standlautsprecher LUA Con Espressione, Subwoofer REL R 505, Standlautsprecher INKLANG Ayers Five
Kopfhörer – Offener Kopfhörer Focal Clear, Kopfhörerverstärker Divaldi AMP-02 mit Phono MM- & MC Stufe
Zubehör – Lautsprecherkabel Supra XL Annorum. XLR- und Cinchkabel Fadel Art Pro Link, Stromkabel Supra LoRad 2.5, Netzleiste PS Audio Dectet, Powergrip YG-1 Netzfilter, HiFi-Switch NuPrime Omnia SW-8, LAN-Kabel Supra Cat8 & Wireworld Starlight 8

About Author

Aufgewachsen in der Blütezeit des HiFi mit Telefunken Allegretto TS 2020 nebst einem Dual 1228 mit Reibradantrieb und Wechsler. Damals habe ich die Technik des Duals bestaunt. Heute denke ich mit Grauen daran, wie die Schallplatten aufeinandergefallen sind...

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